Ukraine aktuell: Viele Tote bei Angriff auf Bahnhof in Kramatorsk
Die Menschen, die aus der Ostukraine fliehen wollten, wurden bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof getötet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist in Kiew eingetroffen. Der Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
“Dies ist das grenzenlose Böse”
Bei einem Angriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk sind zahlreiche Menschen getötet worden. Der Chef der ukrainischen Eisenbahnen, Olexander Kamischyn, sagte, zwei Raketen seien eingeschlagen. Nach Angaben des Gouverneurs der Region, Pawlo Kyrylenko, gab es mindestens 39 Todesopfer und mehr als 80 Verletzte. Tausende Menschen hätten in Kramatorsk darauf gewartet, in Sicherheit gebracht zu werden.
Die Stadt liegt in jenem Teil des umkämpften Gebiets Donezk, der von der Ukraine kontrolliert wird. Prorussische Separatisten erheben Anspruch auf das gesamte Verwaltungsgebiet.
Russland hatte angekündigt, sich militärisch künftig auf die “Befreiung” des Donbass zu konzentrieren. Die Regionalbehörden forderten die Bewohner der Region daher auf, in Richtung Westen zu fliehen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf dem Kreml in einer ersten Reaktion vor, die Zivilbevölkerung seines Landes “zynisch zu vernichten”. “Dies ist das grenzenlose Böse”, schrieb er auf Twitter. “Und wenn es nicht bestraft wird, wird es nie aufhören.” Das russische Verteidigungsministerium wies die Verantwortung für den Beschuss hingegen zurück.
Unterdessen ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einem Solidaritätsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Dort will sie unter anderem Selenskyj treffen. Die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin wird von einer Delegation begleitet, der auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger und mehrere EU-Parlamentarier angehören.
“Diese Reise ist ein deutliches Zeichen der Unterstützung für die Ukrainer”, sagte von der Leyen auf dem Weg nach Kiew. Das Land brauche dringend Hilfe. Mit Blick auf die Zeit nach dem Krieg sagte die Kommissionschefin, dass die Ukraine als demokratisches Land aus dem Krieg hervorgehen solle. Gemeinsam mit anderen Gebern sei man dazu bereit, dabei zu helfen, das Land wieder aufzubauen und zu reformieren.
Der slowakische Ministerpräsident gab während der Reise bekannt, dass sein Land der Ukraine ihr S-300 Flugabwehrsystem geschenkt habe. Das noch zu Sowjetzeiten entwickelte russische Flugabwehr-Raketensystem S-300 zerstört mit präziser Lenktechnik gegnerische Flugzeuge oder Raketen. Der Schritt kam überraschend, weil die Regierung in Bratislava bisher stets erklärt hatte, das Raketensystem sei für ihre eigene Verteidigung unverzichtbar.
Von der Leyen war am späten Donnerstagabend mit einem Sonderzug in der nur 13 Kilometer von der Grenze entfernten südpolnischen Kleinstadt Przemysl aufgebrochen.
Selenskyj hatte zuvor weitere Gräueltaten russischer Truppen angeprangert. In der Kleinstadt Borodjanka bei Kiew, wo Aufräumarbeiten liefen und Rettungskräfte Trümmer beseitigten, sei es “viel schrecklicher” als in Butscha, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.
“Es gibt dort noch mehr Opfer der russischen Besatzer.” Konkrete Details nannte der Staatschef nicht. Der Kiewer Vorort Butscha war in den vergangenen Tagen zum Symbol für die Schrecken des Ukraine-Krieges geworden.
Am Donnerstag hatte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj gesagt, Borodjanka sei eine der am stärksten zerstörten Städte in der Region Kiew. Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa berichtete über den Fund zahlreicher Leichname in Wohngebieten des Ortes. “Allein aus den Trümmern zweier Wohnblöcke wurden 26 Leichen geborgen”, erklärte Wenediktowa auf Facebook. Wie viele weitere Tote noch gefunden werden, sei “unmöglich vorherzusagen”.
