Recht auf Kunst – Benin stellt restituierte Werke aus
Benin hat 26 geraubte Werke von der einstigen Kolonialmacht Frankreich zurückerhalten. Die Begeisterung ist groß, die Restitution gibt der ganzen Kunstszene Auftrieb. Katrin Gänsler berichtet.
Rachidou Biao nickt anerkennend. Er gehört zu den ersten Besuchern der Ausstellung “Kunst in Benin gestern und heute: Von der Restitution bis zur Offenbarung”, die noch bis Ende Mai auf dem Gelände des Präsidentenpalasts mitten in der Wirtschaftsmetropole Cotonou zu sehen ist. Gezeigt werden 26 Werke aus dem Königspalast von Abomey, die französische Truppen während des zweiten Dahomey-Krieges von 1892 bis 1894 geraubt hatten. Ausgestellt sind außerdem 106 zeitgenössische Kunstwerke von bekannten Künstlern wie Romuald Hazoumé und Tchif.
“Es ist eine große Ausstellung. Die Künstler leisten wundervolle Arbeit, die man nirgendwo sonst sehen kann”, lobt Biao. Wie viele andere Besucher auch hat er sich extra schick angezogen. Es ist ein besonderer Tag.
Rachidou Biao nickt anerkennend. Er gehört zu den ersten Besuchern der Ausstellung “Kunst in Benin gestern und heute: Von der Restitution bis zur Offenbarung”, die noch bis Ende Mai auf dem Gelände des Präsidentenpalasts mitten in der Wirtschaftsmetropole Cotonou zu sehen ist. Gezeigt werden 26 Werke aus dem Königspalast von Abomey, die französische Truppen während des zweiten Dahomey-Krieges von 1892 bis 1894 geraubt hatten. Ausgestellt sind außerdem 106 zeitgenössische Kunstwerke von bekannten Künstlern wie Romuald Hazoumé und Tchif.
Die Ausstellung ist das Gesprächsthema in Cotonou und wird überall mit großen Plakaten beworben. Der Eintritt ist kostenlos.
Kein geschichtsloser Kontinent
Es ist der vorläufige Höhepunkt einer erfolgreichen Restitution von Jahrhunderte alten royalen Statuen, geschnitzten Türen und Insignien aus dem Königreich Dahomey.
Nachdem die Regierung von François Hollande die Rückgabe 2016 noch abgelehnt hatte, änderte das der Diskurs von Ouagadougou Ende November 2017. Hollandes Nachfolger Emmanuel Macron sagte an der Universität Joseph Ki-Zerbo: “Ich möchte, dass innerhalb von fünf Jahren die Bedingungen für die vorübergehende oder dauerhafte Rückgabe des afrikanischen Erbes in Afrika erfüllt sind.” Das gab auch der Debatte um die Rückgabe der Benin-Bronzen, die aus dem gleichnamigen Königreich im heutigen Nigeria stammen, Auftrieb.
Die Rückgabe hat für Franck Ogou, Direktor der Schule für afrikanisches Kulturerbe (École du Patrimoine Africain) in der Hauptstadt Porto Novo, große Bedeutung. “Ich bin stolz, ich bin Beniner und komme sogar aus Abomey”, sagt er. Endlich würden die Kulturgüter dauerhaft zugänglich gemacht.
“Ich gehöre zu den wenigen Menschen, die das Glück hatten, sie bereits im Museum Quai Branly in Paris gesehen zu haben.” Für die große Masse der rund 13 Millionen Beninerinnen und Beniner war das jedoch unmöglich. Die Restitution setzt noch ein weiteres Signal: Sie widerlegt den Mythos vom “geschichtslosen Kontinent”. Mit einem Mal gibt es eine weltweite Begeisterung für Kunstwerke aus Afrika. “Wir alle können heute sagen: Afrika gehört zur Weltgeschichte”, so Ogou. Das würde einen gleichberechtigteren Dialog schaffen.
Doch noch etwas anderes gelingt: Es gibt der ganzen Kulturszene Auftrieb. “Herzlich Willkommen, ist das Ihr erster Besuch hier? Die Stiftung wurde 2005 von Marie-Cécile Zinsou in Cotonou geschaffen”, sagt Hermann Agogo. Der Praktikant führt durch die aktuelle Ausstellung der Stiftung.
Zu sehen sind Werke des Künstlers Cyprien Tokoudagba, die sich mit dem Königreich Dahomey befassen und zur aktuellen Debatte passen. Agogo erklärt die Bedeutung eines jeden Kunstwerks und lässt genügend Zeit zur Betrachtung. In Gesprächen erlebt er gerade jetzt ein großes Interesse für Kunst. Aktuell liegt das auch daran, dass die Werke so eng mit der Bevölkerung verknüpft und Teil von ihr sind. “Das sind doch wir! Das ist unsere Kultur, unsere Geschichte.”
