Cherson: Stimmen aus einer belagerten Stadt in der Ukraine
Eine Woche nach Kriegsbeginn hat Russland wohl eine erste Großstadt im Süden der Ukraine eingenommen. Einwohner von Cherson berichten der DW von Straßensperren und Plünderungen.
In der Hafenstadt Cherson sind nach Angaben ukrainischer Behörden russische “Besatzer” mittlerweile in alle Stadtteile vorgedrungen. Sie seien “sehr gefährlich”, hieß es.
“Wir haben in der Stadt keine Streitkräfte der Ukraine, nur friedliche Bewohner, die hier leben wollen!”, schrieb Chersons Bürgermeister Igor Kolychajew in der Nacht zum Donnerstag in einer Erklärung. Russische Soldaten seien in der Stadtverwaltung gewesen, es wehe aber weiterhin die ukrainische Flagge über dem Gebäude.
In der Hafenstadt Cherson sind nach Angaben ukrainischer Behörden russische “Besatzer” mittlerweile in alle Stadtteile vorgedrungen. Sie seien “sehr gefährlich”, hieß es.
Dass die ukrainische Verwaltung nach wie vor funktioniere, bestätigte der DW an diesem Donnerstag auch Alexey Sandakow, der in der Nähe von Chersons Innenstadt wohnt. Am Telefon erzählt er, er sei seit zwei Tagen nicht auf der Straße gewesen.
Die meisten bleiben zuhause
“Wir haben die Fenster und Türen zugenagelt.” Eine Kamera übertrage Bilder von der Straße. “Wir haben Militärfahrzeuge gesehen, aber keine Bodentruppen.”
Sandakow und ein weiterer Bewohner, Artemii Perun, berichten außerdem von Plünderungen durch russische Soldaten. Perun erklärte, er sei vorübergehend in einen anderen Stadtteil umgezogen, weil seine Wohnung am Stadtrand in Reichweite der Kämpfe liege. In der Nacht auf Donnerstag habe er nach wie vor Schüsse gehört. In den Lageberichten der ukrainischen Armee war dagegen von Kämpfen um die Stadt keine Rede mehr.
Die Hafenstadt Cherson im Süden der Ukraine liegt für Russland strategisch günstig unweit der Krim-Halbinsel an der Mündung des Flusses Dnipro. Es wäre das erste bedeutende städtische Zentrum, das Moskau eroberte.
Laut Anwohner Perun haben die russischen Truppen Straßensperren errichtet. “Wer allein oder zu zweit unterwegs ist und Lebensmittel oder Arzneimittel dabeihat, kann meist passieren. Einige sind aber auch abgewiesen worden.”
Vor Lebensmittelgeschäften und Apotheken hätten sich lange Schlangen gebildet, erzählt er. “Viele versuchen, sich gegenseitig zu helfen und tauschen Medikamente untereinander aus.” Die meisten Bewohner blieben, wenn möglich, zuhause.
In der 300.000-Einwohner-Stadt lebt seit Jahren auch der US-amerikanische Rentner Donald Flett. Wie er der DW am Telefon sagt, wurde er Zeuge von Raketeneinschlägen, kurz vor dem russischen Einmarsch, in der Nähe seiner Wohnung am nördlichen Stadtrand. Er schickte der DW ein Video, das die Einschläge in dem Wohngebiet zeigen soll.
“In einem Wohnblock ist eine Rakete in den ersten Stock eingeschlagen. Dort lebte eine alte Frau. Man hat sie in Stücken herausgetragen,” berichtet er. Auch er bestätigt, dass bisher noch kein Wechsel in der Stadtverwaltung stattgefunden habe. Er sei in Kontakt mit Bürgermeister Kolychajew, der derzeit mit der russischen Armee über einen humanitären Korridor verhandle.
Moskau ist vor einer Woche in die Ukraine einmarschiert und hat seitdem zahlreiche Städte angegriffen. Zuletzt hat Russland die Luftangriffe deutlich verstärkt – während gleichzeitig verhandelt wird.
Auch die deutlich kleinere Hafenstadt Berdjansk 350 Kilometer weiter im Osten der Ukraine wurde bereits von russischen Truppen erobert. Gegen die noch ein Stück weiter östlich gelegene Hafenstadt Mariupol läuft ebenfalls eine Offensive.
“Heute war der bisher schwierigste und grausamste Tag des Krieges”, sagte Mariupols Bürgermeister Wadim Boitschenko in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Der Stadtrat erklärte, Russland halte Mariupol unter kontinuierlichem Beschuss und beschädige vorsätzlich die zivile Infrastruktur.
Kaputte Brücken und Gleise machten Evakuierungen und Lieferungen von Versorgungsgütern unmöglich. Die Wasser- und Energieversorgung werde behindert, ebenso wie die Möglichkeit zu heizen.
In der südukrainischen Stadt Enerhodar haben russische Truppen nach Angaben des Bürgermeisters einen von Zivilisten errichteten Kontrollposten unter Beschuss genommen. Der Feind sei mit einem großen Militärkonvoi angerückt und habe Waffen gegen Bürgerinnen und Bürger eingesetzt, schrieb Dmytro Orlow am Donnerstag im Nachrichtendienst Telegram.
