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Von der Leyen: Durchhalten und Russland besiegen

Trotz wirtschaftlicher Einbrüche dürfe die EU nicht wanken. Die Ukraine und die europäischen Werte würden verteidigt, sagte die EU-Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union. Eine Analyse von Bernd Riegert.

Noch bevor sie ein Wort gesagt hatte, machte Ursula von der Leyen bereits klar, was der Schwerpunkt ihrer Rede und der politischen Arbeit der EU-Kommission in den kommenden Monaten sein würde. Die Präsidentin der EU-Kommission betrat in gelbem Blazer und blauer Bluse den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. Die Nationalfarben der Ukraine, blau und gelb, und ihre Begleitung, die Gattin des ukrainischen Präsidenten, Olena Selenska, machten klar, worum es an diesem Mittwoch ging. “Putin wird scheitern, Europa und die Ukraine werden gewinnen”, rief von der Leyen den Abgeordneten zu.

Sie will und muss die Reihen geschlossen halten, auch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges die EU bis ins Mark treffen. Die Kommissionspräsidentin sagte der Ukraine andauernde Hilfen und Solidarität zu, bei der Finanzierung des Abwehrkampfes, bei der Aufnahme von Flüchtlingen und vor allem bei der schnellen Integration des EU-Kandidatenlandes Ukraine in den europäischen Binnenmarkt. Die einzige konkrete Zusage war ein Aufbauprogramm für zerstörte Schulen über 100 Millionen Euro, nur ein kleiner Teil des enormen Finanzbedarfs, den die Ukraine in den nächsten Jahren haben wird. “Mut hat einen Namen”, sagte von der Leyen: “Ukraine!”  Das Vorbild der tapferen Frauen und Männer in dem kriegsgebeutelten Land habe Europa neue Hoffnung gegeben, schwärmte von der Leyen. Sie sprach von einer neuen Einigkeit und Geschlossenheit, die in der EU herrsche.

Noch bevor sie ein Wort gesagt hatte, machte Ursula von der Leyen bereits klar, was der Schwerpunkt ihrer Rede und der politischen Arbeit der EU-Kommission in den kommenden Monaten sein würde. Die Präsidentin der EU-Kommission betrat in gelbem Blazer und blauer Bluse den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. Die Nationalfarben der Ukraine, blau und gelb, und ihre Begleitung, die Gattin des ukrainischen Präsidenten, Olena Selenska, machten klar, worum es an diesem Mittwoch ging. “Putin wird scheitern, Europa und die Ukraine werden gewinnen”, rief von der Leyen den Abgeordneten zu.

Doch mit der Geschlossenheit ist das so eine Sache, wenn man auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges schaut. Unbezahlbare Energiepreise, eine drohende Rezession und eine viel zu hohe Inflation stellen die EU in den kommenden Monaten auf eine harte Probe. Das weiß auch Ursula von der Leyen und kündigte eine ganze Reihe von Eingriffen in die Energiemärkte an, um die Preise zu drücken und soziale Härten auszugleichen. Konkret wurde sie jedoch nicht, nannte keine Zahlen, denn die Regeln für Preisdeckel und Umverteilung von Übergewinnen sind unter den 27 Mitgliedsstaaten umstritten. Diese Situation ist für die Union völlig neu. Ein Wirtschaftskrieg, der von Russland ausgeht, muss durchgestanden werden. Das wird den Europäern noch kurzfristig Opfer abverlangen. Die erwähnte die EU-Kommissionspräsidentin aber kaum.

Energiemarkt neu ordnen

Stattdessen konzentrierte sich die Chefin der europäischen Spitzenbehörde auf eher langfristige Herausforderungen. Der Strommarkt soll in der EU komplett umgebaut werden, die Preisbildung vom teuersten Erzeuger unabhängig werden. Die Preisvorteile, die erneuerbare Energien bringen, müssten auch beim Verbraucher ankommen, forderte von der Leyen und schränkte gleich ein, dass es noch dauern werde, bis man ein neues System entwickeln könne. Die soziale Marktwirtschaft in der EU will sie so umbauen, dass mehr Innovation gefördert wird, und genügend Arbeitskräfte bereitstehen.

Ein Gesetz zur Sicherung seltener Erden, die für die digitale Wirtschaft und die grüne Energieerzeugung nötig sind, soll ebenfalls in der EU erlassen werden, kündigte von der Leyen an. Dass man auf diesem Feld zu 90 Prozent von China abhängig sei, dürfe nicht so bleiben. Wie das funktionieren soll, ließ von der Leyen offen. Das von ihr bei der letzten “State of the Union” auf den Weg gebrachte Gesetz zur Versorgung mit Halbleitern ist ähnlich wolkig, sein Erfolg bislang eher bescheiden.

