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Abgeordnete lockern deutsches Corona-Gesetz

Bis zuletzt wurde im Bundestag und Bundesrat über das neue Corona-Gesetz der Ampel-Koalition gestritten. Nun sind die Lockerungen der Corona-Auflagen verabschiedet. Für die Details sind die Landesparlamente zuständig.

Ungeachtet neuer Rekordwerte bei den Infektionen wird der Großteil der Corona-Maßnahmen in Deutschland bald entfallen: Bundestag und Bundesrat in Berlin haben das neue Infektionsschutzgesetz gebilligt, das die meisten der bisherigen Regelungen nur noch übergangsweise bis Anfang April erlaubt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Neuregelung, die im Bundesrat auf heftige Kritik stieß.

Für die Vorlage der Ampel-Koalition stimmten im Bundestag 388 Abgeordnete, 277 waren dagegen, es gab zwei Enthaltungen. Der Bundesrat, die Vertretung der Bundesländer, verzichtete trotz aller Bedenken darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Ungeachtet neuer Rekordwerte bei den Infektionen wird der Großteil der Corona-Maßnahmen in Deutschland bald entfallen: Bundestag und Bundesrat in Berlin haben das neue Infektionsschutzgesetz gebilligt, das die meisten der bisherigen Regelungen nur noch übergangsweise bis Anfang April erlaubt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Neuregelung, die im Bundesrat auf heftige Kritik stieß.

Ohne das neue Gesetz wären alle bisherigen Corona-Beschränkungen an diesem Samstag ausgelaufen, denn sie waren nur befristet. An ihre Stelle tritt nun ein sogenannter Basisschutz, der im Kern lediglich eine Maskenpflicht für öffentliche Verkehrsmittel und für Einrichtungen mit vulnerablen Menschen vorsieht, also zum Beispiel in Pflegeheimen. Schärfere Maßnahmen dürfen die Länder nur für sogenannte Hotspots anordnen.

Wie groß ist ein Hotspot?

Die Definition, wie groß so ein Hotspot sein kann, ist in dem Gesetz aber nur vage. Demnach können Landesparlamente zusätzliche Beschränkungen anordnen, aber erst wenn sie “die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage” in einer “konkret zu benennenden Gebietskörperschaft” feststellt. Ob es sich bei den genannten nur Gebietskörperschaften um einzelne Städte und Regionen oder gar um ganze Bundesländer handelt, ist nicht konkret geregelt.

Zu den in Hotspots möglichen Maßnahmen zählen die bekannten 3G- und 2G-Nachweispflichten, erweiterte Maskenpflichten sowie Abstands- und Hygieneregeln – aber beispielsweise keine Begrenzung der Personenzahl für Veranstaltungen und auch keine Kontaktbeschränkungen mehr. Übergangsweise dürfen die Länder aber die bisherigen Regeln noch zwei Wochen lang, also bis zum 2. April in Kraft lassen.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach räumte im Bundestag ein, das neue Infektionsschutzgesetz sei ein “schwerer Kompromiss” der Ampel-Koalition. Die Neuregelung erlaube aber weiter ein zielgerichtetes Vorgehen gegen die Pandemie. Die Opposition kritisierte die Vorlage als Pfusch: Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge sprach von einem gesetzgeberischen “Wirrwarr”.

Lauterbach ließ durchblicken, dass er sich eine schärfere Nachfolgeregelung gewünscht hätte – die in der Koalition aber nicht durchsetzbar war: “Ich hätte als Epidemiologe gewünscht, wir hätten mehr für diejenigen tun können, die jetzt im Risiko stehen.” Er kündigte an, das Gesetz bei Bedarf erneut zu ändern.

Auch die Linksfraktion kritisierte das Gesetz als handwerklich schlecht. Die Koalition treibe Gesetze “im Schweinsgalopp” durch das Parlament, sagte die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl. Angesichts der neuen Rekordwerte bei den Infektionen sende das Gesetz das falsche Signal: “Bei Höchstständen lockert man doch nicht von 100 auf nahezu null.”

Die AfD-Abgeordnete Christina Baum bemängelte rechtliche Unklarheiten in der Vorlage – und zog daraus den Schluss: “Die Corona-Maßnahmen müssen komplett vom Tisch.” Die Begründung für die Einschränkungen – nämlich eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden – lasse sich nicht halten.