Diese Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. Russland
dementiert vehement, gezielt Zivilisten anzugreifen.
In der Hafenstadt Cherson sind nach Angaben ukrainischer Behörden russische “Besatzer” mittlerweile in alle Stadtteile vorgedrungen. Sie seien “sehr gefährlich”, hieß es.
“Wir haben in der Stadt keine Streitkräfte der Ukraine, nur friedliche Bewohner, die hier leben wollen!”, schrieb Chersons Bürgermeister Igor Kolychajew in der Nacht zum Donnerstag in einer Erklärung. Russische Soldaten seien in der Stadtverwaltung gewesen, es wehe aber weiterhin die ukrainische Flagge über dem Gebäude.
Die meisten bleiben zuhause
Dass die ukrainische Verwaltung nach wie vor funktioniere, bestätigte der DW an diesem Donnerstag auch Alexey Sandakow, der in der Nähe von Chersons Innenstadt wohnt. Am Telefon erzählt er, er sei seit zwei Tagen nicht auf der Straße gewesen.
“Wir haben die Fenster und Türen zugenagelt.” Eine Kamera übertrage Bilder von der Straße. “Wir haben Militärfahrzeuge gesehen, aber keine Bodentruppen.”
Sandakow und ein weiterer Bewohner, Artemii Perun, berichten außerdem von Plünderungen durch russische Soldaten. Perun erklärte, er sei vorübergehend in einen anderen Stadtteil umgezogen, weil seine Wohnung am Stadtrand in Reichweite der Kämpfe liege. In der Nacht auf Donnerstag habe er nach wie vor Schüsse gehört. In den Lageberichten der ukrainischen Armee war dagegen von Kämpfen um die Stadt keine Rede mehr.
Die Hafenstadt Cherson im Süden der Ukraine liegt für Russland strategisch günstig unweit der Krim-Halbinsel an der Mündung des Flusses Dnipro. Es wäre das erste bedeutende städtische Zentrum, das Moskau eroberte.
Russland rückt vor
Laut Anwohner Perun haben die russischen Truppen Straßensperren errichtet. “Wer allein oder zu zweit unterwegs ist und Lebensmittel oder Arzneimittel dabeihat, kann meist passieren. Einige sind aber auch abgewiesen worden.”
Vor Lebensmittelgeschäften und Apotheken hätten sich lange Schlangen gebildet, erzählt er. “Viele versuchen, sich gegenseitig zu helfen und tauschen Medikamente untereinander aus.” Die meisten Bewohner blieben, wenn möglich, zuhause.
In der 300.000-Einwohner-Stadt lebt seit Jahren auch der US-amerikanische Rentner Donald Flett. Wie er der DW am Telefon sagt, wurde er Zeuge von Raketeneinschlägen, kurz vor dem russischen Einmarsch, in der Nähe seiner Wohnung am nördlichen Stadtrand. Er schickte der DW ein Video, das die Einschläge in dem Wohngebiet zeigen soll.
“In einem Wohnblock ist eine Rakete in den ersten Stock eingeschlagen. Dort lebte eine alte Frau. Man hat sie in Stücken herausgetragen,” berichtet er. Auch er bestätigt, dass bisher noch kein Wechsel in der Stadtverwaltung stattgefunden habe. Er sei in Kontakt mit Bürgermeister Kolychajew, der derzeit mit der russischen Armee über einen humanitären Korridor verhandle.
Moskau ist vor einer Woche in die Ukraine einmarschiert und hat seitdem zahlreiche Städte angegriffen. Zuletzt hat Russland die Luftangriffe deutlich verstärkt – während gleichzeitig verhandelt wird.
Auch die deutlich kleinere Hafenstadt Berdjansk 350 Kilometer weiter im Osten der Ukraine wurde bereits von russischen Truppen erobert. Gegen die noch ein Stück weiter östlich gelegene Hafenstadt Mariupol läuft ebenfalls eine Offensive.
“Heute war der bisher schwierigste und grausamste Tag des Krieges”, sagte Mariupols Bürgermeister Wadim Boitschenko in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Der Stadtrat erklärte, Russland halte Mariupol unter kontinuierlichem Beschuss und beschädige vorsätzlich die zivile Infrastruktur.
Kaputte Brücken und Gleise machten Evakuierungen und Lieferungen von Versorgungsgütern unmöglich. Die Wasser- und Energieversorgung werde behindert, ebenso wie die Möglichkeit zu heizen.
In der südukrainischen Stadt Enerhodar haben russische Truppen nach Angaben des Bürgermeisters einen von Zivilisten errichteten Kontrollposten unter Beschuss genommen. Der Feind sei mit einem großen Militärkonvoi angerückt und habe Waffen gegen Bürgerinnen und Bürger eingesetzt, schrieb Dmytro Orlow am Donnerstag im Nachrichtendienst Telegram.
Diese Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. Russland
dementiert vehement, gezielt Zivilisten anzugreifen.