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Wie der israelisch-palästinensische Konflikt in die WM getragen wird

Anfeindungen gegen israelische Medienschaffende, die Fahne der Palästinensergebiete auf den Straßen und in den Stadien – auch hier zeigt sich, dass die Fußball-WM in Katar nicht unpolitisch ist.

Weder Israels Fußballer noch die palästinensischen konnten sich für diese WM qualifizieren. Und doch erscheint der israelisch-palästinensische Konflikt auch in Katar präsent. So ging in den sozialen Medien ein Video viral, das zeigte, wie der israelische Fernseh-Journalist Moav Vardi Ende vergangener Woche von saudischen Fans bedrängt und angefeindet wurde. “Sie sind hier nicht willkommen, das ist Katar, das ist unser Land”, musste sich Vardi anhören.

Einer der beteiligten saudischen Fans verteidigte sich später gegenüber der DW: “Die Art und Weise, wie der israelische Journalist auf uns zukam, war sehr provozierend.” Er habe nicht Vardi persönlich gemeint, sei auch nicht grob gewesen, sondern habe lediglich seine Prinzipien klargemacht:” Wir glauben an Palästina als ein Land, das seit Hunderten von Jahren existiert. Das ist der Konflikt, nicht der zwischen Juden und Muslimen oder Christen.”

Weder Israels Fußballer noch die palästinensischen konnten sich für diese WM qualifizieren. Und doch erscheint der israelisch-palästinensische Konflikt auch in Katar präsent. So ging in den sozialen Medien ein Video viral, das zeigte, wie der israelische Fernseh-Journalist Moav Vardi Ende vergangener Woche von saudischen Fans bedrängt und angefeindet wurde. “Sie sind hier nicht willkommen, das ist Katar, das ist unser Land”, musste sich Vardi anhören.

Für den israelischen Fernseh-Journalisten Amit Lewinthal ist das Turnier in Katar bereits seine vierte WM. Er fühle sich “ziemlich sicher”, und die meisten arabischen Fans, mit denen er rede, seien großartig, sagt Lewinthal der DW. Dennoch sei der Job in Katar “herausfordernd, das ist Fakt. Und wir müssen hier mit dem Hass einiger arabischer Fans fertig werden”. So sei ein Mitarbeiter des Senders von einem palästinensischen Fahrer aus dem Taxi geworfen worden. Eine Gruppe von mindestens 20 Menschen sei ins TV-Studio eingedrungen und habe “Free Palestine” [Befreit Palästina! – Anm. d. Red] gerufen. Nach fünf Minuten hätten die katarischen Sicherheitskräfte die Aktion beendet.

Israelischer TV-Mitarbeiter aus dem Taxi geworfen

Schwierigkeiten, so Lewinthal, hätten aber nicht nur die Medienschaffenden, sondern auch Tausende von israelischen Fußballfans, die zur WM nach Katar gereist seien. “Viele Fans haben ein ungutes Gefühl, weil sie von bestimmten arabischen Fans gehasst werden und man überall Palästina-Fahnen sieht.”

Nicht nur auf den Straßen Katars werden viele Menschen mit der Fahne der Palästinensergebiete gesichtet, sondern auch auf den Tribünen der WM-Stadien – und sogar im Innenraum. Als nach dem 2:1-Erfolg Marokkos gegen Kanada der überraschende Gruppensieg feststand, liefen die in der Partie eingewechselten marokkanischen Spieler Jawal el Yamig und Selim Amallah die Ehrenrunde mit palästinensischen Fahnen. Normalerweise lässt die FIFA dafür nur die Fahnen der am Spiel beteiligten Nationen zu.

Beim 1:0-Sieg der Tunesier im letzten Gruppenspiel gegen Weltmeister Frankreich sorgte ein Flitzer aus Tunesien mit Palästina-Fahne für eine kurze Spielunterbrechung. Als katarische Ordner den Mann auf recht unsanfte Weise überwältigten, wurden sie von tunesischen Spielern aufgefordert, ihn nicht zu hart anzufassen.   

“Ganz normal” findet der tunesische Fan Mahmoud die Aktionen und auch die Schwierigkeiten der israelischen Reporter in Katar, wenn man das Vorgehen Israels in den Palästinenser-Gebieten berücksichtige: “Die Israelis können nicht einfach das tun, was sie dort machen, und dann wird von uns erwartet, dass wir sie umarmen”, sagt Mahmoud der DW. “Das ist einfach nicht fair.”

