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Polen: Geflüchtete aus der Ukraine am Scheideweg

Tausende Geflüchtete aus der Ukraine passieren ein Aufnahmezentrum im polnischen Korczowa. Neben Ukrainern sind dort auch viele Menschen aus anderen Ländern. Sie versuchen, im Chaos ihre Flucht zu organisieren.

“Guck Mama, da fliegt was”, sagt die sechsjährige Sofia, als sie die erste Rakete ihres Lebens sieht. Es war der erste Tag des Krieges und sie waren schon auf der Flucht, Julia Rezhowa mit ihren zwei Töchtern, weg aus dem Dorf Gorliwka nördlich von Kiew. Weg von russischen Soldaten, die aus dieser Richtung auf die Hauptstadt der Ukraine zustürmten.

“Ich würde nicht gehen, wenn es nicht für meine Töchter wäre”, sagt Rezhowa. Die 30-Jährige wäre gerne geblieben, wie ihre Schwester und Brüder, versuchen sich zu organisieren und die anderen zu unterstützen. Doch jetzt ist sie in Polen.

“Guck Mama, da fliegt was”, sagt die sechsjährige Sofia, als sie die erste Rakete ihres Lebens sieht. Es war der erste Tag des Krieges und sie waren schon auf der Flucht, Julia Rezhowa mit ihren zwei Töchtern, weg aus dem Dorf Gorliwka nördlich von Kiew. Weg von russischen Soldaten, die aus dieser Richtung auf die Hauptstadt der Ukraine zustürmten.

Sie ist eine von über 670.000 Menschen, die seit dem Anfang des Krieges am 24. Februar aus der Ukraine geflohen sind. Je länger der Krieg dauert, desto größer wird diese Zahl. Die EU erwartet, dass bis zu vier Millionen Menschen versuchen könnten, wegen des russischen Angriffs das Land zu verlassen.

Die Mehrheit der Flüchtlingen kommt nach Polen 

Über die Hälfte der Flüchtlinge, etwa 380.000 Menschen, sind bisher wie Julia Rezhowa nach Polen geflohen. Sie wartet mit ihren zwei Töchtern auf dem Parkplatz des Aufnahmezentrums in Korczowa, ein paar Kilometer hinter der ukrainisch-polnischen Grenze.

Die polnische Regierung hat mittlerweile 27 solcher Zentren eröffnet. Korczowa ist ein Knotenpunkt für diejenigen, die über den nahen Grenzübergang mit Bussen ankommen. Hier steigen sie aus, werden von Ehrenamtlichen mit Essen und Hygieneprodukten versorgt. Von hier versuchen sie weiterzureisen. In der großen Lagerhalle stehen auch etwa 2000 Klappbetten bereit. Laut einem Polizisten übernachten dort etwa 700 Menschen, aber so genau weiß es niemand. Die Geflüchteten kommen und gehen.

Julia Rezhowa ist gerade erst in Polen angekommen, aber sie will nicht in der Halle bleiben. Sie erwartet bald ihre Bekannten, um sie und ihre Töchter abzuholen und nach Tschechien zu bringen. Dort arbeitet aktuell ihr Mann.

Wer drinnen, in der Halle, bleibt, weiß meistens noch nicht genau, wie es weiter geht. Wie Raju Bhandari, 29, der aus Nepal kommt und gerade erst seit zwei Monaten in Kiew Ingenieurswissenschaften studiert hatte, als der Krieg ausbrach. Er spricht leise und lächelt schüchtern.

Zwei Tage musste er an der Grenze ausharren, sagt er, weil ihn ukrainische Grenzschützer zurückgehalten hätten: “Ich habe immer viel Respekt für Ausländer, warum hatten sie keinen für mich?” Auf der polnischen Seite der Grenze habe er keine Probleme gehabt, sagt er. 