Bei der aufzubauenden Wasserstoff-Wirtschaft will die EU-Kommission stark auf heimische Quellen und Produktion setzen. Die Tendenz der Rede lautete im gesamten Wirtschaftsbereich: Produktion und Forschung in Europa, mehr Souveränität nach dem Desaster der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus dem autoritären Russland. Die Abgrenzung gegen China, Russland und andere autoritäre Regime soll zusammen mit den westlichen Verbündeten, aber auch mit Afrika, Lateinamerika und Asien gelingen. Von der Leyen kündigte eine Neuausrichtung der Handelspolitik und der Investitionen im Rahmen des “global gateway”-Projekts mit Afrika an. US-Präsident Biden und sie würden bald eine Konferenz mit der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) einberufen, um Investitionsprojekte festzuzurren. Noch eine von vielen Ankündigungen in ihrer Rede.

Der Umbau Europas hin zu einer emissionsfreien Wirtschaft dient natürlich dazu, den Klimawandel abzumildern. Die Dürre im Sommer habe gezeigt, was auf dem Spiel stehe. Auch hier müsse Europa eine führende Rolle einnehmen und mit dem Rest der Welt zusammenarbeiten. Alte Forderungen, die von der Leyen wiederholte, ohne jedoch neue Lösungsansätze aufzuzeigen. Das gilt auch für andere europäische “Dauerbrenner” wie die Migration oder die Konflikte mit Polen und Ungarn um ihre rechtsstaatliche Ordnung. Die Forderung an die EU-Mitgliedsstaaten, Migranten aus dem ärmeren Süden genauso willkommen zu heißen wie Flüchtlinge aus der Ukraine, hat von der Leyen zwar formuliert, aber gleich eingeschränkt, dass es dazu wohl an politischem Willen fehle.

Der Ukraine, Moldau, Georgien und den Staaten auf dem westlichen Balkan streckte Ursula von der Leyen noch einmal klar die Hand entgegen. Sie sollen so schnell wie möglich in die EU. Das Beitrittsland Türkei erwähnte die Kommissionspräsidentin in diesem Zusammenhang interessanterweise nicht mehr. Unter dem autoritären Regime von Präsident Erdogan scheint die Türkei in Brüssel abgeschrieben zu sein.

“Wenn wir uns in der Welt umschauen, dann kommt das Gefühl auf, alles, was einst sicher und dauerhaft schien, verschwindet”, philosophierte die Kommissionspräsidentin, um dann ein wenig Trost bei der verstorbenen britischen Königin Elizabeth II. zu suchen. “Sie war eine Legende.” Über die letzten 70 Jahre immer da, stoisch und fest, so von der Leyen. In der heutigen Lage sollte sich die EU an die Worte der Queen aus ihrer Rede zur Corona-Pandemie erinnern, riet die Präsidentin und zitierte Elizabeth: “Wir werden erfolgreich sein. Und dieser Erfolg wird jedem einzelnen von uns gehören.” In diesen Kriegszeiten beschwor Ursula von der Leyen den europäischen Geist. “Eine Union, die zusammensteht, eine Union, die zusammen gewinnt.”  Die Bewährungsprobe für diesen Geist kommt in diesem Winter des Sparen und Verzichtens.

Frankreich | Olena Selenska im Straßburger Europaparlament

Noch bevor sie ein Wort gesagt hatte, machte Ursula von der Leyen bereits klar, was der Schwerpunkt ihrer Rede und der politischen Arbeit der EU-Kommission in den kommenden Monaten sein würde. Die Präsidentin der EU-Kommission betrat in gelbem Blazer und blauer Bluse den Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg. Die Nationalfarben der Ukraine, blau und gelb, und ihre Begleitung, die Gattin des ukrainischen Präsidenten, Olena Selenska, machten klar, worum es an diesem Mittwoch ging. “Putin wird scheitern, Europa und die Ukraine werden gewinnen”, rief von der Leyen den Abgeordneten zu.

Sie will und muss die Reihen geschlossen halten, auch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges die EU bis ins Mark treffen. Die Kommissionspräsidentin sagte der Ukraine andauernde Hilfen und Solidarität zu, bei der Finanzierung des Abwehrkampfes, bei der Aufnahme von Flüchtlingen und vor allem bei der schnellen Integration des EU-Kandidatenlandes Ukraine in den europäischen Binnenmarkt. Die einzige konkrete Zusage war ein Aufbauprogramm für zerstörte Schulen über 100 Millionen Euro, nur ein kleiner Teil des enormen Finanzbedarfs, den die Ukraine in den nächsten Jahren haben wird. “Mut hat einen Namen”, sagte von der Leyen: “Ukraine!”  Das Vorbild der tapferen Frauen und Männer in dem kriegsgebeutelten Land habe Europa neue Hoffnung gegeben, schwärmte von der Leyen. Sie sprach von einer neuen Einigkeit und Geschlossenheit, die in der EU herrsche.