In Ouidah, 50 Kilometer westlich von Cotonou, betreibt die Stiftung zudem ein Museum für zeitgenössische Kunst. In den vergangenen Jahren sind weitere Museen durch Privatinitiativen entstanden, etwa das Petit Musée de la Récade, das eine weltweit einzigartige Ausstellung an Zeptern aus dem Königreich Dahomey hat. Porto Novo bietet sogar eine Reihe von Museen. Neu gegründete Stiftungen schaffen zudem Ateliers für Künstlerinnen und Künstler sowie Möglichkeiten für Ausstellungen.
Eine bessere Infrastruktur will auch die Regierung schaffen. Die 26 Artefakte sollen künftig in einem Museum in Abomey ausgestellt werden. Damit einher geht die Renovierung der Königspaläste, die seit 1985 Weltkulturerbe der UNESCO sind. Auch entsteht in Porto Novo ein Museum zur Geschichte und Kunst des Voodoo. In Ouidah wird das portugiesische Fort restauriert. Die Schaffung der Museen ist Teil der Tourismusstrategie der Regierung. Auch dafür war die Rückgabe einer der maßgeblichen Auslöser. “Es wird Geld in den Kulturbereichgesteckt”, sagt Franck Ogou. Seit Monaten gibt es zudem Weiterbildungen für Touristenführer.
Zurück in Cotonou in der Stiftung Zinsou. Durch Mäzene hat sie die Möglichkeit, auf Eintrittsgelder zu verzichten. “Wir sind ein Teil der Gemeinschaft. Das ist unsere Stärke”, sagt Präsidentin Marie-Cécile Zinsou. Der Kunsthistorikerin ist wichtig, dass Kultur zugänglich und kein Luxusgut ist. “Wir gehen davon aus, dass es ein Recht auf Kunst gibt.”
Das Konzept geht deshalb über Ausstellungen hinaus. Es gibt Programme für Kinder und Schulen. Auf dem Gelände stehen neben Kunstobjekten auch Spielgeräte. “Wir können den Kindern doch nicht sagen: Ihr kommt hier nicht rein, weil ihr keine 300, 500 oder 1000 CFA-Francs habt. Damit würden wir Türen schließen.”
Marie-Cécile Zinsou hat schließlich seit Gründung oft erlebt, wie groß das Interesse für Kunst ist. Dabei gehört ein Museumsbesuch bisher nicht zum Sonntagsprogramm der meisten Menschen. Besonders deutlich wurde das, als die 26 Statuen, Zepter und Schnitzarbeiten schon einmal 2006 in den Räumen der Stiftung zu sehen waren. “Es ist eins der ganz wenigen Beispiele einer Leihgabe zwischen Frankreich und Afrika.” Damals kamen innerhalb von drei Monaten 275.000 Menschen, um die Artefakte zu sehen. “Die Begeisterung ist da”, sagt die Kunsthistorikerin.
Rachidou Biao nickt anerkennend. Er gehört zu den ersten Besuchern der Ausstellung “Kunst in Benin gestern und heute: Von der Restitution bis zur Offenbarung”, die noch bis Ende Mai auf dem Gelände des Präsidentenpalasts mitten in der Wirtschaftsmetropole Cotonou zu sehen ist. Gezeigt werden 26 Werke aus dem Königspalast von Abomey, die französische Truppen während des zweiten Dahomey-Krieges von 1892 bis 1894 geraubt hatten. Ausgestellt sind außerdem 106 zeitgenössische Kunstwerke von bekannten Künstlern wie Romuald Hazoumé und Tchif.
“Es ist eine große Ausstellung. Die Künstler leisten wundervolle Arbeit, die man nirgendwo sonst sehen kann”, lobt Biao. Wie viele andere Besucher auch hat er sich extra schick angezogen. Es ist ein besonderer Tag.
Kein geschichtsloser Kontinent
Die Ausstellung ist das Gesprächsthema in Cotonou und wird überall mit großen Plakaten beworben. Der Eintritt ist kostenlos.
Es ist der vorläufige Höhepunkt einer erfolgreichen Restitution von Jahrhunderte alten royalen Statuen, geschnitzten Türen und Insignien aus dem Königreich Dahomey.
Nachdem die Regierung von François Hollande die Rückgabe 2016 noch abgelehnt hatte, änderte das der Diskurs von Ouagadougou Ende November 2017. Hollandes Nachfolger Emmanuel Macron sagte an der Universität Joseph Ki-Zerbo: “Ich möchte, dass innerhalb von fünf Jahren die Bedingungen für die vorübergehende oder dauerhafte Rückgabe des afrikanischen Erbes in Afrika erfüllt sind.” Das gab auch der Debatte um die Rückgabe der Benin-Bronzen, die aus dem gleichnamigen Königreich im heutigen Nigeria stammen, Auftrieb.