In der Halle harren viele Menschen aus dem Ausland aus: Studenten aus Indien, Angola oder Usbekistan, sowie Gastarbeiter aus zentralasiatischen Staaten. Die Internationale Organisation für Migration schätzt, dass in der Ukraine zuletzt etwa 470.000 Ausländer lebten. Davon etwa 75.000 Studenten. Auch diese Menschen flüchten aus dem Land. Die polnische Tageszeitung “Dziennik Gazeta Prawna” berichtet unter Berufung auf Angaben des polnischen Grenzschutzes, dass etwa zehn Prozent der Geflüchteten Drittstaatsangehörige seien, also unter anderem keinen Pass eines EU-Mitgliedsstaates haben. 

Doch während viele Ukrainer Kontakte in Polen haben (schon vor dem Krieg lebten in dem Land etwa 1,5 Millionen von ihnen), ist das Land den anderen Flüchtlingen unbekannt. Wie für Raju Bhandari, der auf einem Klappbett auf eine Geldüberweisung von seinen Eltern in Nepal wartet. Und auch dann weiß er nicht so genau, wohin er gehen soll: “Kann ich hier in Polen studieren?”. Die Hilfsbereitschaft der Polen gefällt Bhandari, aber die Bleibeperspektive für Menschen wie ihn, also solchen ohne ukrainischen Pass, ist unklar.

Am Eingangstor der Halle warten diejenigen, die meistens schon ein Ziel haben, aber noch nicht wissen, wie sie es erreichen sollen. Hier suchen Geflüchtete nach ehrenamtlichen Fahrern oder Bussen, die sie in unterschiedliche polnische Städte fahren. Ehrenamtliche, Soldaten und Feuerwehrmänner versuchen zu vermitteln. “Krakau mit Übernachtung, zwei Plätze!” oder “Bus nach Breslau” tönt es immer wieder aus den Lautsprechern.

Der 17-jährige Ukrainer Andryi Chornoguz hat sogar zwei Reiseziele. Eigentlich will er nach Italien, wo seine Eltern leben und arbeiten. Aber er ist minderjährig, und hat zudem keinen Reisepass, also wird er nicht zu ihnen fliegen können. Er sagt: “Meine Eltern haben mir gesagt, ich soll nach Polen kommen, und von hier schauen wir weiter.”

Fünf Tage lang ist er aus Kiew mit einem Bekannten der Familie mitgefahren. “Schwierig, sehr schwierig”, sagt er mit trauriger Stimme. Und wartet auf die nächste Mitfahrgelegenheit nach Warschau, wo sein Onkel lebt.

Tief in den Korridoren der Halle sind die Betten mit Gastarbeitern aus Zentralasien belegt. Sie kamen in die Ukraine, um Geld zu verdienen, wie Murat aus Kirgisistan, der in Odessa zuletzt als Autolackierer arbeitete. “Die Flüge für mich, meine Frau und zwei Töchter kosten etwa 1800 Euro, woher soll ich das Geld nehmen?” Er habe zuletzt keinen Lohn bekommen. “Die Botschaft meinte, ich muss mich alleine um die Reise kümmern.”

Doch für andere gibt es zwischen den Reihen von Betten plötzlich Hoffnung. Hier haben Mitarbeiter des Konsulats Usbekistans einen mobilen Arbeitsplatz organisiert und buchen gerade Flugtickets in die Heimat. Eine kleine Gruppe von Männern steht etwas abseits und überlegt: Sie würden lieber bleiben, wenn sie legal arbeiten dürften.

Die Europäische Union will nun den ukrainischen Flüchtlingen bis zu drei Jahre Schutz einräumen und eine Arbeitserlaubnis ausstellen. Doch als die Gastarbeiter von ihren Konsulat-Mitarbeitern hören, dass das keine Option für Drittstaatsangehörige sei, entscheiden sie sich lieber für die Heimreise. Der polnische Grenzschutz hat angekündigt, mit Botschaften anderer Länder zusammenzuarbeiten, um Rückflüge für Drittstaatsangehörige zu organisieren.

Auch die Ukrainerin Julia Ryzhkowa, die mit ihren Kindern nach Tschechien fliehen möchte, denkt schon über ihre Heimkehr nach. Obwohl sie nicht weiß, ob und wann das möglich sein wird, wirkt sie bei der Frage sehr entschlossen: “Ich will unbedingt zurück, ohne Zweifel. Denn es ist unser Land.”

