Gastkommentar: Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist ein Brandbeschleuniger
Deutschland muss alles tun, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden. Das kann der Anstoß für eine Entwicklung hin zu mehr Klima- und geopolitischer Sicherheit sein, sagt Sherri Goodman.
Als die ukrainische Meteorologin Svitlana Krakovska sich bei einem Fliegeralarm in Kiew im letzten Monat in Sicherheit gebracht hatte, sprach sie eine wichtige Wahrheit aus: dass der Klimawandel wie auch der Krieg gegen die Ukraine beide eng mit fossilen Brennstoffen verknüpft sind – und mit unserer Abhängigkeit von ihnen. Zwar erkennt die Bundesregierung an, dass Klima und nationale Sicherheit zusammenhängen. Bisher reichte das jedoch nicht aus, um Deutschland aus seiner Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu befreien.
Die Wucht der russischen Invasion, finanziert durch den Verkauf von Gas, Kohle und Öl, zeigt: Eine resiliente und unabhängigere Energieversorgung ist eine Frage der nationalen Sicherheit. Und diese ist nur möglich, wenn man weniger auf fossile Brennstoffe und die volatilen Märkte setzt, auf denen sie gehandelt werden.
Als die ukrainische Meteorologin Svitlana Krakovska sich bei einem Fliegeralarm in Kiew im letzten Monat in Sicherheit gebracht hatte, sprach sie eine wichtige Wahrheit aus: dass der Klimawandel wie auch der Krieg gegen die Ukraine beide eng mit fossilen Brennstoffen verknüpft sind – und mit unserer Abhängigkeit von ihnen. Zwar erkennt die Bundesregierung an, dass Klima und nationale Sicherheit zusammenhängen. Bisher reichte das jedoch nicht aus, um Deutschland aus seiner Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu befreien.
Die Abhängigkeit von russischem Gas wird wohl erst 2024 vollständig beendet werden können. Bis dahin wird Russland weiter mit den Finanzmitteln ausgestattet, die es für seinen Krieg gegen die Ukraine benötigt. Der Staatskonzern Gazprom ist Europas größter Erdgaslieferant und meldete vergangenes Jahr Einnahmen in Rekordhöhe. Russlands Einnahmen durch Öl fallen sogar noch höher aus. Laut Transport & Environment zahlt Europa für russisches Öl jeden Tag 285 Millionen US-Dollar. Davon entfallen 65 Millionen US-Dollar täglich auf Deutschland, Europas größten Importeur von russischem Erdöl.
Die Abhängigkeit als Brandbeschleuniger
Ein Stopp dieser Geldströme wäre für Putins Russland ein großes Problem und würde die Wirkung des Öl-Embargos der USA verstärken. Kein anderes Land in Europa ist jedoch so stark auf Importe aus Russland angewiesen wie Deutschland. Die Frage, wie Deutschland ohne Energielieferungen aus Russland auskommen kann, hält das Land davon ab, die strengste aller Sanktionen zu verhängen.
Dabei vervielfacht die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bestehende Sicherheitsrisiken noch: Der Krieg gefährdet die deutsche Energiesicherheit, droht eine Krise der Lebenshaltungskosten auszulösen und schürt Zweifel am langfristigen Wohlstand des Landes. Gleichzeitig wirkt Deutschlands Abhängigkeit von russischen Brennstoffimporten wie ein Brandbeschleuniger auf den Krieg in der Ukraine und erschwert es, ihn zu beenden.
Die USA wird ein Partner bei der Diversifizierung der Gasversorgung sein, aber kurzfristige Versorgungslösungen sollten nicht die Zukunft bestimmen. Die unverzügliche Senkung der Gasnachfrage durch mehr Energieeffizienz und eine entschiedene Abkehr von fossilen Brennstoffen müssen Priorität haben.
Damit lassen sich auch die verheerenden Gefahren des Klimawandels mindern: von Überflutungen, die in Deutschland bereits zahlreiche Menschenleben gefordert haben, bis hin zu den Hitzewellen, die Europa in den letzten Jahren heimgesucht haben. Der Klimawandel kann auch an Orten, an denen er nicht unmittelbar Konflikte verursacht, die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Spannungen verstärken und Staaten destabilisieren.
Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, die Gas-Importe aus Russland dieses Jahr um zwei Drittel zu reduzieren. Gleichzeitig will sie erneuerbare Energien, Innovationen im Bereich saubere Energie sowie Energieeffizienz ausbauen und ausweiten.
Der Europäische Green Deal kann zum zentralen Hebel werden, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen und neben der Klimaschutzbewegung auch aus im militärischen Bereich Unterstützung finden. Der International Military Council on Climate and Security (IMCCS) hat erkannt, dass der Green Deal eine treibende Kraft der internationalen Energiediplomatie sein wird. Gleichzeitig rufen wir die EU auf, einen stärker integrierten Ansatz für Klimasicherheit zu verfolgen: Das Zusammenspiel von Entwicklungsmaßnahmen, Diplomatie und verteidigungspolitischen Anstrengungen, ergänzt durch Klimafinanzierung, ist ein entscheidender Faktor im Hinblick auf Stabilität und Frieden in gefährdeten Regionen.
