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Djokovics Spielervereinigung PTPA: Die nächste vertane Chance

Nach dem Wimbledon-Ausschluss von Spielerinnen und Spielern aus Russland und Belarus sind die Entscheidungsträger im Welttennis zerstritten. Und für die Spielerorganisation PTPA ist es erneut eine vertane Chance.

Auf den Tennisplätzen dieser Welt kennen die Fans Novak Djokovic als nahezu unantastbaren Weltklassespieler. Im Hintergrund sowie bei Mediengesprächen ist der 34-jährige Weltsportler eigentlich ebenfalls ein erfahrener Strippenzieher. Doch auf einer seiner Pressekonferenzen am Rande der French Open in Paris wirkte der Serbe plötzlich irgendwie überrascht.

“Können Sie mir ein paar mehr Details verraten, was sie mit diesen erweiterten Gesprächen meinen und wer daran beteiligt sein wird?”, entgegnete der Tennisweltranglistenerste auf eine Frage der DW. Einige wenige Spieler hatten vereinzelten Medienvertretern zuvor berichtet, dass es Anfang dieser Woche noch einmal Gespräche zwischen den Wimbledon-Verantwortlichen und den Organisatoren der Männertour ATP und Damentour WTA geben soll. Die Profi-Organisationen hatten kürzlich entschieden, beim prestigeträchtigsten Tennisturnier des Jahres keine für Spieler so wichtigen Weltranglistenpunkte zu vergeben, als Reaktion auf den Alleingang des All England Lawn Tennis and Croquet Clubs.

Auf den Tennisplätzen dieser Welt kennen die Fans Novak Djokovic als nahezu unantastbaren Weltklassespieler. Im Hintergrund sowie bei Mediengesprächen ist der 34-jährige Weltsportler eigentlich ebenfalls ein erfahrener Strippenzieher. Doch auf einer seiner Pressekonferenzen am Rande der French Open in Paris wirkte der Serbe plötzlich irgendwie überrascht.

Der austragende so elitäre Klub des Grand-Slam-Turniers in Wimbledon (ab 27. Juni) hatte anders als von den Verbänden auf den Tennistouren vorgegeben, alle russischen und belarusischen Spielerinnen und Spieler aufgrund des Angriffskrieges Russlands ausgeschlossen. Seitdem ist die Tenniswelt mal wieder zerstritten.

PTPA und Djokovic treten auf der Stelle

Für Djokovics vor knapp zwei Jahren gegründete unabhängige Spielerorganisation PTPA wäre das eine optimale Situation gewesen, die Spielerinnen und Spieler hinter sich zu versammeln. Das Problem: Es gibt keine fähigen Leute in der PTPA, die in einer digitalisierten Welt strukturell vorangehen. “Es gibt viele Menschen in den Verbänden, die uns im Tennis-Ökosystem nicht wollen”, erklärte Djokovic schließlich der DW.

Seine Organisation sei die einzige, die die Spielerinnen und Spieler zu 100 Prozent vertrete. “Momentan sind wir nicht akzeptiert und sitzen nicht mit am Verhandlungstisch, wo wir eigentlich hingehören. Weil wir weder von den Grand-Slam-Turnieren noch irgendjemand anderen akzeptiert werden”, sagte Djokovic, der von einigen Spielerbeschwerden berichtete. Einfluss aber haben Djokovic und die PTPA fast zwei Jahre nach der Gründung keinen. 

2020 hatte Djokovic den Spielerrat der ATP verlassen, um eine Revolution anzuzetteln. Am Rande der US Open wurde damals im Beisein von mehr als 60 Spielern die PTPA gegründet. Um das Anliegen der PTPA zu verstehen, muss man zunächst die sportpolitische Struktur im Herrentennis begreifen. 

Die Tennisprofis unterteilen sich in die Frauentour (WTA) und Herrentour (ATP). Die Aufgabe der ATP ist es, sowohl die Interessen der einzelnen Tennisturniere und die der Spieler zu berücksichtigen. Damit das geschieht, dürfen die ATP-Turniere und die Spieler gleichermaßen Vertreter auswählen für das “Tournament council” (13 Turnierdirektoren) und das “Players council” (zwölf Spieler). Beide Councils wählen dann jeweils drei Repräsentanten. Zusammen mit ATP-Boss Andrea Gaudenzi sind diese sechs Auserwählten die Entscheidungsträger im Tennis – jeder versehen mit einer Stimme.

