Kultur

Feminismus: Zum 250. Geburtstag von Charles Fourier

Der französische Philosoph, 1772 in Besançon geboren, gilt als Erfinder des Feminismus. Damit war Charles Fourier seiner Zeit weit voraus.

François Marie Charles Fourier war für seine Zeit ziemlich radikal. Vor 250 Jahren, am 7. April 1772, wurde Charles Fourier in Besançon, Frankreich, als Sohn eines Geschäftsmannes geboren, in dessen Fußstapfen er nicht treten wollte. Sein Berufswunsch – Ingenieur – stand damals jedoch nur den Söhnen des französischen Adels offen.

Als er später Philosoph und utopischer Sozialist wurde, soll Fourier darüber sogar erleichtert gewesen sein. Die Ausbildung hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen und ihn von seiner wahren Berufung abgelenkt: der Menschheit zu helfen.

François Marie Charles Fourier war für seine Zeit ziemlich radikal. Vor 250 Jahren, am 7. April 1772, wurde Charles Fourier in Besançon, Frankreich, als Sohn eines Geschäftsmannes geboren, in dessen Fußstapfen er nicht treten wollte. Sein Berufswunsch – Ingenieur – stand damals jedoch nur den Söhnen des französischen Adels offen.

Besonders setzte sich Charles Fourier für die Gleichbehandlung von Frauen ein. Ihm wird zugeschrieben, diesem Anliegen 1837 die Bezeichnung “Feminisme” gegeben zu haben.

Gleichberechtigung auf Basis der Fähigkeiten

Fourier sah in der Institution der Ehe in Frankreich damals eine Unterdrückung der Frauen. Er plädierte auch dafür, dass Frauen gleichberechtigten Zugang zu wichtigen Tätigkeiten erhalten sollten, und zwar auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten und Eignungen – und nicht aufgrund ihres Geschlechts.

“Die Veränderung einer geschichtlichen Epoche lässt sich immer aus dem Verhältnis des Fortschritts der Frauen zur Freiheit bestimmen”, schrieb Fourier. Der Grat der weiblichen Emanzipation sei das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation.

Die erste Welle des Feminismus geht auf die Bewegungen zur Einführung des Frauenwahlrechts im 19. und frühen 20. Jahrhundert zurück. Die zweite Welle konzentrierte sich ab den 1960er-Jahren darauf, Frauen rechtlich und sozial gleichzustellen. Die dritte Welle setzte Anfang der 1990er-Jahre ein, in ihrem Fokus standen Individualität und Vielfalt.

Der Beginn der vierten Welle wird auf die 2010er-Jahre datiert, als die sozialen Medien genutzt wurden, um sexuelle Belästigung, Gewalt gegen Frauen und die Vergewaltigungskultur zu thematisieren und zu bekämpfen: die virale #MeToo-Bewegung.

Auch wenn Fortschritte erzielt wurden, bleibt noch immer viel zu tun, etwa mit Blick auf Themen wie sexuelle Gesundheit, Gleichberechtigung in Bildung und Beschäftigung, Lohnunterschiede, den Umgang mit sexueller Belästigung und Gewalt.

Der Feminismus hat sich immer weiter entwickelt und nach und nach andere Themenfeld einbezogen. Heute setzen sich Feministinnen zum Beispiel auch bewusst dafür ein, nicht nur die Belange weißer Frauen im Sinn zu haben.

180 Jahre nach seiner Prägung durch Fourier wurde der Begriff Feminismus vom US-amerikanischen Wörterbuch-Verlag Merriam-Webster zum Wort des Jahres 2017 gewählt. Definiert als “Theorie der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gleichheit der Geschlechter”, war es das meistgesuchte Wort des Jahres.

In diese Zeit fielen die Enthüllungen über die gewaltsamen sexuellen Übergriffe des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein auf mehrere Frauen. Und zum Women’s March hatten sich im Januar 2017 weltweit hunderttausende Frauen zu Demonstrationen für die Gleichstellung der Geschlechter und Bürgerrechte versammelt, kurz nachdem in den USA der neu gewählte Präsident Donald Trump vereidigt worden war.

Feministische Theoretikerinnen und Theoretiker haben lange über die Definition von Feminismus diskutiert. Eine zugespitzte Begriffserklärung stammt von der amerikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Marie Shear, die 1986 schrieb: “Feminismus ist die radikale Vorstellung, dass Frauen Menschen sind.”