Der tunesische Präsident Kais Saied, seit 2019 im Amt, hat sich in dem Konflikt eindeutig auf die Seite der Palästinenser gestellt. Den vorsichtigen Annäherungskurs einiger arabischer Staaten an Israel lehnt er ab. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain hatten 2020 im sogenannten “Abraham-Abkommen” diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen. Später folgten Marokko und der Sudan dem Beispiel. Saudi-Arabien lehnt diplomatische Beziehungen zu Israel zwar weiterhin ab, öffnete aber im vergangenen Sommer seinen Luftraum für israelische Flugzeuge, was als Zeichen der Entspannung zwischen beiden Staaten gewertet wurde.

Auf Bitte der FIFA hat auch Katar Direktflüge aus Israel zugelassen – allerdings nur für die Dauer der WM. Stolz verkündete der Fußball-Weltverband, dass Israelis und Palästinenser nun gemeinsam nach Katar kämen. “Sie fliegen zusammen und genießen Fußball zusammen”, jubelte FIFA-Präsident Gianni Infantino und sah darin bereits ein Zeichen dafür, “dass sich die Beziehungen im Nahen Osten verbessern”.

Katar gilt allerdings als einer der wichtigsten Verbündeten und Geldgeber der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas. Und auch die Hoffnung Israels, dass sich Katar dem Abraham-Abkommen anschließen könnten, erfüllten sich bislang nicht.

Den israelischen Fußballfans und Reportern in Katar empfahl die Regierung in Jerusalem, zurückhaltend aufzutreten, niemanden zu provozieren und nicht jedem unter die Nase zu reiben, dass man aus Israel komme. “Natürlich ist das nicht ideal. Ich würde es auch vorziehen, zu sagen, dass ich aus Israel komme und mich gut dabei fühle, anstatt meine Identität zu verbergen”, sagt TV-Journalist Lewinthal. “Aber es ist besser, in dieser Situation klug zu sein als zu mutig. Ich verstehe, wie komplex das alles ist.”

Für ihn stehe im Vordergrund, dass es während der WM nicht zu gewalttätigen Zusammenstößen komme. “Gegenseitiger Respekt ist das Gebot der Stunde.” Die WM biete durchaus die Chance “für mehr Stabilität und vielleicht sogar Frieden in der Region”, sagt Lewinthal. “Und sie hilft den Menschen, einander näher zu kommen. Wir müssen ihre Kultur respektieren, und sie müssen die unsere verstehen – und wir treffen uns dann in der Mitte.”

Ein tunesischer Flitzer schlägt beim WM-Spiel Tunesien gegen Frankreich einen Salto, in der linken Hand hält er eine Palästina-Fahne. Ein Ordner eilt herbei.
Israelische WM-Besucher beim Check-in am Flughafen in Tel Aviv

Weder Israels Fußballer noch die palästinensischen konnten sich für diese WM qualifizieren. Und doch erscheint der israelisch-palästinensische Konflikt auch in Katar präsent. So ging in den sozialen Medien ein Video viral, das zeigte, wie der israelische Fernseh-Journalist Moav Vardi Ende vergangener Woche von saudischen Fans bedrängt und angefeindet wurde. “Sie sind hier nicht willkommen, das ist Katar, das ist unser Land”, musste sich Vardi anhören.

Einer der beteiligten saudischen Fans verteidigte sich später gegenüber der DW: “Die Art und Weise, wie der israelische Journalist auf uns zukam, war sehr provozierend.” Er habe nicht Vardi persönlich gemeint, sei auch nicht grob gewesen, sondern habe lediglich seine Prinzipien klargemacht:” Wir glauben an Palästina als ein Land, das seit Hunderten von Jahren existiert. Das ist der Konflikt, nicht der zwischen Juden und Muslimen oder Christen.”

Israelischer TV-Mitarbeiter aus dem Taxi geworfen

Für den israelischen Fernseh-Journalisten Amit Lewinthal ist das Turnier in Katar bereits seine vierte WM. Er fühle sich “ziemlich sicher”, und die meisten arabischen Fans, mit denen er rede, seien großartig, sagt Lewinthal der DW. Dennoch sei der Job in Katar “herausfordernd, das ist Fakt. Und wir müssen hier mit dem Hass einiger arabischer Fans fertig werden”. So sei ein Mitarbeiter des Senders von einem palästinensischen Fahrer aus dem Taxi geworfen worden. Eine Gruppe von mindestens 20 Menschen sei ins TV-Studio eingedrungen und habe “Free Palestine” [Befreit Palästina! – Anm. d. Red] gerufen. Nach fünf Minuten hätten die katarischen Sicherheitskräfte die Aktion beendet.

