Ramadan 2022 – fast wieder wie vor Corona
Pünktlich zum Ramadan haben viele arabische Staaten die strengen Pandemieregeln gelockert. Aber der Fastenmonat steht unter einem schlechten Stern: Der Krieg in der Ukraine macht Lebensmittel knapper und teurer.
Im Ramadan wird es festlich in den Innenstädten im Nahen und Mittleren Osten. Der islamische Fastenmonat hat in den meisten Ländern in diesem Jahr am 2. April begonnen. Straßen und Läden sind mit dem Symbol des Halbmonds dekoriert, mit Laternen und Transparenten, die ein frohes Fest wünschen: “Ramadan karim” oder “Ramadan mubarak”.
In der libanesischen Hauptstadt Beirut ist der Feiertagsschmuck für die Wohnzimmer allerdings großenteils in den Läden liegengeblieben. “Ich erinnere mich gut an die Zeit, als ich die Dekoration für Ramadan gekauft und meine Geschwister zu einem großen Abendessen eingeladen habe”, erzählt Randa Mohsen, Krankenschwester und Mutter von vier Kindern, der DW. “Dieses Jahr können wir uns nicht mal unser eigenes Essen zum Iftar leisten, zum Fastenbrechen nach Sonnenuntergang.”
Im Ramadan wird es festlich in den Innenstädten im Nahen und Mittleren Osten. Der islamische Fastenmonat hat in den meisten Ländern in diesem Jahr am 2. April begonnen. Straßen und Läden sind mit dem Symbol des Halbmonds dekoriert, mit Laternen und Transparenten, die ein frohes Fest wünschen: “Ramadan karim” oder “Ramadan mubarak”.
Allein für Fattusch, den traditionellen Salat zum Iftar, müsste Randa Mohsen für umgerechnet 3,60 Euro Zutaten besorgen, sagt sie. Bei einem Familieneinkommen von umgerechnet knapp 75 Euro im Monat ist das völlig unrealistisch.
Libanon: Mit Maske in die Moschee
“Uns als Familie ist es total egal, ob die Corona-Regeln gelockert werden oder nicht. Wir haben sowieso kein Geld, um auszugehen. Wir können es uns ja kaum leisten, überhaupt zu essen. Die Beschränkungen waren wenigstens eine Ausrede, um zu Hause zu bleiben.”
Seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren waren die traditionellen Ramadanfeiern und Festessen mit Familie und Freunden in der ganzen Region verboten oder stark eingeschränkt. Dieses Jahr jedoch bleiben davon nur die Maskenpflicht und manchmal verkürzte Betzeiten und Abstandsgebote in den Moscheen.
Rechtzeitig zum diesjährigen Ramadan haben die meisten Regierungen arabischer Länder die Hygieneregeln fast auf das Niveau vor der Pandemie gesenkt oder ganz abgeschafft, wie Simon Wolfgang Fuchs vom Orientalischen Seminar der Universität Freiburg berichtet.
Das bestätigt auch Scheich Mohammed Abu Zaid, Vorsitzender des sunnitischen Gerichts und Imam der größten Moschee der libanesischen Stadt Saida. “Im Libanon sind alle Moscheen geöffnet und die Menschen sind willkommen, sich hier zu versammeln und zu beten. Den Imamen steht es frei, auf Abstandsregeln oder Masken zu bestehen. Allerdings sind sich die meisten Imame einig, dass sie alten Menschen und chronisch Kranken empfehlen, nicht in die Moschee zu gehen.” Für die langen Morgen- und Abendgebete in seiner eigenen Moschee bittet Mohammed Abu Zaid die Gläubigen, eine Maske zu tragen.
Wenn auch die pandemiebedingten Beschränkungen wegfallen – nun werfen neue Probleme ihre Schatten auf den Fastenmonat.
Inflation und Lebensmittelknappheit beeinträchtigten derzeit viele Länder der Region in einem nie dagewesenen Ausmaß, sagt Simon Wolfgang Fuchs. Vor allem Ägypten litt schon vor dem Ramadan unter Preiserhöhungen und der Abwertung des ägyptischen Pfunds.
