Urteil Franco A.: Fünfeinhalb Jahre Haft für Soldat mit Terrorplänen
Franco A. plante “eine schwere staatsgefährdende Gewalttat”, sagen die Richter. Mit dem Urteil gegen den Bundeswehroffizier mit dem Doppelleben als angeblicher Flüchtling geht ein aufsehenerregender Prozess zu Ende.
Im roten Hemd der Justizvollzugsanstalt und in Handschellen wird er in den Gerichtssaal in Frankfurt am Main geführt, Franco A. spricht entspannt mit seinen Verteidigern. Schon seit Februar sitzt der Soldat in Untersuchungshaft – und er wird in Haft bleiben.
Die fünf Richter sehen es als erwiesen an, dass der 33-Jährige Terroranschläge auf Politiker und prominente Persönlichkeiten verüben wollte und verurteilten ihn zu fünfeinhalb Jahren Haft – auch wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontroll-, Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie wegen Betrugs. Als er das Urteil hört, zeigt der Angeklagte keine sichtbare Regung, doch er hält den Kopf gebeugt, als der Vorsitzende Richter die Begründung verliest.
Im roten Hemd der Justizvollzugsanstalt und in Handschellen wird er in den Gerichtssaal in Frankfurt am Main geführt, Franco A. spricht entspannt mit seinen Verteidigern. Schon seit Februar sitzt der Soldat in Untersuchungshaft – und er wird in Haft bleiben.
Im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hatten er und seine Verteidiger den Vorwurf, er sei fest entschlossen, aufgrund einer “völkisch-nationalistischen, antisemitischen Gesinnung” Anschläge auf Politiker und Prominente verüben, bis zuletzt zurückgewiesen.
Liebe für alle und “antisemitischer Blödsinn”
2017 wurde der Soldat gefasst, weil er auf der Flughafentoilette in Wien eine geladene Pistole abholen wollte, die er dort versteckt hatte. Seine Fingerabdrücke führten zu einem syrischen Flüchtling in Deutschland – er hatte ein Doppelleben geführt. Die österreichische Polizei fand bei ihm Dateien mit Anleitungen zum Bombenbau und rechtsextremen Thesen. Sie informierte die deutschen Behörden. Franco A. konnte gehen.
Nach Ermittlungen in Deutschland kam er zum ersten Mal in Untersuchungshaft. Aber die Richter sahen damals “keinen dringenden Tatverdacht” für die “Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat” – also Terrorplanungen. Sie ließen ihn frei. Erst nach juristischem Hin und Her und einem Einspruch der Bundesanwaltschaft begann der Prozess im Mai 2021 vor dem Staatsschutzsenat in Frankfurt.
Franco A. hat im Gerichtssaal zwar über Frieden und “Liebe für alle Menschen” gesprochen, aber auch Verständnis für eine Holocaust-Leugnerin erkennen lassen oder zu argumentieren versucht, warum Juden keine Deutschen sein könnten. Der Vorsitzende Richter Christoph Koller entzog ihm das Wort für “antisemitischen Blödsinn”. Im Prozess wurden einige der zahlreichen Sprachmemos des Angeklagten abgespielt. Franco A. spricht darin über politische Gegner als “Schweine”: “Ich weiß, du wirst mich ermorden, ich ermorde dich vorher.”
“Eine Summe von Merkwürdigkeiten macht noch keinen Terroristen”, sagte sein Anwalt Moritz Schmitt-Fricke am letzten Prozesstag vor dem Urteil. Franco A. wollte nur Missstände aufzeigen und sich vor Bedrohungen schützen, argumentierte er. Mehr als 15 Monate hatte der Sohn eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter neben seinem Vollzeitjob als Offizier in der deutsch-französischen Brigade in Frankreich ein Doppelleben als angeblicher syrischer Flüchtling geführt.
Franco A.s Behauptung, die Pistole in Wien habe er beim Pinkeln im Gebüsch gefunden und schnell versteckt, hat eine Gutachterin widerlegt: Seine DNA-Spuren fanden sich auch im Inneren der Waffe.
Nur Merkwürdigkeiten? Mitten im Prozess reiste Franco A. ins französische Straßburg und kehrte mit einer Tüte voller Tagebücher, verbotenen Nazi-Orden und Hakenkreuzen zurück. Er wehrte sich heftig gegen eine Polizeikontrolle. Bei einer Hausdurchsuchung wurden bei dem Vater von drei kleinen Kindern Hieb- und Stichwaffen wie Macheten gefunden. Er kam wieder in Untersuchungshaft.
