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DFB-Frauen: Den eigenen Weg finden

Viele Frauen-Teams haben den Kampf um gleiche Bezahlung aufgenommen. Die deutschen Spielerinnen wollen einen anderen Weg einschlagen. Ihr Fokus liegt vielmehr auf gleichen Bedingungen.

Während der Ruf nach gleicher Bezahlung – dem equal pay – häufig wie ein Automatismus ertönt, geht es der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft vielmehr um die Forderung nach gleichen Spielbedingungen. Und sie hüten sich davor, einfach dem Männermodell zu folgen, bei dem Gehälter von 100.000 Euro pro Woche gang und gäbe sind.

“Wenn man von Lohngleichheit spricht, klingt das immer so, als würde man sagen, dass die Frauen genau so viel verdienen sollten wie die Männer. Ich frage mich: Ist es überhaupt das, was wir wollen?”, sagt Nationalspielerin Laura Freigang der DW. “Ich weiß nicht einmal, ob ich will, dass sich das Spiel der Frauen genau in diese Richtung entwickelt und die gleichen Dimensionen wie das der Männer erreicht.”

Während der Ruf nach gleicher Bezahlung – dem equal pay – häufig wie ein Automatismus ertönt, geht es der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft vielmehr um die Forderung nach gleichen Spielbedingungen. Und sie hüten sich davor, einfach dem Männermodell zu folgen, bei dem Gehälter von 100.000 Euro pro Woche gang und gäbe sind.

Diese Fragestellung wird die deutschen Spielerinnen aber keineswegs von ihrem Kampf für Gleichberechtigung abhalten. Sie haben vielmehr die Probleme des Männerfußballs erkannt. Und sie scheuen sich nicht, vermeintliche Schwachstellen anzusprechen. “Die Summen im Männerfußball sind ziemlich verrückt”, sagt  Nationalspielerin Tabea Waßmuth. “Vielleicht können wir einen Mittelweg finden.”

Gleiche Standards

Freigang ist vielmehr der Meinung, dass der Frauenfußball eine Alternative zum geldgetriebenen Männerfußball sein kann. “Das ist Kapitalismus, so ist das nun mal. Die Welt funktioniert ein bisschen so”, sagt Freigang. “Die Frage ist, ob man irgendwie Strukturen reinbringen kann, die das eindämmen können.”

Im Frauenfußball hat es in letzter Zeit wichtige Veränderungen gegeben. Spanien, England, Norwegen und die Vereinigten Staaten von Amerika gehören zu den Ländern, die Vereinbarungen über die Lohngleichheit zwischen ihren Männer- und Frauenmannschaften getroffen haben.

Die DFB-Frauen haben beschlossen, sich auf die Rahmen-Bedingungen ihres Sports und nicht allein auf die Gehälter zu konzentrieren. So soll die Kluft zwischen Frauen und Männern kleiner werden. Sie wohnen in Hotels mit demselben Standard wie die Männer. Und sie haben ihr eigenes Personal, das sie zu den Spielen und zu den Turnieren begleitet – darunter Physiotherapeuten, medizinisches Personal und ein Koch. “In den letzten Jahren ist viel passiert. Wir sind gut versorgt. Keiner kann sich beschweren und mehr fordern”, sagt Nationalspielerin Lena Lattwein der DW.

Auch teilen sich die deutschen Frauen mit dem DFB-Männer-Team ein Basislager – in der deutschen Kleinstadt Herzogenaurach. Dort haben sie sich auf die Euro 2022 vorbereitet. Für Freigang geht es vor allem darum, ein professionelleres Umfeld für die künftigen Generationen zu schaffen. “Wenn ich Lohngleichheit fordere, dann würde das vor allem mich betreffen. Diejenigen von uns, die schon ganz oben sind, würden profitieren und mehr bekommen”, sagt Freigang. “Aber darum geht es nicht in erster Linie. Wir wollen den Sport professionalisieren, damit alle Spielerinnen und Spieler auf dem gleichen Niveau starten können und die gleichen Chancen haben.”

Doch trotz der großen Fortschritte auf nationaler Ebene bleibt ein Kernproblem bestehen: die großen Leistungsunterschiede in der Bundesliga.

Anders als in der höchsten Spielklasse der Männer gibt es bei den Frauen viele Spielerinnen, die nicht allein von ihren Einnahmen aus dem Fußball leben können. “In der Bundesliga gibt es große Unterschiede. Manche müssen nebenbei arbeiten, sonst können sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten”, sagt Waßmuth, die in Wolfsburg spielt.

Auch bei den Funktionsgebäuden und Sport-Möglichkeiten der einzelnen Vereine gibt es große Unterschiede, etwa bei den Trainingsplätzen und den Umkleideräumen. Viele Vereine haben keine Vollzeit-Angestellten oder Physiotherapeuten. “Es sind diese kleinen Dinge, die geändert werden müssen, um die Chancengleichheit zu verbessern”, so Waßmuth.

