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Nach Tod von IS-Chef: Wie geht es weiter mit dem “Islamischen Staat”?

Der Chef der Terrorgruppe “Islamischer Staat” (IS) hatte in Nordwest-Syrien Unterschlupf gefunden. Im Rahmen einer US-Militäraktion wurde er kürzlich getötet. Wer könnte Nachfolger werden? Und wie stark ist der IS noch?

Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi verließ nie das Haus. Er war der einzige hohe Anführer der Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS), der nie Video- und Sprachbotschaften veröffentlichte – aus Sorge, in seinem unscheinbaren Haus in der Provinz Idlib, im Nordwesten Syriens, doch noch entdeckt zu werden. Beherrscht wird die Gegend von der ebenfalls islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), der früheren Al-Nusra-Front, einem Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida. HTS und IS betrachten sich gegenseitig als Feinde. Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischis Nachbarn hätten daher nicht mal geahnt, wer der Mann im Haus nebenan gewesen ist, heißt es. Offenbar plante der IS-Anführer von dort aus ein “Comeback” der Terrororganisation. 

Doch US-Geheimdienste konnten trotzdem rausfinden, wo sich Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi
aufhielt: in Atmeh, einem Ort an der türkischen Grenze. Auch wenn sein Vorgänger, Abu Baker al-Bagdadi ebenfalls in der Region Idlib untergetaucht war, hatte doch kaum jemand seinen Nachfolger dort vermutet. Anfang Februar folgte dann aber der Militärschlag gegen den IS-Chef. Während des US-Angriffs sprengte sich der Anführer der Terrorgruppe laut US-Beamten in seinem Versteck selbst in die Luft und riss dabei laut US-Angaben auch mehrere Familienmitglieder mit in den Tod. 

Welche Auswirkungen hat der Tod von Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi auf die Terrororganisation, und wie stark ist der sogenannte IS heute noch?

Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi verließ nie das Haus. Er war der einzige hohe Anführer der Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS), der nie Video- und Sprachbotschaften veröffentlichte – aus Sorge, in seinem unscheinbaren Haus in der Provinz Idlib, im Nordwesten Syriens, doch noch entdeckt zu werden. Beherrscht wird die Gegend von der ebenfalls islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), der früheren Al-Nusra-Front, einem Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida. HTS und IS betrachten sich gegenseitig als Feinde. Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischis Nachbarn hätten daher nicht mal geahnt, wer der Mann im Haus nebenan gewesen ist, heißt es. Offenbar plante der IS-Anführer von dort aus ein “Comeback” der Terrororganisation. 

Doch US-Geheimdienste konnten trotzdem rausfinden, wo sich Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi
aufhielt: in Atmeh, einem Ort an der türkischen Grenze. Auch wenn sein Vorgänger, Abu Baker al-Bagdadi ebenfalls in der Region Idlib untergetaucht war, hatte doch kaum jemand seinen Nachfolger dort vermutet. Anfang Februar folgte dann aber der Militärschlag gegen den IS-Chef. Während des US-Angriffs sprengte sich der Anführer der Terrorgruppe laut US-Beamten in seinem Versteck selbst in die Luft und riss dabei laut US-Angaben auch mehrere Familienmitglieder mit in den Tod. 

Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden, Musab al-Zarkawi, Al-Kaida Chef im Irak – und auch der frührere IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi: Alle diese drei Terrorgruppen-Chefs wurden von den USA erfolgreich gejagt und getötet. Die führenden Köpfe wurden anschließend jedoch stets durch andere, neue Führungskräfte ersetzt, und auch die jeweiligen Gruppen tauchten, teilweise neu formiert, stets wieder neu auf.

Was bedeutet der Tod des IS-Anführers?

Die kürzlich erfolgte Tötung eines weiteren Terroristen-Anführers wird die Ideologie des IS ebenfalls nicht auslöschen können, da sind sich Experten einig. „Der Tod von Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi ist aber dennoch ein schwerer Schlag für die Organisation”, sagt Guido Steinberg, Terrorismus-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

Viel ist über den Iraker Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi nicht bekannt. Er soll einen Master in Islamwissenschaft gehabt haben, eine Zeit lang unter Iraks Ex-Diktator Saddam Hussain in der irakischen Armee gedient haben. Seit mindestens 2007 war er schließlich bei der Terrororganisation IS aktiv.

