Deutschland

Der Dom bleibt dunkel – wie Deutschland Energie spart

Das Kölner Wahrzeichen wird nachts nicht mehr angestrahlt. Um einen Gas-Notstand zu vermeiden, gehen hierzulande die Lichter aus. Vielgefragt zurzeit: Energieberater.

“Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter” – lautet ein bekanntes Sprichwort in der Metropole am Rhein. Zwar wurde die berühmte Kirche schon im Jahr 1880 fertig gebaut; seitdem schmücken ihn aber bis heute zahlreiche Gerüste. Seit einigen Tagen könnten die Kölner aber doch auf die Idee kommen, dass der Weltuntergang unmittelbar bevorsteht: Wenn sie ab 23 Uhr auf ihren Dom blicken, sind die Gerüste kaum mehr zu sehen: Das Wahrzeichen der Stadt, normalerweise die ganze Nacht hell angestrahlt, bleibt dunkel. Um in Zeiten des Ukraine-Krieges Strom zu sparen.

“Noch ist kein Grund für Panik, aber wir haben uns hier auch auf eine tatsächliche Notlage vorzubereiten. Es geht einerseits um die Lieferengpässe für Gas, aber es geht natürlich auch um Stromausfall-Szenarien, die wir hier betrachten müssen”, sagt Andrea Blome. “Unsere Hauptverantwortung ist jetzt, dass wir die sogenannten kritischen Infrastrukturen weiter am Laufen halten, selbst wenn es bei der Stromversorgung Engpässe geben sollte.”

“Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter” – lautet ein bekanntes Sprichwort in der Metropole am Rhein. Zwar wurde die berühmte Kirche schon im Jahr 1880 fertig gebaut; seitdem schmücken ihn aber bis heute zahlreiche Gerüste. Seit einigen Tagen könnten die Kölner aber doch auf die Idee kommen, dass der Weltuntergang unmittelbar bevorsteht: Wenn sie ab 23 Uhr auf ihren Dom blicken, sind die Gerüste kaum mehr zu sehen: Das Wahrzeichen der Stadt, normalerweise die ganze Nacht hell angestrahlt, bleibt dunkel. Um in Zeiten des Ukraine-Krieges Strom zu sparen.

Wenn bei jemandem die Energiesicherheit der Millionenstadt in guten Händen ist, dann ist es bei der Kölner Stadtdirektorin. Vor einigen Tagen wurde die Taskforce Energiesicherheit in einen Krisenstab umfunktioniert; Blome bekam die Leitung. Die studierte Architektin jongliert gerade drei Krisen gleichzeitig: Denn nicht nur das Thema Energiesicherheit verlangt auch mal unpopuläre Entscheidungen, der Stab muss gleichzeitig auch die Krisenthemen Corona und Ukraine im Blick haben.

Gedimmte Straßenlichter, kältere Schwimmbäder, ausgeschaltete Computer

“Wir sparen jetzt natürlich vor allen Dingen Strom, weil Wärme im heißen Sommer noch nicht ganz so gefragt ist. Das betrifft vor allem die Beleuchtung: das Stadion in Müngersdorf ist dabei, der Dom ist dabei, das Historische Rathaus und die Rheinbrücken sind dabei. All das wird abends um 23:00 ausgeschaltet, im Herbst noch eine Stunde früher, um 22:00 Uhr”, sagt Blome.

An mehr als 130 repräsentativen Bauwerken knipst die Stadt jetzt nachts das Licht aus; auch die Straßenlichter werden ab 23 Uhr um die Hälfte heruntergedimmt. Doch nicht nur bei der Beleuchtung spart Köln, um den Energieverbrauch, wie von der Europäischen Union vorgegeben, um 15 Prozent zu senken.

Klimaanlagen in den Büros der Stadt laufen nur noch sparsam; im Winter sollen die Amtsstuben nur noch auf 19 Grad beheizt werden. In den Hallen- und Schwimmbädern ist das Wasser merklich kühler. Blome will mit allen Mitteln vermeiden, Schwimmbäder zu schließen, gerade wegen der Kurse für Kinder. Doch andere Städte Deutschlands haben dies schon vorgemacht. Und auch die Angestellten der Stadt Köln sind gefragt, Tag für Tag Energie zu sparen.

