Ukraine aktuell: “Gruß aus Moskau” an den UN-Chef?
Während des Besuchs von António Guterres in Kiew kommt es in der ukrainischen Hauptstadt zu Explosionen. Der Europarat fordert ein Sondertribunal für Verbrechen im Ukraine-Krieg. Das aktuelle Geschehen im Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
Erstmals seit rund zwei Wochen sind aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew wieder russische Raketenangriffe gemeldet worden – während sich dort UN-Generalsekretär António Guterres aufhielt. Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj berichtete am Donnerstagabend von fünf Einschlägen. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurde eine Person getötet. Zudem soll es mindestens als zehn Verletzte gegeben haben. Ein 25-stöckiges Wohngebäude sei teilweise zerstört worden, heißt es.
“Akt der Barbarei”
Bei der getöteten Person handelt es sich um eine Mitarbeiterin des US-Senders Radio Liberty handeln. Ukrainische Rettungskräfte hätten die Leiche von Wira Hyrytsch aus den Trümmern eines getroffenen Hauses geborgen. Hyrytsch habe seit 2018 im Kiewer Büro des Radiosenders gearbeitet, hieß es.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schrieb auf Twitter von einem “hasserfüllten Akt der Barbarei”. “Russland hat ein weiteres Mal seine Haltung gegenüber der Ukraine, Europa und der Welt gezeigt”, kommentierte Kuleba die Raketenangriffe während des Besuchs des UN-Generalsekretärs.
Vor kurzem noch habe Guterres im Kreml gesessen und nun gebe es Explosionen über seinem Kopf. “Ist das ein Gruß aus Moskau?”, fragte Selenskyj-Berater Michail Podoljak. Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs schrieb an Journalisten, Guterres und sein Team seien in Sicherheit, aber “schockiert”.
Russland bestätigte den Angriff am Freitagvormittag. “Hochpräzise, luftgestützte Langstrecken- waffen der russischen Luftwaffenkräfte haben die Produktionsgebäude des Raketen- und Raumfahrtunternehmens Artiom in Kiew zerstört”, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau.
Ungeachtet der jüngsten Attacke verlegen die Niederlande – wie zuvor bereits andere Staaten – ihre Botschaft in der Ukraine wieder nach Kiew. Die Präsenz am Ort sei wichtig für die Einschätzung der Sicherheitslage und die Koordination humanitärer Hilfe aus den Niederlanden, teilte das Außenministerium in Den Haag mit. Die Konsularabteilung der Botschaft bleibe aber zunächst noch geschlossen.
Bei einer vorangegangenen Pressekonferenz mit Selenskyj hatte Guterres auch den UN-Sicherheitsrat kritisiert: Dieser habe “es versäumt, das in seiner Macht Stehende zu tun, um diesen Krieg zu verhindern und zu beenden.” Für ihn sei dies “Quelle großer Enttäuschung, Frustration und Wut”, betonte Guterres. Doch UN-Mitarbeiter täten alles, um den Menschen in der Ukraine zu helfen.
Selenskyj zeigte sich nach dem Gespräch mit Guterres optimistisch. Nun glaube er daran, dass die Belagerung des Mariupoler Stahlwerks Azovstal beendet werden könne. Der UN-Chef hatte nach eigenen Angaben am Dienstag in Moskau von Kremlchef Wladimir Putin eine prinzipielle Zusage zur Schaffung eines humanitären Korridors erhalten. Auf dem Werksgelände sitzen nach ukrainischen Angaben neben zahlreichen Kämpfern auch bis zu 1000 Zivilisten fest.
Russland hat Verhandlungen über einen Korridor für alle im Stahlwerk Azovstal Eingeschlossenen abgelehnt. Präsident Wladimir Putin habe es “ganz klar gesagt: Die Zivilisten können gehen und zwar in jede Richtung, die Militärs müssen rauskommen und ihre Waffen niederlegen”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Den Militärs werde das Leben und medizinische Versorgung garantiert. Mehr aber nicht. Einen freien Abzug wolle man ihnen nicht gewähren.
Die ukrainische Seite hofft derweil zumindest auf eine Rettung der Zivilbevölkerung noch an diesem Freitag. “Heute ist eine Operation geplant, um die Zivilsten aus dem Werk zu bekommen”, erklärte das Präsidialamt in Kiew.
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Auch die südukrainische Hafenstadt Odessa ist am Donnerstagabend unter Raketenbeschuss geraten. Dabei habe die Luftabwehr mehrere russische Raketen abgeschossen, sagte der örtliche Militärvertreter Maxim Martschenko. “Wir haben den Himmel unter Kontrolle.” Zuvor sei bereits eine russische Aufklärungsdrohne zerstört worden.
Ebenfalls beschossen wurde die Stadt Mykolajiw, wie die Militärführung des Wehrbezirks Südukraine mitteilte. Durch den Beschuss seien Dutzende Privatwohnungen, Autos und Geschäfte beschädigt worden.