Diese Struktur soll Chancengleichheit für Turniere und Spieler bei wichtigen Themen herbeiführen. Die PTPA fühlt sich generell, gerade aber beim Thema Finanzen nicht ausreichend vertreten. Auch der ATP-Boss Gaudenzi entscheide zu oft in Richtung der Turniere und verschiebe das Gleichgewicht, heißt es. Diese 50-50-Situationen kritisierte Djokovic wiederholt in Paris.

Einer der Spielerrepräsentanten ist der Australier John Millmann, der seinem Ärger am Rande der French Open Luft verschaffte. Die Entscheidung Wimbledons nannte er “diskriminierend”. Er und das “Players council” seien vorher nicht einmal informiert wurden. Alles was danach folgte, auch die ATP-Entscheidung, sei mit besserer Kommunikation verhinderbar gewesen.

Beim Thema Wimbledon wäre eine starke, unabhängige Spielervertretung genau das, was die Profis in diesen Tagen brauchen. Aber Djokovic und der verletzungsbedingt fehlende Kanadier Vasek Pospisil und ihre Mitarbeiter sind in diesen Tagen nicht präsent. Strenggenommen, ist seit der Ankündigung Djokovics bei den French Open 2021, zwei starke Geschäftsmänner für den Aufbau von Strukturen angeheuert zu haben, nichts passiert. Einer ist von der Homepage der Vereinigung sogar wieder verschwunden und soll nicht mehr Teil der Bewegung sein, ist in Paris zu vernehmen. Statements zu wichtigen Themen im Tennis sind in der Regel nichtssagend oder bleiben direkt aus.

Thanasis Kokkinakis bedauert das. Der hochveranlagte Australier kämpft sich nach unzähligen Verletzungen zurück in die erweiterte Weltspitze. Gegenüber der DW erklärt der 26-Jährige: “Die Leute kommen zum Tennis wegen uns Spielern und deshalb sollten wir auch mehr zu sagen haben. Wir sollten uns stärker als Gemeinschaft engagieren.”

Er habe gehofft, dass es in Wimbledon Weltranglistenpunkte gebe. “Aber ich erkenne natürlich das größere Bild dahinter an.” Das Gros der Profispieler denkt, zumindest öffentlich wie der Australier. Wenige untermauern in Paris unverblümt wie Benoit Paire ihr eigentliches Meinungsbild. “Ich will wissen, ob die ATP die Spieler schützen will oder Russland?”, kritisierte der Franzose die ATP.

Die vier größten und wichtigsten Turniere, die Grand Slams in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York, werden nicht von der ATP organisiert, sondern vom Weltverband (ITF). Diese vier Turniere generieren rund 60 Prozent aller Einnahmen im Welttennis – 18 Prozent der Einnahmen fließen ins Preisgeld. Zum Vergleich: In der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA gehen bis zu 50 Prozent der Gewinne der NBA an die Spieler. “Was vom Preisgeld im Verhältnis ausgezahlt wird, ist viel weniger als in anderen Sportarten. Aber wenn wir das sagen, denken die Leute, wir bekommen nicht genug”, erklärt Kokkinakis. Auch deshalb sei die PTPA eigentlich wichtig.

Die National Basketball Players Association (NBPA) galt mal als Vorbild für Djokovic. Sie ist komplett getrennt von der NBA und verhandelt über den Salary Cap (Gehaltsobergrenze) und generelle Spielerbedingungen. Doch während die Basketballprofis quasi Angestellte der NBA mit einem eigenen Betriebsrat sind, kommen die Tennisstars internationalen Selbstständigen nahe. Rechtlich wirft das Fragen auf. Doch von den 2021 hinzugewonnenen Experten konnte noch niemand weiterhelfen.

Nun also auch noch der temporäre Verlust von Weltranglistenpunkten. Spieler, die 2021 stark gespielt haben, werden in den Ranglisten nach Wimbledon weit zurückfallen, ein Ungleichgewicht entsteht. Insgeheim nerve es jeden Profi, sagt Doppelspezialist Kevin Krawietz. Sein Partner Andreas Mies berichtet am Rande des Turniers, dass die ATP von den Wimbledon-Verantwortlichen quasi vor vollendete Tatsachen gestellt wurden und keine andere Wahl hatten, als zu reagieren.

