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COVID-Pille Paxlovid wird in Deutschland kaum verschrieben

In der Pandemie galt Paxlovid als Hoffnungsträger, der nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Lauterbach häufiger verschrieben werden sollte. Aber für Hausärzte ist der Einsatz eine schwierige Abwägung.

Im Januar 2022 hat die europäische Arzneimittelbehörde European Medicines Agency (EMA) grünes Licht für das antivirale Medikament gegeben.

Die COVID-Pille des US-Herstellers Pfizer gilt als Hoffnungsträger, der laut EMA gerade bei Menschen mit Vorerkrankungen das Risiko für sehr schwere Krankheitsverläufe um 89 Prozent senken soll. Mittlerweile ist Paxlovid in 65 Ländern zugelassen.

Im Januar 2022 hat die europäische Arzneimittelbehörde European Medicines Agency (EMA) grünes Licht für das antivirale Medikament gegeben.

Trotzdem wird das im süddeutschen Freiburg produzierte Corona-Medikament von Hausärzten in Deutschland kaum verschrieben. Obwohl die Pille sehr effektiv ist, werden die vom Bund bestellten Vorräte nicht abgerufen. Eine Million Dosen sind eingelagert, davon wurden bislang nur etwa 10.000 Dosen verschrieben.

Warum wird Paxlovid in Deutschland kaum eingesetzt?

Deshalb will der Bundesgesundheitsmister gezielter auf die Hausärzte einwirken, “diese viel zu seltene COVID Lebensrettung regelmäßiger einzusetzen”, twitterte Karl Lauterbach:

An der Wirksamkeit von Paxlovid gibt es wenig Zweifel: Wer bei einer Corona-Infektion täglich die sechs Tabletten einnimmt – vier mit dem Wirkstoff Nirmatrelvir und zwei mit dem Wirkstoff Ritonavir – bei dem sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Krankenhauseinweisung um fast 90 Prozent.

Ein großer Vorteil von Paxlovid ist zudem, dass das antivirale Medikament als erstes Corona-Medikament oral zu Hause in Tablettenform eingenommen werden kann. Das ähnlich wirkende Remdesivir muss dagegen vom Arzt als Infusion verabreicht werden.

Neben Paxlovid und Remdesivir gibt es noch zwei weitere therapeutische Medikamente, welche die Viren bereits im Frühstadium bekämpfen. Der Wirkstoff Nirmatrelvir hemmt dabei ein SARS-CoV-2-Protein und verhindert so, dass das Coronavirus in die menschlichen Zellen eindringen kann.

Wichtig ist allerdings, dass diese antiviralen Mittel möglichst frühzeitig nach Bekanntwerden der Infektion eingesetzt werden. Verschrieben werden sie von den Hausärzten.

Dafür aber müssten die Patienten bei einer Infektion umgehend ihre Hausärzte informieren, und die Mediziner wiederum müssen abwägen, ob das Medikament für den jeweiligen Patienten überhaupt geeignet ist. Denn laut EMA sollte Paxlovid vor allem bei Hochrisiko-Patienten eingesetzt werden, also nicht beispielsweise bei Menschen ohne Vorerkrankungen. 

Für Verunsicherung sorgte zudem eine im April 2022 im “New England Journal of Medicine” veröffentlichte Studie, wonach Paxlovid bei Menschen ohne Risikofaktoren deutlich schwächer wirke.

Nach Ansicht von Prof. Martin Scherer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zeige die Studie aber ganz im Gegenteil, dass Paxlovid sehr effektiv wirke – nur eben wie vorgesehen bei Risikopatienten: “In der Studie mussten nur ungefähr 0,8 Prozent der COVID-Patienten hospitalisiert werden, wenn sie das Medikament rechtzeitig eingenommen hatten. In der Placebogruppe waren es hingegen über sechs Prozent. Paxlovid kann also sehr viele Einweisungen ins Krankenhaus verhindern und auch viele Todesfälle”, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) gegenüber der Zeitung “Die Welt”.

Mit dem Auftreten der Omikron-Variante gibt es insgesamt weniger schwere Verläufe im Vergleich zu Infektionen mit der Delta-Variante. Allerdings gibt es noch andere Gründe, warum Hausärzte Paxlovid eher zögerlich verschreiben: Die starken Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

“Da sind beispielsweise die Antiarrhythmika zu nennen, die zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden. Oder auch viele Psychopharmaka, Lipidsenker, Blutverdünner und Medikamente zur Behandlung von Herzschwäche. Und auch erektionsfördernde Mittel wie Viagra oder Cialis sollten nicht mit Paxlovid kombiniert werden”, so der Allgemeinmediziner Martin Scherer. “Und genau das zwingt den Arzt zum Abwägen. Er muss sich gut überlegen, ob es sich lohnt, eines oder mehrere dieser Arzneimittel abzusetzen, um Paxlovid verordnen zu können.”

Da das antivirale Medikament nach einer Infektion sehr frühzeitig, also bereits mit Beginn der Symptomatik eingenommen werden muss, und die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten eben erheblich sind, muss der Hausarzt sehr schnell Nutzen und Risiken abwägen. “Paxlovid ist zwar ein sehr wirksames Medikament, aber im Praxisalltag ist es für den Arzt nicht gerade einfach anzuwenden.”

Gerade aber mit Blick auf eine mögliche neue Infektionswelle im Herbst sollten vor allem Hoch-Risikopatienten wissen, dass es sehr wirksame und unkomplizierte Medikamente wie Paxlovid gibt, und sie sollten gegebenenfalls mit ihrem Hausarzt besprechen, ob dieses antivirale Mittel im Falle einer Infektion für sie in Frage kommt.

