Steigende Spritpreise: Wer alles abkassiert
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine explodieren in Deutschland Benzin- und Dieselpreise. Dabei ist der Rohölpreis bereits wieder gesunken. Aber wer kassiert die Differenz?
Solche Zahlen hat das Autoland Deutschland noch nie gesehen: 2,13 Euro für den Liter Benzin. Noch surrealer sieht es bei Diesel aus, der mit 2,21 Euro zum ersten Mal in der Geschichte trotz staatlicher Subventionen teurer ist als Benzin.
In Deutschland sind die hohen Spritpreise momentan das lauteste Echo auf den Krieg in der Ukraine. “Es gibt natürlich eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Ölmenge, die in den nächsten Tagen oder Wochen zur Verfügung stehen könnte”, sagt Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, “und das führt dazu, dass die Lieferanten sich zu hohen Preisen eindecken”. Als Folge steigen auch die Spritpreise. Doch es scheint da etwas nicht zu stimmen.
Solche Zahlen hat das Autoland Deutschland noch nie gesehen: 2,13 Euro für den Liter Benzin. Noch surrealer sieht es bei Diesel aus, der mit 2,21 Euro zum ersten Mal in der Geschichte trotz staatlicher Subventionen teurer ist als Benzin.
Kurz vor dem Beginn der russischen Invasion lag der Preis für Rohöl der Sorte Brent bei 85 Euro pro Barrel, nach mehr als einer Woche erreichte er mit 115 Euro sein Hoch. Heute (17.03.) kostet ein Barrel knapp 96 Euro. Auf den Liter umgerechnet liegt derzeit der Preisunterschied zur Vorkriegszeit bei drei Cent. Und der Spritpreis? Er sorgt weiterhin für Aufregung an den Tankstellen mit 2,25 Euro für den Liter Diesel, das sind 55 Cent mehr als vor drei Wochen. Wie kommt das zustande? Und wer kassiert diese Differenz?
Wie setzt sich der Spritpreis zusammen?
Das Geld, das Autofahrer fürs Tanken bezahlen, wird auf mehrere Gewinner verteilt: Mineralölkonzerne, Lieferanten, Raffinerien, Tankstellen und den Staat. Die eigentlichen Kosten für das Produkt bilden mehr als die Hälfte des Preises. Damit sind der Beschaffungspreis für Rohöl sowie die Kosten für Transport, Weiterverarbeitung, Lagerhaltung, Verwaltung und Vertrieb gemeint. Hinzu kommen die CO2-Abgaben der Mineralölkonzerne sowie deren Gewinn.
Auch der Fiskus langt beim Tanken kräftig hin: Bei Diesel machen Steuern ca. 39 Prozent, bei Benzin 48 Prozent der Tankrechnung aus. Doch dass der Staat zusätzlich von den hohen Spritpreisen profitiert, ist eher unwahrscheinlich.
Denn der Energiesteuersatz ist fixiert und hängt nicht vom Preis ab. Bei Diesel liegt er bei 47,04 Cent, bei Benzin werden 65,45 Cent pro Liter fällig. Die Mehrwertsteuer wird zwar prozentual berechnet, jedoch sei es sehr wahrscheinlich, dass das Geld, das man an der Tankstelle gelassen hat, an anderer Stelle fehlen wird, sagt Boysen-Hogrefe. “Vielleicht verkneift sich der eine oder andere einen Restaurantbesuch, was am Ende bedeutet, dass der Restaurantbetreiber davon keine Einkommens- und Mehrwertsteuer zahlen wird.”
Auch die Tankstellenpächter scheinen von den hohen Spritpreisen nicht zu profitieren. “Da sind die Margen relativ festgezurrt”, sagt Boysen-Hogrefe. Außerdem dürfte die verkaufte Menge weniger werden, weil man dann einen oder zwei Kunden weniger hat, die sich keinen Schokoriegel mehr zusätzlich leisten. “Insofern sind hohe Spritpreise für die Tankstellen eigentlich keine gute Nachricht”, so Boysen-Hogrefe.