Der Änderung des Infektionsschutzgesetzes waren Spannungen innerhalb der Koalition vorausgegangen: Die FDP hatte darauf bestanden, künftig möglichst wenige Eingriffe im öffentlichen Leben im Namen der Pandemiebekämpfung zuzulassen. Der FDP-Abgeordnete Lukas Köhler verteidigte die Haltung seiner Fraktion. Aus Sicht der FDP sei “nur das an Freiheitseinschränkungen möglich, was nötig ist”, sagte Köhler. “Wir sorgen dafür, dass wir soweit es irgendwie geht zurück zur Normalität kommen.”

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther formulierte im Plenum abermals die Bedenken in ihrer Fraktion, die ja auch Teil der Ampel-Koalition ist. “Aus meiner Sicht als Ärztin und Gesundheitspolitikerin braucht es für einen guten Infektionsschutz vermutlich mehr als das, was heute mit diesem Gesetz vorliegt”, sagte sie.

Im Bundesrat warf Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) der Bundesregierung vor, das neue Gesetz ohne Abstimmung mit den Ländern fertiggestellt zu haben. “Die heutige Beratung ist ein Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Bund und Ländern”, sagte er. “Das Verfahren ist unsäglich und unwürdig.” In der Sache sei die Neuregelung “rechtlich nicht sicher” und “für ein Flächenland praktisch nicht umsetzbar”, so Bouffier. Die Gesundheitsversorgung orientiere sich nicht an einer Gebietskörperschaft wie einer Stadt oder einem Stadtteil, sondern es gebe große Kliniken, die ganze Regionen versorgten. Zudem seien Kriterien wie etwa eine steigende Inzidenz nicht geklärt.

Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) monierte: “Was mache ich in einem Bundesland, in dem die Kliniken alle spezialisiert sind und es die klassische Einzelklinik in einem Landkreis A, B oder C gar nicht gibt?” Mit Blick auf künftig nötige Landtagsbeschlüsse für Hotspot-Regelungen verwies er darauf, dass er in seinem Parlament bekanntlich keine eigene Mehrheit habe. Zudem müsse er Vorlagen dazu auf unklaren Rechtsbegriffen des Bundes gründen.

Eine Abstimmung im Bundesrat gab es nicht, die Länderkammer verzichtete nur darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ein Vermittlungsverfahren hätte auch bedeutet, dass ab Sonntag vorerst keine Rechtsbasis mehr bestanden hätte.

Kritik kam auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. “Leider ist die vom Grundsatz her richtige Hotspotregelung nicht mit nachvollziehbaren und einheitlichen Kriterien hinterlegt worden”, erklärte KBV-Chef Andreas Gassen.

AR/mge (afp, epd, dpa)

Plenarsitzung im Bundestag in Berlin Susanne Ferschl (Die Linke) während des TOP Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Plenarsitzung im Bundestag in Berlin Lukas Köhler (FDP) während des TOP Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Rahmen

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Bundestag zu Infektionsschutzgesetz

Ungeachtet neuer Rekordwerte bei den Infektionen wird der Großteil der Corona-Maßnahmen in Deutschland bald entfallen: Bundestag und Bundesrat in Berlin haben das neue Infektionsschutzgesetz gebilligt, das die meisten der bisherigen Regelungen nur noch übergangsweise bis Anfang April erlaubt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte die Neuregelung, die im Bundesrat auf heftige Kritik stieß.

Für die Vorlage der Ampel-Koalition stimmten im Bundestag 388 Abgeordnete, 277 waren dagegen, es gab zwei Enthaltungen. Der Bundesrat, die Vertretung der Bundesländer, verzichtete trotz aller Bedenken darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Wie groß ist ein Hotspot?

Ohne das neue Gesetz wären alle bisherigen Corona-Beschränkungen an diesem Samstag ausgelaufen, denn sie waren nur befristet. An ihre Stelle tritt nun ein sogenannter Basisschutz, der im Kern lediglich eine Maskenpflicht für öffentliche Verkehrsmittel und für Einrichtungen mit vulnerablen Menschen vorsieht, also zum Beispiel in Pflegeheimen. Schärfere Maßnahmen dürfen die Länder nur für sogenannte Hotspots anordnen.

Die Definition, wie groß so ein Hotspot sein kann, ist in dem Gesetz aber nur vage. Demnach können Landesparlamente zusätzliche Beschränkungen anordnen, aber erst wenn sie “die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage” in einer “konkret zu benennenden Gebietskörperschaft” feststellt. Ob es sich bei den genannten nur Gebietskörperschaften um einzelne Städte und Regionen oder gar um ganze Bundesländer handelt, ist nicht konkret geregelt.

