Meinung: Kiews Absage an Steinmeier ist falsch
Der Bundespräsident wollte sich solidarisch zeigen und nach Kiew reisen. Doch dann kommt von dort das Signal, dass sein Besuch unerwünscht ist. Eine verständliche und doch falsche Entscheidung, findet Rosalia Romaniec.
Als Frank-Walter Steinmeier am Dienstag nach Warschau flog, wusste die Öffentlichkeit noch nichts von einer weiteren Reise, die streng geheim im Hintergrund stattfinden sollte. Der polnische Präsident Duda tüftelte seit einigen Tagen an einer gemeinsamen Reise auf höchster Ebene: fünf Präsidenten sollten gemeinsam zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fahren. Wenn alles nach Plan liefe, wäre die Reisegruppe gerade unterwegs gewesen. Doch plötzlich überschlugen sich in Warschau die Ereignisse.
Als Steinmeier bei der Pressekonferenz mit Duda überraschend Fragen auswich, wurde klar: etwas stimmt nicht. Wenige Minuten später platzte dann die Bombe – per Eilmeldung titelte die größte deutsche Boulevard-Zeitung: “Selenskyj erteilt Bundespräsident Steinmeier Ukraine-Verbot!” Kurz darauf trat der Bundespräsident vor die Kameras.
Als Frank-Walter Steinmeier am Dienstag nach Warschau flog, wusste die Öffentlichkeit noch nichts von einer weiteren Reise, die streng geheim im Hintergrund stattfinden sollte. Der polnische Präsident Duda tüftelte seit einigen Tagen an einer gemeinsamen Reise auf höchster Ebene: fünf Präsidenten sollten gemeinsam zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fahren. Wenn alles nach Plan liefe, wäre die Reisegruppe gerade unterwegs gewesen. Doch plötzlich überschlugen sich in Warschau die Ereignisse.
Sein Kollege und Freund, der polnische Staatspräsident Andrzej Duda habe angeregt, dass sie beide gemeinsam mit den Präsidenten der Baltischen Staaten eine Reise nach Kiew unternehmen, um dort “ein starkes Zeichen der Solidarität mit der Ukraine zu senden und zu setzten”, sagte Steinmeier in einem kurzen Statement. “Ich war dazu bereit, aber offenbar – und ich muss es zur Kenntnis nehmen – war das in Kiew nicht erwünscht”, fügte er hinzu.
In Kiew unerwünscht
Sachlich vorgetragen, doch die persönliche Betroffenheit war dem Bundespräsidenten anzusehen. Ausgerechnet er, der sich über Jahre sehr intensiv mit der Ukraine beschäftigte, muss sich jetzt fragen, wie es dazu kam, dass er vor dem Scherbenhaufen seiner Bemühungen steht.
Zu den Gründen der Absage gab es keine Erklärung. Doch darüber gibt es inzwischen genug Spekulationen. So sehr alle Gründe ihre Berechtigung haben mögen, werden sie aber nicht davon ablenken können, wie falsch die Absage ist.
Ja, kurzfristig dient sie vielleicht Kiew als Ventil für den Frust und Verzweiflung über Deutschland und Steinmeiers Rolle insbesondere. Der Bundespräsident pflegte jahrelang enge Beziehungen nach Moskau und nahm Warnungen vor russischer Bedrohung für Osteuropa und speziell für die Ukraine nicht ernst genug. Steinmeier unterstützte die Nord Stream Pipelines und er war 2008 als Außenminister von Merkel am deutschen Veto der ukrainischen NATO-Mitgliedschaft beteiligt. Die Kiewer Frustliste ist lang und sie ist berechtigt. Steinmeier räumte kürzlich selbst Fehler ein.
