Museum “Flugt” in Dänemark: Flucht hat Millionen Gesichter
Die Geschichten flüchtender Menschen damals und heute: In einem früheren Lager für deutsche Kriegsflüchtlinge an der dänischen Westküste wurde das Flugt-Museum eröffnet.
Rahima Abdullah war noch ein Mädchen, als sie vor Jahren mit ihrer Familie aus Aleppo in Syrien vor dem blutigen Bürgerkrieg fliehen musste. Vergessen wird sie diese dramatische Geschichte nie. Und zugleich weiß sie, dass ständig Menschen unter dem Eindruck von Gewalt ihre Heimat verlassen müssen. “Flucht ist nur ein Wort mit sechs Buchstaben, und doch eines, das Millionen von Geschichten einschließt”, erzählt sie bei der Eröffnung des Flugt-Museums.
Zugleich sei es ein Privileg, einen sicheren Ort zu finden. Rahima Abdullah lebt heute in Dänemark und engagiert sich in der Dänischen Flüchtlings-Jugend. “Viele haben es nicht geschafft. Ich denke an all die Menschen, die dabei im Mittelmeer ertrunken sind.” Der Geschichte von Rahimas Flucht – und vielen anderen Geschichten – spürt das neue Museum nach. Es befindet sich in Oksbøl an der Westküste Dänemarks, auf dem Gelände eines früheren Lagers für deutsche Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg. Am Samstag (25.06.2022) wurde es von Königin Margrethe II. von Dänemark eröffnet. Mit dabei war auch Vizekanzler Robert Habeck, der an aktuelle Konfliktherde erinnerte, die für Leid und Vertreibung sorgen. So sind laut dem UN-Flüchtlingsrat derzeit etwa 100 Millionen Menschen auf der Flucht – doppelt so viele wie vor zehn Jahren.
Rahima Abdullah war noch ein Mädchen, als sie vor Jahren mit ihrer Familie aus Aleppo in Syrien vor dem blutigen Bürgerkrieg fliehen musste. Vergessen wird sie diese dramatische Geschichte nie. Und zugleich weiß sie, dass ständig Menschen unter dem Eindruck von Gewalt ihre Heimat verlassen müssen. “Flucht ist nur ein Wort mit sechs Buchstaben, und doch eines, das Millionen von Geschichten einschließt”, erzählt sie bei der Eröffnung des Flugt-Museums.
Am Beispiel von Deutschland und Dänemark brach Habeck eine Lanze für die Verständigung: Die Grenze zwischen beiden Ländern trenne die Menschen heute nicht mehr, vielmehr sei sie ein Magnet zur Versöhnung.
“Viele haben es nicht geschafft”
Als Magnet für viele Besucher könnte sich künftig auch das Museum erweisen – am 29. Juni 2022 öffnet es seine Pforten für die Allgemeinheit. Gestaltet hat den Komplex das dänische Architekturbüro Bjarke Ingels Group. Dafür wurden zwei ehemals als Krankenhaustrakte dienende Gebäude mit einer geschwungenen Klammer aus Kortenstahl, Holz und Glas verbunden. So entstand ein 500 Quadratmeter großes, lichtdurchflutetes Foyer.
“Das Beste, um Altes zu erhalten, ist seine Relevanz zu erneuern”, beschreibt Bjarke Ingels diese Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. “Wir dachten erst, wir gestalten abgeschlossene Geschichte. Doch jetzt mit der Ukraine sehen wir, wie andauernd uns das Thema Flucht beschäftigt.”
Die alten Gebäude haben ihr ursprüngliches Äußeres aus rotem Backstein, kleinsprossigen Fenstern und rotem Ziegeldach behalten. Das Innere des einen Traktes zeigt Fluchtgeschichten der jüngeren Gegenwart. Ihre Stationen werden in unterschiedlichen Ausstellungen nacherzählt.
So sind Zimmer von Kindern in Nischen zu finden, die die einstmals heile Welt zeigen, aber auch die Bedrohung – beispielsweise durch die wie ein Spielzeug wirkende Handgranate auf einem Kinderbett. Die Geschichten dazu liefern Erzählungen via Kopfhörer – aufgezeichnet auf Basis von realen Interviews oder Tagebüchern und abrufbar bei jedem einzelnen Exponat.