Die Generalstaatsanwältin warf der russischen Armee erneut Kriegsverbrechen vor. Beweise dafür fänden sich “auf Schritt und Tritt.” In Borodjanka gebe es keine militärischen Einrichtungen, “einziges Ziel” der russischen Einheiten sei die Zivilbevölkerung gewesen. Russland bestreitet entsprechende Angriffe.
Ukrainische Truppen haben nach Behördenangaben die Kontrolle über die gesamte Region Sumy an der Grenze zu Russland zurückerorbert. “Das Gebiet ist frei von Orks”, erklärte Regionalgouverneur Dmytro Schwyzkyj. Er nutzte dabei ein ukrainisches Schimpfwort für russische Soldaten. Der Gouverneur warnte geflüchtete Bewohner vor einer raschen Rückkehr: “Die Region ist nicht sicher. Viele Gebiete sind vermint und noch nicht geräumt”, erklärte er.
Die 350 Kilometer östlich von Kiew gelegene Stadt Sumy mit ursprünglich 250.000 Einwohnern und die umliegende Region waren wochenlang Schauplatz schwerer Kämpfe zwischen den russischen Angreifern und ukrainischen Streitkräften.
Der russische Staatschef Wladimir Putin hat nach Einschätzung der US-Regierung sein Ziel der Eroberung der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgegeben. “Putin dachte, er könne sehr schnell das Land Ukraine übernehmen, sehr schnell diese Hauptstadt einnehmen. Er hat sich geirrt”, sagte Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einer Anhörung im Kongress. Er gehe davon aus, dass Putin sich jetzt auf den Süden und Osten des Landes konzentriere, führte Austin weiter aus.
“Der erste Teil des Krieges” sei aus ukrainischer Sicht “wahrscheinlich erfolgreich geführt worden”, meinte Generalstabschef Mark Milley bei derselben Anhörung in Washington. “Aber im Südosten, in der Donbass-Region, wo die Russen ihre Kräfte bündeln und ihren Angriff fortsetzen wollen, steht noch eine bedeutende Schlacht bevor.” Er war der Ansicht, es sei “im Moment eine offene Frage, wie das Ganze ausgeht”.
Das Wichtigste in Kürze:
“Dies ist das grenzenlose Böse”
Bei einem Angriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk sind zahlreiche Menschen getötet worden. Der Chef der ukrainischen Eisenbahnen, Olexander Kamischyn, sagte, zwei Raketen seien eingeschlagen. Nach Angaben des Gouverneurs der Region, Pawlo Kyrylenko, gab es mindestens 39 Todesopfer und mehr als 80 Verletzte. Tausende Menschen hätten in Kramatorsk darauf gewartet, in Sicherheit gebracht zu werden.
Die Stadt liegt in jenem Teil des umkämpften Gebiets Donezk, der von der Ukraine kontrolliert wird. Prorussische Separatisten erheben Anspruch auf das gesamte Verwaltungsgebiet.
Russland hatte angekündigt, sich militärisch künftig auf die “Befreiung” des Donbass zu konzentrieren. Die Regionalbehörden forderten die Bewohner der Region daher auf, in Richtung Westen zu fliehen.
Von der Leyen in Kiew
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf dem Kreml in einer ersten Reaktion vor, die Zivilbevölkerung seines Landes “zynisch zu vernichten”. “Dies ist das grenzenlose Böse”, schrieb er auf Twitter. “Und wenn es nicht bestraft wird, wird es nie aufhören.” Das russische Verteidigungsministerium wies die Verantwortung für den Beschuss hingegen zurück.
Selenskyj lenkt Blick auf Borodjanka
Unterdessen ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einem Solidaritätsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Dort will sie unter anderem Selenskyj treffen. Die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin wird von einer Delegation begleitet, der auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger und mehrere EU-Parlamentarier angehören.
“Diese Reise ist ein deutliches Zeichen der Unterstützung für die Ukrainer”, sagte von der Leyen auf dem Weg nach Kiew. Das Land brauche dringend Hilfe. Mit Blick auf die Zeit nach dem Krieg sagte die Kommissionschefin, dass die Ukraine als demokratisches Land aus dem Krieg hervorgehen solle. Gemeinsam mit anderen Gebern sei man dazu bereit, dabei zu helfen, das Land wieder aufzubauen und zu reformieren.
