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“An vorderster Front” – wie Freiwillige Kiew verteidigen

Mit Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine griffen Hunderttausende Ukrainer freiwillig zu den Waffen. Sie sagen, dass sie so ihre Freiheit verteidigen wollen. Viele der Freiwilligen sind rund um Kiew im Einsatz.

Unmittelbar nach den ersten Luftangriffen russischer Bomber auf das Territorium der Ukraine am 24. Februar begannen sich zahlreiche Ukrainer bei den Behörden zum Militärdienst zu melden. Innerhalb weniger Tage war die Mobilmachung derjenigen abgeschlossen, die als erste an der Reihe waren. Gleichzeitig wurden in den Städten Einheiten einer Territorialverteidigung gebildet. Zu den Waffen griffen sogar Männer und Frauen, die keine Kampferfahrung und keine militärische Grundausbildung hatten.

Der 35-jährige Kämpfer einer Brigade der Territorialverteidigung von Kiew, der sich “Tornado” nennt und aus Sicherheitsgründen seinen wahren Namen nicht angeben möchte, zog im Jahr 2014 von Luhansk nach Kiew, noch vor Beginn der Kämpfe im Donbass. In der ukrainischen Hauptstadt verkaufte er als erfolgreicher Geschäftsmann Möbel. Doch am 24. Februar 2022, als Kiew von ersten Luftangriffen russischer Truppen erschüttert wurde, meldete er sich freiwillig zur Territorialverteidigung.

Unmittelbar nach den ersten Luftangriffen russischer Bomber auf das Territorium der Ukraine am 24. Februar begannen sich zahlreiche Ukrainer bei den Behörden zum Militärdienst zu melden. Innerhalb weniger Tage war die Mobilmachung derjenigen abgeschlossen, die als erste an der Reihe waren. Gleichzeitig wurden in den Städten Einheiten einer Territorialverteidigung gebildet. Zu den Waffen griffen sogar Männer und Frauen, die keine Kampferfahrung und keine militärische Grundausbildung hatten.

“Ich bin wütend darüber, dass irgendwelche Aliens mich versklaven wollen. Ich bin kein Sklave, sondern ein freier Mensch! Es blieb mir keine andere Wahl, als einen Vorrat von Nahrung für meine Frau, meinen Sohn und die Haustiere anzulegen, ein Maschinengewehr in die Hand zu nehmen und die Eindringlinge zu zermalmen”, sagt der Mann.

Vom Möbelverkäufer zum Granatwerfer

Erst an seinem Einsatzort brachten ihm erfahrene Kämpfer das Schießen bei. “Anfangs war es chaotisch, wir mussten Tag und Nacht draußen bleiben und auf Beton schlafen. Männer mit Kampferfahrung teilten mit Unerfahrenen wie mir Lebensmittelkonserven. Sie brachten uns bei zu schießen, Schützengräben auszuheben und die Verteidigung zu organisieren”, berichtet Tornado. Wegen des ständigen Frostes begann sich seine Haut im Gesicht und am Körper zu pellen, vor allem an den Händen riss sie auf und ist immer noch nicht verheilt. Fehlende Waschgelegenheiten sind auch ein Problem.

Sieben Männer der gesamten Einheit hielten dies nicht durch und verließen die Territorialverteidigung. Doch Tornado blieb. Derzeit bewacht er eine “strategische Einrichtung”, wo er in einem beheizten Raum schlafen kann. Lebensmittel bekommt er von anderen Kämpfern und Freiwilligen. “Die Streitkräfte der Ukraine haben uns nur Schlafsäcke und Thermounterwäsche gegeben. Alles ist von ausgezeichneter Qualität. Aber erst am 3. März konnten wir uns vollständig in eine Militäruniform einkleiden, davor waren wir in Zivil unterwegs. Jetzt haben wir auch einen Arzt, viele Medikamente, Vorräte an Socken und anderer Dinge. Aber es fehlt noch an taktischen Brillen, Handschuhen, schusssicheren Westen und Helmen”, ​​sagt Tornado.

