Kultur

Griechenland: Kein Urlaub vom Krieg

Griechenland ist normalerweise ein beliebtes Reiseziel für Russen und Ukrainer. Jetzt ist alles anders. Der Krieg in der Ukraine ist auch in Griechenland angekommen.

“Ich brauchte sechs Tage, um aus der Ukraine heraus zu kommen. Dass es tatsächlich zum Krieg kommen würde, niemand hat doch wirklich daran geglaubt. Aber als ich drei Tage nach dem Einmarsch der russischen Armee morgens um fünf im Stadtzentrum von Kiew eine Explosion hörte, begriff ich: Die Invasion ist Wirklichkeit.” Nadiia Shapovals Stimme klingt brüchig, als sie von ihrer Flucht erzählt. Sie packte das Nötigste, Dokumente und Bargeld, setzte sich in ihr Auto und fuhr über 2000 Kilometer nach Athen. Zu ihrem Mann, der dort als Fußballprofi für den Club PAE Ionikos unter Vertrag ist. “Jetzt engagiere ich mich für “@helpukraine.gr” und versuche anderen zu helfen, die wie ich geflüchtet sind oder noch in der Ukraine festsitzen.”

Mehr als 10.000 Menschen sind seit Kriegsbeginn nach Griechenland geflüchtet. Viele kamen mit dem Auto von der Ukraine über Rumänien und Bulgarien – wie Nadiia Shapoval – nach Griechenland. Nur fünf Kilometer hinter der bulgarisch-griechischen Grenze, in Sintiki, stehen zwei Camps mit Übernachtungsmöglichkeiten bereit. “Wir haben in Griechenland eine große ukrainische Community, um die 20.000 Urkainer leben hier. Viele Geflüchtete kommen bei Freunden und Verwandten unter”, so Pressesprecherin des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Griechenland, Stella Nanou.

“Ich brauchte sechs Tage, um aus der Ukraine heraus zu kommen. Dass es tatsächlich zum Krieg kommen würde, niemand hat doch wirklich daran geglaubt. Aber als ich drei Tage nach dem Einmarsch der russischen Armee morgens um fünf im Stadtzentrum von Kiew eine Explosion hörte, begriff ich: Die Invasion ist Wirklichkeit.” Nadiia Shapovals Stimme klingt brüchig, als sie von ihrer Flucht erzählt. Sie packte das Nötigste, Dokumente und Bargeld, setzte sich in ihr Auto und fuhr über 2000 Kilometer nach Athen. Zu ihrem Mann, der dort als Fußballprofi für den Club PAE Ionikos unter Vertrag ist. “Jetzt engagiere ich mich für “@helpukraine.gr” und versuche anderen zu helfen, die wie ich geflüchtet sind oder noch in der Ukraine festsitzen.”

Premierminister Kyriakos Mitsotakis betont, Griechenland stehe an der Seite der Ukraine und unterstütze deren Kampf um Freiheit und Demokratie. Die Verbindungen zwischen Griechenland und der Ukraine sind besonders eng: Schon seit dem 18. Jahrhundert lebt in der Ukraine eine große griechische Minderheit. Sie umfasst heute etwa 150.000 Menschen. Die meisten, über 90.000, leben in der Gegend um Mariupol. Bei den Angriffen der russischen Armee auf die Hafenstadt kamen auch Griechen ums Leben. 

Eng verbunden: Griechenland und die Ukraine

Am Sonntag (20.3.) traf der griechische Generalkonsul in Mariupol, Manolis Androulakis, nach einer riskanten Evakuierung in Athen ein. Bis zur letzten Minute hatte er die Ausreise für griechische Bürger aus der umkämpften Hafenstadt organisiert. “Mariupol wird die Liste der Städte der Welt ergänzen, die durch den Krieg vollständig zerstört wurden wie Guernica, Stalingrad, Grosny oder Aleppo”, sagte Androulakis gegenüber Reportern am Flughafen.