Nach ukrainischen Angaben haben die russischen Streitkräfte ihre Bodenangriffe im Osten der Ukraine in der Nacht zum Freitag vorläufig eingestellt. “In Richtung Isjum hat (der Feind) keine aktiven Angriffshandlungen durchgeführt”, teilte der ukrainische Generalstab am Freitagvormittag in seinem Lagebericht mit. Die russischen Kräfte beschränkten ihre Aktivitäten demnach auf Aufklärung und Artilleriebeschuss.
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums wird sich die russische Armee weiter darauf konzentrieren, die Kontrolle über die östlichen Regionen Donezk und Luhansk zu sichern. Wegen des starken Widerstands der Ukrainer habe Russland aber nur geringe Geländegewinne erzielt, schrieb das Ministerium auf Twitter.
In den Oblaste Donezk und Luhansk habe es am Donnerstag vor allem rund um die Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk schwere Kämpfe gegeben. Gleichzeitig unternehme die russische Armee einen Vorstoßversuch in Richtung Slawjansk.
Die britische Hilfsorganisation Presidium Network vermeldete unterdessen, dass russische Soldaten zwei ihrer freiwilligen Helfer in der Ukraine gefangen genommen hätten. Die beiden Briten seien bereits am Montag an einem Kontrollposten südlich von Saporischschja festgenommen worden. Laut der Organisation verteilten die beiden Männer, beides Zivilisten, im Rahmen eines humanitären Hilfsprojektes in der Ukraine Lebensmittel und Medikamente und halfen bei Evakuierungen.
Das britische Außenministerium äußerte sich bislang nicht zu dem Fall. Handelsministerin Anne-Marie Trevelyan sagte aber in einem Fernsehinterview, das Außenministerium tue alles in seiner Macht stehende, um die beiden Personen zu unterstützen und zu ermitteln.
Das Wichtigste in Kürze:
“Akt der Barbarei”
Erstmals seit rund zwei Wochen sind aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew wieder russische Raketenangriffe gemeldet worden – während sich dort UN-Generalsekretär António Guterres aufhielt. Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj berichtete am Donnerstagabend von fünf Einschlägen. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurde eine Person getötet. Zudem soll es mindestens als zehn Verletzte gegeben haben. Ein 25-stöckiges Wohngebäude sei teilweise zerstört worden, heißt es.
Bei der getöteten Person handelt es sich um eine Mitarbeiterin des US-Senders Radio Liberty handeln. Ukrainische Rettungskräfte hätten die Leiche von Wira Hyrytsch aus den Trümmern eines getroffenen Hauses geborgen. Hyrytsch habe seit 2018 im Kiewer Büro des Radiosenders gearbeitet, hieß es.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schrieb auf Twitter von einem “hasserfüllten Akt der Barbarei”. “Russland hat ein weiteres Mal seine Haltung gegenüber der Ukraine, Europa und der Welt gezeigt”, kommentierte Kuleba die Raketenangriffe während des Besuchs des UN-Generalsekretärs.
Vor kurzem noch habe Guterres im Kreml gesessen und nun gebe es Explosionen über seinem Kopf. “Ist das ein Gruß aus Moskau?”, fragte Selenskyj-Berater Michail Podoljak. Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs schrieb an Journalisten, Guterres und sein Team seien in Sicherheit, aber “schockiert”.
“Quelle großer Enttäuschung”
Russland bestätigte den Angriff am Freitagvormittag. “Hochpräzise, luftgestützte Langstrecken- waffen der russischen Luftwaffenkräfte haben die Produktionsgebäude des Raketen- und Raumfahrtunternehmens Artiom in Kiew zerstört”, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau.
Moskau will keinen Korridor für Kämpfer
Ungeachtet der jüngsten Attacke verlegen die Niederlande – wie zuvor bereits andere Staaten – ihre Botschaft in der Ukraine wieder nach Kiew. Die Präsenz am Ort sei wichtig für die Einschätzung der Sicherheitslage und die Koordination humanitärer Hilfe aus den Niederlanden, teilte das Außenministerium in Den Haag mit. Die Konsularabteilung der Botschaft bleibe aber zunächst noch geschlossen.
Bei einer vorangegangenen Pressekonferenz mit Selenskyj hatte Guterres auch den UN-Sicherheitsrat kritisiert: Dieser habe “es versäumt, das in seiner Macht Stehende zu tun, um diesen Krieg zu verhindern und zu beenden.” Für ihn sei dies “Quelle großer Enttäuschung, Frustration und Wut”, betonte Guterres. Doch UN-Mitarbeiter täten alles, um den Menschen in der Ukraine zu helfen.