Energiemarkt neu ordnen

Doch mit der Geschlossenheit ist das so eine Sache, wenn man auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges schaut. Unbezahlbare Energiepreise, eine drohende Rezession und eine viel zu hohe Inflation stellen die EU in den kommenden Monaten auf eine harte Probe. Das weiß auch Ursula von der Leyen und kündigte eine ganze Reihe von Eingriffen in die Energiemärkte an, um die Preise zu drücken und soziale Härten auszugleichen. Konkret wurde sie jedoch nicht, nannte keine Zahlen, denn die Regeln für Preisdeckel und Umverteilung von Übergewinnen sind unter den 27 Mitgliedsstaaten umstritten. Diese Situation ist für die Union völlig neu. Ein Wirtschaftskrieg, der von Russland ausgeht, muss durchgestanden werden. Das wird den Europäern noch kurzfristig Opfer abverlangen. Die erwähnte die EU-Kommissionspräsidentin aber kaum.

Stattdessen konzentrierte sich die Chefin der europäischen Spitzenbehörde auf eher langfristige Herausforderungen. Der Strommarkt soll in der EU komplett umgebaut werden, die Preisbildung vom teuersten Erzeuger unabhängig werden. Die Preisvorteile, die erneuerbare Energien bringen, müssten auch beim Verbraucher ankommen, forderte von der Leyen und schränkte gleich ein, dass es noch dauern werde, bis man ein neues System entwickeln könne. Die soziale Marktwirtschaft in der EU will sie so umbauen, dass mehr Innovation gefördert wird, und genügend Arbeitskräfte bereitstehen.

Ein Gesetz zur Sicherung seltener Erden, die für die digitale Wirtschaft und die grüne Energieerzeugung nötig sind, soll ebenfalls in der EU erlassen werden, kündigte von der Leyen an. Dass man auf diesem Feld zu 90 Prozent von China abhängig sei, dürfe nicht so bleiben. Wie das funktionieren soll, ließ von der Leyen offen. Das von ihr bei der letzten “State of the Union” auf den Weg gebrachte Gesetz zur Versorgung mit Halbleitern ist ähnlich wolkig, sein Erfolg bislang eher bescheiden.

Bei der aufzubauenden Wasserstoff-Wirtschaft will die EU-Kommission stark auf heimische Quellen und Produktion setzen. Die Tendenz der Rede lautete im gesamten Wirtschaftsbereich: Produktion und Forschung in Europa, mehr Souveränität nach dem Desaster der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus dem autoritären Russland. Die Abgrenzung gegen China, Russland und andere autoritäre Regime soll zusammen mit den westlichen Verbündeten, aber auch mit Afrika, Lateinamerika und Asien gelingen. Von der Leyen kündigte eine Neuausrichtung der Handelspolitik und der Investitionen im Rahmen des “global gateway”-Projekts mit Afrika an. US-Präsident Biden und sie würden bald eine Konferenz mit der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) einberufen, um Investitionsprojekte festzuzurren. Noch eine von vielen Ankündigungen in ihrer Rede.

EU unabhängiger machen

Der Umbau Europas hin zu einer emissionsfreien Wirtschaft dient natürlich dazu, den Klimawandel abzumildern. Die Dürre im Sommer habe gezeigt, was auf dem Spiel stehe. Auch hier müsse Europa eine führende Rolle einnehmen und mit dem Rest der Welt zusammenarbeiten. Alte Forderungen, die von der Leyen wiederholte, ohne jedoch neue Lösungsansätze aufzuzeigen. Das gilt auch für andere europäische “Dauerbrenner” wie die Migration oder die Konflikte mit Polen und Ungarn um ihre rechtsstaatliche Ordnung. Die Forderung an die EU-Mitgliedsstaaten, Migranten aus dem ärmeren Süden genauso willkommen zu heißen wie Flüchtlinge aus der Ukraine, hat von der Leyen zwar formuliert, aber gleich eingeschränkt, dass es dazu wohl an politischem Willen fehle.

Viele Ankündigungen

Der Ukraine, Moldau, Georgien und den Staaten auf dem westlichen Balkan streckte Ursula von der Leyen noch einmal klar die Hand entgegen. Sie sollen so schnell wie möglich in die EU. Das Beitrittsland Türkei erwähnte die Kommissionspräsidentin in diesem Zusammenhang interessanterweise nicht mehr. Unter dem autoritären Regime von Präsident Erdogan scheint die Türkei in Brüssel abgeschrieben zu sein.

“Wenn wir uns in der Welt umschauen, dann kommt das Gefühl auf, alles, was einst sicher und dauerhaft schien, verschwindet”, philosophierte die Kommissionspräsidentin, um dann ein wenig Trost bei der verstorbenen britischen Königin Elizabeth II. zu suchen. “Sie war eine Legende.” Über die letzten 70 Jahre immer da, stoisch und fest, so von der Leyen. In der heutigen Lage sollte sich die EU an die Worte der Queen aus ihrer Rede zur Corona-Pandemie erinnern, riet die Präsidentin und zitierte Elizabeth: “Wir werden erfolgreich sein. Und dieser Erfolg wird jedem einzelnen von uns gehören.” In diesen Kriegszeiten beschwor Ursula von der Leyen den europäischen Geist. “Eine Union, die zusammensteht, eine Union, die zusammen gewinnt.”  Die Bewährungsprobe für diesen Geist kommt in diesem Winter des Sparen und Verzichtens.

Die Queen und der europäische Geist

England | G7 Gipfel 2021

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