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Was wird aus Deutschlands Engagement im Indopazifik?

Gerade hatte Deutschland begonnen, sich an der Sicherung von Seewegen im Indopazifik zu beteiligen. Nun scheint der Ukraine-Krieg die gesamte Streitkraft Deutschlands in Europa zu binden.

Spätestens 2018 hatte sich die Bundesregierung verpflichtet, die sicherheitspolitische Kooperation zwischen westlichen Mächten und ihren südostasiatischen Verbündeten zu unterstützen. Gründe dafür sind die steigende wirtschaftliche Bedeutung der Region, aber auch der wachsende Einfluss Chinas dort.

Im September 2020 veröffentlichte die Regierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel ihre Leitlinien zum Indopazifik. Im August 2021 brach die deutsche Fregatte “Bayern” zu einem siebenmonatigen Einsatz in die Region auf. Als sie am 21. Februar zurückkehrte, twitterte das Verteidigungsministerium: “Deutschland setzt sich im Indopazifik für eine regelbasierte Ordnung, Multilateralismus und freie Seewege ein.” Tags darauf trafen sich die EU-Außenminister zum EU-Indopazifik-Treffen.

Spätestens 2018 hatte sich die Bundesregierung verpflichtet, die sicherheitspolitische Kooperation zwischen westlichen Mächten und ihren südostasiatischen Verbündeten zu unterstützen. Gründe dafür sind die steigende wirtschaftliche Bedeutung der Region, aber auch der wachsende Einfluss Chinas dort.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine zwei Tage später aber habe die Aufmerksamkeit auf die unmittelbare Gefahr im Osten Europas gelenkt, sagt Christian Wirth vom Hamburger “GIGA Institut für Asien-Studien”. Der Krieg in der Ukraine könne die Europäer dazu bringen, ihre Militärpräsenz im Indopazifik zu reduzieren.

Alle Aufmerksamkeit auf die Ukraine?

Elli-Katharina Pohlkamp vom Asien-Programm des European Council on Foreign Relations (ECFR) sieht das anders: “Mit dem Ukraine-Krieg hat Deutschland eine neue Ära in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik eingeleitet, aber das ändert nichts an Deutschlands Interessen im Indopazifik.” Das Ziel, Sicherheitskooperationen in der Region zu vertiefen, bleibe unverändert bestehen.

Auch Hai Hong Nguyen vom Center for Policy Futures an der Universität von Queensland glaubt nicht, dass Deutschland wegen des Ukraine-Krieg für den Indopazifik vorgesehene Mittel abziehen wird. Ein entscheidender Faktor, sagt Nguyen, werde China sein, dessen zwiespältige Haltung zur russischen Invasion Analysten Rätsel aufgibt.

Einige meinen, Russlands offenkundige Rückschläge und die geschlossene Reaktion des Westens könnten Peking dazu bringen, die eigenen Ambitionen zu überdenken. Andere glauben, China könnte sich zu dem Versuch ermutigt fühlen, seinerseits territoriale Ansprüche – insbesondere auf Taiwan – durchzusetzen.

“China fordert mit seinen zunehmend energischen und aggressiven Aktionen die geltende internationale regelbasierte Ordnung heraus”, sagt Nguyen. Angesichts dessen dürften die deutschen Sicherheitsinteressen im Indopazifik kaum abnehmen. Bereits in Merkels letztem Amtsjahr begann Deutschland China stärker als Kontrahenten, denn als Partner zu sehen, sagen Experten.

Vieles hängt auch davon ab, wie die Bundeswehr selbst die zusätzlichen Verteidigungsausgaben einsetzen will. Wenn die 100 Milliarden Euro vor allem in die Ausrüstung der Landstreitkräfte fließen, wird das Engagement im Indopazifik davon kaum profitieren, denn dort geht es um die Sicherung von Inseln und Seewegen.

Alfred Gerstl, Indopazifik-Experte der Universität Wien, sagt, Deutschland müsste schon relevante Teile der Etat-Erhöhung der Bundeswehr den Seestreitkräften widmen, um glaubwürdig als sicherheitspolitischer Akteur in der Region aufzutreten. Ein starkes Signal könne Deutschland setzen, indem es sich an einer Operation zur Sicherung der freien Seefahrt im Südchinesischen Meer beteiligt, wo China mit mehreren Nachbarstaaten um Gebietsansprüche streitet.

US-amerikanische Schiffe patrouillieren regelmäßig in der Nähe umstrittener Inseln, um China daran zu erinnern, dass es das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen respektieren muss. Auch die britische Marine hat solche Operationen bereits mehrfach durchgeführt.

Solche Vorschläge kamen auch schon aus Deutschland. Allerdings reagierte das Bundesverteidigungsministerium verhalten, als Vizeadmiral a. D. Kay-Achim Schönbach, bis vergangenen Januar Chef der Bundeswehr-Marine, Ende 2021 vorschlug, alle zwei Jahre Schiffe in den Indopazifik zu entsenden.

Kriegsschiffe seien jedoch nicht die einzige Möglichkeit, sich für die Sicherheitspolitik in der Region einzusetzen, sagt ECFR-Expertin Pohlkamp. So hätten Japan und Deutschland mit einer Vereinbarung im März 2021 ihre Zusammenarbeit in Sachen Cyber-Security gestärkt.

Die maritime Sicherheit könne man auch durch Investitionen in die Infrastruktur der Häfen unterstützen. In diesem Zusammenhang verweist Pohlkamp auf Deutschlands Rolle bei der “Global Gateway”, einer 300-Milliarden-Euro-Initiative, mit der die EU Infrastrukturen in Schwellenländern stärken will, um Chinas “neuer Seidenstraße” (Belt and Road Initiative) etwas entgegenzusetzen.