Auf seinem Weg in eine fossilfreie Energieversorgung hört man aus Deutschland Vielversprechendes. Die beispiellosen Investitionen in Sicherheit und Verteidigung in Höhe von 100 Milliarden Euro werden flankiert von der Bereitstellung weiterer 90 Milliarden Euro für den Klimaschutz (zusätzlich zu den bereits vorgesehenen Mitteln in Höhe von 110 Milliarden Euro) – all das sind positive Signale, die zeigen: Deutschland ist sich bewusst, dass man mit Investitionen in den Klimaschutz zugleich auch in Frieden und Stabilität investiert.
Der nächste Schritt besteht darin, alle Hebel für die Energiewende in Bewegung zu setzen und Innovationen in Bereichen wie Mikronetze oder besserer Akkutechnologien zu beschleunigen. Auch wenn Deutschland eines Tages auf grüne Energie umgestellt hat, wird es nach wie vor endliche Rohstoffe wie seltenen Erden benötigen, die einen kleinen, aber wichtigen Bestandteil der Technologien zur Gewinnung erneuerbarer Energie darstellen. Man muss sich genau ansehen, auf welche Weise Konflikte und Unterbrechungen der Handelsströme zur Gefahr für die Lieferketten werden können. Und man muss die Abhängigkeit von destruktiven Energielieferanten verringern.
Die transatlantische Zusammenarbeit wird eine ganz entscheidende Rolle spielen. Eine führende Rolle der USA bei Investitionen in grüne Energien, sowie eine Mehrheit für Joe Bidens Klimaplan, werden für Marktsicherheit sorgen, die für den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie und von Technologien für grünen Wasserstoff Voraussetzung ist. Und die NATO muss bei der Bewertung der Sicherheitslage fossilfreie Energie und Emissionssenkungen als wirksame Hebel für die globale Sicherheit berücksichtigen.
Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe und verdeutlicht die Gefahr, die Putins Russland für die Welt darstellt. Eine entschlossene Reaktion Deutschlands, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden, kann der Katalysator für eine Entwicklung hin zu mehr Klima- und geopolitischer Sicherheit sein – in Europa und weltweit.
Sherri Goodman ist Expertin für internationale Sicherheit und Klimawandel. Sie ist Vorstandsvorsitzende der US-amerikanischen Organisationen Council of Strategic Risks und Generalsekretärin des International Military Council on Climate and Security. Beide Institutionen befassen sich mit der Analyse und Bekämpfung strategischer Sicherheitsrisiken wie dem Klimawandel. Von 1993-2001 war sie im US-Verteidigungsministerium im Bereich Umweltsicherheit tätig.
Als die ukrainische Meteorologin Svitlana Krakovska sich bei einem Fliegeralarm in Kiew im letzten Monat in Sicherheit gebracht hatte, sprach sie eine wichtige Wahrheit aus: dass der Klimawandel wie auch der Krieg gegen die Ukraine beide eng mit fossilen Brennstoffen verknüpft sind – und mit unserer Abhängigkeit von ihnen. Zwar erkennt die Bundesregierung an, dass Klima und nationale Sicherheit zusammenhängen. Bisher reichte das jedoch nicht aus, um Deutschland aus seiner Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu befreien.
Die Wucht der russischen Invasion, finanziert durch den Verkauf von Gas, Kohle und Öl, zeigt: Eine resiliente und unabhängigere Energieversorgung ist eine Frage der nationalen Sicherheit. Und diese ist nur möglich, wenn man weniger auf fossile Brennstoffe und die volatilen Märkte setzt, auf denen sie gehandelt werden.
Die Abhängigkeit als Brandbeschleuniger
Die Abhängigkeit von russischem Gas wird wohl erst 2024 vollständig beendet werden können. Bis dahin wird Russland weiter mit den Finanzmitteln ausgestattet, die es für seinen Krieg gegen die Ukraine benötigt. Der Staatskonzern Gazprom ist Europas größter Erdgaslieferant und meldete vergangenes Jahr Einnahmen in Rekordhöhe. Russlands Einnahmen durch Öl fallen sogar noch höher aus. Laut Transport & Environment zahlt Europa für russisches Öl jeden Tag 285 Millionen US-Dollar. Davon entfallen 65 Millionen US-Dollar täglich auf Deutschland, Europas größten Importeur von russischem Erdöl.
Ein Stopp dieser Geldströme wäre für Putins Russland ein großes Problem und würde die Wirkung des Öl-Embargos der USA verstärken. Kein anderes Land in Europa ist jedoch so stark auf Importe aus Russland angewiesen wie Deutschland. Die Frage, wie Deutschland ohne Energielieferungen aus Russland auskommen kann, hält das Land davon ab, die strengste aller Sanktionen zu verhängen.
