Weltklimarat: Zeit läuft ab im Kampf gegen Klimawandel
Mitten in der schweren Krise Europas, ausgelöst durch den russischen Angriff auf die Ukraine, legt der Weltklimarat (IPCC) seinen neuesten Bericht vor. Und fordert – auch – eine bessere Anpassung an den Klimawandel.
Die Warnungen klingen altvertraut und nehmen doch an Dramatik immer mehr zu. “Es gibt nur noch einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann”, sagt der deutsche Meeresbiologe Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven zum weltweiten Kampf gegen den Klimawandel. Die Jahre zwischen 2020 und 2030 seien das wirklich letzte Fenster, in dem die Staaten der Erde das Ruder noch herumreissen könnten.
Der deutsche Wissenschaftler ist einer der Autoren des neuesten Berichts des Weltklimarates (IPCC), der am Montag veröffentlicht wurde.
Die Warnungen klingen altvertraut und nehmen doch an Dramatik immer mehr zu. “Es gibt nur noch einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann”, sagt der deutsche Meeresbiologe Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven zum weltweiten Kampf gegen den Klimawandel. Die Jahre zwischen 2020 und 2030 seien das wirklich letzte Fenster, in dem die Staaten der Erde das Ruder noch herumreissen könnten.
Tenor des Reports: Nötig sei jetzt ein massiver Rückgang des Ausstoßes von Treibhausgasen. Viele Staaten in Europa, auch Deutschland, wollen die Klimagase möglichst bis zur Jahrhundertmitte fast komplett einsparen, Deutschland will das sogar bis 2045 tun.
IPCC: Anpassung wird immer wichtiger
Aber die Experten wissen auch, dass die Anstrengungen der meisten rund 190 UN-Staaten dafür bei Weitem nicht ausreichen. Nötig sei es deshalb auch, so der Bericht weiter, sich an die höheren Temperaturen anzupassen, und mit den Folgen der Erderwärmung zu leben. Denn ein großer Teil der Folgen des Klimawandels, da sind sich die Experten einig, wird nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Der Treibhauseffekt, heißt es in dem rund 4000 Seiten dicken Bericht, habe bereits “irreversible Verluste” in der Pflanzen- und Tierwelt verursacht.
So dramatisch die Warnungen sind, so klar ist auch, dass die Gefahren des Klimawandels in der Wahrnehmung momentan vom Krieg in der Ukraine überschatten werden. Der Krieg und seine Folgen könnten massive Auswirkungen auch auf den Kampf gegen den Klimawandel haben.
Pörtner etwa sagte in Berlin auf Frage der DW, schon jetzt erfordere die Umstellung der Energieversorgung und die Anpassung an den Klimawandel weltweit dreistellige Milliardensummen: “Und die bisherigen Finanzzusagen der Staaten sind ja längst noch nicht alle umgesetzt. Und da stellt sich schon die Frage, in wieweit mögliche Aufrüstungen, die jetzt für notwendig erachtet werden, zu einem Zielkonflikt mit dem Klimaschutz führen können.” Allein Deutschland will die Bundeswehr mit zusätzlichen 100 Milliarden Euro aufrüsten. Geld, das dann, so die Befürchtung, für das Klima fehlt.
Der Weltklimarat, “Intergovernmental Panel on Climate Change”, kurz IPCC, ansässig seit seiner Gründung 1988 in Genf, listet auf, dass die globale Durchschnitts-Temperatur seit der Phase vor der Industrialisierung (zwischen 1850 und 1900) bereits um 1,1 Grad höher liegt. 1,5 bis zwei Grad an Erhöhung halten die meisten Wissenschaftler für noch gerade so tolerabel, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Die Erderwärmung um nicht mehr als 1,5 Grad ansteigen zu lassen, ist auch das Ziel des Pariser Klimaabkommens der Vereinten Nationen von 2015.
Rund 270 Wissenschaftler aus der ganzen Welt haben für diesen Bericht rund 34.000 Studien ausgewertet. Und sie kommen zu dem Schluss: Vor allem für Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika sowie für Süd- und Nordpol hat die Erderwärmung immer dramatischere Folgen. So sei seit 1961 in Afrika die Produktivität der Landwirtschaft um 34 Prozent gesunken. Wirbelstürme, Hitze und Dürren, überall auf der Welt, auch in Europa, würden zunehmen, der Meeresspiegel steigen.