Sein Vorgänger Abu Bakr al-Bagdadi hatte ihn noch vor seinem eigenen Tod 2019 zum Nachfolger erklärt. Der Tod von Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi erfolgte jetzt allerdings zu einer Zeit, in der der IS bereits längst sein “Kalifat” und mit dessen Gebieten im Irak und in Syrien auch eine große Anzahl von Kämpfern verloren hat. Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi habe sich nicht nur um operative Dinge gekümmert, sondern sei darüber hinaus für IS-Anhänger auch eine religiöse Autorität gewesen, sagt Steinberg. Der IS hat in der Vergangenheit mehrfach klar gemacht, dass dies ebenfalls ein wichtiges Kriterium ist. Jetzt steht die Organisation vor einem potenziellen Führungsvakuum.

“Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi ist schwer zu ersetzen”, sagt Experte Guido Steinberg. Eine Person, die zum einen über eine religiöse Autorität verfügt, gleichzeitig aber auch militärisch-operativ als stark gelte, sei derzeit nicht so leicht zu finden für den IS. Durch den jahrelangen Anti-Terror-Kampf sind viele mögliche Führungspersönlichkeiten längst getötet worden. Daher ist der Kreis möglicher Kandidaten vermutlich eher klein. Guido Steinberg vermutet, dass es möglicherweise ein Iraker werden wird, da “der IS in den letzten drei Jahren wieder zu einer stärker irakischen Organisation geworden ist”. 

Der IS ist heute weiterhin im Norden und Nordwesten des Irak und im Osten Syriens aktiv. Er hat in Syrien in der jüngsten Vergangenheit aber weitgehend aus dem Nordosten heraus operiert – dem Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung. Während manche Experten von einer heutigen Truppenstärke von 4000-6000 Kämpfern ausgehen, gibt es auch Schätzungen über bis zu 10.000 verbliebene IS-Kämpfer in Syrien und im Irak. Zum Potenzial der Terrororganisation gehören aber auch Tausende inhaftierte Kämpfer und Zehntausende ihrer Familienangehörigen, die in Camps und Gefängnissen der kurdischen Selbstverwaltung in Syrien sitzen.

Darüber hinaus hat der IS 2014 regionale Ableger gegründet, von denen vor allem die in Afghanistan, Libyen und auch im Jemen einige Zeit als stark galten. “Der IS ist heute aber dennoch sehr viel schwächer als während seiner Blütezeit in den Jahren 2014-2016”, sagt Guido Steinberg. Damals soll der IS schätzungsweise zwischen 30.000 und 40.000 Kämpfern gehabt haben – er kontrollierte damals ein Gebiet, auf dem sechs bis neun Millionen Menschen lebten.

Der IS hat aber seit dem territorialen Verlust seines “Kalifats” zunehmend Probleme damit gehabt, sein internationales Netzwerk zu kontrollieren – daher scheint die Organisation heute stärker dezentral zu agieren. Steinberg geht davon aus, dass Kontakte zwischen den verschiedenen IS-Gruppierungen bestehen: “Die Tatsache, dass der letzte jetzt getötete Anführer so nah an der türkischen Grenze präsent war, zeigt, dass es wichtig ist für den IS, internationale Kontakte zu halten.”

Es werde für den IS in den nächsten Monaten und Jahren nun aber sehr viel schwieriger werden, diese Kontakte zu halten. “Inwieweit ihm das überhaupt gelingt, hängt vor allem davon ab, ob er im Irak und Syrien weiter erstarken kann, und ob er vielleicht sogar aus dem Untergrund heraustreten und eine neue Territorialherrschaft beginnen kann.” Dies sei aber erst einmal nicht in Sicht.