Er wollte sich “nur verteidigen” – vor einem Bürgerkrieg, Islamisten oder einem russischen Vormarsch bis an den Rhein. Das sagten er und sein Verteidiger vor Gericht auch zu den illegalen Schusswaffen, die er besaß, dazu mehr als 1000 Schuss Munition und Sprengkörper, teils von der Bundeswehr gestohlen. Er deponierte sie unter dem Bett, bei einem Kameraden oder in seinem “Krisen-Keller” mit Lebensmitteln und Benzin für einen “Zusammenbruch der staatlichen Ordnung”. Wie kam er an die Waffen und wo sind sie geblieben? Diese Fragen hat er nicht beantwortet.
Die Bundesanwaltschaft als Ankläger hatte sechs Jahre und drei Monate Haft gefordert. Ursprünglich ging sie davon aus, dass Franco A. die Anschläge dem falschen Flüchtling unterschieben wollte, dann hieß es, das spiele für den Tatvorwurf keine Rolle. Das Gericht fand keine Hinweise darauf.
Nach dem Urteil sagte Staatsanwältin Karin Weingast, der lange Atem der Ermittlungsbehörden habe sich ausgezahlt. Sie sei mit dem Urteil zufrieden und sehe es “als wichtigen Erfolg in der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland”.
In ihrem Plädoyer hatte sie Franco A. einen “rechtsradikalen Terroristen” genannt, der fähig sei, Menschen zu ermorden, die sich für Geflüchtete einsetzen. Er habe konkret mit der Planung begonnen.
Man fand Namenslisten, die die Ermittler für Feindeslisten halten: darauf unter anderem der damalige Justizminister Heiko Maas, die Grünen-Politikerin Claudia Roth und Anetta Kahane, Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus einsetzt.
Franco A. hatte im Juli 2016 in der Tiefgarage unter der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin Fahrzeuge fotografiert und besaß eine Skizze der Umgebung. Seine Begründung: Er habe mit Kahane sprechen wollen. Wenige Tage später bemühte er sich um Zubehör für Schusswaffen und machte Schießübungen.
Die “Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat” ist in Paragraph 89a im deutschen Strafgesetzbuch beschrieben. Den gibt es seit 2009, um auch terroristische Einzeltäter erfassen zu können. Dieser schwerste Vorwurf ist “ein sehr komplexer und schwieriger Tatbestand”, sagt OLG-Sprecherin Gundula Fehns-Böer der DW, er setze einerseits eine Vorbereitungshandlung voraus wie die Anschaffung einer Waffe. Das ist bei Franco A. unstrittig.
Wichtig sei aber “der subjektive Tatbestand”. Was heißt das? “Es muss festgestellt werden, dass tatsächlich ein fester Tatentschluss vorhanden war. Das setzt nicht unbedingt voraus, dass man Tatzeit, Tatort und Opfer in der Beweisaufnahme ganz konkret umfassen kann.”
Verteidiger Johannes Hock nannte den Prozess ein “hochpolitisches Verfahren”. Im Schlussplädoyer hatte er gesagt, sein Mandant habe “unübersehbare Schwächen”, aber “keine Mordpläne” gehabt. Er warnte vor “Gesinnungsstrafrecht”, “wie wir das in anderen Ländern in Europa kritisieren”. In Deutschland soll – in Abgrenzung zum Nationalsozialismus – niemand nur aufgrund seiner Einstellung verurteilt werden. Der Vorsitzende Richter Koller sagte, der Senat habe kein “Gesinnungsstrafrecht” angewendet.
Beim Vorwurf nach Paragraph 89a gehe es auch um die Einstellung zum Staat, erklärt die OLG-Sprecherin. Um von einer staatsgefährdenden Gewalttat auszugehen, müsse man auch die Motivation ergründen. Die Richter sprechen im Urteilsbeschluss von einer “seit Jahren verfestigten rechtsextremen, völkisch-nationalistischen und rassistischen Gesinnung”.
Bei seinem Schlusswort am letzten Prozesstag vor dem Urteil lag ein dicker Aktenordner vor dem Angeklagten. Erst zitierte ihn Anwalt Hock: “Ich habe verstanden, dass der Gerichtssaal nicht der Ort ist, um meine Überzeugungen vorzutragen.”
Im roten Hemd der Justizvollzugsanstalt und in Handschellen wird er in den Gerichtssaal in Frankfurt am Main geführt, Franco A. spricht entspannt mit seinen Verteidigern. Schon seit Februar sitzt der Soldat in Untersuchungshaft – und er wird in Haft bleiben.