“Wir denken, dass dieser Ramadan wirklich hart wird, weil die Preise kurz vor seinem Beginn nach oben geschnellt sind”, berichtet der Journalist Haitham El-Tabei, Gründer der Hilfsorganisation Abwab Elkheir in Kairo, der DW.
Am frühen Freitagmorgen haben sich 20 Ehrenamtliche in den Räumen der Initiative im Stadtviertel Mokattam getroffen, um Körbe mit Fleisch und Datteln zu packen. Sie erwarten, dass während des Ramadans mehr Familien als jemals zuvor kommen werden, um sich gespendete Nahrungsmitteln zu holen.
“Dieses Jahr hat sich die Situation verschärft”, bedauert El-Tabei, “weil wir mit weniger Spenden und gestiegenen Preisen klarkommen müssen.” Bisher hat die Organisation es geschafft, die höheren Kosten aufzufangen: “In so schwierigen Zeiten können wir die Familien im heiligen Monat nicht im Stich lassen.”
Weltweit gibt es rund 1,8 Milliarden Muslime. Während des Ramadans dürfen erwachsene Gläubige, die körperlich und seelisch gesund sind, 30 Tage lang zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang weder essen noch trinken oder rauchen. Der Monat des Fastens und Betens zählt zu den fünf Säulen des Islam. In diesem neunten Monat des islamischen Mondkalenders soll Gott seinem Propheten Mohammed die ersten Verse des Korans offenbart haben.
Der Ramadan beginnt, wenn am Ende des Vormonats die neue Mondsichel gesichtet wird, darum ist das Datum nicht in allen Ländern gleich. Traditionell berechnen astronomische Experten in dem saudischen Ort Hautat Sudair den Tag und die genaue Uhrzeit. Für dieses Jahr wurde der Beginn des Ramadans in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Oman, Kuwait, Bahrain und Ägypten auf den 2. April festgelegt, im Libanon, in Syrien und Marokko auf den 3. April.
So wie viele andere Länder der Region hat auch Saudi-Arabien kurz vor dem Ramadan die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben. Pilgerreisende in Mekka und Medina müssen allerdings Masken tragen und die COVID-19-Warn-Apps Tawakkalna oder Eatmarna nutzen. Für saudische Staatsbürger ist die App Tawakkalna während der Pandemie zur Pflicht geworden. Die IT-Behörde Saudi Data and Artificial Intelligence Authority (SDAIA) hat die App entwickelt, um die Bewegungen der Bürger während der Ausgangssperren zu überwachen.
Dass diese Pflicht wegen der Corona-Situation nun immer wieder verlängert wird, hält Simon Wolfgang Fuchs für vorgeschoben. Die Pandemie habe autoritären Regimen die Überwachungswerkzeuge gegeben, die sie nun unter dem Vorwand der Gesundheit nutzten.
Trotz seiner Bemühungen, Touristen und Investoren anzuziehen, steht Saudi-Arabien weiterhin in der Kritik wegen seiner Menschenrechtsverletzungen, wie etwa der Inhaftierung der Frauenrechtsaktivistin Loudschain al-Hathloul oder der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi.
Saudi-Arabien ist allerdings nicht das einzige arabische Land, das ein wachsames Auge auf seine Bürger wirft. Andere Länder der Region bleiben gleich ganz bei den Einschränkungen. In Kuwait sind Iftar-Treffen verboten, ob vor oder in Moscheen, erlaubt ist nur das Verteilen vorgekochter Gratis-Mahlzeiten.
Marokko hat den Ausnahmezustand gerade bis zum 30. April verlängert, aus Angst vor emporschnellenden COVID-19-Zahlen, obgleich die Infektionsrate derzeit gering ist. Das Königreich kämpft außerdem gegen eine schwere Dürre und mit der Angst vor Lebensmittelknappheit, da auch hier die Weizenimporte aus der Ukraine aufgrund des Krieges zurückgehen.
