Welt

Tourismus in Afrika: Einheimische gehen auf Reisen

Neue Strategien mit vergünstigten Angeboten für einheimische Reisende sollen den Tourismus in afrikanischen Ländern nachhaltig beleben. Denn die können sich aktuell kaum Reisen auf dem Kontinent leisten.

Malerisch schlängelt sich der Sambesi-Fluss in der Grenzregion zwischen Sambia und Simbabwe. Dann, nahe Livingstone, dem Tourismuszentrum des armen Sambia, und auf der Höhe von Victoria Falls im Nachbarland Simbabwe, donnern seine Wassermassen tosend 110 Meter in die Tiefe. Sie bilden den mächtigsten Wasserfall Afrikas, die Viktoriafälle. Aber dieses Schauspiel der Natur bleibt vielen Bürgern beider Länder verborgen – sie können die Eintrittspreise nicht bezahlen.

Denn: “Um die besten Stellen des Sambesi zu sehen, muss man eine der Ferienanlagen betreten. Oder an die Grenze zu Simbabwe gehen, wo man eine bestimmte Gebühr bezahlen muss”, klagt Gift Kashimbaya in Livingstone im DW-Interview. Nur so könne man die Fälle aus nächster Nähe erleben.

Malerisch schlängelt sich der Sambesi-Fluss in der Grenzregion zwischen Sambia und Simbabwe. Dann, nahe Livingstone, dem Tourismuszentrum des armen Sambia, und auf der Höhe von Victoria Falls im Nachbarland Simbabwe, donnern seine Wassermassen tosend 110 Meter in die Tiefe. Sie bilden den mächtigsten Wasserfall Afrikas, die Viktoriafälle. Aber dieses Schauspiel der Natur bleibt vielen Bürgern beider Länder verborgen – sie können die Eintrittspreise nicht bezahlen.

Geschäftsleute haben sich – wie in vielen afrikanischen Ländern – die natürlichen Attraktionen zunutze gemacht und Lodges an den Ufern schöner Gewässer und in einigen Parks gebaut. Dadurch haben sie Kontrolle über den Zugang zu den öffentlichen Stätten – und verlangen Eintrittsgebühren.

Für Einheimische bleibt Zutritt ein Traum

Für den sambischen Reiseveranstalter Donald Chomba ist das ein Problem: “Das ist der Grund, warum unser lokaler Tourismus nie blühen wird. Es würde mich nicht wundern, wenn drei Viertel der Bevölkerung Sambias noch nie die Viktoriafälle gesehen haben oder zum Sambesi-Stausee nach Kariba gefahren sind. Ich halte es für falsch, dass diese Lodges den Einheimischen den Zutritt verweigern oder sie zur Kasse bitten, nur um das Gelände zu betreten”, sagt Chomba zur DW.

In der Hauptstadt Lusaka wirft Geschäftsmann Brian Sakala der Regierung vor, sie gehe bei der Förderung des Tourismussektors einseitig vor und bevorzuge zahlungsstarke Gäste aus dem Ausland. “Es ist unklug, für Ausländer Anreize zu schaffen und die eigene Bevölkerung außen vor zu lassen”, sagt Sakala zur DW. Die natürlichen Ressourcen, mit denen das Land gesegnet sei, sollten alle Sambier genießen können.

Die Unterstützung des einheimischen Marktes in afrikanischen Ländern sei heute wichtiger denn je, bestätigt Hermione Nevill, Tourismusexpertin und Mitarbeiterin der International Finance Corporation (IFC), einer Schwesterorganisation der Weltbank-Gruppe. “In den inländischen und regionalen Tourismus in Afrika wurde in der Vergangenheit zugunsten von internationalen Touristen mit höheren Ausgaben zu wenig investiert”, sagt Nevill im DW-Interview.

Die Covid-Krise mit ihren Reiseeinschränkungen hat die Abhängigkeit Afrikas von ausländischen Reisenden deutlich gemacht: “Als die Pandemie ausbrach, wurde vielen Reiseanbietern klar, dass sie auf die einheimische Bevölkerung angewiesen waren, aber sie hatten keine Daten oder Informationen über diese Märkte”, so Nevill. Dies mache afrikanische Reiseziele grundsätzlich weniger widerstandsfähig als Länder mit einer etablierten einheimischen Reisekultur.