Deutschland importiert fast das gesamte benötigte Rohöl und 41 Prozent des fertigen Diesels. Ob der Aggressor-Staat Russland dadurch auch noch gewinnt? “Die hohen Preise haben wir natürlich Herrn Putin zu verdanken”, sagt der Energieökonom Manuel Frondel vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Doch davon dürfte Russland eher weniger profitieren. “Mit Russland gibt es langfristige Verträge, demnach werden alle Lieferungen zu den Preisen bezahlt, die in diesen Verträgen festgelegt sind”, sagt Frondel.
Es bleiben also die Raffinerien, wenn man nach Profiteuren der großen Diskrepanz zwischen den Rohöl- und Spritpreisen fragt. Dass sie die Ursache für die zu hohen Benzin- und Dieselpreise sind, denkt auch der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap. “Ob man bei den Raffinerien schon von einem Missbrauch von Marktmacht ausgehen kann, vermag ich so ad hoc noch nicht zu sagen”, schreibt er in einem Tweet. Es sei nicht auszuschließen, aber es gebe auch andere mögliche Gründe. Womöglich rechneten die Raffinerien mit einem baldigen Importstopp bei Öl und auch Diesel aus Russland.
Die Abkopplung der Spritpreise von Ölpreisen erklärt Alexander von Gersdorff, Pressesprecher des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie, mit der Knappheit der Mineralölprodukte: “Die Mineralölgesellschaften (…) fahren ihre Importe an Öl und auch Diesel aus Russland sukzessive zurück – auf eigene Initiative, ohne Sanktionen”, schreibt er auf Anfrage der DW. Ein Drittel der Dieselimporte in Deutschland kommt aus Russland.
“Wegen der geopolitischen Unsicherheit waren und sind die Produktpreise so stark gestiegen und hoch geblieben, obwohl der Preis für Brent-Nordseeöl schon wieder gefallen ist”, so von Gersdorff. Justus Haucap spekuliert dazu: “Die Raffinerien mögen das Angebot gegebenenfalls heute schon verknappen (durch Preiserhöhungen) und Lager füllen, falls ein Embargo kommt.”
Ob Raffinerien ihre Macht also missbrauchen? Das prüft auf Anordnung des Bundeswirtschaftsministers mittlerweile das Bundeskartellamt.
Solche Zahlen hat das Autoland Deutschland noch nie gesehen: 2,13 Euro für den Liter Benzin. Noch surrealer sieht es bei Diesel aus, der mit 2,21 Euro zum ersten Mal in der Geschichte trotz staatlicher Subventionen teurer ist als Benzin.
In Deutschland sind die hohen Spritpreise momentan das lauteste Echo auf den Krieg in der Ukraine. “Es gibt natürlich eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Ölmenge, die in den nächsten Tagen oder Wochen zur Verfügung stehen könnte”, sagt Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel, “und das führt dazu, dass die Lieferanten sich zu hohen Preisen eindecken”. Als Folge steigen auch die Spritpreise. Doch es scheint da etwas nicht zu stimmen.
Wie setzt sich der Spritpreis zusammen?
Kurz vor dem Beginn der russischen Invasion lag der Preis für Rohöl der Sorte Brent bei 85 Euro pro Barrel, nach mehr als einer Woche erreichte er mit 115 Euro sein Hoch. Heute (17.03.) kostet ein Barrel knapp 96 Euro. Auf den Liter umgerechnet liegt derzeit der Preisunterschied zur Vorkriegszeit bei drei Cent. Und der Spritpreis? Er sorgt weiterhin für Aufregung an den Tankstellen mit 2,25 Euro für den Liter Diesel, das sind 55 Cent mehr als vor drei Wochen. Wie kommt das zustande? Und wer kassiert diese Differenz?
Das Geld, das Autofahrer fürs Tanken bezahlen, wird auf mehrere Gewinner verteilt: Mineralölkonzerne, Lieferanten, Raffinerien, Tankstellen und den Staat. Die eigentlichen Kosten für das Produkt bilden mehr als die Hälfte des Preises. Damit sind der Beschaffungspreis für Rohöl sowie die Kosten für Transport, Weiterverarbeitung, Lagerhaltung, Verwaltung und Vertrieb gemeint. Hinzu kommen die CO2-Abgaben der Mineralölkonzerne sowie deren Gewinn.