Selenskyj zeigte sich nach dem Gespräch mit Guterres optimistisch. Nun glaube er daran, dass die Belagerung des Mariupoler Stahlwerks Azovstal beendet werden könne. Der UN-Chef hatte nach eigenen Angaben am Dienstag in Moskau von Kremlchef Wladimir Putin eine prinzipielle Zusage zur Schaffung eines humanitären Korridors erhalten. Auf dem Werksgelände sitzen nach ukrainischen Angaben neben zahlreichen Kämpfern auch bis zu 1000 Zivilisten fest.
Raketenangriffe auch im Süden der Ukraine
Russland hat Verhandlungen über einen Korridor für alle im Stahlwerk Azovstal Eingeschlossenen abgelehnt. Präsident Wladimir Putin habe es “ganz klar gesagt: Die Zivilisten können gehen und zwar in jede Richtung, die Militärs müssen rauskommen und ihre Waffen niederlegen”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Den Militärs werde das Leben und medizinische Versorgung garantiert. Mehr aber nicht. Einen freien Abzug wolle man ihnen nicht gewähren.
Die ukrainische Seite hofft derweil zumindest auf eine Rettung der Zivilbevölkerung noch an diesem Freitag. “Heute ist eine Operation geplant, um die Zivilsten aus dem Werk zu bekommen”, erklärte das Präsidialamt in Kiew.
Fokus auf “Schlacht um den Donbass”
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Rätsel um den Verbleib von britischen Helfern
Auch die südukrainische Hafenstadt Odessa ist am Donnerstagabend unter Raketenbeschuss geraten. Dabei habe die Luftabwehr mehrere russische Raketen abgeschossen, sagte der örtliche Militärvertreter Maxim Martschenko. “Wir haben den Himmel unter Kontrolle.” Zuvor sei bereits eine russische Aufklärungsdrohne zerstört worden.
Ebenfalls beschossen wurde die Stadt Mykolajiw, wie die Militärführung des Wehrbezirks Südukraine mitteilte. Durch den Beschuss seien Dutzende Privatwohnungen, Autos und Geschäfte beschädigt worden.
Nach ukrainischen Angaben haben die russischen Streitkräfte ihre Bodenangriffe im Osten der Ukraine in der Nacht zum Freitag vorläufig eingestellt. “In Richtung Isjum hat (der Feind) keine aktiven Angriffshandlungen durchgeführt”, teilte der ukrainische Generalstab am Freitagvormittag in seinem Lagebericht mit. Die russischen Kräfte beschränkten ihre Aktivitäten demnach auf Aufklärung und Artilleriebeschuss.
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums wird sich die russische Armee weiter darauf konzentrieren, die Kontrolle über die östlichen Regionen Donezk und Luhansk zu sichern. Wegen des starken Widerstands der Ukrainer habe Russland aber nur geringe Geländegewinne erzielt, schrieb das Ministerium auf Twitter.
In den Oblaste Donezk und Luhansk habe es am Donnerstag vor allem rund um die Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk schwere Kämpfe gegeben. Gleichzeitig unternehme die russische Armee einen Vorstoßversuch in Richtung Slawjansk.
Die britische Hilfsorganisation Presidium Network vermeldete unterdessen, dass russische Soldaten zwei ihrer freiwilligen Helfer in der Ukraine gefangen genommen hätten. Die beiden Briten seien bereits am Montag an einem Kontrollposten südlich von Saporischschja festgenommen worden. Laut der Organisation verteilten die beiden Männer, beides Zivilisten, im Rahmen eines humanitären Hilfsprojektes in der Ukraine Lebensmittel und Medikamente und halfen bei Evakuierungen.
Das britische Außenministerium äußerte sich bislang nicht zu dem Fall. Handelsministerin Anne-Marie Trevelyan sagte aber in einem Fernsehinterview, das Außenministerium tue alles in seiner Macht stehende, um die beiden Personen zu unterstützen und zu ermitteln.
Die US-Regierung will weiter gewaltige Summen auf den Weg bringen, um die Ukraine im Krieg gegen Russland zu unterstützen. Präsident Joe Biden kündigte in Washington an, den Kongress hierzu um die Bewilligung von weiteren 33 Milliarden US-Dollar zu bitten. 20 Milliarden davon sollen für Militärhilfe genutzt werden, etwa achteinhalb Milliarden für wirtschaftliche Hilfe.
“Wir müssen das tun”, sagte Biden bei einem Auftritt im Weißen Haus. Die Hilfe sei nicht billig. Noch teurer käme es aber zu stehen, Russlands Aggression unbeantwortet zu lassen, mahnte er. Vorwürfe aus Moskau, die NATO führe in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, wies Biden zurück.
“Wir müssen das tun”, sagte Biden bei einem Auftritt im Weißen Haus. Die Hilfe sei nicht billig. Noch teurer käme es aber zu stehen, Russlands Aggression unbeantwortet zu lassen, mahnte er. Vorwürfe aus Moskau, die NATO führe in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, wies Biden zurück.