Laut IFC ist der Tourismus in den letzten 20 Jahren jedoch für die afrikanischen Volkswirtschaften lebenswichtig geworden. Im Jahr 2019 machte demnach die Branche etwa sieben Prozent des afrikanischen Bruttoinlandprodukts aus und trug 169 Milliarden Dollar zur Wirtschaft bei – etwa so viel wie das BIP der Elfenbeinküste und Kenia zusammen.

Und dann kam der Einbruch. Waren 2019 noch zehn Millionen internationale Besucher nach Südafrika gekommen, fiel diese Zahl 2021 auf schlappe 2,3 Millionen, berichtet Hanneli Slabber, Marketing-Chefin des südafrikanischen Fremdenverkehrsamts. Inzwischen hätten sich die Zahlen schon wieder etwas erholt. Aber der einheimische Markt liege nun im Fokus, um die Industrie nachhaltig zu beleben.

Das Land habe den lokalen Tourismus 2020 zu einem Schwerpunkt seines Konjunkturprogramms gemacht. “In der Pandemie haben viele Südafrikaner zum ersten Mal Tagesausflüge unternommen, und wir haben mit unseren Informationskampagnen sichergestellt, dass sie wissen, was es in ihrer Heimat zu erleben gibt, vieles auch umsonst.” Im Februar 2022 seien 1,1 Millionen Einheimische im Land verreist – im Vergleich zu 750.000 im Vorjahr, sagt Slabber im DW-Interview.

Das Wachstum des Inlandsreiseverkehrs in Afrika ist laut Tourismusexpertin Hermione Nevill jedoch recht kompliziert. Der lokale Markt leide unter den schwachen Volkswirtschaften und den geringeren Einkommen der Menschen. “In Afrika, wo die einheimische Reisekultur von Anfang an sehr klein ist, wird dies noch verschärft.”

Südafrika war eines der ersten Länder in der Region, das schon vor der Pandemie mit einer nationalen Strategie an den Start ging. Ein Beispiel ist die jährliche Reisewoche mit der Kampagne “Sho’t left”. Das bedeutet im südafrikanischen Volksmund “um die Ecke”. Mit halbierten Tarifen sollen Besuche in jeder Provinz gefördert werden. Angebote für die Ärmeren umfassen auch regelmäßig freien Eintritt für Museen, Parks oder Veranstaltungen. Reisende aus der Mittelschicht machten mehr freizeitorientierte Reisen.

Inzwischen gibt es viele innovative Plattformen wie Zulu Nomad. “Unternehmen investieren auch mit Hilfe von IFC verstärkt in neue Hotels, die noch auf Tourismus in der Natur basieren, sich aber von der traditionellen Khaki-Safari unterscheiden.” Diese Art von Produkten werde die regionalen Märkte mehr ansprechen. Ein weiterer, aufstrebender Markt für eine neuere Reiseklasse ist laut Nevill der “Afro-Futurist”, der mit internationalen Reisen vertraut, tendenziell jünger und digital versiert ist.

Die übrigen Länder der Region hätten – abgesehen von Kenia und Nigeria – noch deutlich kleinere Binnenmärkte als Südafrika. Dennoch versuchten alle Länder während der Pandemie, mithilfe ermäßigter Tarife für einheimische Touristen den Inlands- und Regionalreiseverkehr zu fördern, sagt Nevill.

Aus Angst vor dem Ausbleiben der Touristen nach Corona senkte Kenia im Juli 2020 die Preise für Safaris und für die Eintrittsgebühren in vielen Nationalparks um bis zu 50 Prozent für ein Jahr. Ruanda berät derzeit noch über eine Strategie für die Entwicklung lokaler und regionaler Märkte. Auch dort existieren aber schon gestaffelte Preiskategorien für in- und ausländische Besucher.

In Sambia fragte die DW bei verschiedenen privatwirtschaftlichen Lodges an, warum sie auch einheimische Touristen zur Kasse bitten. Eine Rückmeldung gab es zunächst nicht. Mitarbeiterinnen der nationalen Tourismusbehörde machten gegenüber der DW in mehreren Gesprächen deutlich, das Thema sei von großer Bedeutung. Konkrete Aussagen zu Plänen der Behörde gab es aber keine.