Auch der Fiskus langt beim Tanken kräftig hin: Bei Diesel machen Steuern ca. 39 Prozent, bei Benzin 48 Prozent der Tankrechnung aus. Doch dass der Staat zusätzlich von den hohen Spritpreisen profitiert, ist eher unwahrscheinlich.
Denn der Energiesteuersatz ist fixiert und hängt nicht vom Preis ab. Bei Diesel liegt er bei 47,04 Cent, bei Benzin werden 65,45 Cent pro Liter fällig. Die Mehrwertsteuer wird zwar prozentual berechnet, jedoch sei es sehr wahrscheinlich, dass das Geld, das man an der Tankstelle gelassen hat, an anderer Stelle fehlen wird, sagt Boysen-Hogrefe. “Vielleicht verkneift sich der eine oder andere einen Restaurantbesuch, was am Ende bedeutet, dass der Restaurantbetreiber davon keine Einkommens- und Mehrwertsteuer zahlen wird.”
Geopolitische Unsicherheit treibt den Preis in die Höhe
Auch die Tankstellenpächter scheinen von den hohen Spritpreisen nicht zu profitieren. “Da sind die Margen relativ festgezurrt”, sagt Boysen-Hogrefe. Außerdem dürfte die verkaufte Menge weniger werden, weil man dann einen oder zwei Kunden weniger hat, die sich keinen Schokoriegel mehr zusätzlich leisten. “Insofern sind hohe Spritpreise für die Tankstellen eigentlich keine gute Nachricht”, so Boysen-Hogrefe.
Deutschland importiert fast das gesamte benötigte Rohöl und 41 Prozent des fertigen Diesels. Ob der Aggressor-Staat Russland dadurch auch noch gewinnt? “Die hohen Preise haben wir natürlich Herrn Putin zu verdanken”, sagt der Energieökonom Manuel Frondel vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Doch davon dürfte Russland eher weniger profitieren. “Mit Russland gibt es langfristige Verträge, demnach werden alle Lieferungen zu den Preisen bezahlt, die in diesen Verträgen festgelegt sind”, sagt Frondel.
Es bleiben also die Raffinerien, wenn man nach Profiteuren der großen Diskrepanz zwischen den Rohöl- und Spritpreisen fragt. Dass sie die Ursache für die zu hohen Benzin- und Dieselpreise sind, denkt auch der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap. “Ob man bei den Raffinerien schon von einem Missbrauch von Marktmacht ausgehen kann, vermag ich so ad hoc noch nicht zu sagen”, schreibt er in einem Tweet. Es sei nicht auszuschließen, aber es gebe auch andere mögliche Gründe. Womöglich rechneten die Raffinerien mit einem baldigen Importstopp bei Öl und auch Diesel aus Russland.
Die Abkopplung der Spritpreise von Ölpreisen erklärt Alexander von Gersdorff, Pressesprecher des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie, mit der Knappheit der Mineralölprodukte: “Die Mineralölgesellschaften (…) fahren ihre Importe an Öl und auch Diesel aus Russland sukzessive zurück – auf eigene Initiative, ohne Sanktionen”, schreibt er auf Anfrage der DW. Ein Drittel der Dieselimporte in Deutschland kommt aus Russland.
“Wegen der geopolitischen Unsicherheit waren und sind die Produktpreise so stark gestiegen und hoch geblieben, obwohl der Preis für Brent-Nordseeöl schon wieder gefallen ist”, so von Gersdorff. Justus Haucap spekuliert dazu: “Die Raffinerien mögen das Angebot gegebenenfalls heute schon verknappen (durch Preiserhöhungen) und Lager füllen, falls ein Embargo kommt.”
Ob Raffinerien ihre Macht also missbrauchen? Das prüft auf Anordnung des Bundeswirtschaftsministers mittlerweile das Bundeskartellamt.