Woanders überlappen sich Filmausschnitte von Flüchtlingslagern auf einem Wald von Monitoren. Auch das Ankommen und die Frage nach Sicherheit findet einen vielfältigen Ausdruck: Pyramiden aus Würfeln mit Kinderzeichnungen, “gekrönt” von einer grell-grünen Handgranate. Ein Regal, das die Schicksale einzelner Flüchtlinge wie ein Aktenordner greifbar macht. Oder auch ein bunter Tischfußball-Kicker mit Spielerinnen und Spielern unterschiedlichster Länder, der die Besuchenden zu einem Match einlädt.
Dann ändert sich der Charakter der Ausstellung und das Museum zeigt Skulpturen aus einem Geflecht gewundener Kupferrohre. “Ein Zuhause?” lautet die Frage, die dazu an die Wand projiziert wird – wie alles im Flugt-Museum dreisprachig auf dänisch, deutsch und englisch.
Da kniet ein Mädchen vor einem mit Halbmond verzierten Grabstein. Eine Tafel an der Wand nennt ihren Namen: Mirela aus Bosnien. Ein anderes Wesen aus Kupfergeflecht, Maslullah aus Afghanistan, trägt – sehnsüchtig am Fenster sitzend – Kopfhörer und ein Smartphone in der Hand. Im selben Raum ist auch der kleine Jörg Baden zu sehen, auf einer Schaukel von 1945. Zur Ausstellungseröffnung ist der Zeitzeuge angereist und bedankt sich bei den dänischen Freunden für die damals gewährte Aufnahme.
Das zweite der alten Gebäude ist etwas kleiner und widmet sich dem damaligen Lagerleben. So gab es zum Beispiel ein Theater, das die Kuratoren originalgetreu möbliert haben.
Von 1945 bis 1949 lebten in dem Lager bis zu 35.000 Flüchtlinge – die meisten aus den deutschen Ostgebieten – auf einer Fläche von vier Quadratkilometern. Die Baracken, in denen sie hausen mussten, sind inzwischen alle abgerissen. Geblieben sind die Wege, gesäumt von lichtem Wald. Einzig der alte Friedhof samt Grabplatten erhebt sich auf einer Lichtung, die zum Verweilen einlädt – und daran erinnert, nicht zu vergessen. Denn das Museum Flugt zeigt auf sehr lebendige Weise, dass Flucht jederzeit jeden treffen kann.
Rahima Abdullah war noch ein Mädchen, als sie vor Jahren mit ihrer Familie aus Aleppo in Syrien vor dem blutigen Bürgerkrieg fliehen musste. Vergessen wird sie diese dramatische Geschichte nie. Und zugleich weiß sie, dass ständig Menschen unter dem Eindruck von Gewalt ihre Heimat verlassen müssen. “Flucht ist nur ein Wort mit sechs Buchstaben, und doch eines, das Millionen von Geschichten einschließt”, erzählt sie bei der Eröffnung des Flugt-Museums.
Zugleich sei es ein Privileg, einen sicheren Ort zu finden. Rahima Abdullah lebt heute in Dänemark und engagiert sich in der Dänischen Flüchtlings-Jugend. “Viele haben es nicht geschafft. Ich denke an all die Menschen, die dabei im Mittelmeer ertrunken sind.” Der Geschichte von Rahimas Flucht – und vielen anderen Geschichten – spürt das neue Museum nach. Es befindet sich in Oksbøl an der Westküste Dänemarks, auf dem Gelände eines früheren Lagers für deutsche Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg. Am Samstag (25.06.2022) wurde es von Königin Margrethe II. von Dänemark eröffnet. Mit dabei war auch Vizekanzler Robert Habeck, der an aktuelle Konfliktherde erinnerte, die für Leid und Vertreibung sorgen. So sind laut dem UN-Flüchtlingsrat derzeit etwa 100 Millionen Menschen auf der Flucht – doppelt so viele wie vor zehn Jahren.
“Viele haben es nicht geschafft”
Am Beispiel von Deutschland und Dänemark brach Habeck eine Lanze für die Verständigung: Die Grenze zwischen beiden Ländern trenne die Menschen heute nicht mehr, vielmehr sei sie ein Magnet zur Versöhnung.