Polen Ankunft Geflüchtete aus Ukraine
Polen Ankunft Geflüchtete aus Ukraine
Raju Bhandari wartet auf Geldüberweisung von seiner Familie in Nepal

“Guck Mama, da fliegt was”, sagt die sechsjährige Sofia, als sie die erste Rakete ihres Lebens sieht. Es war der erste Tag des Krieges und sie waren schon auf der Flucht, Julia Rezhowa mit ihren zwei Töchtern, weg aus dem Dorf Gorliwka nördlich von Kiew. Weg von russischen Soldaten, die aus dieser Richtung auf die Hauptstadt der Ukraine zustürmten.

“Ich würde nicht gehen, wenn es nicht für meine Töchter wäre”, sagt Rezhowa. Die 30-Jährige wäre gerne geblieben, wie ihre Schwester und Brüder, versuchen sich zu organisieren und die anderen zu unterstützen. Doch jetzt ist sie in Polen.

Die Mehrheit der Flüchtlingen kommt nach Polen 

Sie ist eine von über 670.000 Menschen, die seit dem Anfang des Krieges am 24. Februar aus der Ukraine geflohen sind. Je länger der Krieg dauert, desto größer wird diese Zahl. Die EU erwartet, dass bis zu vier Millionen Menschen versuchen könnten, wegen des russischen Angriffs das Land zu verlassen.

Über die Hälfte der Flüchtlinge, etwa 380.000 Menschen, sind bisher wie Julia Rezhowa nach Polen geflohen. Sie wartet mit ihren zwei Töchtern auf dem Parkplatz des Aufnahmezentrums in Korczowa, ein paar Kilometer hinter der ukrainisch-polnischen Grenze.

Die polnische Regierung hat mittlerweile 27 solcher Zentren eröffnet. Korczowa ist ein Knotenpunkt für diejenigen, die über den nahen Grenzübergang mit Bussen ankommen. Hier steigen sie aus, werden von Ehrenamtlichen mit Essen und Hygieneprodukten versorgt. Von hier versuchen sie weiterzureisen. In der großen Lagerhalle stehen auch etwa 2000 Klappbetten bereit. Laut einem Polizisten übernachten dort etwa 700 Menschen, aber so genau weiß es niemand. Die Geflüchteten kommen und gehen.

Julia Rezhowa ist gerade erst in Polen angekommen, aber sie will nicht in der Halle bleiben. Sie erwartet bald ihre Bekannten, um sie und ihre Töchter abzuholen und nach Tschechien zu bringen. Dort arbeitet aktuell ihr Mann.

Ausländische Geflüchtete in schwieriger Situation

Wer drinnen, in der Halle, bleibt, weiß meistens noch nicht genau, wie es weiter geht. Wie Raju Bhandari, 29, der aus Nepal kommt und gerade erst seit zwei Monaten in Kiew Ingenieurswissenschaften studiert hatte, als der Krieg ausbrach. Er spricht leise und lächelt schüchtern.

Mit Mitfahrgelegenheit weiter fahren

Zwei Tage musste er an der Grenze ausharren, sagt er, weil ihn ukrainische Grenzschützer zurückgehalten hätten: “Ich habe immer viel Respekt für Ausländer, warum hatten sie keinen für mich?” Auf der polnischen Seite der Grenze habe er keine Probleme gehabt, sagt er. 

In der Halle harren viele Menschen aus dem Ausland aus: Studenten aus Indien, Angola oder Usbekistan, sowie Gastarbeiter aus zentralasiatischen Staaten. Die Internationale Organisation für Migration schätzt, dass in der Ukraine zuletzt etwa 470.000 Ausländer lebten. Davon etwa 75.000 Studenten. Auch diese Menschen flüchten aus dem Land. Die polnische Tageszeitung “Dziennik Gazeta Prawna” berichtet unter Berufung auf Angaben des polnischen Grenzschutzes, dass etwa zehn Prozent der Geflüchteten Drittstaatsangehörige seien, also unter anderem keinen Pass eines EU-Mitgliedsstaates haben. 