Falls der Ausnahmezustand wirklich am 30. April ausläuft, könnten die Menschen in Marokko am 3. Mai mit Familie und Freunden Eid al-Fitr feiern – das traditionelle Fest am Ende des Ramadans.
Im Ramadan wird es festlich in den Innenstädten im Nahen und Mittleren Osten. Der islamische Fastenmonat hat in den meisten Ländern in diesem Jahr am 2. April begonnen. Straßen und Läden sind mit dem Symbol des Halbmonds dekoriert, mit Laternen und Transparenten, die ein frohes Fest wünschen: “Ramadan karim” oder “Ramadan mubarak”.
In der libanesischen Hauptstadt Beirut ist der Feiertagsschmuck für die Wohnzimmer allerdings großenteils in den Läden liegengeblieben. “Ich erinnere mich gut an die Zeit, als ich die Dekoration für Ramadan gekauft und meine Geschwister zu einem großen Abendessen eingeladen habe”, erzählt Randa Mohsen, Krankenschwester und Mutter von vier Kindern, der DW. “Dieses Jahr können wir uns nicht mal unser eigenes Essen zum Iftar leisten, zum Fastenbrechen nach Sonnenuntergang.”
Libanon: Mit Maske in die Moschee
Allein für Fattusch, den traditionellen Salat zum Iftar, müsste Randa Mohsen für umgerechnet 3,60 Euro Zutaten besorgen, sagt sie. Bei einem Familieneinkommen von umgerechnet knapp 75 Euro im Monat ist das völlig unrealistisch.
“Uns als Familie ist es total egal, ob die Corona-Regeln gelockert werden oder nicht. Wir haben sowieso kein Geld, um auszugehen. Wir können es uns ja kaum leisten, überhaupt zu essen. Die Beschränkungen waren wenigstens eine Ausrede, um zu Hause zu bleiben.”
Seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren waren die traditionellen Ramadanfeiern und Festessen mit Familie und Freunden in der ganzen Region verboten oder stark eingeschränkt. Dieses Jahr jedoch bleiben davon nur die Maskenpflicht und manchmal verkürzte Betzeiten und Abstandsgebote in den Moscheen.
Rechtzeitig zum diesjährigen Ramadan haben die meisten Regierungen arabischer Länder die Hygieneregeln fast auf das Niveau vor der Pandemie gesenkt oder ganz abgeschafft, wie Simon Wolfgang Fuchs vom Orientalischen Seminar der Universität Freiburg berichtet.
Ägypten: Armut im Fastenmonat
Das bestätigt auch Scheich Mohammed Abu Zaid, Vorsitzender des sunnitischen Gerichts und Imam der größten Moschee der libanesischen Stadt Saida. “Im Libanon sind alle Moscheen geöffnet und die Menschen sind willkommen, sich hier zu versammeln und zu beten. Den Imamen steht es frei, auf Abstandsregeln oder Masken zu bestehen. Allerdings sind sich die meisten Imame einig, dass sie alten Menschen und chronisch Kranken empfehlen, nicht in die Moschee zu gehen.” Für die langen Morgen- und Abendgebete in seiner eigenen Moschee bittet Mohammed Abu Zaid die Gläubigen, eine Maske zu tragen.
Halbmond über Saudi-Arabien
Wenn auch die pandemiebedingten Beschränkungen wegfallen – nun werfen neue Probleme ihre Schatten auf den Fastenmonat.
Inflation und Lebensmittelknappheit beeinträchtigten derzeit viele Länder der Region in einem nie dagewesenen Ausmaß, sagt Simon Wolfgang Fuchs. Vor allem Ägypten litt schon vor dem Ramadan unter Preiserhöhungen und der Abwertung des ägyptischen Pfunds.
“Wir denken, dass dieser Ramadan wirklich hart wird, weil die Preise kurz vor seinem Beginn nach oben geschnellt sind”, berichtet der Journalist Haitham El-Tabei, Gründer der Hilfsorganisation Abwab Elkheir in Kairo, der DW.
