Wirtschaft

RS1: Radschnellweg im Schneckentempo

Seit Jahren ist der 115 Kilometer lange Radschnellweg in Nordrhein-Westfalen in der Planung. Bislang sind aber nur kleine Teilstücke fertig gestellt. Geht das auch schneller?

Deutschland hat 83 Millionen Einwohner – und rund 79 Millionen Fahrräder. Die Hälfte aller Auto-Fahrten ist kürzer als fünf Kilometer. Ein Viertel der Fahrten sogar kürzer als zwei Kilometer. Bringt man diese Informationen zusammen, ist eines eigentlich offensichtlich: Wenn man das Klima schonen will, sollte man mehr Rad fahren.

In anderen Ländern wurde schon vor Jahrzehnten auf das Fahrrad gesetzt. Beispiel Niederlande: Hier hat die grundlegende Idee funktioniert, dass, wenn eine attraktive Rad-Infrastruktur angeboten wird, die Menschen auch bereit sind, sich auf den Sattel zu schwingen. Seit langem radeln die Niederländer auf – manchmal sogar beheizten und überdachten – Radschnellwegen schnell, sicher und bequem. In Deutschland möchte die Politik den Verkehr inzwischen ebenfalls mehr in Richtung Fahrrad lenken. Schon lange sind diverse Radschnellwege geplant – mit dem Bau läuft es allerdings alles andere als schnell.

Deutschland hat 83 Millionen Einwohner – und rund 79 Millionen Fahrräder. Die Hälfte aller Auto-Fahrten ist kürzer als fünf Kilometer. Ein Viertel der Fahrten sogar kürzer als zwei Kilometer. Bringt man diese Informationen zusammen, ist eines eigentlich offensichtlich: Wenn man das Klima schonen will, sollte man mehr Rad fahren.

Seit 2010 gibt es in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Idee, einen Radschnellweg (RS1) über 115 Kilometer quer durch das Ruhrgebiet von Duisburg bis Hamm zu bauen. Davon sind bis heute erst 15 Kilometer fertiggestellt – in kleinen Teilstücken. Dass es auch in anderen Bundesländern nicht schneller geht, ist nur ein bitterer Trost für NRW. So wurde den Münchnern vor sechs Jahren ein Radschnellweg versprochen, von dem bis zum Jahreswechsel noch nichts zu sehen war.

Es könnten viel mehr Menschen vom Auto aufs Rad umsteigen

Dabei ist das Potential groß. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen machen die Radfahrenden die Hälfte des Gesamtverkehrs aus. In den Niederlanden, wo es mehr als 400 km Radschnellrouten gibt, werden gut ein Viertel der Wege mit dem Rad zurückgelegt, in Deutschland hingegen nur zehn Prozent.

Der Regionalverband Ruhr, der den Radschnellweg in NRW mit realisieren soll, hatte 2014 verkündet, dass mit dem RS1 bis zu 400.000 Pkw-Kilometer und 16.600 Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden könnten. Denn in NRW sind die Hälfte aller Arbeitswege unter zehn Kilometer lang und eignen sich daher potenziell für das Fahrrad.

Eigentlich sollte der RS1 bereits seit 2020 fertig gestellt sein. Davon ist er aber noch weit entfernt. Das liegt unter anderem daran, dass Radschnellwege eben besondere Wege sind, in NRW sollen sie vier Meter breit sein, eine glatte Asphaltdecke haben, die im Winter geräumt wird. Sie sollen beleuchtet sein und in regelmäßigem Abstand Rast- und Reparaturstationen haben.

“Das bedeutet, dass man bei der Errichtung von Radschnellwegen einen sehr hohen fachplanerischen Aufwand treiben muss”, erklärt Stefan Kuczera vom Regionalverband Ruhr. Die Planung ist aufwendig, der Weg muss mit etlichen Fachbehörden abgestimmt werden, es müssen Umwelt-, Denkmal- und Wasserschutzbestimmungen berücksichtigt werden, es muss die Öffentlichkeit in den Prozess integriert werden und es braucht auch genug Fachpersonal, das sich mit der Fahrradinfrastruktur auseinandersetzt.