Offenbar hat der SPD-Politiker zu wenig zwischen Absicht und Wirkung unterschieden. So gesehen braucht sich niemand zu wundern, dass der deutsche Einsatz für die Ukraine, wie auch die enormen finanziellen Mittel der vergangenen Jahre, vergessen werden. Ja, deutsche Politiker handelten naiv und arrogant. Einige brauchen auch eine außenpolitische Zeitenwende – mehr Verständnis für den Osten, weniger für Russland. Böse Absichten kann man Steinmeier dennoch nicht unterstellen.
Der Frust der Vergangenheit potenzierte sich jetzt leider mit neuen Fehlern: Die längst fällige Reise des Bundeskanzlers Scholz nach Kiew blieb aus, die ausbleibenden Waffenlieferungen und die blockierten Sanktionen. Und wenn Scholz nicht kommen und helfen will, warum soll Selenskyj das repräsentative Staatsoberhaupt aus Deutschland im Kriegsgebiet empfangen? Dass der Präsident eines Landes, das ums Überleben kämpft, Entscheidungen statt Symbolgesten braucht, ist klar. Ebenso, dass er keine Statistenrolle will. All diese Bedenken sind irgendwie nachvollziehbar.
Und doch ist die Absage an Steinmeier kurzsichtig, politisch verheerend und im Blick auf die Zukunft grob fahrlässig. Wenn man handelt, weil man Recht hat, heißt es noch lange nicht, dass man das Richtige tut. Indem die ukrainische Regierung Steinmeier für unerwünscht erklärt, verfehlt sie das Ziel, weil sie Brücken einreißt. Jetzt wird der Bundeskanzler erst recht nicht nach Kiew reisen. Das verbietet ihm der Respekt vor dem höchsten Amt im Land. Der Kater am Morgen danach könnte in der Ukraine also groß sein – daran ändert auch nichts, dass die vier anderen Präsidenten trotzdem zu Besuch kommen. Das verdeutlicht nur die Risse in Europa, die keiner braucht.
Selenskyjs Brüskierung setzt auch die große Sympathie für die Ukraine in Deutschland aufs Spiel. Diese braucht aber die Bundesregierung, wenn sie auch innenpolitisch stark und stabil bleiben will, um auch in Zukunft zu helfen. Ein gespaltenes Deutschland hilft niemandem.
Oder doch? Da ist noch einer, dem all das unverhofft in die Karten spielt. Es ist der Despot aus Russland, der täglich neuen Stoff für seine Propaganda-Maschine braucht. Diesmal hat ihm Selenskyj leider alles geliefert.
Als Frank-Walter Steinmeier am Dienstag nach Warschau flog, wusste die Öffentlichkeit noch nichts von einer weiteren Reise, die streng geheim im Hintergrund stattfinden sollte. Der polnische Präsident Duda tüftelte seit einigen Tagen an einer gemeinsamen Reise auf höchster Ebene: fünf Präsidenten sollten gemeinsam zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fahren. Wenn alles nach Plan liefe, wäre die Reisegruppe gerade unterwegs gewesen. Doch plötzlich überschlugen sich in Warschau die Ereignisse.
Als Steinmeier bei der Pressekonferenz mit Duda überraschend Fragen auswich, wurde klar: etwas stimmt nicht. Wenige Minuten später platzte dann die Bombe – per Eilmeldung titelte die größte deutsche Boulevard-Zeitung: “Selenskyj erteilt Bundespräsident Steinmeier Ukraine-Verbot!” Kurz darauf trat der Bundespräsident vor die Kameras.
In Kiew unerwünscht
Sein Kollege und Freund, der polnische Staatspräsident Andrzej Duda habe angeregt, dass sie beide gemeinsam mit den Präsidenten der Baltischen Staaten eine Reise nach Kiew unternehmen, um dort “ein starkes Zeichen der Solidarität mit der Ukraine zu senden und zu setzten”, sagte Steinmeier in einem kurzen Statement. “Ich war dazu bereit, aber offenbar – und ich muss es zur Kenntnis nehmen – war das in Kiew nicht erwünscht”, fügte er hinzu.
