Tinder will Franzosen aufklären
Im April wählt Frankreich einen neuen Präsidenten. Doch viele junge Wähler könnten Umfragen zufolge den Urnen fern bleiben. Mit Hilfe von Tinder sollen Demokratie-Müde rechtzeitig wieder fit gemacht werden.
Mehr als 200 Jahre nach der Französischen Revolution hat die Demokratie in Frankreich schon bessere Tage erlebt. Als die Franzosen im vergangenen Sommer im ganzen Land neue Regionalparlamente wählen durften, blieben fast neun von zehn jungen Wahlberechtigten lieber zuhause. Mit 87 Prozent erreichte die Enthaltung der 18- bis 25-Jährigen einen Negativrekord.
Die Entwicklung betrifft dabei nicht nur lokale und regionale Abstimmungen. Auch bei der letzten Parlamentswahl im Juni 2017 registrierte das Innenministerium eine historisch schwache Wahlbeteiligung. Weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten beteiligte sich damals im ersten Wahlgang an der Auswahl der Abgeordneten für die Nationalversammlung.
Mehr als 200 Jahre nach der Französischen Revolution hat die Demokratie in Frankreich schon bessere Tage erlebt. Als die Franzosen im vergangenen Sommer im ganzen Land neue Regionalparlamente wählen durften, blieben fast neun von zehn jungen Wahlberechtigten lieber zuhause. Mit 87 Prozent erreichte die Enthaltung der 18- bis 25-Jährigen einen Negativrekord.
Wirksame Mittel gegen die Wahlmüdigkeit haben die Parteien bislang nicht gefunden. Nun soll die Dating-App Tinder zumindest dabei helfen, dass die Lage nicht noch schlimmer wird. Dazu hat die Nichtregierungsorganisation “A voté” (Hat gewählt!) eine Kooperation mit der Dating-App vereinbart. Diese Partnerschaft will Hürden abbauen, die bislang viele Menschen am Gang ins Wahllokal hindern.
Veraltete Wählerverzeichnisse
Rund 7,6 Millionen Franzosen waren laut einer Untersuchung bei der letzten Präsidentenwahl im Jahr 2017 mit überholten Informationen in den Wählerlisten registriert – vor allem mit einer alten Adresse. Die Folge: Die Wähler konnten nicht dort wählen, wo sie aktuell leben. Ein Problem, das besonders die unter 30-Jährigen betrifft, von denen viele zwar längst das Elternhaus verlassen haben, aber dort immer noch im Wählerverzeichnis stehen und damit an dieses Wahllokal gebunden sind. Anders als in Deutschland ist der Gang ins Wahllokal in Frankreich alternativlos – eine Briefwahl ist nicht vorgesehen.
In den kommenden Wochen will Tinder mehrere Millionen Nutzer in Frankreich quasi nebenbei dazu bringen, an ihre Einträge ins Wählerverzeichnisse zu denken. Dafür blendet die App beim Wischen über die Dating-Profile statt des nächsten Fotos Hinweis-Kacheln ein: “Wenn Du in der Nähe Deines Zuhause datest, dann gehe auch in der Nähe Deines Zuhauses wählen” ist auf vier Kacheln zu lesen, die man nacheinander erwischen kann.
Die Kacheln wiederum sind verlinkt mit der Homepage von “A voté”, die praktische Hinweise und Erklärungen zu den Wählerverzeichnissen zusammengetragen hat. “Falsche Einträge auf den Wählerlisten sind ein Hindernis für die Stimmabgabe, das wir beseitigen möchten”, sagt Dorian Dreuil, Mitgründer von “A voté”.