Mitarbeit: Glory Mushinge

Tourismus in Afrika | Viktoriafälle, Uganda
Tourismus in Afrika | Somalia Mogadischu | Restaurant La Lanterna

Malerisch schlängelt sich der Sambesi-Fluss in der Grenzregion zwischen Sambia und Simbabwe. Dann, nahe Livingstone, dem Tourismuszentrum des armen Sambia, und auf der Höhe von Victoria Falls im Nachbarland Simbabwe, donnern seine Wassermassen tosend 110 Meter in die Tiefe. Sie bilden den mächtigsten Wasserfall Afrikas, die Viktoriafälle. Aber dieses Schauspiel der Natur bleibt vielen Bürgern beider Länder verborgen – sie können die Eintrittspreise nicht bezahlen.

Denn: “Um die besten Stellen des Sambesi zu sehen, muss man eine der Ferienanlagen betreten. Oder an die Grenze zu Simbabwe gehen, wo man eine bestimmte Gebühr bezahlen muss”, klagt Gift Kashimbaya in Livingstone im DW-Interview. Nur so könne man die Fälle aus nächster Nähe erleben.

Für Einheimische bleibt Zutritt ein Traum

Geschäftsleute haben sich – wie in vielen afrikanischen Ländern – die natürlichen Attraktionen zunutze gemacht und Lodges an den Ufern schöner Gewässer und in einigen Parks gebaut. Dadurch haben sie Kontrolle über den Zugang zu den öffentlichen Stätten – und verlangen Eintrittsgebühren.

Für den sambischen Reiseveranstalter Donald Chomba ist das ein Problem: “Das ist der Grund, warum unser lokaler Tourismus nie blühen wird. Es würde mich nicht wundern, wenn drei Viertel der Bevölkerung Sambias noch nie die Viktoriafälle gesehen haben oder zum Sambesi-Stausee nach Kariba gefahren sind. Ich halte es für falsch, dass diese Lodges den Einheimischen den Zutritt verweigern oder sie zur Kasse bitten, nur um das Gelände zu betreten”, sagt Chomba zur DW.

In der Hauptstadt Lusaka wirft Geschäftsmann Brian Sakala der Regierung vor, sie gehe bei der Förderung des Tourismussektors einseitig vor und bevorzuge zahlungsstarke Gäste aus dem Ausland. “Es ist unklug, für Ausländer Anreize zu schaffen und die eigene Bevölkerung außen vor zu lassen”, sagt Sakala zur DW. Die natürlichen Ressourcen, mit denen das Land gesegnet sei, sollten alle Sambier genießen können.

Die Unterstützung des einheimischen Marktes in afrikanischen Ländern sei heute wichtiger denn je, bestätigt Hermione Nevill, Tourismusexpertin und Mitarbeiterin der International Finance Corporation (IFC), einer Schwesterorganisation der Weltbank-Gruppe. “In den inländischen und regionalen Tourismus in Afrika wurde in der Vergangenheit zugunsten von internationalen Touristen mit höheren Ausgaben zu wenig investiert”, sagt Nevill im DW-Interview.

Ausländische Touristen bevorzugt

Die Covid-Krise mit ihren Reiseeinschränkungen hat die Abhängigkeit Afrikas von ausländischen Reisenden deutlich gemacht: “Als die Pandemie ausbrach, wurde vielen Reiseanbietern klar, dass sie auf die einheimische Bevölkerung angewiesen waren, aber sie hatten keine Daten oder Informationen über diese Märkte”, so Nevill. Dies mache afrikanische Reiseziele grundsätzlich weniger widerstandsfähig als Länder mit einer etablierten einheimischen Reisekultur.

Anreize für lokale Besucher schaffen

Laut IFC ist der Tourismus in den letzten 20 Jahren jedoch für die afrikanischen Volkswirtschaften lebenswichtig geworden. Im Jahr 2019 machte demnach die Branche etwa sieben Prozent des afrikanischen Bruttoinlandprodukts aus und trug 169 Milliarden Dollar zur Wirtschaft bei – etwa so viel wie das BIP der Elfenbeinküste und Kenia zusammen.

