Ukraine aktuell: Baerbock verteidigt Lieferung schwerer Waffen
Völkerrechtlich sei die Lieferung kein Kriegseintritt, betonte die deutsche Außenministerin bei einer Befragung im Bundestag. Russland meldet Geländegewinne im Süden und Osten der Ukraine. Ein Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
Details zu deutschen Waffenlieferungen
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auch vor dem Hintergrund von Warnungen vor einer drohenden atomaren Eskalation verteidigt. Welche Schritte Russland in dem Krieg noch gehe, liege allein im Ermessen von Präsident Wladimir Putin, sagte die Grünen-Politikerin im Bundestag in Berlin auf die Frage, welche Rolle die Gefahr eines Atomkrieges bei der Entscheidung gespielt habe.
Die Außenministerin betonte, dass die Entscheidung zur Genehmigung von Panzerlieferungen an die Ukraine “kein Schnellschuss” gewesen sei. Der Schritt sei eng mit den Bündnispartnern vorbereitet und abgestimmt worden. Zugleich wie sie darauf hin, dass Deutschland als großes und einflussreiches Land eine “besondere Verantwortung” habe, weil sein Handeln den kleineren Ländern in der EU als Orientierung diene.
Die Ministerin wies den Vorwurf zurück, dass sich Deutschland durch die Waffenlieferungen zur Kriegspartei machen könnte. “Das ist kein Kriegseintritt, weil wir das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung unterstützen”, sagte sie. Dieses Recht sei in der UN-Charta verbrieft. Baerbock räumte allerdings ein, dass nicht zu erwarten sei, dass Russland solche völkerrechtlichen Argumente respektiere.
In der Regierungsbefragung im Bundestag verlas Baerbock eine Liste von Rüstungsmaterial, das bereits aus Deutschland kommend in der Ukraine eingetroffen sei. Demnach handelt es sich um mehrere tausend Panzerfäuste, Flugabwehrraketen vom Typ Stinger, Strela-Fliegerfäuste, Munition im zweistelligen Millionenbereich, Bunkerfäuste, Maschinengewehre, Panzerabwehrrichtminen, Handgranaten in sechsstelliger Zahl und Sprengladungen.
Darüber hinaus habe die Bundesregierung – weil die eigenen Bestände erschöpft gewesen seien – Waffenlieferungen durch die Rüstungsindustrie veranlasst. Geliefert worden seien hier Panzerminen und vor allem Artilleriemunition. Diese Liste gebe sie auch “im Namen der Bundesregierung” bekannt, betonte die Außenministerin.
Das russische Militär hat nach eigener Darstellung die Kontrolle über große Teile der Ost- und Südukraine erlangt. “Die russische Armee hat das gesamte Gebiet Cherson, Teile der Gebiete Charkiw, Saporischja, Mykolajiw sowie bedeutende Teile der Donezker und Luhansker Volksrepublik unter ihre Kontrolle genommen”, erklärte Generaloberst Michail Misinzew. In den eroberten Gebieten kehre langsam wieder der friedliche Alltag ein, die soziale Infrastruktur werde instand gesetzt und die Aussaat habe begonnen, behauptete er. Von unabhängiger Seite konnten die Angaben nicht überprüft werden.
Yuriy Sak, ein Berater des ukrainischen Verteidigungsministers, sagte dazu im Interview der Deutschen Welle: “Wir sind zuversichtlich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, diese Städte und diese Regionen zu befreien. Und natürlich brauchen wir dafür mehr schwere Waffen von unseren internationalen Partnern.” Die deutsche Verteidigungsministerin habe zwar zugesagt, mehr Panzer zu liefern, aber das ist immer noch nicht ausreichend.
Durch einen Raketenangriff zerstörte die russische Armee nach eigenen Angaben eine “große Menge” westlicher Waffen im Südosten der Ukraine. Die Rüstungsgüter seien von den USA und europäischen Ländern geliefert worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Sie waren demnach in Lagerhallen auf dem Gelände eines Aluminiumwerks in Saporischschja gelagert.
In der prorussischen Separatistenregion Transnistrien in der Republik Moldau wurde nach Behördenangaben ein Dorf nahe der Grenze zur Ukraine attackiert, in dem sich ein großes russisches Munitionslager befindet. Das transnistrische Innenministerium teilte mit, in der Nacht zu Mittwoch seien mehrere Drohnen über Kolbasna – auf Rumänisch: Cobasna – geflogen. Am Morgen habe dann von der Ukraine aus Beschuss eingesetzt. Tote oder Verletzte gab es demnach nicht.
