Bildhauer Jago: der Michelangelo 2.0
Mit spektakulären Marmor-Skulpturen und Installationen ist der 24-jährige Bildhauer Jago zum Weltstar geworden. In Rom gibt es nun eine Werkschau.
Als Neapel am Morgen des 5. November 2020 erwachte, fand es ein nacktes Baby – zusammengekauert und festgekettet auf dem Pflaster der zentralen Piazza del Plebiscito. Und wohl kaum jemand unter den aufgebrachten Passanten ahnte, dass da zugleich eine Million Euro lag – so viel wert ist dem Kunstmarkt inzwischen der filigran aus weißem Marmor gehauene Fötus: “Homeless”. Mit dieser Arbeit sorgte Bildhauer Jago – eigentlich Jacopo Cardillo – in seiner Wahl-Heimatstadt Neapel für Furore.
“Look Down” nannte er die gesamte Installation: Gerade war im von der Corona-Pandemie besonders hart getroffenen Italien eine neue Ausgangssperre verhängt worden. Nun wollte Jago dem Lockdown sein “Look down” (“Schau runter”) entgegensetzen und mit seinem realistisch gearbeiteten Marmor-Baby den Blick nach unten – auf die Verletzlichsten – lenken.
Als Neapel am Morgen des 5. November 2020 erwachte, fand es ein nacktes Baby – zusammengekauert und festgekettet auf dem Pflaster der zentralen Piazza del Plebiscito. Und wohl kaum jemand unter den aufgebrachten Passanten ahnte, dass da zugleich eine Million Euro lag – so viel wert ist dem Kunstmarkt inzwischen der filigran aus weißem Marmor gehauene Fötus: “Homeless”. Mit dieser Arbeit sorgte Bildhauer Jago – eigentlich Jacopo Cardillo – in seiner Wahl-Heimatstadt Neapel für Furore.
Nur einige Monate zuvor hatte der Künstler mit der Skulptur eines ungeborenen Babys für buchstäblich kosmisches Aufsehen gesorgt: Im Rahmen ihrer “Beyond”-Mission hatte die Europäische Weltraumagentur ESA Jagos Marmor-Fötus “The First Baby” zur Raumstation ISS gebracht und dort schwerelos durchs All fliegen lassen. Missions-Chef Kapitän Luca Parmitano brachte die Figur unbeschadet wieder auf die Erde und damit auf den Kunstmarkt zurück.
Look down statt Lockdown
Ein junger, hipper Künstler, geboren 1987 im zwischen Neapel und Rom gelegenen Frosinone, der mit dem Material der Antike und Renaissance arbeitet: Jago meißelt seine Skulpturen präzise in Marmor. Er fertigt auch Miniaturen aus kleinen Fluss-Steinen. Dies gab ihm seinen Spitznamen, “Der Michelangelo von Instagram”. Wobei Jago in Interviews stets betont, er sei lieber er selbst als Michelangelo.
Mit diesem Markenzeichen und spektakulären Aktionen hat sich Cardillo zu einem weltweit beachteten – und in Italien als “Rockstar” titulierten – Künstler gemacht. 2011 stellte er mit gerade einmal 24 Jahren auf der Biennale in Venedig aus. Dort präsentierte er eine Marmorbüste des betenden, damaligen Papstes Benedikt XVI.
2016 aktualisierte Jago das Werk, indem er das Kirchenoberhaupt entkleidete – er meißelte den Hermelin ab und brachte den hyperrealistischen, nackten Oberkörper eines alten Mannes mit faltiger Haut zum Vorschein. “Habemus Hominem” (“Wir haben einen Menschen”) nannte Cardilllo sein neues, mutiges Porträt des inzwischen emeritierten Papstes – angelehnt an die Habemus-Papam-Formel, mit der ein neu gewählter Papst verkündet wird.
Das bildhauerische Handwerkszeug hat sich Jago nach eigenem Bekunden selbst angeeignet. Die Kunsthochschule in Frosinone behagte ihm nicht und er verließ sie 2010 ohne Abschluss. Was ihn nicht davon abhält selbst zu lehren, so zuletzt als Gastprofessor an der Kunstakademie in New York.
Hinzu kommt ein weiteres Markenzeichen Jagos: Vermutlich verstehen es nur wenige Künstler, derart auf der Klaviatur der Sozialen Medien zu spielen. Wenig überraschend nimmt die Instagram-Community Cardillos plakative, bildstarke Arbeiten dankbar auf. Zugleich lässt der Künstler von einem Team junger Mitarbeiter die Entstehung seiner Arbeiten komplett dokumentieren und die Filme auf Youtube einstellen. Auf Jagos Homepage sind seine Werke in 3D-Animationen zu besichtigen.
So ist dort etwa die bildhauerische “Menschwerdung” seines Papstes, eingebettet in Sound-Collagen, nachzuerleben.
Das gilt auch für Jagos jüngste Arbeit: eine überlebensgroße, männliche Pietà mit schmerzverzerrtem Gesicht. Eigentlich sind Pietàs Darstellungen einer um Jesus trauernden Maria. “Meine Pietà ist ein Selbstporträt, das die Tragödien der Welt erzählt” , sagte Jago der Tageszeitung “La Repubblica” über die Skulptur, Sie reflektiere all die Bilder des Leidens in den Online-Medien, die er jeden Tag, auch ohne es zu wollen, wahrgenommen habe.
Jagos Pietà wurde im Oktober 2021 in der Kirche Santa Maria in Monte Santo in Rom enthüllt – nun ist sie umgezogen in denPalazzo Bonaparte. Das Kunst- und Kultur-Zentrum an der Piazza Venezia in Rom zeigt vom 12. März bis 13. Juli 2022 eine Werkschau mit zwölf Arbeiten Jagos – und verwandelt sich für die Dauer der Ausstellung in ein Atelier. In dieser Zeit wird Jago an seiner nächsten Groß-Skulptur arbeiten und die Besucher am kreativen Prozess seiner Arbeit teilhaben lassen. Nun sucht der Social-Media-Bildhauer also auch analog die Interaktion mit den Betrachtern seiner Werke.