Wenn Anfang März die Kandidatenliste für die Wahlen geschlossen wird und die Frist für den Eintrag in die Wählerlisten abläuft, starten Tinder und “A voté” die zweite Stufe ihrer Kampagne. In den letzten Wochen vor der Wahl stehen nicht mehr die Wählerverzeichnisse, sondern die Kandidaten im Vordergrund. Die Dating-App wird dafür Kacheln mit dem Schriftzug “Deine Stimme zählt. Verrate nicht Deine Überzeugungen!” einblenden. Auf der “A voté”-Homepage wird dann unter anderem das System der Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten erläutert. Sie erlaubt es allen Bürgern, ihre Stimme von einer Vertrauensperson abgeben zu lassen – zum Beispiel von den Eltern. Selbst mit einem veralteten Eintrag im Wählerverzeichnis ist so die Stimmabgabe ohne Reise in die alte Heimat möglich.
Tinder-Sprecher Benjamin Puygrenier zeigt sich optimistisch, was die Erfolgsaussichten der Kampagne betrifft. “Wir haben anhand der Daten unserer Mitglieder festgestellt, dass es ein wachsendes Interesse an Politik gibt. Es ist ein großes Thema unter jungen Leuten. Der Beweis dafür ist, dass das Wort Politik in den letzten zwölf Monaten in den Biografien unserer Mitglieder immer häufiger verwendet wird. Um 59 Prozent ist die Zahl gestiegen”, so Puygrenier.
Das Interesse am nächsten Präsidenten könnte also grundsätzlich vorhanden sei – auch wenn eine Studie gerade herausgefunden haben will, dass 59 Prozent der Wahlberechtigten zwischen 18 und 30 mit einer Stimmenthaltung bei der ersten Runde am 10. April liebäugeln.
Weder für Tinder noch für “A voté” sind solche Kampagnen übrigens Neuland. Tinder hat ähnliche Aktionen bereits für Wahlen in den USA, in Brasilien, Großbritannien und Deutschland organisiert. “A voté” wiederum hat für die Präsidentenwahlen auch eine Partnerschaft mit dem Facebook-Mutterkonzern Meta vereinbart. Ein Chatbot auf “WhatsApp” soll genauso über die Wählerverzeichnisse aufklären wie die Kampagne bei Tinder.
Tinder, “A voté” und Meta legen Wert darauf, sich nicht parteipolitisch vereinnahmen zu lassen. Als die Jugendorganisation der Macron-Partei unlängst eine Wählerverzeichnis-Kampagne auf Tinder starten wollte, reagierte das Unternehmen umgehend und drohte den Verantwortlichen mit der Löschung der betreffenden Accounts.
Mehr als 200 Jahre nach der Französischen Revolution hat die Demokratie in Frankreich schon bessere Tage erlebt. Als die Franzosen im vergangenen Sommer im ganzen Land neue Regionalparlamente wählen durften, blieben fast neun von zehn jungen Wahlberechtigten lieber zuhause. Mit 87 Prozent erreichte die Enthaltung der 18- bis 25-Jährigen einen Negativrekord.
Die Entwicklung betrifft dabei nicht nur lokale und regionale Abstimmungen. Auch bei der letzten Parlamentswahl im Juni 2017 registrierte das Innenministerium eine historisch schwache Wahlbeteiligung. Weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten beteiligte sich damals im ersten Wahlgang an der Auswahl der Abgeordneten für die Nationalversammlung.
Veraltete Wählerverzeichnisse
Wirksame Mittel gegen die Wahlmüdigkeit haben die Parteien bislang nicht gefunden. Nun soll die Dating-App Tinder zumindest dabei helfen, dass die Lage nicht noch schlimmer wird. Dazu hat die Nichtregierungsorganisation “A voté” (Hat gewählt!) eine Kooperation mit der Dating-App vereinbart. Diese Partnerschaft will Hürden abbauen, die bislang viele Menschen am Gang ins Wahllokal hindern.
Rund 7,6 Millionen Franzosen waren laut einer Untersuchung bei der letzten Präsidentenwahl im Jahr 2017 mit überholten Informationen in den Wählerlisten registriert – vor allem mit einer alten Adresse. Die Folge: Die Wähler konnten nicht dort wählen, wo sie aktuell leben. Ein Problem, das besonders die unter 30-Jährigen betrifft, von denen viele zwar längst das Elternhaus verlassen haben, aber dort immer noch im Wählerverzeichnis stehen und damit an dieses Wahllokal gebunden sind. Anders als in Deutschland ist der Gang ins Wahllokal in Frankreich alternativlos – eine Briefwahl ist nicht vorgesehen.