In dem Dorf lagern rund 20.000 Tonnen Munition aus Sowjetzeiten. Das Lager wird von russischen Truppen bewacht. Nach Angaben des Innenministeriums gilt es als das größte Munitionsdepot in Europa.
Am Montag und Dienstag hatten die Behörden in Transnistrien bereits eine Reihe von Explosionen gemeldet. Attackiert wurden demnach das Ministerium für Staatssicherheit in der Regionalhauptstadt Tiraspol, eine Armeeeinheit und ein russischer Funkturm.
Die transnistrischen Separatisten gaben der Ukraine auch an diesen Detonationen die Schuld. Kiew wies das zurück und erklärte seinerseits, der russische Geheimdienst FSB wolle die Region in den Krieg gegen die Ukraine hineinziehen.
Transnistrien hatte sich Anfang der 1990er Jahre im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion von Moldau abgespalten. International wird das Gebiet nicht als eigenständig anerkannt. Die russische Armee verfügt dort neben dem Munitionslager auch über einen Militärstützpunkt. Die Regierung in Chisinau fordert seit langem den Abzug der russischen Truppen aus der Region.
Russland hat Einreiseverbote gegen 287 Abgeordnete des britischen Unterhauses verhängt. Das Außenministerium in Moskau erklärte, die Strafmaßnahmen seien eine Reaktion auf die Entscheidung der britischen Regierung, 386 russische Duma-Abgeordnete auf ihre Sanktionsliste zu setzen. Die sanktionierten Abgeordneten hätten aktiv an der Ausarbeitung der gegen Russland verhängten Sanktionen mitgewirkt und zur anti-russischen Stimmung in Großbritannien beigetragen, schrieb das Moskauer Ministerium. Im britischen Unterhaus sitzen insgesamt 650 Abgeordnete. Mitte April hatte Russland bereits die britische Regierungsspitze mit Einreiseverboten belegt. Betroffen sind unter anderem Premierminister Boris Johnson, sein Stellvertreter Dominic Raab, Verteidigungsminister Ben Wallace und Außenministerin Liz Truss.
Russland hält nach Darstellung der Vereinten Nationen eine Rolle der UN bei Evakuierungsaktionen in der Ostukraine für möglich. Nach einem Treffen von UN-Generalsekretär António Guterres mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau teilten die Vereinten Nationen mit: “Der Präsident stimmte grundsätzlich der Beteiligung der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees für das Rote Kreuz an der Evakuierung von Zivilpersonen aus dem Asowstal-Werk in Mariupol zu.” Dazu sollten die UN mit dem russischen Verteidigungsministerium in Kontakt bleiben. Bei dem Gespräch mit Putin sei es auch um die Verbesserung der humanitären Hilfe für die Ukraine gegangen.
Russische Staatsmedien zeigten, wie sich Guterres und Putin an dem großen ovalen Tisch im Saal des Senatspalastes gegenübersaßen. Das Gespräch im Kreml am Dienstagabend soll etwa eine Stunde gedauert haben.
Putin erklärte bei der Begegnung mit Guterres: “Trotz der Tatsache, dass der Militäreinsatz (in der Ukraine) andauert, hoffen wir immer noch, dass wir in der Lage sein werden, auf diplomatischem Wege Abkommen zu erreichen.” Russland lehne Verhandlungen nicht ab. Diese waren allerdings ins Stocken geraten, nachdem im Großraum Kiew nach dem Abzug russischer Truppen viele Leichen von Zivilisten gefunden wurden. Damit habe die russische Armee “nichts zu tun”, betonte Putin erneut.
Das Wichtigste in Kürze:
Details zu deutschen Waffenlieferungen
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auch vor dem Hintergrund von Warnungen vor einer drohenden atomaren Eskalation verteidigt. Welche Schritte Russland in dem Krieg noch gehe, liege allein im Ermessen von Präsident Wladimir Putin, sagte die Grünen-Politikerin im Bundestag in Berlin auf die Frage, welche Rolle die Gefahr eines Atomkrieges bei der Entscheidung gespielt habe.