Der 40-jährige Oleksandr Kolot war vor Ausbruch des Krieges für ein IT-Unternehmen tätig. Am Morgen des 24. Februar wurde er von Explosionen geweckt und ging noch am selben Tag zum Amt, um sich zum Dienst an der Waffe zu melden. Doch das war geschlossen. Von den dort versammelten Männern hörte er, dass ein Durchbruch russischer Truppen in den Stadtteil Obolon im Norden von Kiew zu erwarten sei. Er hörte auch, dass die Behörden an die Einwohner der Hauptstadt direkt auf der Straße Waffen verteilen würden. Für ihn reichten sie aber nicht mehr. Als er jedoch Männer in Zivil sah, die eine Barrikade bauten, schloss er sich ihnen an. Zuerst hob er die ganze Nacht Gräben aus, dann blieb er dabei und wurde so Teil der Territorialverteidigung.

“Zunächst waren wir auf uns allein gestellt, dann kamen Männer zu uns, die schon einen Vertrag mit der Territorialverteidigung unterschrieben hatten. Die restlichen von uns konnten zwei Wochen später einen Vertrag unterzeichnen, als wir einen Kommandanten bekamen, der mit den Streitkräften verbunden ist”, erzählt Oleksandr. Ihm zufolge erhalten die Freiwilligen der Territorialverteidigung im Unterschied zu den Soldaten der ukrainischen Streitkräfte keinen Sold und sie können ihren Vertrag jederzeit kündigen.

“Anfangs war es schwierig, sich daran zu gewöhnen, dass man nur dann schlafen kann, wenn dazu die Möglichkeit besteht, und nicht dann, wenn man das will. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt”, so Oleksandr. Jetzt trägt er eine Uniform der Streitkräfte der Ukraine, aber die schusssichere Weste hat er auf eigene Kosten angeschafft. Er schätzt die Hilfe der in Kiew verbliebenen Zivilisten sehr. Sie bringen den Männern der Territorialverteidigung Tee und Kaffee. Freiwillige haben eine Feldküche aufgebaut und versorgen so auch Soldaten.

“In meiner Einheit kommen die meisten Jungs, die Kampferfahrung haben und schon gegen die Russen gekämpft haben, aus dem Donbass. Einige kommen aus Cherson, einige aus Odessa. Auch wenn manche politischen Ansichten auseinandergehen, schaut man jetzt darüber hinweg. Wir alle sind hier wie Brüder”, unterstreicht Oleksandr.

Die gefährlichsten Stellungen in Kiew sind die im Nordwesten, in den Vororten Butscha, Hostomel und Irpin, wo es schwere Kämpfe gibt. “Alle sind an vorderster Front – die Streitkräfte, die Nationalgarde, Grenzschützer, die Territorialverteidigung, die Polizei, der Sicherheitsdienst der Ukraine, Geheimdienstler und Freiwilligenbataillone. Darunter sind junge Menschen, die Maschinengewehre nur aus dem Wehrunterricht an ihren Hochschulen kennen. Sie wollen zusammen mit erfahrenen Kämpfern in die Schlacht ziehen”, sagt der 62-jährige Jurij Kulatschek, der Reserve-Major des Grenzdienstes ist. Vor dem Krieg hatte er eine Firma, die sich mit der Förderung von Granit befasste. Zwei Jahre lang verteidigte er die Ukraine im Donbass und schied dann aus dem Dienst aus. Doch nach dem 24. Februar kehrte er zu seiner Einheit zurück und verteidigt nun die Vororte von Kiew in der Nähe der Autobahn Richtung Westen nach Schytomyr.

