Truth Social: Donald Trumps Social-Media-Netzwerk
Das Netzwerk des früheren US-Präsidenten entwickelt sich zu einem wilden Sammelsurium aus Tierbildern, Rechtsextremen und konservativen Promis. Wird es zu einer Gefahr für die Gesellschaft?
Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 verlor der abgewählte, aber noch amtierende Präsident seinen Zugang zu Twitter und Facebook. Darauf kündigte er an, sein eigenes soziales Medium zu gründen. Ein Jahr später hat er seine Ankündigung in die Tat umgesetzt: Truth Social heißt die neue Plattform. Kurz nach dem Start findet sich dort ein Mix aus konservativen Medien, rechten Influencern und niedlichen Tierbildern.
Die Plattform wirkt zunächst wie eine Art Twitter-Klon: Die Tweets werden auf der Website als Truths bezeichnet, als Wahrheiten, die Retweets heißen ReTruths, und auch Likes können vergeben werden. Ein einzigartiges Feature ist bei Truth Social bisher aber nicht zu erkennen. Genau solche Features verhalfen den großen sozialen Medien der Vergangenheit zum Erfolg: Twitter hatte eine Zeichenbegrenzung, Instagram war auf Fotos ausgerichtet, und Snapchat ließ Nachrichten verschwinden. TikTok schaffte mit seinen Kurzvideos den Durchbruch.
Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 verlor der abgewählte, aber noch amtierende Präsident seinen Zugang zu Twitter und Facebook. Darauf kündigte er an, sein eigenes soziales Medium zu gründen. Ein Jahr später hat er seine Ankündigung in die Tat umgesetzt: Truth Social heißt die neue Plattform. Kurz nach dem Start findet sich dort ein Mix aus konservativen Medien, rechten Influencern und niedlichen Tierbildern.
Truth Social versucht vielmehr, mit bekannten Gesichtern zu locken. So gibt es einige verifizierte Promis der amerikanischen Rechten, die den Truth-Social-Nutzern auch aus anderen US-Medien bekannt sein dürften. Dazu gehören Trump-Unterstützer wie die Radio- und Fernsehmoderatoren Dan Bongino und Sean Hannity, aber auch konservative Medienformate wie “One American News” und rechtsradikale Publikationen wie die “Epoch Times”. Auch Kyle Rittenhouse, der im August 2020 bei einer Black-Lives-Matter-Demonstration zwei Menschen erschoss und später freigesprochen wurde, weil er nach Meinung des Gerichts aus Notwehr gehandelt habe, besitzt ein Truth-Social-Profil.
Viele Vertreter des rechten Spektrums
Doch geben sich diese Persönlichkeiten auf Truth Social bisher recht zahm und setzen dort meist die gleichen Inhalte ab wie auf ihren Twitter-, Facebook- oder Parler-Accounts. Der Countrysänger Travis Tritt machte beispielsweise zuletzt Schlagzeilen damit, dass er die Covid-Maßnahmen ablehnte und seine Tour absagte. Auf Truth Social bewirbt er lediglich sein kommendes Konzert. Auch Donald Trump selbst setzte erst einen einzigen Post ab: “Macht Euch bereit! Bald seht Ihr Euren Lieblingspräsidenten!”
Miles McCain und David Thiel forschen am Internet-Observatorium der Stanford University und beobachten das Vorhaben. McCain scrollt das Profil von Truth-Social-Chef Devin Nunes durch: “Ein Foto von der Grenze Georgias, ein Meme über Joe Biden, ein Video und dann noch ein paar Astronomie-Fotos.”
Die Mischung wirkt nicht nur merkwürdig, sie könnte gewollt sein, meint sein Kollege David Thiel: “Es fühlt sich ein bisschen nach einem koordinierten Versuch an, die Unterstützung der Plattform mit legalen Infoposts zu legitimieren.” Ein gutes Beispiel ist laut Thiel die “Epoch-Times”. Das Medium versuchte schon in der Vergangenheit erst, den eigenen Feed mit lustigen Tier-und Bastelvideos zu bestücken, um so viele Follower wie möglich zu gewinnen und erst später auf konspirative Inhalte umzusteigen.
Die beiden Forscher wollten sich die App direkt nach dem Start herunterladen. Doch das war nicht so einfach. Anstatt direkt loslegen zu können, gab es bei der Anmeldung Verzögerungen und Probleme. Tausende von Nutzern wurden in eine Warteliste eingetragen und bekamen eine Nummer zugewiesen. Viele Trump-Fans äußerten ihren Unmut darüber auf Twitter.
Die Probleme erlebte auch der Stanford-Experte McCain: “Ich fand es ziemlich herausfordernd, mich auf der Plattform anzumelden. Ich erhielt eine E-Mail, in der mir mitgeteilt wurde, dass ich für die Plattform zugelassen worden war. Ein Klick auf den Link mit meinem Computer führte mich zu einem Serverfehler. Ich musste mein Handy nutzen, um den Link anzuklicken und ihn dann von der App öffnen zu lassen”, schildert er sein Vorgehen. “Es scheint so, als ob viele der öffentlich zugänglichen Registrierungssysteme nicht funktionieren.”