Während Bayern und Wolfsburg die Ausnahmen mit ihrer finanziellen Ausstattung sind, heben Vereine wie Frankfurt und Hoffenheim langsam ihr Niveau. Aber der Abstand zu den anderen Klubs bleibt enorm groß. “Ich kann nur von Hoffenheim und Wolfsburg sprechen, da wurde ich sehr gut betreut.”, sagt Lattwein. “Aber es gibt auch Spielerinnen, die acht Stunden am Tag arbeiten und dann zum Training gehen. Das sind die Dinge, die wir ändern wollen.”

Es gibt noch viel zu tun, um die Parität zwischen den Bundesligavereinen zu erreichen. Aber eine vollständige Professionalisierung der gesamten Liga würde vielen Spielerinnen die Möglichkeit geben, sich nur auf den Fußball zu konzentrieren. “Die Mädchen sollten in allen Vereinen auf dem gleichen Niveau sein, wenn es um gleiche Spielbedingungen geht. Das ist mir wichtiger, als die Lücke zu den Männern zu schließen”, sagt Lattwein. “Ich glaube, dass das möglich ist.”

Die deutschen Nationalspielerinnen sind auch sehr daran interessiert, dass der Frauenfußball in den Medien und in der Werbung einen größeren Platz einnimmt. Die Champions League hat in der vergangenen Saison gezeigt, dass das öffentliche Interesse vorhanden ist. Der Wettbewerb verzeichnete einen Zuschauerrekord. Als Barcelona Femeni den VfL Wolfsburg im Stadion Camp Nou zum Halbfinal-Hinspiel empfing, brach das Team seinen eigenen Zuschauerrekord für ein Frauenfußballspiel. Fast 92.000 Fans sahen den 5:1-Sieg des Heim-Teams.

“Ich verstehe, dass die Männer mehr Geld verdienen, aber man könnte versuchen, die Frauen sichtbarer zu machen”, sagt Waßmuth. “Wir müssen an den Anstoßzeiten arbeiten. Um die Spiele zu attraktiveren Zeiten zeigen.” Es sei wichtig, die Frauenfußballspiele besser zu fördern. Etwa indem die Öffentlichkeit auf Spitzenspiele und brisante Derbys besonders aufmerksam gemacht würde, um das Interesse zu wecken. Anstoßzeiten um 14 oder 16 Uhr an einem Wochentag seien dem Wachstum des Spiels nicht gerade förderlich.

Für die deutsche Nationalmannschaft ist die Auseinandersetzung mit diesen Themen von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, den Frauenfußball auf die nächste Stufe zu heben. Das erklärt auch, warum für die meisten Spielerinnen gleiche Bezahlung nicht ganz oben auf ihrer Liste steht, wenn es darum geht, für Parität zu kämpfen.

Aus dem Englischen übersetzt von Jörg Strohschein

Lena Lattwein will einen Ball stoppen
Laura Freigang steht vor einer Stadiontribüne

Während der Ruf nach gleicher Bezahlung – dem equal pay – häufig wie ein Automatismus ertönt, geht es der deutschen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft vielmehr um die Forderung nach gleichen Spielbedingungen. Und sie hüten sich davor, einfach dem Männermodell zu folgen, bei dem Gehälter von 100.000 Euro pro Woche gang und gäbe sind.

“Wenn man von Lohngleichheit spricht, klingt das immer so, als würde man sagen, dass die Frauen genau so viel verdienen sollten wie die Männer. Ich frage mich: Ist es überhaupt das, was wir wollen?”, sagt Nationalspielerin Laura Freigang der DW. “Ich weiß nicht einmal, ob ich will, dass sich das Spiel der Frauen genau in diese Richtung entwickelt und die gleichen Dimensionen wie das der Männer erreicht.”

Gleiche Standards

Diese Fragestellung wird die deutschen Spielerinnen aber keineswegs von ihrem Kampf für Gleichberechtigung abhalten. Sie haben vielmehr die Probleme des Männerfußballs erkannt. Und sie scheuen sich nicht, vermeintliche Schwachstellen anzusprechen. “Die Summen im Männerfußball sind ziemlich verrückt”, sagt  Nationalspielerin Tabea Waßmuth. “Vielleicht können wir einen Mittelweg finden.”

Freigang ist vielmehr der Meinung, dass der Frauenfußball eine Alternative zum geldgetriebenen Männerfußball sein kann. “Das ist Kapitalismus, so ist das nun mal. Die Welt funktioniert ein bisschen so”, sagt Freigang. “Die Frage ist, ob man irgendwie Strukturen reinbringen kann, die das eindämmen können.”

Im Frauenfußball hat es in letzter Zeit wichtige Veränderungen gegeben. Spanien, England, Norwegen und die Vereinigten Staaten von Amerika gehören zu den Ländern, die Vereinbarungen über die Lohngleichheit zwischen ihren Männer- und Frauenmannschaften getroffen haben.