“Uns Soldaten geben diejenigen Zivilisten Kraft, die unbewaffnet zu Protestkundgebungen gegen die Invasoren in Cherson, Melitopol und Berdjansk auf die Straßen gehen. Auch der Mut der Flüchtlinge aus dem besetzten Hostomel treibt uns an. Und die Zivilisten nehmen sich ein Beispiel an uns, wie wir gegen die Russen kämpfen. So gibt man sich gegenseitig sehr viel Kraft und Energie, das ist einfach unbeschreiblich”, sagt Jurij. Beweis für den großen Kampfgeist sei auch die Tatsache, dass alle, die 2016 mit ihm aus dem Militärdienst geschieden waren, nun, unabhängig von ihrem Alter, wieder freiwillig an der Front sind.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk

Ukraine der freiwillige Kämpfer Tornado
Ukraine Kiew | Zerstörung nach Beschuss
Ukraine | Aufräumarbeiten nach einen Bombardierung in Kiew

Unmittelbar nach den ersten Luftangriffen russischer Bomber auf das Territorium der Ukraine am 24. Februar begannen sich zahlreiche Ukrainer bei den Behörden zum Militärdienst zu melden. Innerhalb weniger Tage war die Mobilmachung derjenigen abgeschlossen, die als erste an der Reihe waren. Gleichzeitig wurden in den Städten Einheiten einer Territorialverteidigung gebildet. Zu den Waffen griffen sogar Männer und Frauen, die keine Kampferfahrung und keine militärische Grundausbildung hatten.

Der 35-jährige Kämpfer einer Brigade der Territorialverteidigung von Kiew, der sich “Tornado” nennt und aus Sicherheitsgründen seinen wahren Namen nicht angeben möchte, zog im Jahr 2014 von Luhansk nach Kiew, noch vor Beginn der Kämpfe im Donbass. In der ukrainischen Hauptstadt verkaufte er als erfolgreicher Geschäftsmann Möbel. Doch am 24. Februar 2022, als Kiew von ersten Luftangriffen russischer Truppen erschüttert wurde, meldete er sich freiwillig zur Territorialverteidigung.

Vom Möbelverkäufer zum Granatwerfer

“Ich bin wütend darüber, dass irgendwelche Aliens mich versklaven wollen. Ich bin kein Sklave, sondern ein freier Mensch! Es blieb mir keine andere Wahl, als einen Vorrat von Nahrung für meine Frau, meinen Sohn und die Haustiere anzulegen, ein Maschinengewehr in die Hand zu nehmen und die Eindringlinge zu zermalmen”, sagt der Mann.

Erst an seinem Einsatzort brachten ihm erfahrene Kämpfer das Schießen bei. “Anfangs war es chaotisch, wir mussten Tag und Nacht draußen bleiben und auf Beton schlafen. Männer mit Kampferfahrung teilten mit Unerfahrenen wie mir Lebensmittelkonserven. Sie brachten uns bei zu schießen, Schützengräben auszuheben und die Verteidigung zu organisieren”, berichtet Tornado. Wegen des ständigen Frostes begann sich seine Haut im Gesicht und am Körper zu pellen, vor allem an den Händen riss sie auf und ist immer noch nicht verheilt. Fehlende Waschgelegenheiten sind auch ein Problem.

Sieben Männer der gesamten Einheit hielten dies nicht durch und verließen die Territorialverteidigung. Doch Tornado blieb. Derzeit bewacht er eine “strategische Einrichtung”, wo er in einem beheizten Raum schlafen kann. Lebensmittel bekommt er von anderen Kämpfern und Freiwilligen. “Die Streitkräfte der Ukraine haben uns nur Schlafsäcke und Thermounterwäsche gegeben. Alles ist von ausgezeichneter Qualität. Aber erst am 3. März konnten wir uns vollständig in eine Militäruniform einkleiden, davor waren wir in Zivil unterwegs. Jetzt haben wir auch einen Arzt, viele Medikamente, Vorräte an Socken und anderer Dinge. Aber es fehlt noch an taktischen Brillen, Handschuhen, schusssicheren Westen und Helmen”, ​​sagt Tornado.