Trotzdem gibt es inzwischen rund 50.000 Nutzer auf der Plattform. Ausgehen kann man den Experten zufolge von der Follower-Zahl Donald Trumps, der das Zentrum des neuen sozialen Mediums darstellen soll. Seit dem 23. Februar wurden keine neuen Nutzer mehr zugelassen. “America first” scheint zudem nicht nur das Motto von Donald Trumps Wahlkampf zu sein, denn Menschen im Ausland werden bei Truth Social nicht zugelassen: “Sie haben den Zugang zur Website für alle Menschen außerhalb der USA gesperrt”, sagt David Thiel.
Auch Joshua Tucker und Zeve Sanderson vom Center for Social Media and Politics der New York University erhielten keinen Zugang zur App. Dennoch können sie auf die Nutzungsbedingungen zugreifen. “Truth Social wird nicht als Werkzeug für Verbrechen oder andere gesetzlose Handlungen verwendet”, steht dort. Und: “Wir überwachen Ihren Feed nicht. Wir tun nicht so, als seien wir dafür qualifiziert.”
Ein in sich faszinierender Gegensatz, findet Joshua Tucker: “Truth Social stellt sich selbst als einen Ort dar, an dem jeder seine Meinung frei äußern kann. Aber dann haben sie diese ziemlich restriktiven Richtlinien.” Gleichzeitig wolle die Plattform ein familienfreundliches Umfeld bieten. Wie genau das funktionieren soll, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, erklärt Zeve Sanderson: “Bei einer Moderation ist zwischen Richtlinien und Umsetzungsmechanismen zu unterscheiden. Über letztere wissen wir bisher fast nichts.”
Diese Ungewissheit könnte zur Gefahr werden, sobald sich Menschen nur noch auf einer solchen Plattform informieren und dort Falschinformationen aufsitzen. “Leute aus solchen rechtsextremen Echokammern sind eine Gefahr für die Gesellschaft, weil sie auf Synagogen schießen, Angriffe in Charlottesville verüben und versuchen, ein legitimes Wahlergebnis in Washington D.C. umzustürzen.”
Dennoch sind die Ambitionen der Betreiber erst einmal groß. Die Social-Media-Plattform ist laut einer Unternehmenspräsentation nur ein einzelner Teil einer viel größeren Vision. Die Verantwortlichen haben Netflix, CNN und Time Warner Media als Vorbilder im Blick. Ihre Idee: Ein großes Medienimperium mit Donald Trump als zentraler Figur.
Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 verlor der abgewählte, aber noch amtierende Präsident seinen Zugang zu Twitter und Facebook. Darauf kündigte er an, sein eigenes soziales Medium zu gründen. Ein Jahr später hat er seine Ankündigung in die Tat umgesetzt: Truth Social heißt die neue Plattform. Kurz nach dem Start findet sich dort ein Mix aus konservativen Medien, rechten Influencern und niedlichen Tierbildern.
Die Plattform wirkt zunächst wie eine Art Twitter-Klon: Die Tweets werden auf der Website als Truths bezeichnet, als Wahrheiten, die Retweets heißen ReTruths, und auch Likes können vergeben werden. Ein einzigartiges Feature ist bei Truth Social bisher aber nicht zu erkennen. Genau solche Features verhalfen den großen sozialen Medien der Vergangenheit zum Erfolg: Twitter hatte eine Zeichenbegrenzung, Instagram war auf Fotos ausgerichtet, und Snapchat ließ Nachrichten verschwinden. TikTok schaffte mit seinen Kurzvideos den Durchbruch.
Viele Vertreter des rechten Spektrums
Truth Social versucht vielmehr, mit bekannten Gesichtern zu locken. So gibt es einige verifizierte Promis der amerikanischen Rechten, die den Truth-Social-Nutzern auch aus anderen US-Medien bekannt sein dürften. Dazu gehören Trump-Unterstützer wie die Radio- und Fernsehmoderatoren Dan Bongino und Sean Hannity, aber auch konservative Medienformate wie “One American News” und rechtsradikale Publikationen wie die “Epoch Times”. Auch Kyle Rittenhouse, der im August 2020 bei einer Black-Lives-Matter-Demonstration zwei Menschen erschoss und später freigesprochen wurde, weil er nach Meinung des Gerichts aus Notwehr gehandelt habe, besitzt ein Truth-Social-Profil.