Sachlich vorgetragen, doch die persönliche Betroffenheit war dem Bundespräsidenten anzusehen. Ausgerechnet er, der sich über Jahre sehr intensiv mit der Ukraine beschäftigte, muss sich jetzt fragen, wie es dazu kam, dass er vor dem Scherbenhaufen seiner Bemühungen steht.
Zu den Gründen der Absage gab es keine Erklärung. Doch darüber gibt es inzwischen genug Spekulationen. So sehr alle Gründe ihre Berechtigung haben mögen, werden sie aber nicht davon ablenken können, wie falsch die Absage ist.
Ja, kurzfristig dient sie vielleicht Kiew als Ventil für den Frust und Verzweiflung über Deutschland und Steinmeiers Rolle insbesondere. Der Bundespräsident pflegte jahrelang enge Beziehungen nach Moskau und nahm Warnungen vor russischer Bedrohung für Osteuropa und speziell für die Ukraine nicht ernst genug. Steinmeier unterstützte die Nord Stream Pipelines und er war 2008 als Außenminister von Merkel am deutschen Veto der ukrainischen NATO-Mitgliedschaft beteiligt. Die Kiewer Frustliste ist lang und sie ist berechtigt. Steinmeier räumte kürzlich selbst Fehler ein.
Frust ist ein schlechter Berater
Offenbar hat der SPD-Politiker zu wenig zwischen Absicht und Wirkung unterschieden. So gesehen braucht sich niemand zu wundern, dass der deutsche Einsatz für die Ukraine, wie auch die enormen finanziellen Mittel der vergangenen Jahre, vergessen werden. Ja, deutsche Politiker handelten naiv und arrogant. Einige brauchen auch eine außenpolitische Zeitenwende – mehr Verständnis für den Osten, weniger für Russland. Böse Absichten kann man Steinmeier dennoch nicht unterstellen.
Fatale Wirkung
Der Frust der Vergangenheit potenzierte sich jetzt leider mit neuen Fehlern: Die längst fällige Reise des Bundeskanzlers Scholz nach Kiew blieb aus, die ausbleibenden Waffenlieferungen und die blockierten Sanktionen. Und wenn Scholz nicht kommen und helfen will, warum soll Selenskyj das repräsentative Staatsoberhaupt aus Deutschland im Kriegsgebiet empfangen? Dass der Präsident eines Landes, das ums Überleben kämpft, Entscheidungen statt Symbolgesten braucht, ist klar. Ebenso, dass er keine Statistenrolle will. All diese Bedenken sind irgendwie nachvollziehbar.
Und doch ist die Absage an Steinmeier kurzsichtig, politisch verheerend und im Blick auf die Zukunft grob fahrlässig. Wenn man handelt, weil man Recht hat, heißt es noch lange nicht, dass man das Richtige tut. Indem die ukrainische Regierung Steinmeier für unerwünscht erklärt, verfehlt sie das Ziel, weil sie Brücken einreißt. Jetzt wird der Bundeskanzler erst recht nicht nach Kiew reisen. Das verbietet ihm der Respekt vor dem höchsten Amt im Land. Der Kater am Morgen danach könnte in der Ukraine also groß sein – daran ändert auch nichts, dass die vier anderen Präsidenten trotzdem zu Besuch kommen. Das verdeutlicht nur die Risse in Europa, die keiner braucht.
Selenskyjs Brüskierung setzt auch die große Sympathie für die Ukraine in Deutschland aufs Spiel. Diese braucht aber die Bundesregierung, wenn sie auch innenpolitisch stark und stabil bleiben will, um auch in Zukunft zu helfen. Ein gespaltenes Deutschland hilft niemandem.
Oder doch? Da ist noch einer, dem all das unverhofft in die Karten spielt. Es ist der Despot aus Russland, der täglich neuen Stoff für seine Propaganda-Maschine braucht. Diesmal hat ihm Selenskyj leider alles geliefert.