“Wir wissen aber, dass sich ATP und Wimbledon nochmal zusammensetzen. Die Entscheidung ist noch nicht final”, sagte Mies. Damit war er besser informiert als sein eigentlicher Anführer Novak Djokovic. Mehr muss man in diesen Tagen von Paris nicht über die PTPA wissen.

Ausschluss russischer und belarussischer Sportler in Wimbledon
Tennis | Novak Djokovic will mit seiner Organisation PTPA mehr Einfluss im Welttennis
Lakers Spieler Carmelo Anthony hält einen Ball fest in beiden Händen

Auf den Tennisplätzen dieser Welt kennen die Fans Novak Djokovic als nahezu unantastbaren Weltklassespieler. Im Hintergrund sowie bei Mediengesprächen ist der 34-jährige Weltsportler eigentlich ebenfalls ein erfahrener Strippenzieher. Doch auf einer seiner Pressekonferenzen am Rande der French Open in Paris wirkte der Serbe plötzlich irgendwie überrascht.

“Können Sie mir ein paar mehr Details verraten, was sie mit diesen erweiterten Gesprächen meinen und wer daran beteiligt sein wird?”, entgegnete der Tennisweltranglistenerste auf eine Frage der DW. Einige wenige Spieler hatten vereinzelten Medienvertretern zuvor berichtet, dass es Anfang dieser Woche noch einmal Gespräche zwischen den Wimbledon-Verantwortlichen und den Organisatoren der Männertour ATP und Damentour WTA geben soll. Die Profi-Organisationen hatten kürzlich entschieden, beim prestigeträchtigsten Tennisturnier des Jahres keine für Spieler so wichtigen Weltranglistenpunkte zu vergeben, als Reaktion auf den Alleingang des All England Lawn Tennis and Croquet Clubs.

PTPA und Djokovic treten auf der Stelle

Der austragende so elitäre Klub des Grand-Slam-Turniers in Wimbledon (ab 27. Juni) hatte anders als von den Verbänden auf den Tennistouren vorgegeben, alle russischen und belarusischen Spielerinnen und Spieler aufgrund des Angriffskrieges Russlands ausgeschlossen. Seitdem ist die Tenniswelt mal wieder zerstritten.

Für Djokovics vor knapp zwei Jahren gegründete unabhängige Spielerorganisation PTPA wäre das eine optimale Situation gewesen, die Spielerinnen und Spieler hinter sich zu versammeln. Das Problem: Es gibt keine fähigen Leute in der PTPA, die in einer digitalisierten Welt strukturell vorangehen. “Es gibt viele Menschen in den Verbänden, die uns im Tennis-Ökosystem nicht wollen”, erklärte Djokovic schließlich der DW.

Seine Organisation sei die einzige, die die Spielerinnen und Spieler zu 100 Prozent vertrete. “Momentan sind wir nicht akzeptiert und sitzen nicht mit am Verhandlungstisch, wo wir eigentlich hingehören. Weil wir weder von den Grand-Slam-Turnieren noch irgendjemand anderen akzeptiert werden”, sagte Djokovic, der von einigen Spielerbeschwerden berichtete. Einfluss aber haben Djokovic und die PTPA fast zwei Jahre nach der Gründung keinen. 

2020 hatte Djokovic den Spielerrat der ATP verlassen, um eine Revolution anzuzetteln. Am Rande der US Open wurde damals im Beisein von mehr als 60 Spielern die PTPA gegründet. Um das Anliegen der PTPA zu verstehen, muss man zunächst die sportpolitische Struktur im Herrentennis begreifen. 

PTPA: 2020 mit einer Revolution gestartet

Die Tennisprofis unterteilen sich in die Frauentour (WTA) und Herrentour (ATP). Die Aufgabe der ATP ist es, sowohl die Interessen der einzelnen Tennisturniere und die der Spieler zu berücksichtigen. Damit das geschieht, dürfen die ATP-Turniere und die Spieler gleichermaßen Vertreter auswählen für das “Tournament council” (13 Turnierdirektoren) und das “Players council” (zwölf Spieler). Beide Councils wählen dann jeweils drei Repräsentanten. Zusammen mit ATP-Boss Andrea Gaudenzi sind diese sechs Auserwählten die Entscheidungsträger im Tennis – jeder versehen mit einer Stimme.

Bricht die PTPA auseinander?