Die Rückgabe hat für Franck Ogou, Direktor der Schule für afrikanisches Kulturerbe (École du Patrimoine Africain) in der Hauptstadt Porto Novo, große Bedeutung. “Ich bin stolz, ich bin Beniner und komme sogar aus Abomey”, sagt er. Endlich würden die Kulturgüter dauerhaft zugänglich gemacht.
Stärkung des Tourismus
“Ich gehöre zu den wenigen Menschen, die das Glück hatten, sie bereits im Museum Quai Branly in Paris gesehen zu haben.” Für die große Masse der rund 13 Millionen Beninerinnen und Beniner war das jedoch unmöglich. Die Restitution setzt noch ein weiteres Signal: Sie widerlegt den Mythos vom “geschichtslosen Kontinent”. Mit einem Mal gibt es eine weltweite Begeisterung für Kunstwerke aus Afrika. “Wir alle können heute sagen: Afrika gehört zur Weltgeschichte”, so Ogou. Das würde einen gleichberechtigteren Dialog schaffen.
Kunst für alle
Doch noch etwas anderes gelingt: Es gibt der ganzen Kulturszene Auftrieb. “Herzlich Willkommen, ist das Ihr erster Besuch hier? Die Stiftung wurde 2005 von Marie-Cécile Zinsou in Cotonou geschaffen”, sagt Hermann Agogo. Der Praktikant führt durch die aktuelle Ausstellung der Stiftung.
Zu sehen sind Werke des Künstlers Cyprien Tokoudagba, die sich mit dem Königreich Dahomey befassen und zur aktuellen Debatte passen. Agogo erklärt die Bedeutung eines jeden Kunstwerks und lässt genügend Zeit zur Betrachtung. In Gesprächen erlebt er gerade jetzt ein großes Interesse für Kunst. Aktuell liegt das auch daran, dass die Werke so eng mit der Bevölkerung verknüpft und Teil von ihr sind. “Das sind doch wir! Das ist unsere Kultur, unsere Geschichte.”
In Ouidah, 50 Kilometer westlich von Cotonou, betreibt die Stiftung zudem ein Museum für zeitgenössische Kunst. In den vergangenen Jahren sind weitere Museen durch Privatinitiativen entstanden, etwa das Petit Musée de la Récade, das eine weltweit einzigartige Ausstellung an Zeptern aus dem Königreich Dahomey hat. Porto Novo bietet sogar eine Reihe von Museen. Neu gegründete Stiftungen schaffen zudem Ateliers für Künstlerinnen und Künstler sowie Möglichkeiten für Ausstellungen.
Eine bessere Infrastruktur will auch die Regierung schaffen. Die 26 Artefakte sollen künftig in einem Museum in Abomey ausgestellt werden. Damit einher geht die Renovierung der Königspaläste, die seit 1985 Weltkulturerbe der UNESCO sind. Auch entsteht in Porto Novo ein Museum zur Geschichte und Kunst des Voodoo. In Ouidah wird das portugiesische Fort restauriert. Die Schaffung der Museen ist Teil der Tourismusstrategie der Regierung. Auch dafür war die Rückgabe einer der maßgeblichen Auslöser. “Es wird Geld in den Kulturbereichgesteckt”, sagt Franck Ogou. Seit Monaten gibt es zudem Weiterbildungen für Touristenführer.
Zurück in Cotonou in der Stiftung Zinsou. Durch Mäzene hat sie die Möglichkeit, auf Eintrittsgelder zu verzichten. “Wir sind ein Teil der Gemeinschaft. Das ist unsere Stärke”, sagt Präsidentin Marie-Cécile Zinsou. Der Kunsthistorikerin ist wichtig, dass Kultur zugänglich und kein Luxusgut ist. “Wir gehen davon aus, dass es ein Recht auf Kunst gibt.”
Das Konzept geht deshalb über Ausstellungen hinaus. Es gibt Programme für Kinder und Schulen. Auf dem Gelände stehen neben Kunstobjekten auch Spielgeräte. “Wir können den Kindern doch nicht sagen: Ihr kommt hier nicht rein, weil ihr keine 300, 500 oder 1000 CFA-Francs habt. Damit würden wir Türen schließen.”
Marie-Cécile Zinsou hat schließlich seit Gründung oft erlebt, wie groß das Interesse für Kunst ist. Dabei gehört ein Museumsbesuch bisher nicht zum Sonntagsprogramm der meisten Menschen. Besonders deutlich wurde das, als die 26 Statuen, Zepter und Schnitzarbeiten schon einmal 2006 in den Räumen der Stiftung zu sehen waren. “Es ist eins der ganz wenigen Beispiele einer Leihgabe zwischen Frankreich und Afrika.” Damals kamen innerhalb von drei Monaten 275.000 Menschen, um die Artefakte zu sehen. “Die Begeisterung ist da”, sagt die Kunsthistorikerin.