Neben zeitraubenden bürokratischen Prozessen liegt ein anderes großes Problem darin, dass die Radschnellwege durch dicht bebaute Städte führen sollen. “Wir planen und bauen nicht auf der grünen Wiese, sondern im dicht bebauten Ruhrgebiet. Da braucht es manchmal kreative Lösungen, wenn der Platz eng wird”, heißt es von Petra Beckefeld, Direktorin beim Landesbetrieb. In den vorhandenen Straßenräumen sei ein solcher Radweg nicht ohne Weiteres realisierbar, wenn man dem Autoverkehr nicht drastisch Fläche wegnehmen möchte, erklärt Kuzera.

Die Umwidmung von Straßen zu Radwegen stößt bei vielen in der Stadt auf Widerstand. Es gehört schon politischer Mut dazu, sich gegen Autofahrende durchzusetzen. In Kopenhagen hat man den. Seit den 1970er Jahren reduziert die Stadt Kopenhagen jedes Jahr den Parkraum für Pkw um drei Prozent und gewinnt so Raum für den Radverkehr. 

Die Pandemie hat gezeigt, dass auch in Deutschland eine Umwidmung von Straßen zu Radwegen schnell möglich ist und auch von den Menschen positiv angenommen wird. Getrieben durch Corona sind viele Städte weltweit neue Wege gegangen – und haben neue Radwege eingerichtet. Allen voran die kolumbianische Hauptstadt Bogotá. Dafür wurden auf Straßen provisorische, sogenannte Pop-Up-Radwege eingerichtet. Andere Städte wie London, Paris, Wien, Brüssel, New York, Vancouver, Mexiko-Stadt oder Budapest sind diesem Beispiel gefolgt.

In Deutschland hat Berlin als erste Stadt während des Lockdowns Autofahrstreifen zu Radwegen umgewandelt. Andere deutsche Städte haben nachgezogen. Manche dieser Pop-Up-Radwege sind inzwischen dauerhaft geworden.

Erst ein Kompromiss, dann eine bessere Dauerlösung – das könnte angesichts der vielen Hürden auch das Motto für den RS1 sein, meint Kuczera. “Möglicherweise ist es sinnvoll, nicht mit dem perfekten Radweg zu starten, sondern nach der Guerilla-Taktik erst einmal Radverkehrsinfrastruktur überhaupt zu bauen”, schlägt er vor. “Das hat man ja beim Straßenverkehr auch gemacht. Und groß und leistungsfähig werden die Straßen dann über die Zeit schon von allein, weil mit steigenden Verkehrsaufkommen der Bedarf nach Ausbau steigt. Und warum sollte das bei den Radwegen anders sein?”

Im Augenblick ist der Weg auf manchen Teilstrecken des geplanten RS1 allerdings noch sehr rudimentär oder auch gar nicht ausgebaut. So folgt zum Teil auf asphaltierten Weg plötzlich Schotter oder Brachfläche. Aber immerhin – es gibt schon Teilabschnitte. Die anderen sechs Radschnellwege, die eines Tages in NRW entstehen sollen, sind seit Jahren nicht groß über die Planungsphase hinaus gekommen.

“Er ist ein Mammutprojekt und hat deutschlandweit Vorbildcharakter: Der Radschnellweg Ruhr (RS1)”, heißt es auf der Internetseite von Straßen.NRW. Wenn es nach diesem Vorbild weitergeht, dann wird es die Regierung schwer haben, ihr Ziel zu erreichen, und Deutschland bis 2030 zum Fahrradland zu machen. “Vom Fahrradland Deutschland sind wir, Stand heute, noch Lichtjahre entfernt”, klagt Rebecca Peters, stellvertretende Bundesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). “Der Ausbau der Radwege und Radschnellwege kommt kaum voran. Und der Radverkehrsanteil ist in zehn Jahren nur minimal gestiegen.”