Griechenland ist neben der Türkei das beliebteste Urlaubsland bei russischen Touristen. Als der Krieg am 24. Februar ausbrach, sperrte Griechenland – wie andere europäische Länder – seinen Luftraum für russische Flugzeuge. Die Touristen saßen fest. Aber über die Türkei und Serbien konnten die meisten ausreisen.

Die Russische Botschaft zeigt sich via Twitter besorgt über die “Bedrohungen und Beleidigungen”, denen Russen, die noch in Griechenland sind, ausgesetzt seien. “Wir versuchen, nicht aufzufallen”, äußert sich gegenüber der DW ein Russe in Athen, er will namentlich nicht genannt werden. “Viele von uns schämen sich für das, was Putin macht. Wir fühlen mit den Ukrainern – das ist ein Krieg der Politiker. Er hat nichts mit den normalen Leuten zu tun.” 

Überall steht die Hilfe für die Ukraine im Vordergrund. Innesa Stakhurska betreibt die Seite “savelife.in.ua”, der Verein sammelt warme Kleidung, Medizin und andere wichtige Hilfsmittel für ukrainische Geflüchtete. Seit sechs Jahren lebt sie in Kretas Hauptstadt Heraklion. Stakhurska sorgt sich, dass Griechenland das Flüchtlingsaufkommen unterschätzt. “Polen war darauf vorbereitet. Schon letzten November rechnete Polen mit zwei bis drei Millionen Flüchtenden aus der Ukraine, sollte es zum Krieg kommen. In Griechenland ist das nicht der Fall, das Land war unvorbereitet. Obwohl ich sagen muss, hier auf Kreta hilft jeder so gut er kann.”

Griechenland trägt die EU-Sanktionen gegen Russland mit. Die Konsequenzen bekommt die Tourismusbranche unmittelbar zu spüren. Russen stornieren ihre geplanten Reisen. In einem TV-Statement beschwichtigte Griechenlands Tourismusminister Vassilis Kikilias, die Verluste würden sich in Grenzen halten. “Vor 2013 hatten wir 1,2 Millionen russische Gäste in Griechenland. Bereits nach der Annexion der Krim (2013/2014) gingen die Besucherzahlen um 50 Prozent zurück, und diese Tendenz setzt sich bis heute fort. Der russische Markt spielt für den Tourismus in Griechenland also keine große Rolle.”

Hotelbetreiber wie Konstantinos Stroutzos sind weniger optimistisch. Stroutzos leitet das Avra Imperial, ein Luxus-Resort in der Nähe von Chania auf der Insel Kreta. “Griechenland wird die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zu spüren bekommen. Unsere Quellmärkte in der Ukraine, in Russland aber auch in Polen sind praktisch aus unseren Buchungssystemen verschwunden. Schon gebuchte Reisen werden storniert. Die Menschen haben einfach Angst”, so Stroutzos gegenüber der DW. “Wir sehen eine humanitäre Katastrophe, und spüren parallel die Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Der Ölpreis wird die Fluggesellschaften, die noch mit den Verlusten durch die Corona-Pandemie zu kämpfen haben, unter Druck setzen.”

Der Präsident des griechischen Hotelverbands, Grigoris Tasios, bekräfigte bei einem Fernsehauftritt (Open TV) die Bereitschaft der griechischen Hotelbesitzer, Geflüchteten Unterkunft anzubieten. “Wir sind bereit Geflüchtete aufzunehmen. Und wir bieten nicht nur Unterkunft an, sondern auch Jobs in den Hotels – wenn das gewünscht ist”, so Tasios.

Giorgios Kaloutsakis, Besitzer des Luxushotels Abaton Island, wünscht sich, dass Touristiker sowohl in Griechenland als auch anderswo in Europa Haltung zeigen. “Das Geld, das wir für unsere Urlaube ausgeben, sollte nirgendwo Regime unterstützen, die gesellschaftliche und kulturelle Normen brechen oder gar den Weltfrieden in Gefahr bringen. Ich dränge darauf, dass wir Hotelbesitzer und alle, die im Tourismus tätig sind, entsprechend Haltung zeigen– ungeachtet der Konsequenzen, die es für unsere Gäste oder unsere Partner haben könnte.”