Der Tod des IS-Anführers habe zudem noch einmal gezeigt, dass die US-Behörden über gute und präzise nachrichtendienstliche Informationen verfügen, auch was Verstecke betrifft. Zugleich profitierte die Terrororganisation aber weiterhin von der politischen Instabilität im Irak und in Syrien. “Deswegen darf man die Organisation immer noch nicht abschreiben”, so Steinberg. An den Finanzen dürfte der Fortbestand der Organisation ebenfalls nicht scheitern, der IS soll möglicherweise dreistellige Millionenbeträge beiseitegeschafft haben. Auch wenn die Organisation geschwächt ist, “müssen wir uns darauf einstellen, dass sie zumindest im Irak und Syrien auf Jahre hinaus ein ganz wichtiger Macht-Faktor bleiben wird – und auch in Afghanistan”, so Steinberg.

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Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi verließ nie das Haus. Er war der einzige hohe Anführer der Terrororganisation “Islamischer Staat” (IS), der nie Video- und Sprachbotschaften veröffentlichte – aus Sorge, in seinem unscheinbaren Haus in der Provinz Idlib, im Nordwesten Syriens, doch noch entdeckt zu werden. Beherrscht wird die Gegend von der ebenfalls islamistischen Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), der früheren Al-Nusra-Front, einem Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida. HTS und IS betrachten sich gegenseitig als Feinde. Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischis Nachbarn hätten daher nicht mal geahnt, wer der Mann im Haus nebenan gewesen ist, heißt es. Offenbar plante der IS-Anführer von dort aus ein “Comeback” der Terrororganisation. 

Doch US-Geheimdienste konnten trotzdem rausfinden, wo sich Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi
aufhielt: in Atmeh, einem Ort an der türkischen Grenze. Auch wenn sein Vorgänger, Abu Baker al-Bagdadi ebenfalls in der Region Idlib untergetaucht war, hatte doch kaum jemand seinen Nachfolger dort vermutet. Anfang Februar folgte dann aber der Militärschlag gegen den IS-Chef. Während des US-Angriffs sprengte sich der Anführer der Terrorgruppe laut US-Beamten in seinem Versteck selbst in die Luft und riss dabei laut US-Angaben auch mehrere Familienmitglieder mit in den Tod. 

Welche Auswirkungen hat der Tod von Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi auf die Terrororganisation, und wie stark ist der sogenannte IS heute noch?

Was bedeutet der Tod des IS-Anführers?

Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden, Musab al-Zarkawi, Al-Kaida Chef im Irak – und auch der frührere IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi: Alle diese drei Terrorgruppen-Chefs wurden von den USA erfolgreich gejagt und getötet. Die führenden Köpfe wurden anschließend jedoch stets durch andere, neue Führungskräfte ersetzt, und auch die jeweiligen Gruppen tauchten, teilweise neu formiert, stets wieder neu auf.

Die kürzlich erfolgte Tötung eines weiteren Terroristen-Anführers wird die Ideologie des IS ebenfalls nicht auslöschen können, da sind sich Experten einig. „Der Tod von Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi ist aber dennoch ein schwerer Schlag für die Organisation”, sagt Guido Steinberg, Terrorismus-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

Viel ist über den Iraker Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi nicht bekannt. Er soll einen Master in Islamwissenschaft gehabt haben, eine Zeit lang unter Iraks Ex-Diktator Saddam Hussain in der irakischen Armee gedient haben. Seit mindestens 2007 war er schließlich bei der Terrororganisation IS aktiv.

Sein Vorgänger Abu Bakr al-Bagdadi hatte ihn noch vor seinem eigenen Tod 2019 zum Nachfolger erklärt. Der Tod von Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi erfolgte jetzt allerdings zu einer Zeit, in der der IS bereits längst sein “Kalifat” und mit dessen Gebieten im Irak und in Syrien auch eine große Anzahl von Kämpfern verloren hat. Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi habe sich nicht nur um operative Dinge gekümmert, sondern sei darüber hinaus für IS-Anhänger auch eine religiöse Autorität gewesen, sagt Steinberg. Der IS hat in der Vergangenheit mehrfach klar gemacht, dass dies ebenfalls ein wichtiges Kriterium ist. Jetzt steht die Organisation vor einem potenziellen Führungsvakuum.