Die Außenministerin betonte, dass die Entscheidung zur Genehmigung von Panzerlieferungen an die Ukraine “kein Schnellschuss” gewesen sei. Der Schritt sei eng mit den Bündnispartnern vorbereitet und abgestimmt worden. Zugleich wie sie darauf hin, dass Deutschland als großes und einflussreiches Land eine “besondere Verantwortung” habe, weil sein Handeln den kleineren Ländern in der EU als Orientierung diene.
Die Ministerin wies den Vorwurf zurück, dass sich Deutschland durch die Waffenlieferungen zur Kriegspartei machen könnte. “Das ist kein Kriegseintritt, weil wir das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung unterstützen”, sagte sie. Dieses Recht sei in der UN-Charta verbrieft. Baerbock räumte allerdings ein, dass nicht zu erwarten sei, dass Russland solche völkerrechtlichen Argumente respektiere.
Russland will Gebiet Cherson erobert haben
In der Regierungsbefragung im Bundestag verlas Baerbock eine Liste von Rüstungsmaterial, das bereits aus Deutschland kommend in der Ukraine eingetroffen sei. Demnach handelt es sich um mehrere tausend Panzerfäuste, Flugabwehrraketen vom Typ Stinger, Strela-Fliegerfäuste, Munition im zweistelligen Millionenbereich, Bunkerfäuste, Maschinengewehre, Panzerabwehrrichtminen, Handgranaten in sechsstelliger Zahl und Sprengladungen.
Vorwürfe nach Beschuss in Transnistrien
Darüber hinaus habe die Bundesregierung – weil die eigenen Bestände erschöpft gewesen seien – Waffenlieferungen durch die Rüstungsindustrie veranlasst. Geliefert worden seien hier Panzerminen und vor allem Artilleriemunition. Diese Liste gebe sie auch “im Namen der Bundesregierung” bekannt, betonte die Außenministerin.
Das russische Militär hat nach eigener Darstellung die Kontrolle über große Teile der Ost- und Südukraine erlangt. “Die russische Armee hat das gesamte Gebiet Cherson, Teile der Gebiete Charkiw, Saporischja, Mykolajiw sowie bedeutende Teile der Donezker und Luhansker Volksrepublik unter ihre Kontrolle genommen”, erklärte Generaloberst Michail Misinzew. In den eroberten Gebieten kehre langsam wieder der friedliche Alltag ein, die soziale Infrastruktur werde instand gesetzt und die Aussaat habe begonnen, behauptete er. Von unabhängiger Seite konnten die Angaben nicht überprüft werden.
Yuriy Sak, ein Berater des ukrainischen Verteidigungsministers, sagte dazu im Interview der Deutschen Welle: “Wir sind zuversichtlich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, diese Städte und diese Regionen zu befreien. Und natürlich brauchen wir dafür mehr schwere Waffen von unseren internationalen Partnern.” Die deutsche Verteidigungsministerin habe zwar zugesagt, mehr Panzer zu liefern, aber das ist immer noch nicht ausreichend.
Britische Parlamentarier in Russland nicht erwünscht
Durch einen Raketenangriff zerstörte die russische Armee nach eigenen Angaben eine “große Menge” westlicher Waffen im Südosten der Ukraine. Die Rüstungsgüter seien von den USA und europäischen Ländern geliefert worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Sie waren demnach in Lagerhallen auf dem Gelände eines Aluminiumwerks in Saporischschja gelagert.
In der prorussischen Separatistenregion Transnistrien in der Republik Moldau wurde nach Behördenangaben ein Dorf nahe der Grenze zur Ukraine attackiert, in dem sich ein großes russisches Munitionslager befindet. Das transnistrische Innenministerium teilte mit, in der Nacht zu Mittwoch seien mehrere Drohnen über Kolbasna – auf Rumänisch: Cobasna – geflogen. Am Morgen habe dann von der Ukraine aus Beschuss eingesetzt. Tote oder Verletzte gab es demnach nicht.
Putin empfängt Guterres
In dem Dorf lagern rund 20.000 Tonnen Munition aus Sowjetzeiten. Das Lager wird von russischen Truppen bewacht. Nach Angaben des Innenministeriums gilt es als das größte Munitionsdepot in Europa.
Vereinigte Staaten möchten Ukraine stärken
Am Montag und Dienstag hatten die Behörden in Transnistrien bereits eine Reihe von Explosionen gemeldet. Attackiert wurden demnach das Ministerium für Staatssicherheit in der Regionalhauptstadt Tiraspol, eine Armeeeinheit und ein russischer Funkturm.