Nadiia Shapoval wünscht sich, dass Europa mehr tut. “Kiew ist nur zwei Flugstunden von Berlin entfernt. Wie viele Menschen müssen noch sterben, damit etwas passiert. Heute ist es die Ukraine. Was kommt als nächstes?”

Ex-Model Naddia Shapoval in einem Regenmantel vor der Andriivska Kirche in der ukrainischen Hauptstadt Kiew
Autos aus der Ukraine an der griechisch-bulgarischen Grenze bei Promachonas
Menschenmassen auf einem Platz in Athen bei Protesten gegen die russische Invasion in die Ukraine

“Ich brauchte sechs Tage, um aus der Ukraine heraus zu kommen. Dass es tatsächlich zum Krieg kommen würde, niemand hat doch wirklich daran geglaubt. Aber als ich drei Tage nach dem Einmarsch der russischen Armee morgens um fünf im Stadtzentrum von Kiew eine Explosion hörte, begriff ich: Die Invasion ist Wirklichkeit.” Nadiia Shapovals Stimme klingt brüchig, als sie von ihrer Flucht erzählt. Sie packte das Nötigste, Dokumente und Bargeld, setzte sich in ihr Auto und fuhr über 2000 Kilometer nach Athen. Zu ihrem Mann, der dort als Fußballprofi für den Club PAE Ionikos unter Vertrag ist. “Jetzt engagiere ich mich für “@helpukraine.gr” und versuche anderen zu helfen, die wie ich geflüchtet sind oder noch in der Ukraine festsitzen.”

Mehr als 10.000 Menschen sind seit Kriegsbeginn nach Griechenland geflüchtet. Viele kamen mit dem Auto von der Ukraine über Rumänien und Bulgarien – wie Nadiia Shapoval – nach Griechenland. Nur fünf Kilometer hinter der bulgarisch-griechischen Grenze, in Sintiki, stehen zwei Camps mit Übernachtungsmöglichkeiten bereit. “Wir haben in Griechenland eine große ukrainische Community, um die 20.000 Urkainer leben hier. Viele Geflüchtete kommen bei Freunden und Verwandten unter”, so Pressesprecherin des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Griechenland, Stella Nanou.

Eng verbunden: Griechenland und die Ukraine

Premierminister Kyriakos Mitsotakis betont, Griechenland stehe an der Seite der Ukraine und unterstütze deren Kampf um Freiheit und Demokratie. Die Verbindungen zwischen Griechenland und der Ukraine sind besonders eng: Schon seit dem 18. Jahrhundert lebt in der Ukraine eine große griechische Minderheit. Sie umfasst heute etwa 150.000 Menschen. Die meisten, über 90.000, leben in der Gegend um Mariupol. Bei den Angriffen der russischen Armee auf die Hafenstadt kamen auch Griechen ums Leben. 

Am Sonntag (20.3.) traf der griechische Generalkonsul in Mariupol, Manolis Androulakis, nach einer riskanten Evakuierung in Athen ein. Bis zur letzten Minute hatte er die Ausreise für griechische Bürger aus der umkämpften Hafenstadt organisiert. “Mariupol wird die Liste der Städte der Welt ergänzen, die durch den Krieg vollständig zerstört wurden wie Guernica, Stalingrad, Grosny oder Aleppo”, sagte Androulakis gegenüber Reportern am Flughafen.

Griechenland ist neben der Türkei das beliebteste Urlaubsland bei russischen Touristen. Als der Krieg am 24. Februar ausbrach, sperrte Griechenland – wie andere europäische Länder – seinen Luftraum für russische Flugzeuge. Die Touristen saßen fest. Aber über die Türkei und Serbien konnten die meisten ausreisen.

Die Russische Botschaft zeigt sich via Twitter besorgt über die “Bedrohungen und Beleidigungen”, denen Russen, die noch in Griechenland sind, ausgesetzt seien. “Wir versuchen, nicht aufzufallen”, äußert sich gegenüber der DW ein Russe in Athen, er will namentlich nicht genannt werden. “Viele von uns schämen sich für das, was Putin macht. Wir fühlen mit den Ukrainern – das ist ein Krieg der Politiker. Er hat nichts mit den normalen Leuten zu tun.” 