Der 40-jährige Oleksandr Kolot war vor Ausbruch des Krieges für ein IT-Unternehmen tätig. Am Morgen des 24. Februar wurde er von Explosionen geweckt und ging noch am selben Tag zum Amt, um sich zum Dienst an der Waffe zu melden. Doch das war geschlossen. Von den dort versammelten Männern hörte er, dass ein Durchbruch russischer Truppen in den Stadtteil Obolon im Norden von Kiew zu erwarten sei. Er hörte auch, dass die Behörden an die Einwohner der Hauptstadt direkt auf der Straße Waffen verteilen würden. Für ihn reichten sie aber nicht mehr. Als er jedoch Männer in Zivil sah, die eine Barrikade bauten, schloss er sich ihnen an. Zuerst hob er die ganze Nacht Gräben aus, dann blieb er dabei und wurde so Teil der Territorialverteidigung.

Freiwillig zur Territorialverteidigung

“Zunächst waren wir auf uns allein gestellt, dann kamen Männer zu uns, die schon einen Vertrag mit der Territorialverteidigung unterschrieben hatten. Die restlichen von uns konnten zwei Wochen später einen Vertrag unterzeichnen, als wir einen Kommandanten bekamen, der mit den Streitkräften verbunden ist”, erzählt Oleksandr. Ihm zufolge erhalten die Freiwilligen der Territorialverteidigung im Unterschied zu den Soldaten der ukrainischen Streitkräfte keinen Sold und sie können ihren Vertrag jederzeit kündigen.

“Alle sind an vorderster Front”

“Anfangs war es schwierig, sich daran zu gewöhnen, dass man nur dann schlafen kann, wenn dazu die Möglichkeit besteht, und nicht dann, wenn man das will. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt”, so Oleksandr. Jetzt trägt er eine Uniform der Streitkräfte der Ukraine, aber die schusssichere Weste hat er auf eigene Kosten angeschafft. Er schätzt die Hilfe der in Kiew verbliebenen Zivilisten sehr. Sie bringen den Männern der Territorialverteidigung Tee und Kaffee. Freiwillige haben eine Feldküche aufgebaut und versorgen so auch Soldaten.

“In meiner Einheit kommen die meisten Jungs, die Kampferfahrung haben und schon gegen die Russen gekämpft haben, aus dem Donbass. Einige kommen aus Cherson, einige aus Odessa. Auch wenn manche politischen Ansichten auseinandergehen, schaut man jetzt darüber hinweg. Wir alle sind hier wie Brüder”, unterstreicht Oleksandr.

Die gefährlichsten Stellungen in Kiew sind die im Nordwesten, in den Vororten Butscha, Hostomel und Irpin, wo es schwere Kämpfe gibt. “Alle sind an vorderster Front – die Streitkräfte, die Nationalgarde, Grenzschützer, die Territorialverteidigung, die Polizei, der Sicherheitsdienst der Ukraine, Geheimdienstler und Freiwilligenbataillone. Darunter sind junge Menschen, die Maschinengewehre nur aus dem Wehrunterricht an ihren Hochschulen kennen. Sie wollen zusammen mit erfahrenen Kämpfern in die Schlacht ziehen”, sagt der 62-jährige Jurij Kulatschek, der Reserve-Major des Grenzdienstes ist. Vor dem Krieg hatte er eine Firma, die sich mit der Förderung von Granit befasste. Zwei Jahre lang verteidigte er die Ukraine im Donbass und schied dann aus dem Dienst aus. Doch nach dem 24. Februar kehrte er zu seiner Einheit zurück und verteidigt nun die Vororte von Kiew in der Nähe der Autobahn Richtung Westen nach Schytomyr.

“Uns Soldaten geben diejenigen Zivilisten Kraft, die unbewaffnet zu Protestkundgebungen gegen die Invasoren in Cherson, Melitopol und Berdjansk auf die Straßen gehen. Auch der Mut der Flüchtlinge aus dem besetzten Hostomel treibt uns an. Und die Zivilisten nehmen sich ein Beispiel an uns, wie wir gegen die Russen kämpfen. So gibt man sich gegenseitig sehr viel Kraft und Energie, das ist einfach unbeschreiblich”, sagt Jurij. Beweis für den großen Kampfgeist sei auch die Tatsache, dass alle, die 2016 mit ihm aus dem Militärdienst geschieden waren, nun, unabhängig von ihrem Alter, wieder freiwillig an der Front sind.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk

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