Der slowakische Ministerpräsident gab während der Reise bekannt, dass sein Land der Ukraine ihr S-300 Flugabwehrsystem geschenkt habe. Das noch zu Sowjetzeiten entwickelte russische Flugabwehr-Raketensystem S-300 zerstört mit präziser Lenktechnik gegnerische Flugzeuge oder Raketen. Der Schritt kam überraschend, weil die Regierung in Bratislava bisher stets erklärt hatte, das Raketensystem sei für ihre eigene Verteidigung unverzichtbar.
Ukraine meldet militärischen Erfolg
Von der Leyen war am späten Donnerstagabend mit einem Sonderzug in der nur 13 Kilometer von der Grenze entfernten südpolnischen Kleinstadt Przemysl aufgebrochen.
Selenskyj hatte zuvor weitere Gräueltaten russischer Truppen angeprangert. In der Kleinstadt Borodjanka bei Kiew, wo Aufräumarbeiten liefen und Rettungskräfte Trümmer beseitigten, sei es “viel schrecklicher” als in Butscha, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.
Pentagon-Chef: Putin “hat sich geirrt”
“Es gibt dort noch mehr Opfer der russischen Besatzer.” Konkrete Details nannte der Staatschef nicht. Der Kiewer Vorort Butscha war in den vergangenen Tagen zum Symbol für die Schrecken des Ukraine-Krieges geworden.
Am Donnerstag hatte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj gesagt, Borodjanka sei eine der am stärksten zerstörten Städte in der Region Kiew. Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa berichtete über den Fund zahlreicher Leichname in Wohngebieten des Ortes. “Allein aus den Trümmern zweier Wohnblöcke wurden 26 Leichen geborgen”, erklärte Wenediktowa auf Facebook. Wie viele weitere Tote noch gefunden werden, sei “unmöglich vorherzusagen”.
Die Generalstaatsanwältin warf der russischen Armee erneut Kriegsverbrechen vor. Beweise dafür fänden sich “auf Schritt und Tritt.” In Borodjanka gebe es keine militärischen Einrichtungen, “einziges Ziel” der russischen Einheiten sei die Zivilbevölkerung gewesen. Russland bestreitet entsprechende Angriffe.
Ukrainische Truppen haben nach Behördenangaben die Kontrolle über die gesamte Region Sumy an der Grenze zu Russland zurückerorbert. “Das Gebiet ist frei von Orks”, erklärte Regionalgouverneur Dmytro Schwyzkyj. Er nutzte dabei ein ukrainisches Schimpfwort für russische Soldaten. Der Gouverneur warnte geflüchtete Bewohner vor einer raschen Rückkehr: “Die Region ist nicht sicher. Viele Gebiete sind vermint und noch nicht geräumt”, erklärte er.
Die 350 Kilometer östlich von Kiew gelegene Stadt Sumy mit ursprünglich 250.000 Einwohnern und die umliegende Region waren wochenlang Schauplatz schwerer Kämpfe zwischen den russischen Angreifern und ukrainischen Streitkräften.
Der russische Staatschef Wladimir Putin hat nach Einschätzung der US-Regierung sein Ziel der Eroberung der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgegeben. “Putin dachte, er könne sehr schnell das Land Ukraine übernehmen, sehr schnell diese Hauptstadt einnehmen. Er hat sich geirrt”, sagte Verteidigungsminister Lloyd Austin bei einer Anhörung im Kongress. Er gehe davon aus, dass Putin sich jetzt auf den Süden und Osten des Landes konzentriere, führte Austin weiter aus.
“Der erste Teil des Krieges” sei aus ukrainischer Sicht “wahrscheinlich erfolgreich geführt worden”, meinte Generalstabschef Mark Milley bei derselben Anhörung in Washington. “Aber im Südosten, in der Donbass-Region, wo die Russen ihre Kräfte bündeln und ihren Angriff fortsetzen wollen, steht noch eine bedeutende Schlacht bevor.” Er war der Ansicht, es sei “im Moment eine offene Frage, wie das Ganze ausgeht”.