Doch während viele Ukrainer Kontakte in Polen haben (schon vor dem Krieg lebten in dem Land etwa 1,5 Millionen von ihnen), ist das Land den anderen Flüchtlingen unbekannt. Wie für Raju Bhandari, der auf einem Klappbett auf eine Geldüberweisung von seinen Eltern in Nepal wartet. Und auch dann weiß er nicht so genau, wohin er gehen soll: “Kann ich hier in Polen studieren?”. Die Hilfsbereitschaft der Polen gefällt Bhandari, aber die Bleibeperspektive für Menschen wie ihn, also solchen ohne ukrainischen Pass, ist unklar.

Viele fahren in die Heimat zurück

Am Eingangstor der Halle warten diejenigen, die meistens schon ein Ziel haben, aber noch nicht wissen, wie sie es erreichen sollen. Hier suchen Geflüchtete nach ehrenamtlichen Fahrern oder Bussen, die sie in unterschiedliche polnische Städte fahren. Ehrenamtliche, Soldaten und Feuerwehrmänner versuchen zu vermitteln. “Krakau mit Übernachtung, zwei Plätze!” oder “Bus nach Breslau” tönt es immer wieder aus den Lautsprechern.

Der 17-jährige Ukrainer Andryi Chornoguz hat sogar zwei Reiseziele. Eigentlich will er nach Italien, wo seine Eltern leben und arbeiten. Aber er ist minderjährig, und hat zudem keinen Reisepass, also wird er nicht zu ihnen fliegen können. Er sagt: “Meine Eltern haben mir gesagt, ich soll nach Polen kommen, und von hier schauen wir weiter.”

Fünf Tage lang ist er aus Kiew mit einem Bekannten der Familie mitgefahren. “Schwierig, sehr schwierig”, sagt er mit trauriger Stimme. Und wartet auf die nächste Mitfahrgelegenheit nach Warschau, wo sein Onkel lebt.

Tief in den Korridoren der Halle sind die Betten mit Gastarbeitern aus Zentralasien belegt. Sie kamen in die Ukraine, um Geld zu verdienen, wie Murat aus Kirgisistan, der in Odessa zuletzt als Autolackierer arbeitete. “Die Flüge für mich, meine Frau und zwei Töchter kosten etwa 1800 Euro, woher soll ich das Geld nehmen?” Er habe zuletzt keinen Lohn bekommen. “Die Botschaft meinte, ich muss mich alleine um die Reise kümmern.”

Polen Ankunft Geflüchtete aus Ukraine

Doch für andere gibt es zwischen den Reihen von Betten plötzlich Hoffnung. Hier haben Mitarbeiter des Konsulats Usbekistans einen mobilen Arbeitsplatz organisiert und buchen gerade Flugtickets in die Heimat. Eine kleine Gruppe von Männern steht etwas abseits und überlegt: Sie würden lieber bleiben, wenn sie legal arbeiten dürften.

Die Europäische Union will nun den ukrainischen Flüchtlingen bis zu drei Jahre Schutz einräumen und eine Arbeitserlaubnis ausstellen. Doch als die Gastarbeiter von ihren Konsulat-Mitarbeitern hören, dass das keine Option für Drittstaatsangehörige sei, entscheiden sie sich lieber für die Heimreise. Der polnische Grenzschutz hat angekündigt, mit Botschaften anderer Länder zusammenzuarbeiten, um Rückflüge für Drittstaatsangehörige zu organisieren.

Auch die Ukrainerin Julia Ryzhkowa, die mit ihren Kindern nach Tschechien fliehen möchte, denkt schon über ihre Heimkehr nach. Obwohl sie nicht weiß, ob und wann das möglich sein wird, wirkt sie bei der Frage sehr entschlossen: “Ich will unbedingt zurück, ohne Zweifel. Denn es ist unser Land.”

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