Schwierigkeiten, so Lewinthal, hätten aber nicht nur die Medienschaffenden, sondern auch Tausende von israelischen Fußballfans, die zur WM nach Katar gereist seien. “Viele Fans haben ein ungutes Gefühl, weil sie von bestimmten arabischen Fans gehasst werden und man überall Palästina-Fahnen sieht.”

Nicht nur auf den Straßen Katars werden viele Menschen mit der Fahne der Palästinensergebiete gesichtet, sondern auch auf den Tribünen der WM-Stadien – und sogar im Innenraum. Als nach dem 2:1-Erfolg Marokkos gegen Kanada der überraschende Gruppensieg feststand, liefen die in der Partie eingewechselten marokkanischen Spieler Jawal el Yamig und Selim Amallah die Ehrenrunde mit palästinensischen Fahnen. Normalerweise lässt die FIFA dafür nur die Fahnen der am Spiel beteiligten Nationen zu.

Beim 1:0-Sieg der Tunesier im letzten Gruppenspiel gegen Weltmeister Frankreich sorgte ein Flitzer aus Tunesien mit Palästina-Fahne für eine kurze Spielunterbrechung. Als katarische Ordner den Mann auf recht unsanfte Weise überwältigten, wurden sie von tunesischen Spielern aufgefordert, ihn nicht zu hart anzufassen.   

Marokkanische Spieler mit Palästina-Fahnen

“Ganz normal” findet der tunesische Fan Mahmoud die Aktionen und auch die Schwierigkeiten der israelischen Reporter in Katar, wenn man das Vorgehen Israels in den Palästinenser-Gebieten berücksichtige: “Die Israelis können nicht einfach das tun, was sie dort machen, und dann wird von uns erwartet, dass wir sie umarmen”, sagt Mahmoud der DW. “Das ist einfach nicht fair.”

Vorsichtige Annäherung einiger arabischer Staaten

Der tunesische Präsident Kais Saied, seit 2019 im Amt, hat sich in dem Konflikt eindeutig auf die Seite der Palästinenser gestellt. Den vorsichtigen Annäherungskurs einiger arabischer Staaten an Israel lehnt er ab. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain hatten 2020 im sogenannten “Abraham-Abkommen” diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen. Später folgten Marokko und der Sudan dem Beispiel. Saudi-Arabien lehnt diplomatische Beziehungen zu Israel zwar weiterhin ab, öffnete aber im vergangenen Sommer seinen Luftraum für israelische Flugzeuge, was als Zeichen der Entspannung zwischen beiden Staaten gewertet wurde.

Auf Bitte der FIFA hat auch Katar Direktflüge aus Israel zugelassen – allerdings nur für die Dauer der WM. Stolz verkündete der Fußball-Weltverband, dass Israelis und Palästinenser nun gemeinsam nach Katar kämen. “Sie fliegen zusammen und genießen Fußball zusammen”, jubelte FIFA-Präsident Gianni Infantino und sah darin bereits ein Zeichen dafür, “dass sich die Beziehungen im Nahen Osten verbessern”.

Katar gilt allerdings als einer der wichtigsten Verbündeten und Geldgeber der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas. Und auch die Hoffnung Israels, dass sich Katar dem Abraham-Abkommen anschließen könnten, erfüllten sich bislang nicht.

“Respekt ist das Gebot der Stunde”

Den israelischen Fußballfans und Reportern in Katar empfahl die Regierung in Jerusalem, zurückhaltend aufzutreten, niemanden zu provozieren und nicht jedem unter die Nase zu reiben, dass man aus Israel komme. “Natürlich ist das nicht ideal. Ich würde es auch vorziehen, zu sagen, dass ich aus Israel komme und mich gut dabei fühle, anstatt meine Identität zu verbergen”, sagt TV-Journalist Lewinthal. “Aber es ist besser, in dieser Situation klug zu sein als zu mutig. Ich verstehe, wie komplex das alles ist.”

Für ihn stehe im Vordergrund, dass es während der WM nicht zu gewalttätigen Zusammenstößen komme. “Gegenseitiger Respekt ist das Gebot der Stunde.” Die WM biete durchaus die Chance “für mehr Stabilität und vielleicht sogar Frieden in der Region”, sagt Lewinthal. “Und sie hilft den Menschen, einander näher zu kommen. Wir müssen ihre Kultur respektieren, und sie müssen die unsere verstehen – und wir treffen uns dann in der Mitte.”

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