Und dann kam der Einbruch. Waren 2019 noch zehn Millionen internationale Besucher nach Südafrika gekommen, fiel diese Zahl 2021 auf schlappe 2,3 Millionen, berichtet Hanneli Slabber, Marketing-Chefin des südafrikanischen Fremdenverkehrsamts. Inzwischen hätten sich die Zahlen schon wieder etwas erholt. Aber der einheimische Markt liege nun im Fokus, um die Industrie nachhaltig zu beleben.

Das Land habe den lokalen Tourismus 2020 zu einem Schwerpunkt seines Konjunkturprogramms gemacht. “In der Pandemie haben viele Südafrikaner zum ersten Mal Tagesausflüge unternommen, und wir haben mit unseren Informationskampagnen sichergestellt, dass sie wissen, was es in ihrer Heimat zu erleben gibt, vieles auch umsonst.” Im Februar 2022 seien 1,1 Millionen Einheimische im Land verreist – im Vergleich zu 750.000 im Vorjahr, sagt Slabber im DW-Interview.

Weg von der Khaki-Safari – hin zum Afro-Futuristen

Das Wachstum des Inlandsreiseverkehrs in Afrika ist laut Tourismusexpertin Hermione Nevill jedoch recht kompliziert. Der lokale Markt leide unter den schwachen Volkswirtschaften und den geringeren Einkommen der Menschen. “In Afrika, wo die einheimische Reisekultur von Anfang an sehr klein ist, wird dies noch verschärft.”

Südafrika war eines der ersten Länder in der Region, das schon vor der Pandemie mit einer nationalen Strategie an den Start ging. Ein Beispiel ist die jährliche Reisewoche mit der Kampagne “Sho’t left”. Das bedeutet im südafrikanischen Volksmund “um die Ecke”. Mit halbierten Tarifen sollen Besuche in jeder Provinz gefördert werden. Angebote für die Ärmeren umfassen auch regelmäßig freien Eintritt für Museen, Parks oder Veranstaltungen. Reisende aus der Mittelschicht machten mehr freizeitorientierte Reisen.

Konzepte für lokale Märkte

Inzwischen gibt es viele innovative Plattformen wie Zulu Nomad. “Unternehmen investieren auch mit Hilfe von IFC verstärkt in neue Hotels, die noch auf Tourismus in der Natur basieren, sich aber von der traditionellen Khaki-Safari unterscheiden.” Diese Art von Produkten werde die regionalen Märkte mehr ansprechen. Ein weiterer, aufstrebender Markt für eine neuere Reiseklasse ist laut Nevill der “Afro-Futurist”, der mit internationalen Reisen vertraut, tendenziell jünger und digital versiert ist.

Die übrigen Länder der Region hätten – abgesehen von Kenia und Nigeria – noch deutlich kleinere Binnenmärkte als Südafrika. Dennoch versuchten alle Länder während der Pandemie, mithilfe ermäßigter Tarife für einheimische Touristen den Inlands- und Regionalreiseverkehr zu fördern, sagt Nevill.

Tourismus in Afrika | Kenia Nairobi | Giraffe Center

Aus Angst vor dem Ausbleiben der Touristen nach Corona senkte Kenia im Juli 2020 die Preise für Safaris und für die Eintrittsgebühren in vielen Nationalparks um bis zu 50 Prozent für ein Jahr. Ruanda berät derzeit noch über eine Strategie für die Entwicklung lokaler und regionaler Märkte. Auch dort existieren aber schon gestaffelte Preiskategorien für in- und ausländische Besucher.

In Sambia fragte die DW bei verschiedenen privatwirtschaftlichen Lodges an, warum sie auch einheimische Touristen zur Kasse bitten. Eine Rückmeldung gab es zunächst nicht. Mitarbeiterinnen der nationalen Tourismusbehörde machten gegenüber der DW in mehreren Gesprächen deutlich, das Thema sei von großer Bedeutung. Konkrete Aussagen zu Plänen der Behörde gab es aber keine.

Mitarbeit: Glory Mushinge

Nachrichten

Ähnliche Artikel

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"