Die fünf Richter sehen es als erwiesen an, dass der 33-Jährige Terroranschläge auf Politiker und prominente Persönlichkeiten verüben wollte und verurteilten ihn zu fünfeinhalb Jahren Haft – auch wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontroll-, Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie wegen Betrugs. Als er das Urteil hört, zeigt der Angeklagte keine sichtbare Regung, doch er hält den Kopf gebeugt, als der Vorsitzende Richter die Begründung verliest.
Liebe für alle und “antisemitischer Blödsinn”
Im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hatten er und seine Verteidiger den Vorwurf, er sei fest entschlossen, aufgrund einer “völkisch-nationalistischen, antisemitischen Gesinnung” Anschläge auf Politiker und Prominente verüben, bis zuletzt zurückgewiesen.
2017 wurde der Soldat gefasst, weil er auf der Flughafentoilette in Wien eine geladene Pistole abholen wollte, die er dort versteckt hatte. Seine Fingerabdrücke führten zu einem syrischen Flüchtling in Deutschland – er hatte ein Doppelleben geführt. Die österreichische Polizei fand bei ihm Dateien mit Anleitungen zum Bombenbau und rechtsextremen Thesen. Sie informierte die deutschen Behörden. Franco A. konnte gehen.
Nach Ermittlungen in Deutschland kam er zum ersten Mal in Untersuchungshaft. Aber die Richter sahen damals “keinen dringenden Tatverdacht” für die “Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat” – also Terrorplanungen. Sie ließen ihn frei. Erst nach juristischem Hin und Her und einem Einspruch der Bundesanwaltschaft begann der Prozess im Mai 2021 vor dem Staatsschutzsenat in Frankfurt.
Franco A. hat im Gerichtssaal zwar über Frieden und “Liebe für alle Menschen” gesprochen, aber auch Verständnis für eine Holocaust-Leugnerin erkennen lassen oder zu argumentieren versucht, warum Juden keine Deutschen sein könnten. Der Vorsitzende Richter Christoph Koller entzog ihm das Wort für “antisemitischen Blödsinn”. Im Prozess wurden einige der zahlreichen Sprachmemos des Angeklagten abgespielt. Franco A. spricht darin über politische Gegner als “Schweine”: “Ich weiß, du wirst mich ermorden, ich ermorde dich vorher.”
Nazi-Abzeichen und Macheten
“Eine Summe von Merkwürdigkeiten macht noch keinen Terroristen”, sagte sein Anwalt Moritz Schmitt-Fricke am letzten Prozesstag vor dem Urteil. Franco A. wollte nur Missstände aufzeigen und sich vor Bedrohungen schützen, argumentierte er. Mehr als 15 Monate hatte der Sohn eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter neben seinem Vollzeitjob als Offizier in der deutsch-französischen Brigade in Frankreich ein Doppelleben als angeblicher syrischer Flüchtling geführt.
Staatsanwältin: Wichtiger Erfolg gegen Rechtsextremismus
Franco A.s Behauptung, die Pistole in Wien habe er beim Pinkeln im Gebüsch gefunden und schnell versteckt, hat eine Gutachterin widerlegt: Seine DNA-Spuren fanden sich auch im Inneren der Waffe.
Nur Merkwürdigkeiten? Mitten im Prozess reiste Franco A. ins französische Straßburg und kehrte mit einer Tüte voller Tagebücher, verbotenen Nazi-Orden und Hakenkreuzen zurück. Er wehrte sich heftig gegen eine Polizeikontrolle. Bei einer Hausdurchsuchung wurden bei dem Vater von drei kleinen Kindern Hieb- und Stichwaffen wie Macheten gefunden. Er kam wieder in Untersuchungshaft.
Er wollte sich “nur verteidigen” – vor einem Bürgerkrieg, Islamisten oder einem russischen Vormarsch bis an den Rhein. Das sagten er und sein Verteidiger vor Gericht auch zu den illegalen Schusswaffen, die er besaß, dazu mehr als 1000 Schuss Munition und Sprengkörper, teils von der Bundeswehr gestohlen. Er deponierte sie unter dem Bett, bei einem Kameraden oder in seinem “Krisen-Keller” mit Lebensmitteln und Benzin für einen “Zusammenbruch der staatlichen Ordnung”. Wie kam er an die Waffen und wo sind sie geblieben? Diese Fragen hat er nicht beantwortet.