Diese Struktur soll Chancengleichheit für Turniere und Spieler bei wichtigen Themen herbeiführen. Die PTPA fühlt sich generell, gerade aber beim Thema Finanzen nicht ausreichend vertreten. Auch der ATP-Boss Gaudenzi entscheide zu oft in Richtung der Turniere und verschiebe das Gleichgewicht, heißt es. Diese 50-50-Situationen kritisierte Djokovic wiederholt in Paris.

Einer der Spielerrepräsentanten ist der Australier John Millmann, der seinem Ärger am Rande der French Open Luft verschaffte. Die Entscheidung Wimbledons nannte er “diskriminierend”. Er und das “Players council” seien vorher nicht einmal informiert wurden. Alles was danach folgte, auch die ATP-Entscheidung, sei mit besserer Kommunikation verhinderbar gewesen.

Beim Thema Wimbledon wäre eine starke, unabhängige Spielervertretung genau das, was die Profis in diesen Tagen brauchen. Aber Djokovic und der verletzungsbedingt fehlende Kanadier Vasek Pospisil und ihre Mitarbeiter sind in diesen Tagen nicht präsent. Strenggenommen, ist seit der Ankündigung Djokovics bei den French Open 2021, zwei starke Geschäftsmänner für den Aufbau von Strukturen angeheuert zu haben, nichts passiert. Einer ist von der Homepage der Vereinigung sogar wieder verschwunden und soll nicht mehr Teil der Bewegung sein, ist in Paris zu vernehmen. Statements zu wichtigen Themen im Tennis sind in der Regel nichtssagend oder bleiben direkt aus.

PTPA: Es geht auch ums Geld

Thanasis Kokkinakis bedauert das. Der hochveranlagte Australier kämpft sich nach unzähligen Verletzungen zurück in die erweiterte Weltspitze. Gegenüber der DW erklärt der 26-Jährige: “Die Leute kommen zum Tennis wegen uns Spielern und deshalb sollten wir auch mehr zu sagen haben. Wir sollten uns stärker als Gemeinschaft engagieren.”

Er habe gehofft, dass es in Wimbledon Weltranglistenpunkte gebe. “Aber ich erkenne natürlich das größere Bild dahinter an.” Das Gros der Profispieler denkt, zumindest öffentlich wie der Australier. Wenige untermauern in Paris unverblümt wie Benoit Paire ihr eigentliches Meinungsbild. “Ich will wissen, ob die ATP die Spieler schützen will oder Russland?”, kritisierte der Franzose die ATP.

Die vier größten und wichtigsten Turniere, die Grand Slams in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York, werden nicht von der ATP organisiert, sondern vom Weltverband (ITF). Diese vier Turniere generieren rund 60 Prozent aller Einnahmen im Welttennis – 18 Prozent der Einnahmen fließen ins Preisgeld. Zum Vergleich: In der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA gehen bis zu 50 Prozent der Gewinne der NBA an die Spieler. “Was vom Preisgeld im Verhältnis ausgezahlt wird, ist viel weniger als in anderen Sportarten. Aber wenn wir das sagen, denken die Leute, wir bekommen nicht genug”, erklärt Kokkinakis. Auch deshalb sei die PTPA eigentlich wichtig.

Die National Basketball Players Association (NBPA) galt mal als Vorbild für Djokovic. Sie ist komplett getrennt von der NBA und verhandelt über den Salary Cap (Gehaltsobergrenze) und generelle Spielerbedingungen. Doch während die Basketballprofis quasi Angestellte der NBA mit einem eigenen Betriebsrat sind, kommen die Tennisstars internationalen Selbstständigen nahe. Rechtlich wirft das Fragen auf. Doch von den 2021 hinzugewonnenen Experten konnte noch niemand weiterhelfen.

Nun also auch noch der temporäre Verlust von Weltranglistenpunkten. Spieler, die 2021 stark gespielt haben, werden in den Ranglisten nach Wimbledon weit zurückfallen, ein Ungleichgewicht entsteht. Insgeheim nerve es jeden Profi, sagt Doppelspezialist Kevin Krawietz. Sein Partner Andreas Mies berichtet am Rande des Turniers, dass die ATP von den Wimbledon-Verantwortlichen quasi vor vollendete Tatsachen gestellt wurden und keine andere Wahl hatten, als zu reagieren.

“Wir wissen aber, dass sich ATP und Wimbledon nochmal zusammensetzen. Die Entscheidung ist noch nicht final”, sagte Mies. Damit war er besser informiert als sein eigentlicher Anführer Novak Djokovic. Mehr muss man in diesen Tagen von Paris nicht über die PTPA wissen.

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