Zu den in Hotspots möglichen Maßnahmen zählen die bekannten 3G- und 2G-Nachweispflichten, erweiterte Maskenpflichten sowie Abstands- und Hygieneregeln – aber beispielsweise keine Begrenzung der Personenzahl für Veranstaltungen und auch keine Kontaktbeschränkungen mehr. Übergangsweise dürfen die Länder aber die bisherigen Regeln noch zwei Wochen lang, also bis zum 2. April in Kraft lassen.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach räumte im Bundestag ein, das neue Infektionsschutzgesetz sei ein “schwerer Kompromiss” der Ampel-Koalition. Die Neuregelung erlaube aber weiter ein zielgerichtetes Vorgehen gegen die Pandemie. Die Opposition kritisierte die Vorlage als Pfusch: Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge sprach von einem gesetzgeberischen “Wirrwarr”.

Selbst Lauterbach hat offenbar Zweifel

Lauterbach ließ durchblicken, dass er sich eine schärfere Nachfolgeregelung gewünscht hätte – die in der Koalition aber nicht durchsetzbar war: “Ich hätte als Epidemiologe gewünscht, wir hätten mehr für diejenigen tun können, die jetzt im Risiko stehen.” Er kündigte an, das Gesetz bei Bedarf erneut zu ändern.

Lockerungen auf Druck der FDP

Auch die Linksfraktion kritisierte das Gesetz als handwerklich schlecht. Die Koalition treibe Gesetze “im Schweinsgalopp” durch das Parlament, sagte die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl. Angesichts der neuen Rekordwerte bei den Infektionen sende das Gesetz das falsche Signal: “Bei Höchstständen lockert man doch nicht von 100 auf nahezu null.”

Die AfD-Abgeordnete Christina Baum bemängelte rechtliche Unklarheiten in der Vorlage – und zog daraus den Schluss: “Die Corona-Maßnahmen müssen komplett vom Tisch.” Die Begründung für die Einschränkungen – nämlich eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden – lasse sich nicht halten.

Der Änderung des Infektionsschutzgesetzes waren Spannungen innerhalb der Koalition vorausgegangen: Die FDP hatte darauf bestanden, künftig möglichst wenige Eingriffe im öffentlichen Leben im Namen der Pandemiebekämpfung zuzulassen. Der FDP-Abgeordnete Lukas Köhler verteidigte die Haltung seiner Fraktion. Aus Sicht der FDP sei “nur das an Freiheitseinschränkungen möglich, was nötig ist”, sagte Köhler. “Wir sorgen dafür, dass wir soweit es irgendwie geht zurück zur Normalität kommen.”

Bundesrat unzufrieden

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther formulierte im Plenum abermals die Bedenken in ihrer Fraktion, die ja auch Teil der Ampel-Koalition ist. “Aus meiner Sicht als Ärztin und Gesundheitspolitikerin braucht es für einen guten Infektionsschutz vermutlich mehr als das, was heute mit diesem Gesetz vorliegt”, sagte sie.

Im Bundesrat warf Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) der Bundesregierung vor, das neue Gesetz ohne Abstimmung mit den Ländern fertiggestellt zu haben. “Die heutige Beratung ist ein Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Bund und Ländern”, sagte er. “Das Verfahren ist unsäglich und unwürdig.” In der Sache sei die Neuregelung “rechtlich nicht sicher” und “für ein Flächenland praktisch nicht umsetzbar”, so Bouffier. Die Gesundheitsversorgung orientiere sich nicht an einer Gebietskörperschaft wie einer Stadt oder einem Stadtteil, sondern es gebe große Kliniken, die ganze Regionen versorgten. Zudem seien Kriterien wie etwa eine steigende Inzidenz nicht geklärt.

Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) monierte: “Was mache ich in einem Bundesland, in dem die Kliniken alle spezialisiert sind und es die klassische Einzelklinik in einem Landkreis A, B oder C gar nicht gibt?” Mit Blick auf künftig nötige Landtagsbeschlüsse für Hotspot-Regelungen verwies er darauf, dass er in seinem Parlament bekanntlich keine eigene Mehrheit habe. Zudem müsse er Vorlagen dazu auf unklaren Rechtsbegriffen des Bundes gründen.

Eine Abstimmung im Bundesrat gab es nicht, die Länderkammer verzichtete nur darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ein Vermittlungsverfahren hätte auch bedeutet, dass ab Sonntag vorerst keine Rechtsbasis mehr bestanden hätte.

Bundesrat I Bodo Ramelow

Kritik kam auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. “Leider ist die vom Grundsatz her richtige Hotspotregelung nicht mit nachvollziehbaren und einheitlichen Kriterien hinterlegt worden”, erklärte KBV-Chef Andreas Gassen.

AR/mge (afp, epd, dpa)

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