Im Zentrum des aktuellen Berichts stehen die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel. Vor allem Menschen in den reichen Ländern des Nordens müssten ihre Lebensgewohnheiten ändern, weniger Fleisch essen, um auf den so frei werdenden Flächen andere Lebensmittel anzubauen oder Wälder wieder aufzuforsten. Wann immer die Menschen das könnten, müssten sie auf das Fliegen verzichten und stattdessen Bahn fahren oder das Fahrrad nutzen. Die deutsche Meteorologin Daniela Jacobs, ebenfalls Autorin des aktuellen Berichts und Leiterin des “Climate Service Center Germany” sagt dazu: “Was heute gut ist für mich und meine Gesundheit, ist auch gut für das Klima.”
Eine an den Klimawandel angepasste Welt sei also keine Zumutung, sondern schlicht eine schönere Welt. Und, so der Bericht: Der Mensch müsse endlich mehr Flächen ganz für die wirtschaftliche Nutzung sperren: Mindestens 30 Prozent der Flächen weltweit müssten geschützt werden. Momentan würden aber nur 15 Prozent der Landgebiete, 21 Prozent der Süßwassergebiete und acht Prozent der Meere unter Schutz stehen.
Seit 1988 begleitet der Weltklimarat Politik und internationale Verhandlungen über den Schutz des Klimas. Der aktuelle Bericht ist der sechste seiner Art, einen ersten Teil über die neusten naturwissenschaftlichen Grundlagen legte das Gremium im August des vergangenen Jahres vor, ein dritter Teil, der im April erwartet wird, behandelt vor allem die wirtschaftlichen Chancen, die der Kampf gegen die Treibhausgase bietet.
Zu jedem Bericht fertigt der IPCC eine Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger an. Diese wird jeweils in mehreren Runden redigiert – erst von Wissenschaftlern, dann von Regierungsvertretern. Denn das Geld für das IPCC geben die 190 UN-Staaten. Das hat dem Gremium oft den Vorwurf eingebracht, dass seine wissenschaftlichen Aussagen am Ende von der Politik abgemildert würden.
Dazu sagt Hans-Otto Pörtner, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien in ihrer Arbeit keiner Zensur unterworfen. Aber, so Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger bei der Vorstellung des Berichts: Auch der Weltklimarat sei am vergangenen Wochenende vom Krieg in der Ukraine eingeholt worden. Etliche russische Wissenschaftler hätten an den letzten Formulierungen des Berichts mitgewirkt und nebenbei ihr Entsetzen über den Angriff auf die Ukraine geäußert. Im Text selbst wird der Krieg aber nicht erwähnt.
Die Warnungen klingen altvertraut und nehmen doch an Dramatik immer mehr zu. “Es gibt nur noch einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann”, sagt der deutsche Meeresbiologe Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven zum weltweiten Kampf gegen den Klimawandel. Die Jahre zwischen 2020 und 2030 seien das wirklich letzte Fenster, in dem die Staaten der Erde das Ruder noch herumreissen könnten.
Der deutsche Wissenschaftler ist einer der Autoren des neuesten Berichts des Weltklimarates (IPCC), der am Montag veröffentlicht wurde.
IPCC: Anpassung wird immer wichtiger
Tenor des Reports: Nötig sei jetzt ein massiver Rückgang des Ausstoßes von Treibhausgasen. Viele Staaten in Europa, auch Deutschland, wollen die Klimagase möglichst bis zur Jahrhundertmitte fast komplett einsparen, Deutschland will das sogar bis 2045 tun.
Aber die Experten wissen auch, dass die Anstrengungen der meisten rund 190 UN-Staaten dafür bei Weitem nicht ausreichen. Nötig sei es deshalb auch, so der Bericht weiter, sich an die höheren Temperaturen anzupassen, und mit den Folgen der Erderwärmung zu leben. Denn ein großer Teil der Folgen des Klimawandels, da sind sich die Experten einig, wird nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Der Treibhauseffekt, heißt es in dem rund 4000 Seiten dicken Bericht, habe bereits “irreversible Verluste” in der Pflanzen- und Tierwelt verursacht.
So dramatisch die Warnungen sind, so klar ist auch, dass die Gefahren des Klimawandels in der Wahrnehmung momentan vom Krieg in der Ukraine überschatten werden. Der Krieg und seine Folgen könnten massive Auswirkungen auch auf den Kampf gegen den Klimawandel haben.