 

Im Januar 2022 hat die europäische Arzneimittelbehörde European Medicines Agency (EMA) grünes Licht für das antivirale Medikament gegeben.

Die COVID-Pille des US-Herstellers Pfizer gilt als Hoffnungsträger, der laut EMA gerade bei Menschen mit Vorerkrankungen das Risiko für sehr schwere Krankheitsverläufe um 89 Prozent senken soll. Mittlerweile ist Paxlovid in 65 Ländern zugelassen.

Warum wird Paxlovid in Deutschland kaum eingesetzt?

Trotzdem wird das im süddeutschen Freiburg produzierte Corona-Medikament von Hausärzten in Deutschland kaum verschrieben. Obwohl die Pille sehr effektiv ist, werden die vom Bund bestellten Vorräte nicht abgerufen. Eine Million Dosen sind eingelagert, davon wurden bislang nur etwa 10.000 Dosen verschrieben.

Deshalb will der Bundesgesundheitsmister gezielter auf die Hausärzte einwirken, “diese viel zu seltene COVID Lebensrettung regelmäßiger einzusetzen”, twitterte Karl Lauterbach:

An der Wirksamkeit von Paxlovid gibt es wenig Zweifel: Wer bei einer Corona-Infektion täglich die sechs Tabletten einnimmt – vier mit dem Wirkstoff Nirmatrelvir und zwei mit dem Wirkstoff Ritonavir – bei dem sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Krankenhauseinweisung um fast 90 Prozent.

Ein großer Vorteil von Paxlovid ist zudem, dass das antivirale Medikament als erstes Corona-Medikament oral zu Hause in Tablettenform eingenommen werden kann. Das ähnlich wirkende Remdesivir muss dagegen vom Arzt als Infusion verabreicht werden.

Begrenzte Einsatzmöglichkeiten

Neben Paxlovid und Remdesivir gibt es noch zwei weitere therapeutische Medikamente, welche die Viren bereits im Frühstadium bekämpfen. Der Wirkstoff Nirmatrelvir hemmt dabei ein SARS-CoV-2-Protein und verhindert so, dass das Coronavirus in die menschlichen Zellen eindringen kann.

Weniger schwere Verläufe durch Omikron

Wichtig ist allerdings, dass diese antiviralen Mittel möglichst frühzeitig nach Bekanntwerden der Infektion eingesetzt werden. Verschrieben werden sie von den Hausärzten.

Dafür aber müssten die Patienten bei einer Infektion umgehend ihre Hausärzte informieren, und die Mediziner wiederum müssen abwägen, ob das Medikament für den jeweiligen Patienten überhaupt geeignet ist. Denn laut EMA sollte Paxlovid vor allem bei Hochrisiko-Patienten eingesetzt werden, also nicht beispielsweise bei Menschen ohne Vorerkrankungen. 

Für Verunsicherung sorgte zudem eine im April 2022 im “New England Journal of Medicine” veröffentlichte Studie, wonach Paxlovid bei Menschen ohne Risikofaktoren deutlich schwächer wirke.

Hausarzt muss abwägen

Nach Ansicht von Prof. Martin Scherer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zeige die Studie aber ganz im Gegenteil, dass Paxlovid sehr effektiv wirke – nur eben wie vorgesehen bei Risikopatienten: “In der Studie mussten nur ungefähr 0,8 Prozent der COVID-Patienten hospitalisiert werden, wenn sie das Medikament rechtzeitig eingenommen hatten. In der Placebogruppe waren es hingegen über sechs Prozent. Paxlovid kann also sehr viele Einweisungen ins Krankenhaus verhindern und auch viele Todesfälle”, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) gegenüber der Zeitung “Die Welt”.

Mit dem Auftreten der Omikron-Variante gibt es insgesamt weniger schwere Verläufe im Vergleich zu Infektionen mit der Delta-Variante. Allerdings gibt es noch andere Gründe, warum Hausärzte Paxlovid eher zögerlich verschreiben: Die starken Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

“Da sind beispielsweise die Antiarrhythmika zu nennen, die zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden. Oder auch viele Psychopharmaka, Lipidsenker, Blutverdünner und Medikamente zur Behandlung von Herzschwäche. Und auch erektionsfördernde Mittel wie Viagra oder Cialis sollten nicht mit Paxlovid kombiniert werden”, so der Allgemeinmediziner Martin Scherer. “Und genau das zwingt den Arzt zum Abwägen. Er muss sich gut überlegen, ob es sich lohnt, eines oder mehrere dieser Arzneimittel abzusetzen, um Paxlovid verordnen zu können.”

Da das antivirale Medikament nach einer Infektion sehr frühzeitig, also bereits mit Beginn der Symptomatik eingenommen werden muss, und die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten eben erheblich sind, muss der Hausarzt sehr schnell Nutzen und Risiken abwägen. “Paxlovid ist zwar ein sehr wirksames Medikament, aber im Praxisalltag ist es für den Arzt nicht gerade einfach anzuwenden.”

Gerade aber mit Blick auf eine mögliche neue Infektionswelle im Herbst sollten vor allem Hoch-Risikopatienten wissen, dass es sehr wirksame und unkomplizierte Medikamente wie Paxlovid gibt, und sie sollten gegebenenfalls mit ihrem Hausarzt besprechen, ob dieses antivirale Mittel im Falle einer Infektion für sie in Frage kommt.

 

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