Als Neapel am Morgen des 5. November 2020 erwachte, fand es ein nacktes Baby – zusammengekauert und festgekettet auf dem Pflaster der zentralen Piazza del Plebiscito. Und wohl kaum jemand unter den aufgebrachten Passanten ahnte, dass da zugleich eine Million Euro lag – so viel wert ist dem Kunstmarkt inzwischen der filigran aus weißem Marmor gehauene Fötus: “Homeless”. Mit dieser Arbeit sorgte Bildhauer Jago – eigentlich Jacopo Cardillo – in seiner Wahl-Heimatstadt Neapel für Furore.
“Look Down” nannte er die gesamte Installation: Gerade war im von der Corona-Pandemie besonders hart getroffenen Italien eine neue Ausgangssperre verhängt worden. Nun wollte Jago dem Lockdown sein “Look down” (“Schau runter”) entgegensetzen und mit seinem realistisch gearbeiteten Marmor-Baby den Blick nach unten – auf die Verletzlichsten – lenken.
Look down statt Lockdown
Nur einige Monate zuvor hatte der Künstler mit der Skulptur eines ungeborenen Babys für buchstäblich kosmisches Aufsehen gesorgt: Im Rahmen ihrer “Beyond”-Mission hatte die Europäische Weltraumagentur ESA Jagos Marmor-Fötus “The First Baby” zur Raumstation ISS gebracht und dort schwerelos durchs All fliegen lassen. Missions-Chef Kapitän Luca Parmitano brachte die Figur unbeschadet wieder auf die Erde und damit auf den Kunstmarkt zurück.
Ein junger, hipper Künstler, geboren 1987 im zwischen Neapel und Rom gelegenen Frosinone, der mit dem Material der Antike und Renaissance arbeitet: Jago meißelt seine Skulpturen präzise in Marmor. Er fertigt auch Miniaturen aus kleinen Fluss-Steinen. Dies gab ihm seinen Spitznamen, “Der Michelangelo von Instagram”. Wobei Jago in Interviews stets betont, er sei lieber er selbst als Michelangelo.
Mit diesem Markenzeichen und spektakulären Aktionen hat sich Cardillo zu einem weltweit beachteten – und in Italien als “Rockstar” titulierten – Künstler gemacht. 2011 stellte er mit gerade einmal 24 Jahren auf der Biennale in Venedig aus. Dort präsentierte er eine Marmorbüste des betenden, damaligen Papstes Benedikt XVI.
2016 aktualisierte Jago das Werk, indem er das Kirchenoberhaupt entkleidete – er meißelte den Hermelin ab und brachte den hyperrealistischen, nackten Oberkörper eines alten Mannes mit faltiger Haut zum Vorschein. “Habemus Hominem” (“Wir haben einen Menschen”) nannte Cardilllo sein neues, mutiges Porträt des inzwischen emeritierten Papstes – angelehnt an die Habemus-Papam-Formel, mit der ein neu gewählter Papst verkündet wird.
Ein nackter Papst
Das bildhauerische Handwerkszeug hat sich Jago nach eigenem Bekunden selbst angeeignet. Die Kunsthochschule in Frosinone behagte ihm nicht und er verließ sie 2010 ohne Abschluss. Was ihn nicht davon abhält selbst zu lehren, so zuletzt als Gastprofessor an der Kunstakademie in New York.
Minutiöse Begleitung in den Sozialen Medien
Hinzu kommt ein weiteres Markenzeichen Jagos: Vermutlich verstehen es nur wenige Künstler, derart auf der Klaviatur der Sozialen Medien zu spielen. Wenig überraschend nimmt die Instagram-Community Cardillos plakative, bildstarke Arbeiten dankbar auf. Zugleich lässt der Künstler von einem Team junger Mitarbeiter die Entstehung seiner Arbeiten komplett dokumentieren und die Filme auf Youtube einstellen. Auf Jagos Homepage sind seine Werke in 3D-Animationen zu besichtigen.
So ist dort etwa die bildhauerische “Menschwerdung” seines Papstes, eingebettet in Sound-Collagen, nachzuerleben.
Das gilt auch für Jagos jüngste Arbeit: eine überlebensgroße, männliche Pietà mit schmerzverzerrtem Gesicht. Eigentlich sind Pietàs Darstellungen einer um Jesus trauernden Maria. “Meine Pietà ist ein Selbstporträt, das die Tragödien der Welt erzählt” , sagte Jago der Tageszeitung “La Repubblica” über die Skulptur, Sie reflektiere all die Bilder des Leidens in den Online-Medien, die er jeden Tag, auch ohne es zu wollen, wahrgenommen habe.
Selbstporträt als Pietà
Jagos Pietà wurde im Oktober 2021 in der Kirche Santa Maria in Monte Santo in Rom enthüllt – nun ist sie umgezogen in denPalazzo Bonaparte. Das Kunst- und Kultur-Zentrum an der Piazza Venezia in Rom zeigt vom 12. März bis 13. Juli 2022 eine Werkschau mit zwölf Arbeiten Jagos – und verwandelt sich für die Dauer der Ausstellung in ein Atelier. In dieser Zeit wird Jago an seiner nächsten Groß-Skulptur arbeiten und die Besucher am kreativen Prozess seiner Arbeit teilhaben lassen. Nun sucht der Social-Media-Bildhauer also auch analog die Interaktion mit den Betrachtern seiner Werke.