Aus dem Englischen von Jan D. Walter. 

Russland, China, Beziehungen, Made

Spätestens 2018 hatte sich die Bundesregierung verpflichtet, die sicherheitspolitische Kooperation zwischen westlichen Mächten und ihren südostasiatischen Verbündeten zu unterstützen. Gründe dafür sind die steigende wirtschaftliche Bedeutung der Region, aber auch der wachsende Einfluss Chinas dort.

Im September 2020 veröffentlichte die Regierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel ihre Leitlinien zum Indopazifik. Im August 2021 brach die deutsche Fregatte “Bayern” zu einem siebenmonatigen Einsatz in die Region auf. Als sie am 21. Februar zurückkehrte, twitterte das Verteidigungsministerium: “Deutschland setzt sich im Indopazifik für eine regelbasierte Ordnung, Multilateralismus und freie Seewege ein.” Tags darauf trafen sich die EU-Außenminister zum EU-Indopazifik-Treffen.

Alle Aufmerksamkeit auf die Ukraine?

Der Angriff Russlands auf die Ukraine zwei Tage später aber habe die Aufmerksamkeit auf die unmittelbare Gefahr im Osten Europas gelenkt, sagt Christian Wirth vom Hamburger “GIGA Institut für Asien-Studien”. Der Krieg in der Ukraine könne die Europäer dazu bringen, ihre Militärpräsenz im Indopazifik zu reduzieren.

Elli-Katharina Pohlkamp vom Asien-Programm des European Council on Foreign Relations (ECFR) sieht das anders: “Mit dem Ukraine-Krieg hat Deutschland eine neue Ära in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik eingeleitet, aber das ändert nichts an Deutschlands Interessen im Indopazifik.” Das Ziel, Sicherheitskooperationen in der Region zu vertiefen, bleibe unverändert bestehen.

Auch Hai Hong Nguyen vom Center for Policy Futures an der Universität von Queensland glaubt nicht, dass Deutschland wegen des Ukraine-Krieg für den Indopazifik vorgesehene Mittel abziehen wird. Ein entscheidender Faktor, sagt Nguyen, werde China sein, dessen zwiespältige Haltung zur russischen Invasion Analysten Rätsel aufgibt.

Einige meinen, Russlands offenkundige Rückschläge und die geschlossene Reaktion des Westens könnten Peking dazu bringen, die eigenen Ambitionen zu überdenken. Andere glauben, China könnte sich zu dem Versuch ermutigt fühlen, seinerseits territoriale Ansprüche – insbesondere auf Taiwan – durchzusetzen.

Es geht um China

“China fordert mit seinen zunehmend energischen und aggressiven Aktionen die geltende internationale regelbasierte Ordnung heraus”, sagt Nguyen. Angesichts dessen dürften die deutschen Sicherheitsinteressen im Indopazifik kaum abnehmen. Bereits in Merkels letztem Amtsjahr begann Deutschland China stärker als Kontrahenten, denn als Partner zu sehen, sagen Experten.

100 Milliarden Euro für die Bundeswehr

Vieles hängt auch davon ab, wie die Bundeswehr selbst die zusätzlichen Verteidigungsausgaben einsetzen will. Wenn die 100 Milliarden Euro vor allem in die Ausrüstung der Landstreitkräfte fließen, wird das Engagement im Indopazifik davon kaum profitieren, denn dort geht es um die Sicherung von Inseln und Seewegen.

Alfred Gerstl, Indopazifik-Experte der Universität Wien, sagt, Deutschland müsste schon relevante Teile der Etat-Erhöhung der Bundeswehr den Seestreitkräften widmen, um glaubwürdig als sicherheitspolitischer Akteur in der Region aufzutreten. Ein starkes Signal könne Deutschland setzen, indem es sich an einer Operation zur Sicherung der freien Seefahrt im Südchinesischen Meer beteiligt, wo China mit mehreren Nachbarstaaten um Gebietsansprüche streitet.

US-amerikanische Schiffe patrouillieren regelmäßig in der Nähe umstrittener Inseln, um China daran zu erinnern, dass es das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen respektieren muss. Auch die britische Marine hat solche Operationen bereits mehrfach durchgeführt.

Seewege ohne Marine sichern

Solche Vorschläge kamen auch schon aus Deutschland. Allerdings reagierte das Bundesverteidigungsministerium verhalten, als Vizeadmiral a. D. Kay-Achim Schönbach, bis vergangenen Januar Chef der Bundeswehr-Marine, Ende 2021 vorschlug, alle zwei Jahre Schiffe in den Indopazifik zu entsenden.

Kriegsschiffe seien jedoch nicht die einzige Möglichkeit, sich für die Sicherheitspolitik in der Region einzusetzen, sagt ECFR-Expertin Pohlkamp. So hätten Japan und Deutschland mit einer Vereinbarung im März 2021 ihre Zusammenarbeit in Sachen Cyber-Security gestärkt.

Die maritime Sicherheit könne man auch durch Investitionen in die Infrastruktur der Häfen unterstützen. In diesem Zusammenhang verweist Pohlkamp auf Deutschlands Rolle bei der “Global Gateway”, einer 300-Milliarden-Euro-Initiative, mit der die EU Infrastrukturen in Schwellenländern stärken will, um Chinas “neuer Seidenstraße” (Belt and Road Initiative) etwas entgegenzusetzen.

Aus dem Englischen von Jan D. Walter. 

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