Wer könnte Nachfolger werden?

“Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi ist schwer zu ersetzen”, sagt Experte Guido Steinberg. Eine Person, die zum einen über eine religiöse Autorität verfügt, gleichzeitig aber auch militärisch-operativ als stark gelte, sei derzeit nicht so leicht zu finden für den IS. Durch den jahrelangen Anti-Terror-Kampf sind viele mögliche Führungspersönlichkeiten längst getötet worden. Daher ist der Kreis möglicher Kandidaten vermutlich eher klein. Guido Steinberg vermutet, dass es möglicherweise ein Iraker werden wird, da “der IS in den letzten drei Jahren wieder zu einer stärker irakischen Organisation geworden ist”. 

Wo ist der IS aktiv und wie stark ist er?

Der IS ist heute weiterhin im Norden und Nordwesten des Irak und im Osten Syriens aktiv. Er hat in Syrien in der jüngsten Vergangenheit aber weitgehend aus dem Nordosten heraus operiert – dem Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung. Während manche Experten von einer heutigen Truppenstärke von 4000-6000 Kämpfern ausgehen, gibt es auch Schätzungen über bis zu 10.000 verbliebene IS-Kämpfer in Syrien und im Irak. Zum Potenzial der Terrororganisation gehören aber auch Tausende inhaftierte Kämpfer und Zehntausende ihrer Familienangehörigen, die in Camps und Gefängnissen der kurdischen Selbstverwaltung in Syrien sitzen.

Darüber hinaus hat der IS 2014 regionale Ableger gegründet, von denen vor allem die in Afghanistan, Libyen und auch im Jemen einige Zeit als stark galten. “Der IS ist heute aber dennoch sehr viel schwächer als während seiner Blütezeit in den Jahren 2014-2016”, sagt Guido Steinberg. Damals soll der IS schätzungsweise zwischen 30.000 und 40.000 Kämpfern gehabt haben – er kontrollierte damals ein Gebiet, auf dem sechs bis neun Millionen Menschen lebten.

Der IS hat aber seit dem territorialen Verlust seines “Kalifats” zunehmend Probleme damit gehabt, sein internationales Netzwerk zu kontrollieren – daher scheint die Organisation heute stärker dezentral zu agieren. Steinberg geht davon aus, dass Kontakte zwischen den verschiedenen IS-Gruppierungen bestehen: “Die Tatsache, dass der letzte jetzt getötete Anführer so nah an der türkischen Grenze präsent war, zeigt, dass es wichtig ist für den IS, internationale Kontakte zu halten.”

Es werde für den IS in den nächsten Monaten und Jahren nun aber sehr viel schwieriger werden, diese Kontakte zu halten. “Inwieweit ihm das überhaupt gelingt, hängt vor allem davon ab, ob er im Irak und Syrien weiter erstarken kann, und ob er vielleicht sogar aus dem Untergrund heraustreten und eine neue Territorialherrschaft beginnen kann.” Dies sei aber erst einmal nicht in Sicht.

Der Tod des IS-Anführers habe zudem noch einmal gezeigt, dass die US-Behörden über gute und präzise nachrichtendienstliche Informationen verfügen, auch was Verstecke betrifft. Zugleich profitierte die Terrororganisation aber weiterhin von der politischen Instabilität im Irak und in Syrien. “Deswegen darf man die Organisation immer noch nicht abschreiben”, so Steinberg. An den Finanzen dürfte der Fortbestand der Organisation ebenfalls nicht scheitern, der IS soll möglicherweise dreistellige Millionenbeträge beiseitegeschafft haben. Auch wenn die Organisation geschwächt ist, “müssen wir uns darauf einstellen, dass sie zumindest im Irak und Syrien auf Jahre hinaus ein ganz wichtiger Macht-Faktor bleiben wird – und auch in Afghanistan”, so Steinberg.

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