“We should all be feminists” (Wir sollten alle Feminist*innen sein) überschrieb die nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie (“Americanah”) ihren mittlerweile legendären Auftritt in der Vortrags-Reihe TED Talks, der 2012 eine weltweite Diskussion über Feminismus auslöste.

Ihren Vortrag verarbeitete die Autorin im Essay-Band “Warum ich Feministin bin”, der zu einem Bestseller wurde. Schweden schenkte 2015 allen 16-Jährigen des Landes ein Exemplar des Buches. Adichies berühmter Satz hat auch in der Musik und in der Mode seinen Niederschlag gefunden.

Die Sängerin Beyoncé zitierte Adichies Rede 2013 auf ihrer Single “Flawless” und die Designerin Maria Grazia Chiuri entwarf 2017 für die Frühjahrskollektion von Christian Dior ein T-Shirt mit dem Slogan.

Obwohl es inzwischen ein Gemeinplatz zu sein scheint, dass sich Frauen als Feministinnen bezeichnen, hat es die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lange vermieden, sich selbst so zu beschreiben.

Auf die Frage, ob sie Feministin sei, antwortete Merkel 2017 auf dem W20-Frauengipfel in Berlin, auf dem Podium neben der damaligen IWF-Chefin Christine Lagarde und Ivanka Trump: “Die Geschichte des Feminismus ist eine, bei der gibt es Gemeinsamkeiten mit mir und es gibt auch solche, wo ich sagen würde, da gibt es Unterschiede.” Sie wolle sich nicht mit fremden Federn schmücken, andere hätten mehr für die Bewegung gekämpft als sie.

Kurz vor dem Ende ihrer Kanzlerschaft wurde Merkel im Herbst 2021 – im Rahmen eines Gesprächs mit Chimamanda Ngozi Adichie – die Frage erneut gestellt.

Merkel erzählte von einem Gespräch mit Königin Maxima von den Niederlanden: “Sie hat zu mir gesagt, im Kern gehe es doch darum, dass Männer und Frauen in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am gesamten Leben gleich sind. Und in diesem Sinne kann ich heute bejahend sagen, dass ich Feministin bin.”

Deutsche Adaption: Torsten Landsberg

Eine Schwarz-weiß-Aufnahme zeigt Sufragetten 1910 in London. Sie haben sich Schilder umgehängt, auf denen sie für das Frauenwahlrecht demonstrieren.
Beyoncé steht im Schatten auf der Bühne, hinter ihr erstrahl in großen Lettern der Schriftzug Feminist.

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Voll emanzipiert?! Frauen in Deutschland

François Marie Charles Fourier war für seine Zeit ziemlich radikal. Vor 250 Jahren, am 7. April 1772, wurde Charles Fourier in Besançon, Frankreich, als Sohn eines Geschäftsmannes geboren, in dessen Fußstapfen er nicht treten wollte. Sein Berufswunsch – Ingenieur – stand damals jedoch nur den Söhnen des französischen Adels offen.

Als er später Philosoph und utopischer Sozialist wurde, soll Fourier darüber sogar erleichtert gewesen sein. Die Ausbildung hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen und ihn von seiner wahren Berufung abgelenkt: der Menschheit zu helfen.

Gleichberechtigung auf Basis der Fähigkeiten

Besonders setzte sich Charles Fourier für die Gleichbehandlung von Frauen ein. Ihm wird zugeschrieben, diesem Anliegen 1837 die Bezeichnung “Feminisme” gegeben zu haben.

Fourier sah in der Institution der Ehe in Frankreich damals eine Unterdrückung der Frauen. Er plädierte auch dafür, dass Frauen gleichberechtigten Zugang zu wichtigen Tätigkeiten erhalten sollten, und zwar auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten und Eignungen – und nicht aufgrund ihres Geschlechts.

“Die Veränderung einer geschichtlichen Epoche lässt sich immer aus dem Verhältnis des Fortschritts der Frauen zur Freiheit bestimmen”, schrieb Fourier. Der Grat der weiblichen Emanzipation sei das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation.

Die erste Welle des Feminismus geht auf die Bewegungen zur Einführung des Frauenwahlrechts im 19. und frühen 20. Jahrhundert zurück. Die zweite Welle konzentrierte sich ab den 1960er-Jahren darauf, Frauen rechtlich und sozial gleichzustellen. Die dritte Welle setzte Anfang der 1990er-Jahre ein, in ihrem Fokus standen Individualität und Vielfalt.