Als Magnet für viele Besucher könnte sich künftig auch das Museum erweisen – am 29. Juni 2022 öffnet es seine Pforten für die Allgemeinheit. Gestaltet hat den Komplex das dänische Architekturbüro Bjarke Ingels Group. Dafür wurden zwei ehemals als Krankenhaustrakte dienende Gebäude mit einer geschwungenen Klammer aus Kortenstahl, Holz und Glas verbunden. So entstand ein 500 Quadratmeter großes, lichtdurchflutetes Foyer.
“Das Beste, um Altes zu erhalten, ist seine Relevanz zu erneuern”, beschreibt Bjarke Ingels diese Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. “Wir dachten erst, wir gestalten abgeschlossene Geschichte. Doch jetzt mit der Ukraine sehen wir, wie andauernd uns das Thema Flucht beschäftigt.”
Die alten Gebäude haben ihr ursprüngliches Äußeres aus rotem Backstein, kleinsprossigen Fenstern und rotem Ziegeldach behalten. Das Innere des einen Traktes zeigt Fluchtgeschichten der jüngeren Gegenwart. Ihre Stationen werden in unterschiedlichen Ausstellungen nacherzählt.
Neue Relevanz alter Fluchtgeschichte(n)
So sind Zimmer von Kindern in Nischen zu finden, die die einstmals heile Welt zeigen, aber auch die Bedrohung – beispielsweise durch die wie ein Spielzeug wirkende Handgranate auf einem Kinderbett. Die Geschichten dazu liefern Erzählungen via Kopfhörer – aufgezeichnet auf Basis von realen Interviews oder Tagebüchern und abrufbar bei jedem einzelnen Exponat.
Handgranate auf Kinderbett
Woanders überlappen sich Filmausschnitte von Flüchtlingslagern auf einem Wald von Monitoren. Auch das Ankommen und die Frage nach Sicherheit findet einen vielfältigen Ausdruck: Pyramiden aus Würfeln mit Kinderzeichnungen, “gekrönt” von einer grell-grünen Handgranate. Ein Regal, das die Schicksale einzelner Flüchtlinge wie ein Aktenordner greifbar macht. Oder auch ein bunter Tischfußball-Kicker mit Spielerinnen und Spielern unterschiedlichster Länder, der die Besuchenden zu einem Match einlädt.
Dann ändert sich der Charakter der Ausstellung und das Museum zeigt Skulpturen aus einem Geflecht gewundener Kupferrohre. “Ein Zuhause?” lautet die Frage, die dazu an die Wand projiziert wird – wie alles im Flugt-Museum dreisprachig auf dänisch, deutsch und englisch.
Da kniet ein Mädchen vor einem mit Halbmond verzierten Grabstein. Eine Tafel an der Wand nennt ihren Namen: Mirela aus Bosnien. Ein anderes Wesen aus Kupfergeflecht, Maslullah aus Afghanistan, trägt – sehnsüchtig am Fenster sitzend – Kopfhörer und ein Smartphone in der Hand. Im selben Raum ist auch der kleine Jörg Baden zu sehen, auf einer Schaukel von 1945. Zur Ausstellungseröffnung ist der Zeitzeuge angereist und bedankt sich bei den dänischen Freunden für die damals gewährte Aufnahme.
Geflüchtete aus gewundenen Kupferrohren
Das zweite der alten Gebäude ist etwas kleiner und widmet sich dem damaligen Lagerleben. So gab es zum Beispiel ein Theater, das die Kuratoren originalgetreu möbliert haben.
Von 1945 bis 1949 lebten in dem Lager bis zu 35.000 Flüchtlinge – die meisten aus den deutschen Ostgebieten – auf einer Fläche von vier Quadratkilometern. Die Baracken, in denen sie hausen mussten, sind inzwischen alle abgerissen. Geblieben sind die Wege, gesäumt von lichtem Wald. Einzig der alte Friedhof samt Grabplatten erhebt sich auf einer Lichtung, die zum Verweilen einlädt – und daran erinnert, nicht zu vergessen. Denn das Museum Flugt zeigt auf sehr lebendige Weise, dass Flucht jederzeit jeden treffen kann.