Dabei vervielfacht die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bestehende Sicherheitsrisiken noch: Der Krieg gefährdet die deutsche Energiesicherheit, droht eine Krise der Lebenshaltungskosten auszulösen und schürt Zweifel am langfristigen Wohlstand des Landes. Gleichzeitig wirkt Deutschlands Abhängigkeit von russischen Brennstoffimporten wie ein Brandbeschleuniger auf den Krieg in der Ukraine und erschwert es, ihn zu beenden.
Die USA wird ein Partner bei der Diversifizierung der Gasversorgung sein, aber kurzfristige Versorgungslösungen sollten nicht die Zukunft bestimmen. Die unverzügliche Senkung der Gasnachfrage durch mehr Energieeffizienz und eine entschiedene Abkehr von fossilen Brennstoffen müssen Priorität haben.
Grüner denken und handeln
Damit lassen sich auch die verheerenden Gefahren des Klimawandels mindern: von Überflutungen, die in Deutschland bereits zahlreiche Menschenleben gefordert haben, bis hin zu den Hitzewellen, die Europa in den letzten Jahren heimgesucht haben. Der Klimawandel kann auch an Orten, an denen er nicht unmittelbar Konflikte verursacht, die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Spannungen verstärken und Staaten destabilisieren.
Entschlossen reagieren
Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, die Gas-Importe aus Russland dieses Jahr um zwei Drittel zu reduzieren. Gleichzeitig will sie erneuerbare Energien, Innovationen im Bereich saubere Energie sowie Energieeffizienz ausbauen und ausweiten.
Der Europäische Green Deal kann zum zentralen Hebel werden, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen und neben der Klimaschutzbewegung auch aus im militärischen Bereich Unterstützung finden. Der International Military Council on Climate and Security (IMCCS) hat erkannt, dass der Green Deal eine treibende Kraft der internationalen Energiediplomatie sein wird. Gleichzeitig rufen wir die EU auf, einen stärker integrierten Ansatz für Klimasicherheit zu verfolgen: Das Zusammenspiel von Entwicklungsmaßnahmen, Diplomatie und verteidigungspolitischen Anstrengungen, ergänzt durch Klimafinanzierung, ist ein entscheidender Faktor im Hinblick auf Stabilität und Frieden in gefährdeten Regionen.
Auf seinem Weg in eine fossilfreie Energieversorgung hört man aus Deutschland Vielversprechendes. Die beispiellosen Investitionen in Sicherheit und Verteidigung in Höhe von 100 Milliarden Euro werden flankiert von der Bereitstellung weiterer 90 Milliarden Euro für den Klimaschutz (zusätzlich zu den bereits vorgesehenen Mitteln in Höhe von 110 Milliarden Euro) – all das sind positive Signale, die zeigen: Deutschland ist sich bewusst, dass man mit Investitionen in den Klimaschutz zugleich auch in Frieden und Stabilität investiert.
Der nächste Schritt besteht darin, alle Hebel für die Energiewende in Bewegung zu setzen und Innovationen in Bereichen wie Mikronetze oder besserer Akkutechnologien zu beschleunigen. Auch wenn Deutschland eines Tages auf grüne Energie umgestellt hat, wird es nach wie vor endliche Rohstoffe wie seltenen Erden benötigen, die einen kleinen, aber wichtigen Bestandteil der Technologien zur Gewinnung erneuerbarer Energie darstellen. Man muss sich genau ansehen, auf welche Weise Konflikte und Unterbrechungen der Handelsströme zur Gefahr für die Lieferketten werden können. Und man muss die Abhängigkeit von destruktiven Energielieferanten verringern.
Die transatlantische Zusammenarbeit wird eine ganz entscheidende Rolle spielen. Eine führende Rolle der USA bei Investitionen in grüne Energien, sowie eine Mehrheit für Joe Bidens Klimaplan, werden für Marktsicherheit sorgen, die für den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie und von Technologien für grünen Wasserstoff Voraussetzung ist. Und die NATO muss bei der Bewertung der Sicherheitslage fossilfreie Energie und Emissionssenkungen als wirksame Hebel für die globale Sicherheit berücksichtigen.
Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe und verdeutlicht die Gefahr, die Putins Russland für die Welt darstellt. Eine entschlossene Reaktion Deutschlands, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden, kann der Katalysator für eine Entwicklung hin zu mehr Klima- und geopolitischer Sicherheit sein – in Europa und weltweit.
Sherri Goodman ist Expertin für internationale Sicherheit und Klimawandel. Sie ist Vorstandsvorsitzende der US-amerikanischen Organisationen Council of Strategic Risks und Generalsekretärin des International Military Council on Climate and Security. Beide Institutionen befassen sich mit der Analyse und Bekämpfung strategischer Sicherheitsrisiken wie dem Klimawandel. Von 1993-2001 war sie im US-Verteidigungsministerium im Bereich Umweltsicherheit tätig.