Meinung: Lebenslänglich für Osman Kavala – wieder ein politisches Urteil in der Türkei
Osman Kavala muss lebenslang ins Gefängnis. Ein Urteil, das alle befürchtet, aber auch alle erwartet haben. Denn die Justiz in der Türkei ist unverkennbar politisch gesteuert, meint Erkan Arikan.
Es ist mal wieder einer dieser Tage, an denen ich mich frage, welche Maßstäbe bei Gerichtsurteilen in der Türkei eigentlich angesetzt werden. Zwar ist Osman Kavala vom Vorwurf der Spionage im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom Sommer 2016 freigesprochen worden. Ihn aber stattdessen wegen versuchtem Umsturz im Rahmen der Gezi-Proteste 2013 schuldig zu sprechen und lebenslang hinter Gitter zu bringen, ist so lächerlich, als wenn man Micky Maus wegen Terrorverdachts nach Guantanamo bringen würde.
Doch nicht nur ich bin fassungslos und enttäuscht – den zahlreichen Unterstützern Kavalas im Gerichtssaal, die ihre Tränen nicht zurückhalten konnten, ging es ebenfalls so. Gleich im Anschluss an die Urteilsbegründung skandierten sie: “Überall ist Taksim, überall ist Widerstand” – in Anspielung an die Gezi-Proteste auf dem Taksim-Platz.
Es ist mal wieder einer dieser Tage, an denen ich mich frage, welche Maßstäbe bei Gerichtsurteilen in der Türkei eigentlich angesetzt werden. Zwar ist Osman Kavala vom Vorwurf der Spionage im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom Sommer 2016 freigesprochen worden. Ihn aber stattdessen wegen versuchtem Umsturz im Rahmen der Gezi-Proteste 2013 schuldig zu sprechen und lebenslang hinter Gitter zu bringen, ist so lächerlich, als wenn man Micky Maus wegen Terrorverdachts nach Guantanamo bringen würde.
Viele Juristen und Experten, aber auch die Anwälte des Angeklagten haben darauf hingewiesen, dass während des gesamten Verfahrens kein einziges Beweismittel präsentiert wurde, das in irgendeiner Weise überhaupt die Anklage gerechtfertigt hätte. Schlüssige Beweise hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vermisst. Darum auch die vielen Rügen aus dem Ausland und die massive Aufforderung an Ankara, Osman Kavala frei zu lassen.
Die beste Verteidigung hilft nichts
Über Jahre bereiteten sich Kavalas Anwälte auf jeden Prozesstag akribisch vor. Viele Gespräche habe ich mit einem dieser Anwälte, Ilkan Koyuncu, geführt: “Verteidige so viel du willst, die Entscheidung ist doch klar!” Und diese Entscheidung wäre nie und nimmer ein Freispruch gewesen.
So war der Urteilsspruch der Richter, den Kavala am Montag nach 1637 Tagen in Haft per Videocall im Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul vernehmen musste, keine wirkliche Überraschung. Seine Reaktion war emotional und eindeutig: “Dies ist ein Attentat unter Einsatz der Justiz!”
Es ist offensichtlich: An Osman Kavala soll ein Exempel statuiert werden. Die Türkei in der Person des Staatspräsidenten Erdogan zeigt der Welt, “wer sich mit mir anlegt, der hat schon verloren”. Der Kulturförderer Kavala hatte nie eine Chance auf einen fairen Prozess. Der Oppositionspolitiker Ahmet Şik bezeichnete die Richter als Mafiosi in Roben. Und recht hat er.
Dieses Urteil ist ein Affront gegen Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit. Denn in der Türkei wurden ihr die Waage und die Augenbinde weggenommen.
Es ist mal wieder einer dieser Tage, an denen ich mich frage, welche Maßstäbe bei Gerichtsurteilen in der Türkei eigentlich angesetzt werden. Zwar ist Osman Kavala vom Vorwurf der Spionage im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom Sommer 2016 freigesprochen worden. Ihn aber stattdessen wegen versuchtem Umsturz im Rahmen der Gezi-Proteste 2013 schuldig zu sprechen und lebenslang hinter Gitter zu bringen, ist so lächerlich, als wenn man Micky Maus wegen Terrorverdachts nach Guantanamo bringen würde.
Doch nicht nur ich bin fassungslos und enttäuscht – den zahlreichen Unterstützern Kavalas im Gerichtssaal, die ihre Tränen nicht zurückhalten konnten, ging es ebenfalls so. Gleich im Anschluss an die Urteilsbegründung skandierten sie: “Überall ist Taksim, überall ist Widerstand” – in Anspielung an die Gezi-Proteste auf dem Taksim-Platz.
Die beste Verteidigung hilft nichts
Viele Juristen und Experten, aber auch die Anwälte des Angeklagten haben darauf hingewiesen, dass während des gesamten Verfahrens kein einziges Beweismittel präsentiert wurde, das in irgendeiner Weise überhaupt die Anklage gerechtfertigt hätte. Schlüssige Beweise hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vermisst. Darum auch die vielen Rügen aus dem Ausland und die massive Aufforderung an Ankara, Osman Kavala frei zu lassen.
Über Jahre bereiteten sich Kavalas Anwälte auf jeden Prozesstag akribisch vor. Viele Gespräche habe ich mit einem dieser Anwälte, Ilkan Koyuncu, geführt: “Verteidige so viel du willst, die Entscheidung ist doch klar!” Und diese Entscheidung wäre nie und nimmer ein Freispruch gewesen.
So war der Urteilsspruch der Richter, den Kavala am Montag nach 1637 Tagen in Haft per Videocall im Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul vernehmen musste, keine wirkliche Überraschung. Seine Reaktion war emotional und eindeutig: “Dies ist ein Attentat unter Einsatz der Justiz!”
Es ist offensichtlich: An Osman Kavala soll ein Exempel statuiert werden. Die Türkei in der Person des Staatspräsidenten Erdogan zeigt der Welt, “wer sich mit mir anlegt, der hat schon verloren”. Der Kulturförderer Kavala hatte nie eine Chance auf einen fairen Prozess. Der Oppositionspolitiker Ahmet Şik bezeichnete die Richter als Mafiosi in Roben. Und recht hat er.
Erdogan brüskiert wieder einmal den Westen
Dieses Urteil ist ein Affront gegen Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit. Denn in der Türkei wurden ihr die Waage und die Augenbinde weggenommen.