Deutschland hat 83 Millionen Einwohner – und rund 79 Millionen Fahrräder. Die Hälfte aller Auto-Fahrten ist kürzer als fünf Kilometer. Ein Viertel der Fahrten sogar kürzer als zwei Kilometer. Bringt man diese Informationen zusammen, ist eines eigentlich offensichtlich: Wenn man das Klima schonen will, sollte man mehr Rad fahren.

In anderen Ländern wurde schon vor Jahrzehnten auf das Fahrrad gesetzt. Beispiel Niederlande: Hier hat die grundlegende Idee funktioniert, dass, wenn eine attraktive Rad-Infrastruktur angeboten wird, die Menschen auch bereit sind, sich auf den Sattel zu schwingen. Seit langem radeln die Niederländer auf – manchmal sogar beheizten und überdachten – Radschnellwegen schnell, sicher und bequem. In Deutschland möchte die Politik den Verkehr inzwischen ebenfalls mehr in Richtung Fahrrad lenken. Schon lange sind diverse Radschnellwege geplant – mit dem Bau läuft es allerdings alles andere als schnell.

Es könnten viel mehr Menschen vom Auto aufs Rad umsteigen

Seit 2010 gibt es in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Idee, einen Radschnellweg (RS1) über 115 Kilometer quer durch das Ruhrgebiet von Duisburg bis Hamm zu bauen. Davon sind bis heute erst 15 Kilometer fertiggestellt – in kleinen Teilstücken. Dass es auch in anderen Bundesländern nicht schneller geht, ist nur ein bitterer Trost für NRW. So wurde den Münchnern vor sechs Jahren ein Radschnellweg versprochen, von dem bis zum Jahreswechsel noch nichts zu sehen war.

Dabei ist das Potential groß. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen machen die Radfahrenden die Hälfte des Gesamtverkehrs aus. In den Niederlanden, wo es mehr als 400 km Radschnellrouten gibt, werden gut ein Viertel der Wege mit dem Rad zurückgelegt, in Deutschland hingegen nur zehn Prozent.

Der Regionalverband Ruhr, der den Radschnellweg in NRW mit realisieren soll, hatte 2014 verkündet, dass mit dem RS1 bis zu 400.000 Pkw-Kilometer und 16.600 Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden könnten. Denn in NRW sind die Hälfte aller Arbeitswege unter zehn Kilometer lang und eignen sich daher potenziell für das Fahrrad.

Eigentlich sollte der RS1 bereits seit 2020 fertig gestellt sein. Davon ist er aber noch weit entfernt. Das liegt unter anderem daran, dass Radschnellwege eben besondere Wege sind, in NRW sollen sie vier Meter breit sein, eine glatte Asphaltdecke haben, die im Winter geräumt wird. Sie sollen beleuchtet sein und in regelmäßigem Abstand Rast- und Reparaturstationen haben.

Das Fahrrad zieht beim Wettbewerb um Platz oft den Kürzeren

“Das bedeutet, dass man bei der Errichtung von Radschnellwegen einen sehr hohen fachplanerischen Aufwand treiben muss”, erklärt Stefan Kuczera vom Regionalverband Ruhr. Die Planung ist aufwendig, der Weg muss mit etlichen Fachbehörden abgestimmt werden, es müssen Umwelt-, Denkmal- und Wasserschutzbestimmungen berücksichtigt werden, es muss die Öffentlichkeit in den Prozess integriert werden und es braucht auch genug Fachpersonal, das sich mit der Fahrradinfrastruktur auseinandersetzt.