Griechenland ohne russische Touristen

Überall steht die Hilfe für die Ukraine im Vordergrund. Innesa Stakhurska betreibt die Seite “savelife.in.ua”, der Verein sammelt warme Kleidung, Medizin und andere wichtige Hilfsmittel für ukrainische Geflüchtete. Seit sechs Jahren lebt sie in Kretas Hauptstadt Heraklion. Stakhurska sorgt sich, dass Griechenland das Flüchtlingsaufkommen unterschätzt. “Polen war darauf vorbereitet. Schon letzten November rechnete Polen mit zwei bis drei Millionen Flüchtenden aus der Ukraine, sollte es zum Krieg kommen. In Griechenland ist das nicht der Fall, das Land war unvorbereitet. Obwohl ich sagen muss, hier auf Kreta hilft jeder so gut er kann.”

Kein Grund zur Sorge?

Griechenland trägt die EU-Sanktionen gegen Russland mit. Die Konsequenzen bekommt die Tourismusbranche unmittelbar zu spüren. Russen stornieren ihre geplanten Reisen. In einem TV-Statement beschwichtigte Griechenlands Tourismusminister Vassilis Kikilias, die Verluste würden sich in Grenzen halten. “Vor 2013 hatten wir 1,2 Millionen russische Gäste in Griechenland. Bereits nach der Annexion der Krim (2013/2014) gingen die Besucherzahlen um 50 Prozent zurück, und diese Tendenz setzt sich bis heute fort. Der russische Markt spielt für den Tourismus in Griechenland also keine große Rolle.”

Hotelbetreiber wie Konstantinos Stroutzos sind weniger optimistisch. Stroutzos leitet das Avra Imperial, ein Luxus-Resort in der Nähe von Chania auf der Insel Kreta. “Griechenland wird die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zu spüren bekommen. Unsere Quellmärkte in der Ukraine, in Russland aber auch in Polen sind praktisch aus unseren Buchungssystemen verschwunden. Schon gebuchte Reisen werden storniert. Die Menschen haben einfach Angst”, so Stroutzos gegenüber der DW. “Wir sehen eine humanitäre Katastrophe, und spüren parallel die Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Der Ölpreis wird die Fluggesellschaften, die noch mit den Verlusten durch die Corona-Pandemie zu kämpfen haben, unter Druck setzen.”

Der Präsident des griechischen Hotelverbands, Grigoris Tasios, bekräfigte bei einem Fernsehauftritt (Open TV) die Bereitschaft der griechischen Hotelbesitzer, Geflüchteten Unterkunft anzubieten. “Wir sind bereit Geflüchtete aufzunehmen. Und wir bieten nicht nur Unterkunft an, sondern auch Jobs in den Hotels – wenn das gewünscht ist”, so Tasios.

Vom Hotelzimmer zur Flüchtlingsunterkunft

Giorgios Kaloutsakis, Besitzer des Luxushotels Abaton Island, wünscht sich, dass Touristiker sowohl in Griechenland als auch anderswo in Europa Haltung zeigen. “Das Geld, das wir für unsere Urlaube ausgeben, sollte nirgendwo Regime unterstützen, die gesellschaftliche und kulturelle Normen brechen oder gar den Weltfrieden in Gefahr bringen. Ich dränge darauf, dass wir Hotelbesitzer und alle, die im Tourismus tätig sind, entsprechend Haltung zeigen– ungeachtet der Konsequenzen, die es für unsere Gäste oder unsere Partner haben könnte.”

Nadiia Shapoval wünscht sich, dass Europa mehr tut. “Kiew ist nur zwei Flugstunden von Berlin entfernt. Wie viele Menschen müssen noch sterben, damit etwas passiert. Heute ist es die Ukraine. Was kommt als nächstes?”

Auf Kreta halten freiwillige Helfer vor einem Transporter mit Hilfsmitteln für die Ukraine ukrainische Flaggen hoch

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