In den kommenden Wochen will Tinder mehrere Millionen Nutzer in Frankreich quasi nebenbei dazu bringen, an ihre Einträge ins Wählerverzeichnisse zu denken. Dafür blendet die App beim Wischen über die Dating-Profile statt des nächsten Fotos Hinweis-Kacheln ein: “Wenn Du in der Nähe Deines Zuhause datest, dann gehe auch in der Nähe Deines Zuhauses wählen” ist auf vier Kacheln zu lesen, die man nacheinander erwischen kann.
Die Kacheln wiederum sind verlinkt mit der Homepage von “A voté”, die praktische Hinweise und Erklärungen zu den Wählerverzeichnissen zusammengetragen hat. “Falsche Einträge auf den Wählerlisten sind ein Hindernis für die Stimmabgabe, das wir beseitigen möchten”, sagt Dorian Dreuil, Mitgründer von “A voté”.
Gesucht: das politische Match
Wenn Anfang März die Kandidatenliste für die Wahlen geschlossen wird und die Frist für den Eintrag in die Wählerlisten abläuft, starten Tinder und “A voté” die zweite Stufe ihrer Kampagne. In den letzten Wochen vor der Wahl stehen nicht mehr die Wählerverzeichnisse, sondern die Kandidaten im Vordergrund. Die Dating-App wird dafür Kacheln mit dem Schriftzug “Deine Stimme zählt. Verrate nicht Deine Überzeugungen!” einblenden. Auf der “A voté”-Homepage wird dann unter anderem das System der Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten erläutert. Sie erlaubt es allen Bürgern, ihre Stimme von einer Vertrauensperson abgeben zu lassen – zum Beispiel von den Eltern. Selbst mit einem veralteten Eintrag im Wählerverzeichnis ist so die Stimmabgabe ohne Reise in die alte Heimat möglich.
Tinder alleine reicht nicht
Tinder-Sprecher Benjamin Puygrenier zeigt sich optimistisch, was die Erfolgsaussichten der Kampagne betrifft. “Wir haben anhand der Daten unserer Mitglieder festgestellt, dass es ein wachsendes Interesse an Politik gibt. Es ist ein großes Thema unter jungen Leuten. Der Beweis dafür ist, dass das Wort Politik in den letzten zwölf Monaten in den Biografien unserer Mitglieder immer häufiger verwendet wird. Um 59 Prozent ist die Zahl gestiegen”, so Puygrenier.
Das Interesse am nächsten Präsidenten könnte also grundsätzlich vorhanden sei – auch wenn eine Studie gerade herausgefunden haben will, dass 59 Prozent der Wahlberechtigten zwischen 18 und 30 mit einer Stimmenthaltung bei der ersten Runde am 10. April liebäugeln.
Weder für Tinder noch für “A voté” sind solche Kampagnen übrigens Neuland. Tinder hat ähnliche Aktionen bereits für Wahlen in den USA, in Brasilien, Großbritannien und Deutschland organisiert. “A voté” wiederum hat für die Präsidentenwahlen auch eine Partnerschaft mit dem Facebook-Mutterkonzern Meta vereinbart. Ein Chatbot auf “WhatsApp” soll genauso über die Wählerverzeichnisse aufklären wie die Kampagne bei Tinder.
Tinder, “A voté” und Meta legen Wert darauf, sich nicht parteipolitisch vereinnahmen zu lassen. Als die Jugendorganisation der Macron-Partei unlängst eine Wählerverzeichnis-Kampagne auf Tinder starten wollte, reagierte das Unternehmen umgehend und drohte den Verantwortlichen mit der Löschung der betreffenden Accounts.