Pop-Up-Radwege als erster Schritt weg vom Auto

Neben zeitraubenden bürokratischen Prozessen liegt ein anderes großes Problem darin, dass die Radschnellwege durch dicht bebaute Städte führen sollen. “Wir planen und bauen nicht auf der grünen Wiese, sondern im dicht bebauten Ruhrgebiet. Da braucht es manchmal kreative Lösungen, wenn der Platz eng wird”, heißt es von Petra Beckefeld, Direktorin beim Landesbetrieb. In den vorhandenen Straßenräumen sei ein solcher Radweg nicht ohne Weiteres realisierbar, wenn man dem Autoverkehr nicht drastisch Fläche wegnehmen möchte, erklärt Kuzera.

Die Umwidmung von Straßen zu Radwegen stößt bei vielen in der Stadt auf Widerstand. Es gehört schon politischer Mut dazu, sich gegen Autofahrende durchzusetzen. In Kopenhagen hat man den. Seit den 1970er Jahren reduziert die Stadt Kopenhagen jedes Jahr den Parkraum für Pkw um drei Prozent und gewinnt so Raum für den Radverkehr. 

Die Pandemie hat gezeigt, dass auch in Deutschland eine Umwidmung von Straßen zu Radwegen schnell möglich ist und auch von den Menschen positiv angenommen wird. Getrieben durch Corona sind viele Städte weltweit neue Wege gegangen – und haben neue Radwege eingerichtet. Allen voran die kolumbianische Hauptstadt Bogotá. Dafür wurden auf Straßen provisorische, sogenannte Pop-Up-Radwege eingerichtet. Andere Städte wie London, Paris, Wien, Brüssel, New York, Vancouver, Mexiko-Stadt oder Budapest sind diesem Beispiel gefolgt.

In Deutschland hat Berlin als erste Stadt während des Lockdowns Autofahrstreifen zu Radwegen umgewandelt. Andere deutsche Städte haben nachgezogen. Manche dieser Pop-Up-Radwege sind inzwischen dauerhaft geworden.

Erst ein Kompromiss, dann eine bessere Dauerlösung – das könnte angesichts der vielen Hürden auch das Motto für den RS1 sein, meint Kuczera. “Möglicherweise ist es sinnvoll, nicht mit dem perfekten Radweg zu starten, sondern nach der Guerilla-Taktik erst einmal Radverkehrsinfrastruktur überhaupt zu bauen”, schlägt er vor. “Das hat man ja beim Straßenverkehr auch gemacht. Und groß und leistungsfähig werden die Straßen dann über die Zeit schon von allein, weil mit steigenden Verkehrsaufkommen der Bedarf nach Ausbau steigt. Und warum sollte das bei den Radwegen anders sein?”

Im Augenblick ist der Weg auf manchen Teilstrecken des geplanten RS1 allerdings noch sehr rudimentär oder auch gar nicht ausgebaut. So folgt zum Teil auf asphaltierten Weg plötzlich Schotter oder Brachfläche. Aber immerhin – es gibt schon Teilabschnitte. Die anderen sechs Radschnellwege, die eines Tages in NRW entstehen sollen, sind seit Jahren nicht groß über die Planungsphase hinaus gekommen.

“Er ist ein Mammutprojekt und hat deutschlandweit Vorbildcharakter: Der Radschnellweg Ruhr (RS1)”, heißt es auf der Internetseite von Straßen.NRW. Wenn es nach diesem Vorbild weitergeht, dann wird es die Regierung schwer haben, ihr Ziel zu erreichen, und Deutschland bis 2030 zum Fahrradland zu machen. “Vom Fahrradland Deutschland sind wir, Stand heute, noch Lichtjahre entfernt”, klagt Rebecca Peters, stellvertretende Bundesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). “Der Ausbau der Radwege und Radschnellwege kommt kaum voran. Und der Radverkehrsanteil ist in zehn Jahren nur minimal gestiegen.”

Mobilität durch Fahrräder | Kopenhagen Dänemark

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