Doch geben sich diese Persönlichkeiten auf Truth Social bisher recht zahm und setzen dort meist die gleichen Inhalte ab wie auf ihren Twitter-, Facebook- oder Parler-Accounts. Der Countrysänger Travis Tritt machte beispielsweise zuletzt Schlagzeilen damit, dass er die Covid-Maßnahmen ablehnte und seine Tour absagte. Auf Truth Social bewirbt er lediglich sein kommendes Konzert. Auch Donald Trump selbst setzte erst einen einzigen Post ab: “Macht Euch bereit! Bald seht Ihr Euren Lieblingspräsidenten!”
Miles McCain und David Thiel forschen am Internet-Observatorium der Stanford University und beobachten das Vorhaben. McCain scrollt das Profil von Truth-Social-Chef Devin Nunes durch: “Ein Foto von der Grenze Georgias, ein Meme über Joe Biden, ein Video und dann noch ein paar Astronomie-Fotos.”
Die Mischung wirkt nicht nur merkwürdig, sie könnte gewollt sein, meint sein Kollege David Thiel: “Es fühlt sich ein bisschen nach einem koordinierten Versuch an, die Unterstützung der Plattform mit legalen Infoposts zu legitimieren.” Ein gutes Beispiel ist laut Thiel die “Epoch-Times”. Das Medium versuchte schon in der Vergangenheit erst, den eigenen Feed mit lustigen Tier-und Bastelvideos zu bestücken, um so viele Follower wie möglich zu gewinnen und erst später auf konspirative Inhalte umzusteigen.
Ein merkwürdiger Mix
Die beiden Forscher wollten sich die App direkt nach dem Start herunterladen. Doch das war nicht so einfach. Anstatt direkt loslegen zu können, gab es bei der Anmeldung Verzögerungen und Probleme. Tausende von Nutzern wurden in eine Warteliste eingetragen und bekamen eine Nummer zugewiesen. Viele Trump-Fans äußerten ihren Unmut darüber auf Twitter.
Holpriger Start
Die Probleme erlebte auch der Stanford-Experte McCain: “Ich fand es ziemlich herausfordernd, mich auf der Plattform anzumelden. Ich erhielt eine E-Mail, in der mir mitgeteilt wurde, dass ich für die Plattform zugelassen worden war. Ein Klick auf den Link mit meinem Computer führte mich zu einem Serverfehler. Ich musste mein Handy nutzen, um den Link anzuklicken und ihn dann von der App öffnen zu lassen”, schildert er sein Vorgehen. “Es scheint so, als ob viele der öffentlich zugänglichen Registrierungssysteme nicht funktionieren.”
Trotzdem gibt es inzwischen rund 50.000 Nutzer auf der Plattform. Ausgehen kann man den Experten zufolge von der Follower-Zahl Donald Trumps, der das Zentrum des neuen sozialen Mediums darstellen soll. Seit dem 23. Februar wurden keine neuen Nutzer mehr zugelassen. “America first” scheint zudem nicht nur das Motto von Donald Trumps Wahlkampf zu sein, denn Menschen im Ausland werden bei Truth Social nicht zugelassen: “Sie haben den Zugang zur Website für alle Menschen außerhalb der USA gesperrt”, sagt David Thiel.
Auch Joshua Tucker und Zeve Sanderson vom Center for Social Media and Politics der New York University erhielten keinen Zugang zur App. Dennoch können sie auf die Nutzungsbedingungen zugreifen. “Truth Social wird nicht als Werkzeug für Verbrechen oder andere gesetzlose Handlungen verwendet”, steht dort. Und: “Wir überwachen Ihren Feed nicht. Wir tun nicht so, als seien wir dafür qualifiziert.”
Frei und familienfreundlich
Ein in sich faszinierender Gegensatz, findet Joshua Tucker: “Truth Social stellt sich selbst als einen Ort dar, an dem jeder seine Meinung frei äußern kann. Aber dann haben sie diese ziemlich restriktiven Richtlinien.” Gleichzeitig wolle die Plattform ein familienfreundliches Umfeld bieten. Wie genau das funktionieren soll, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, erklärt Zeve Sanderson: “Bei einer Moderation ist zwischen Richtlinien und Umsetzungsmechanismen zu unterscheiden. Über letztere wissen wir bisher fast nichts.”
Diese Ungewissheit könnte zur Gefahr werden, sobald sich Menschen nur noch auf einer solchen Plattform informieren und dort Falschinformationen aufsitzen. “Leute aus solchen rechtsextremen Echokammern sind eine Gefahr für die Gesellschaft, weil sie auf Synagogen schießen, Angriffe in Charlottesville verüben und versuchen, ein legitimes Wahlergebnis in Washington D.C. umzustürzen.”
Das Gefahrenpotential
Dennoch sind die Ambitionen der Betreiber erst einmal groß. Die Social-Media-Plattform ist laut einer Unternehmenspräsentation nur ein einzelner Teil einer viel größeren Vision. Die Verantwortlichen haben Netflix, CNN und Time Warner Media als Vorbilder im Blick. Ihre Idee: Ein großes Medienimperium mit Donald Trump als zentraler Figur.