Die transnistrischen Separatisten gaben der Ukraine auch an diesen Detonationen die Schuld. Kiew wies das zurück und erklärte seinerseits, der russische Geheimdienst FSB wolle die Region in den Krieg gegen die Ukraine hineinziehen.
Transnistrien hatte sich Anfang der 1990er Jahre im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion von Moldau abgespalten. International wird das Gebiet nicht als eigenständig anerkannt. Die russische Armee verfügt dort neben dem Munitionslager auch über einen Militärstützpunkt. Die Regierung in Chisinau fordert seit langem den Abzug der russischen Truppen aus der Region.
Russland hat Einreiseverbote gegen 287 Abgeordnete des britischen Unterhauses verhängt. Das Außenministerium in Moskau erklärte, die Strafmaßnahmen seien eine Reaktion auf die Entscheidung der britischen Regierung, 386 russische Duma-Abgeordnete auf ihre Sanktionsliste zu setzen. Die sanktionierten Abgeordneten hätten aktiv an der Ausarbeitung der gegen Russland verhängten Sanktionen mitgewirkt und zur anti-russischen Stimmung in Großbritannien beigetragen, schrieb das Moskauer Ministerium. Im britischen Unterhaus sitzen insgesamt 650 Abgeordnete. Mitte April hatte Russland bereits die britische Regierungsspitze mit Einreiseverboten belegt. Betroffen sind unter anderem Premierminister Boris Johnson, sein Stellvertreter Dominic Raab, Verteidigungsminister Ben Wallace und Außenministerin Liz Truss.
Russland hält nach Darstellung der Vereinten Nationen eine Rolle der UN bei Evakuierungsaktionen in der Ostukraine für möglich. Nach einem Treffen von UN-Generalsekretär António Guterres mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau teilten die Vereinten Nationen mit: “Der Präsident stimmte grundsätzlich der Beteiligung der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees für das Rote Kreuz an der Evakuierung von Zivilpersonen aus dem Asowstal-Werk in Mariupol zu.” Dazu sollten die UN mit dem russischen Verteidigungsministerium in Kontakt bleiben. Bei dem Gespräch mit Putin sei es auch um die Verbesserung der humanitären Hilfe für die Ukraine gegangen.
Russische Staatsmedien zeigten, wie sich Guterres und Putin an dem großen ovalen Tisch im Saal des Senatspalastes gegenübersaßen. Das Gespräch im Kreml am Dienstagabend soll etwa eine Stunde gedauert haben.
Putin erklärte bei der Begegnung mit Guterres: “Trotz der Tatsache, dass der Militäreinsatz (in der Ukraine) andauert, hoffen wir immer noch, dass wir in der Lage sein werden, auf diplomatischem Wege Abkommen zu erreichen.” Russland lehne Verhandlungen nicht ab. Diese waren allerdings ins Stocken geraten, nachdem im Großraum Kiew nach dem Abzug russischer Truppen viele Leichen von Zivilisten gefunden wurden. Damit habe die russische Armee “nichts zu tun”, betonte Putin erneut.
Der UN-Generalsekretär wird nun über Polen in die Ukraine weiterreisen, wo er am Donnerstag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen will.
US-Außenminister Antony Blinken hat dem russischen Staatschef vorgeworfen, im Ukraine-Krieg nicht wirklich an einer diplomatischen Lösung interessiert zu sein. “Wir haben bislang kein Anzeichen dafür gesehen, dass Präsident Putin es mit bedeutsamen Verhandlungen ernst meint”, sagte Blinken bei einer Kongressanhörung. Die USA setzten darauf, die Ukraine militärisch wie diplomatisch zu stärken, führte Blinken aus. “Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass sie die Fähigkeit hat, die russische Aggression abzuwehren, und ihre Position an einem künftigen Verhandlungstisch zu stärken.”
US-Außenminister Antony Blinken hat dem russischen Staatschef vorgeworfen, im Ukraine-Krieg nicht wirklich an einer diplomatischen Lösung interessiert zu sein. “Wir haben bislang kein Anzeichen dafür gesehen, dass Präsident Putin es mit bedeutsamen Verhandlungen ernst meint”, sagte Blinken bei einer Kongressanhörung. Die USA setzten darauf, die Ukraine militärisch wie diplomatisch zu stärken, führte Blinken aus. “Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass sie die Fähigkeit hat, die russische Aggression abzuwehren, und ihre Position an einem künftigen Verhandlungstisch zu stärken.”