Strenges Regiment in Kuwait und Marokko
Am frühen Freitagmorgen haben sich 20 Ehrenamtliche in den Räumen der Initiative im Stadtviertel Mokattam getroffen, um Körbe mit Fleisch und Datteln zu packen. Sie erwarten, dass während des Ramadans mehr Familien als jemals zuvor kommen werden, um sich gespendete Nahrungsmitteln zu holen.
“Dieses Jahr hat sich die Situation verschärft”, bedauert El-Tabei, “weil wir mit weniger Spenden und gestiegenen Preisen klarkommen müssen.” Bisher hat die Organisation es geschafft, die höheren Kosten aufzufangen: “In so schwierigen Zeiten können wir die Familien im heiligen Monat nicht im Stich lassen.”
Weltweit gibt es rund 1,8 Milliarden Muslime. Während des Ramadans dürfen erwachsene Gläubige, die körperlich und seelisch gesund sind, 30 Tage lang zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang weder essen noch trinken oder rauchen. Der Monat des Fastens und Betens zählt zu den fünf Säulen des Islam. In diesem neunten Monat des islamischen Mondkalenders soll Gott seinem Propheten Mohammed die ersten Verse des Korans offenbart haben.
Der Ramadan beginnt, wenn am Ende des Vormonats die neue Mondsichel gesichtet wird, darum ist das Datum nicht in allen Ländern gleich. Traditionell berechnen astronomische Experten in dem saudischen Ort Hautat Sudair den Tag und die genaue Uhrzeit. Für dieses Jahr wurde der Beginn des Ramadans in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Oman, Kuwait, Bahrain und Ägypten auf den 2. April festgelegt, im Libanon, in Syrien und Marokko auf den 3. April.
So wie viele andere Länder der Region hat auch Saudi-Arabien kurz vor dem Ramadan die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben. Pilgerreisende in Mekka und Medina müssen allerdings Masken tragen und die COVID-19-Warn-Apps Tawakkalna oder Eatmarna nutzen. Für saudische Staatsbürger ist die App Tawakkalna während der Pandemie zur Pflicht geworden. Die IT-Behörde Saudi Data and Artificial Intelligence Authority (SDAIA) hat die App entwickelt, um die Bewegungen der Bürger während der Ausgangssperren zu überwachen.
Dass diese Pflicht wegen der Corona-Situation nun immer wieder verlängert wird, hält Simon Wolfgang Fuchs für vorgeschoben. Die Pandemie habe autoritären Regimen die Überwachungswerkzeuge gegeben, die sie nun unter dem Vorwand der Gesundheit nutzten.
Trotz seiner Bemühungen, Touristen und Investoren anzuziehen, steht Saudi-Arabien weiterhin in der Kritik wegen seiner Menschenrechtsverletzungen, wie etwa der Inhaftierung der Frauenrechtsaktivistin Loudschain al-Hathloul oder der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi.
Saudi-Arabien ist allerdings nicht das einzige arabische Land, das ein wachsames Auge auf seine Bürger wirft. Andere Länder der Region bleiben gleich ganz bei den Einschränkungen. In Kuwait sind Iftar-Treffen verboten, ob vor oder in Moscheen, erlaubt ist nur das Verteilen vorgekochter Gratis-Mahlzeiten.
Marokko hat den Ausnahmezustand gerade bis zum 30. April verlängert, aus Angst vor emporschnellenden COVID-19-Zahlen, obgleich die Infektionsrate derzeit gering ist. Das Königreich kämpft außerdem gegen eine schwere Dürre und mit der Angst vor Lebensmittelknappheit, da auch hier die Weizenimporte aus der Ukraine aufgrund des Krieges zurückgehen.
Falls der Ausnahmezustand wirklich am 30. April ausläuft, könnten die Menschen in Marokko am 3. Mai mit Familie und Freunden Eid al-Fitr feiern – das traditionelle Fest am Ende des Ramadans.
Mitarbeit: Razan Salman, Beirut, und Mohammed Magdi, Kairo.
Adaption aus dem Englischen: Beate Hinrichs.
Adaption aus dem Englischen: Beate Hinrichs.