Die DFB-Frauen haben beschlossen, sich auf die Rahmen-Bedingungen ihres Sports und nicht allein auf die Gehälter zu konzentrieren. So soll die Kluft zwischen Frauen und Männern kleiner werden. Sie wohnen in Hotels mit demselben Standard wie die Männer. Und sie haben ihr eigenes Personal, das sie zu den Spielen und zu den Turnieren begleitet – darunter Physiotherapeuten, medizinisches Personal und ein Koch. “In den letzten Jahren ist viel passiert. Wir sind gut versorgt. Keiner kann sich beschweren und mehr fordern”, sagt Nationalspielerin Lena Lattwein der DW.

Große Unterschiede in der Bundesliga

Auch teilen sich die deutschen Frauen mit dem DFB-Männer-Team ein Basislager – in der deutschen Kleinstadt Herzogenaurach. Dort haben sie sich auf die Euro 2022 vorbereitet. Für Freigang geht es vor allem darum, ein professionelleres Umfeld für die künftigen Generationen zu schaffen. “Wenn ich Lohngleichheit fordere, dann würde das vor allem mich betreffen. Diejenigen von uns, die schon ganz oben sind, würden profitieren und mehr bekommen”, sagt Freigang. “Aber darum geht es nicht in erster Linie. Wir wollen den Sport professionalisieren, damit alle Spielerinnen und Spieler auf dem gleichen Niveau starten können und die gleichen Chancen haben.”

Attraktivere Anstoßzeiten

Doch trotz der großen Fortschritte auf nationaler Ebene bleibt ein Kernproblem bestehen: die großen Leistungsunterschiede in der Bundesliga.

Anders als in der höchsten Spielklasse der Männer gibt es bei den Frauen viele Spielerinnen, die nicht allein von ihren Einnahmen aus dem Fußball leben können. “In der Bundesliga gibt es große Unterschiede. Manche müssen nebenbei arbeiten, sonst können sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten”, sagt Waßmuth, die in Wolfsburg spielt.

Auch bei den Funktionsgebäuden und Sport-Möglichkeiten der einzelnen Vereine gibt es große Unterschiede, etwa bei den Trainingsplätzen und den Umkleideräumen. Viele Vereine haben keine Vollzeit-Angestellten oder Physiotherapeuten. “Es sind diese kleinen Dinge, die geändert werden müssen, um die Chancengleichheit zu verbessern”, so Waßmuth.

Während Bayern und Wolfsburg die Ausnahmen mit ihrer finanziellen Ausstattung sind, heben Vereine wie Frankfurt und Hoffenheim langsam ihr Niveau. Aber der Abstand zu den anderen Klubs bleibt enorm groß. “Ich kann nur von Hoffenheim und Wolfsburg sprechen, da wurde ich sehr gut betreut.”, sagt Lattwein. “Aber es gibt auch Spielerinnen, die acht Stunden am Tag arbeiten und dann zum Training gehen. Das sind die Dinge, die wir ändern wollen.”

Es gibt noch viel zu tun, um die Parität zwischen den Bundesligavereinen zu erreichen. Aber eine vollständige Professionalisierung der gesamten Liga würde vielen Spielerinnen die Möglichkeit geben, sich nur auf den Fußball zu konzentrieren. “Die Mädchen sollten in allen Vereinen auf dem gleichen Niveau sein, wenn es um gleiche Spielbedingungen geht. Das ist mir wichtiger, als die Lücke zu den Männern zu schließen”, sagt Lattwein. “Ich glaube, dass das möglich ist.”

Die deutschen Nationalspielerinnen sind auch sehr daran interessiert, dass der Frauenfußball in den Medien und in der Werbung einen größeren Platz einnimmt. Die Champions League hat in der vergangenen Saison gezeigt, dass das öffentliche Interesse vorhanden ist. Der Wettbewerb verzeichnete einen Zuschauerrekord. Als Barcelona Femeni den VfL Wolfsburg im Stadion Camp Nou zum Halbfinal-Hinspiel empfing, brach das Team seinen eigenen Zuschauerrekord für ein Frauenfußballspiel. Fast 92.000 Fans sahen den 5:1-Sieg des Heim-Teams.

“Ich verstehe, dass die Männer mehr Geld verdienen, aber man könnte versuchen, die Frauen sichtbarer zu machen”, sagt Waßmuth. “Wir müssen an den Anstoßzeiten arbeiten. Um die Spiele zu attraktiveren Zeiten zeigen.” Es sei wichtig, die Frauenfußballspiele besser zu fördern. Etwa indem die Öffentlichkeit auf Spitzenspiele und brisante Derbys besonders aufmerksam gemacht würde, um das Interesse zu wecken. Anstoßzeiten um 14 oder 16 Uhr an einem Wochentag seien dem Wachstum des Spiels nicht gerade förderlich.

Für die deutsche Nationalmannschaft ist die Auseinandersetzung mit diesen Themen von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, den Frauenfußball auf die nächste Stufe zu heben. Das erklärt auch, warum für die meisten Spielerinnen gleiche Bezahlung nicht ganz oben auf ihrer Liste steht, wenn es darum geht, für Parität zu kämpfen.

Aus dem Englischen übersetzt von Jörg Strohschein

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