Verteidiger spricht von “hochpolitischem Verfahren”
Die Bundesanwaltschaft als Ankläger hatte sechs Jahre und drei Monate Haft gefordert. Ursprünglich ging sie davon aus, dass Franco A. die Anschläge dem falschen Flüchtling unterschieben wollte, dann hieß es, das spiele für den Tatvorwurf keine Rolle. Das Gericht fand keine Hinweise darauf.
Nach dem Urteil sagte Staatsanwältin Karin Weingast, der lange Atem der Ermittlungsbehörden habe sich ausgezahlt. Sie sei mit dem Urteil zufrieden und sehe es “als wichtigen Erfolg in der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland”.
Franco A.: “Das war dumm von mir”
In ihrem Plädoyer hatte sie Franco A. einen “rechtsradikalen Terroristen” genannt, der fähig sei, Menschen zu ermorden, die sich für Geflüchtete einsetzen. Er habe konkret mit der Planung begonnen.
Weckruf für Bundeswehr und Flüchtlingsbehörde BAMF
Man fand Namenslisten, die die Ermittler für Feindeslisten halten: darauf unter anderem der damalige Justizminister Heiko Maas, die Grünen-Politikerin Claudia Roth und Anetta Kahane, Gründerin der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus einsetzt.
Franco A. hatte im Juli 2016 in der Tiefgarage unter der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin Fahrzeuge fotografiert und besaß eine Skizze der Umgebung. Seine Begründung: Er habe mit Kahane sprechen wollen. Wenige Tage später bemühte er sich um Zubehör für Schusswaffen und machte Schießübungen.
Die “Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat” ist in Paragraph 89a im deutschen Strafgesetzbuch beschrieben. Den gibt es seit 2009, um auch terroristische Einzeltäter erfassen zu können. Dieser schwerste Vorwurf ist “ein sehr komplexer und schwieriger Tatbestand”, sagt OLG-Sprecherin Gundula Fehns-Böer der DW, er setze einerseits eine Vorbereitungshandlung voraus wie die Anschaffung einer Waffe. Das ist bei Franco A. unstrittig.
Wichtig sei aber “der subjektive Tatbestand”. Was heißt das? “Es muss festgestellt werden, dass tatsächlich ein fester Tatentschluss vorhanden war. Das setzt nicht unbedingt voraus, dass man Tatzeit, Tatort und Opfer in der Beweisaufnahme ganz konkret umfassen kann.”
Verteidiger Johannes Hock nannte den Prozess ein “hochpolitisches Verfahren”. Im Schlussplädoyer hatte er gesagt, sein Mandant habe “unübersehbare Schwächen”, aber “keine Mordpläne” gehabt. Er warnte vor “Gesinnungsstrafrecht”, “wie wir das in anderen Ländern in Europa kritisieren”. In Deutschland soll – in Abgrenzung zum Nationalsozialismus – niemand nur aufgrund seiner Einstellung verurteilt werden. Der Vorsitzende Richter Koller sagte, der Senat habe kein “Gesinnungsstrafrecht” angewendet.
Beim Vorwurf nach Paragraph 89a gehe es auch um die Einstellung zum Staat, erklärt die OLG-Sprecherin. Um von einer staatsgefährdenden Gewalttat auszugehen, müsse man auch die Motivation ergründen. Die Richter sprechen im Urteilsbeschluss von einer “seit Jahren verfestigten rechtsextremen, völkisch-nationalistischen und rassistischen Gesinnung”.
Bei seinem Schlusswort am letzten Prozesstag vor dem Urteil lag ein dicker Aktenordner vor dem Angeklagten. Erst zitierte ihn Anwalt Hock: “Ich habe verstanden, dass der Gerichtssaal nicht der Ort ist, um meine Überzeugungen vorzutragen.”
Franco A. selbst beschränkte sich auf wenige Sätze. Zum Thema Waffen sagte er: “Das war dumm von mir.” Seine Reise nach Straßburg nannte Anwalt Hock einen “blödsinnigen Trip”.
Doch es ging um mehr als Dummheiten. Den deutschen Staat zu schützen, das ist nicht nur Aufgabe der Richter und Staatsanwälte, dazu hat sich auch Franco A. als Soldat verpflichtet.
Doch es ging um mehr als Dummheiten. Den deutschen Staat zu schützen, das ist nicht nur Aufgabe der Richter und Staatsanwälte, dazu hat sich auch Franco A. als Soldat verpflichtet.