Auf der Suche nach einer Definition

Der Beginn der vierten Welle wird auf die 2010er-Jahre datiert, als die sozialen Medien genutzt wurden, um sexuelle Belästigung, Gewalt gegen Frauen und die Vergewaltigungskultur zu thematisieren und zu bekämpfen: die virale #MeToo-Bewegung.

“Warum ich Feministin bin”

Auch wenn Fortschritte erzielt wurden, bleibt noch immer viel zu tun, etwa mit Blick auf Themen wie sexuelle Gesundheit, Gleichberechtigung in Bildung und Beschäftigung, Lohnunterschiede, den Umgang mit sexueller Belästigung und Gewalt.

Der Feminismus hat sich immer weiter entwickelt und nach und nach andere Themenfeld einbezogen. Heute setzen sich Feministinnen zum Beispiel auch bewusst dafür ein, nicht nur die Belange weißer Frauen im Sinn zu haben.

180 Jahre nach seiner Prägung durch Fourier wurde der Begriff Feminismus vom US-amerikanischen Wörterbuch-Verlag Merriam-Webster zum Wort des Jahres 2017 gewählt. Definiert als “Theorie der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gleichheit der Geschlechter”, war es das meistgesuchte Wort des Jahres.

Merkel tat sich schwer mit dem Begriff

In diese Zeit fielen die Enthüllungen über die gewaltsamen sexuellen Übergriffe des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein auf mehrere Frauen. Und zum Women’s March hatten sich im Januar 2017 weltweit hunderttausende Frauen zu Demonstrationen für die Gleichstellung der Geschlechter und Bürgerrechte versammelt, kurz nachdem in den USA der neu gewählte Präsident Donald Trump vereidigt worden war.

Feministische Theoretikerinnen und Theoretiker haben lange über die Definition von Feminismus diskutiert. Eine zugespitzte Begriffserklärung stammt von der amerikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Marie Shear, die 1986 schrieb: “Feminismus ist die radikale Vorstellung, dass Frauen Menschen sind.”

“We should all be feminists” (Wir sollten alle Feminist*innen sein) überschrieb die nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie (“Americanah”) ihren mittlerweile legendären Auftritt in der Vortrags-Reihe TED Talks, der 2012 eine weltweite Diskussion über Feminismus auslöste.

Ihren Vortrag verarbeitete die Autorin im Essay-Band “Warum ich Feministin bin”, der zu einem Bestseller wurde. Schweden schenkte 2015 allen 16-Jährigen des Landes ein Exemplar des Buches. Adichies berühmter Satz hat auch in der Musik und in der Mode seinen Niederschlag gefunden.

Die Sängerin Beyoncé zitierte Adichies Rede 2013 auf ihrer Single “Flawless” und die Designerin Maria Grazia Chiuri entwarf 2017 für die Frühjahrskollektion von Christian Dior ein T-Shirt mit dem Slogan.

Obwohl es inzwischen ein Gemeinplatz zu sein scheint, dass sich Frauen als Feministinnen bezeichnen, hat es die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lange vermieden, sich selbst so zu beschreiben.

Auf die Frage, ob sie Feministin sei, antwortete Merkel 2017 auf dem W20-Frauengipfel in Berlin, auf dem Podium neben der damaligen IWF-Chefin Christine Lagarde und Ivanka Trump: “Die Geschichte des Feminismus ist eine, bei der gibt es Gemeinsamkeiten mit mir und es gibt auch solche, wo ich sagen würde, da gibt es Unterschiede.” Sie wolle sich nicht mit fremden Federn schmücken, andere hätten mehr für die Bewegung gekämpft als sie.

Kurz vor dem Ende ihrer Kanzlerschaft wurde Merkel im Herbst 2021 – im Rahmen eines Gesprächs mit Chimamanda Ngozi Adichie – die Frage erneut gestellt.

Merkel erzählte von einem Gespräch mit Königin Maxima von den Niederlanden: “Sie hat zu mir gesagt, im Kern gehe es doch darum, dass Männer und Frauen in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am gesamten Leben gleich sind. Und in diesem Sinne kann ich heute bejahend sagen, dass ich Feministin bin.”

Deutsche Adaption: Torsten Landsberg

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