Pörtner etwa sagte in Berlin auf Frage der DW, schon jetzt erfordere die Umstellung der Energieversorgung und die Anpassung an den Klimawandel weltweit dreistellige Milliardensummen: “Und die bisherigen Finanzzusagen der Staaten sind ja längst noch nicht alle umgesetzt. Und da stellt sich schon die Frage, in wieweit mögliche Aufrüstungen, die jetzt für notwendig erachtet werden, zu einem Zielkonflikt mit dem Klimaschutz führen können.” Allein Deutschland will die Bundeswehr mit zusätzlichen 100 Milliarden Euro aufrüsten. Geld, das dann, so die Befürchtung, für das Klima fehlt.
Der Klimawandel und der Krieg
Der Weltklimarat, “Intergovernmental Panel on Climate Change”, kurz IPCC, ansässig seit seiner Gründung 1988 in Genf, listet auf, dass die globale Durchschnitts-Temperatur seit der Phase vor der Industrialisierung (zwischen 1850 und 1900) bereits um 1,1 Grad höher liegt. 1,5 bis zwei Grad an Erhöhung halten die meisten Wissenschaftler für noch gerade so tolerabel, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Die Erderwärmung um nicht mehr als 1,5 Grad ansteigen zu lassen, ist auch das Ziel des Pariser Klimaabkommens der Vereinten Nationen von 2015.
Erderwärmung seit der Industrialisierung schon bei 1,1 Grad.
Rund 270 Wissenschaftler aus der ganzen Welt haben für diesen Bericht rund 34.000 Studien ausgewertet. Und sie kommen zu dem Schluss: Vor allem für Afrika, Asien, Süd- und Mittelamerika sowie für Süd- und Nordpol hat die Erderwärmung immer dramatischere Folgen. So sei seit 1961 in Afrika die Produktivität der Landwirtschaft um 34 Prozent gesunken. Wirbelstürme, Hitze und Dürren, überall auf der Welt, auch in Europa, würden zunehmen, der Meeresspiegel steigen.
Im Zentrum des aktuellen Berichts stehen die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel. Vor allem Menschen in den reichen Ländern des Nordens müssten ihre Lebensgewohnheiten ändern, weniger Fleisch essen, um auf den so frei werdenden Flächen andere Lebensmittel anzubauen oder Wälder wieder aufzuforsten. Wann immer die Menschen das könnten, müssten sie auf das Fliegen verzichten und stattdessen Bahn fahren oder das Fahrrad nutzen. Die deutsche Meteorologin Daniela Jacobs, ebenfalls Autorin des aktuellen Berichts und Leiterin des “Climate Service Center Germany” sagt dazu: “Was heute gut ist für mich und meine Gesundheit, ist auch gut für das Klima.”
Eine an den Klimawandel angepasste Welt sei also keine Zumutung, sondern schlicht eine schönere Welt. Und, so der Bericht: Der Mensch müsse endlich mehr Flächen ganz für die wirtschaftliche Nutzung sperren: Mindestens 30 Prozent der Flächen weltweit müssten geschützt werden. Momentan würden aber nur 15 Prozent der Landgebiete, 21 Prozent der Süßwassergebiete und acht Prozent der Meere unter Schutz stehen.
Dramatische Folgen für die Landwirtschaft in Afrika
Seit 1988 begleitet der Weltklimarat Politik und internationale Verhandlungen über den Schutz des Klimas. Der aktuelle Bericht ist der sechste seiner Art, einen ersten Teil über die neusten naturwissenschaftlichen Grundlagen legte das Gremium im August des vergangenen Jahres vor, ein dritter Teil, der im April erwartet wird, behandelt vor allem die wirtschaftlichen Chancen, die der Kampf gegen die Treibhausgase bietet.
Zu jedem Bericht fertigt der IPCC eine Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger an. Diese wird jeweils in mehreren Runden redigiert – erst von Wissenschaftlern, dann von Regierungsvertretern. Denn das Geld für das IPCC geben die 190 UN-Staaten. Das hat dem Gremium oft den Vorwurf eingebracht, dass seine wissenschaftlichen Aussagen am Ende von der Politik abgemildert würden.
IPCC: Mehr Flächen unter Schutz stellen
Dazu sagt Hans-Otto Pörtner, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien in ihrer Arbeit keiner Zensur unterworfen. Aber, so Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger bei der Vorstellung des Berichts: Auch der Weltklimarat sei am vergangenen Wochenende vom Krieg in der Ukraine eingeholt worden. Etliche russische Wissenschaftler hätten an den letzten Formulierungen des Berichts mitgewirkt und nebenbei ihr Entsetzen über den Angriff auf die Ukraine geäußert. Im Text selbst wird der Krieg aber nicht erwähnt.