“Wir werden gegenüber den eigenen 23.000 Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung noch eine sogenannte Handreichung machen, um noch mal die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden zu schärfen. Beispielweise den Rechner wirklich auszuschalten, wenn man das Büro verlässt.”

Robert Habeck hatte in Deutschland vor zwei Monaten den Startschuss gegeben, Energie zu sparen und die Bevölkerung auf womöglich härtere Zeiten im Herbst und Winter eingeschworen. Der Appell des Wirtschaftsministers: weniger waschen, heizen und keine Klimaanlage benutzen – und höchstens fünf Minuten duschen, am besten mit einem wassersparenden Duschkopf.

Wer sich einen solchen zulegen will, geht in den Baumarkt, den Sanitärfachhandel oder bestellt ihn per Internet. Alexander Zeeh, Geschäftsführer von einem der Marktführer, Grohe Deutschland, sagt gegenüber der DW: “Die Nachfrage nach wassersparenden Produkten ist deshalb in den vergangenen Wochen gestiegen. Im Bereich der wassersparenden Duschen können wir schon einen leichten Anstieg verzeichnen. Interessanterweise liegt dieser am Waschbecken bereits bei knapp zehn Prozent. ” 

Laut Umfragen haben die Deutschen verstanden: sei es, um ein Signal gegen den russischen Angriffskrieg zu setzen, vor allem aber, um den eigenen Geldbeutel zu schonen, duschen sie kürzer oder kälter, nehmen vermehrt ihr Handy oder den PC vom Netz und ersetzen das Nudelgericht am Abend durch eine Brotzeit.

Vor allem klingeln sie bei den Menschen durch, die derzeit in Deutschland zu den meistgefragten gehören: bei den rund 13.000 Energieberaterinnen und -beratern. Celia Schütze ist eine von ihnen; sie hat vor zehn Jahren die Bonner Energieagentur mit aufgebaut und ist jetzt deren Geschäftsführerin.

Im ersten Quartal hat die Agentur 70 Prozent zusätzliche Anfragen gehabt; danach kam sie mit dem Nachhalten gar nicht mehr hinterher. Von Eins-zu-Eins Beratungen ist die Energieagentur wegen der vielen Interessenten längst zu Gruppenterminen umgeschwenkt, in denen sie die Grundlagen der Photovoltaik vorstellen, zu Dämmung in Gebäuden raten und alles zum Thema Wärmepumpen erklären. Grundsätzlich gilt immer: zwei Monate Vorlauf. Schütze sagt: “Zum Teil herrscht ein Gefühl der Ratlosigkeit. Viele Menschen haben erst mal gar keine Idee, wo ihre größten Hebel sind. Sie wissen nicht, wo sie anfangen sollen. Bei vielen gab es vorher ganz lange das Gefühl – ich heize mit Gas, also habe ich eine effiziente und moderne Heizung. Die sind schon ein bisschen aus allen Wolken gefallen, dass das gar nicht stimmt: Denn jede Gasheizung ist auch fossil.”

Schütze erzählt mit einem Lachen von einer Karikatur, die sie neulich gesehen hat: eine Menschenmenge wartet gespannt vor einer Tür. Es scheint, als würde gleich eine berühmte Persönlichkeit über die Schwelle treten. Stattdessen erscheint ein Energieberater, der noch freie Termine hat. Der Witz hat einen ernsten Hintergrund: In Deutschland fehlen an allen Ecken und Enden Experten und Expertinnen mit fachkundigen Tipps zum Energiesparen.

Unser grundsätzlicher Ansatz ist, erst mal weniger Energie zu verbrauchen, also herauszufinden, wo verbrauche ich eigentlich was? Es gibt zum Beispiel immer noch den Fall, dass Heizkörper in der Garage stehen oder im Keller. Aber was natürlich alle auch tun können, ist, sich ihr Nutzerverhalten anzuschauen. Wenn alle den Thermostat der Heizung um ein Grad herunterdrehen, sparen sie damit sechs Prozent Energie.”

Das langfristige Ziel, sagt Celia Schütze, ist bei allen ihren Beratungen die Klimaneutralität. Bis 2035 will die Stadt Bonn das erreichen – so wie viele andere Städte auch. Also weg von der Kohle, weg vom Öl und weg vom Gas. Schafft Deutschland das? Sollte Wirtschaftsminister Habeck bei ihr anrufen, würde die Energieberaterin ihm folgendes ans Herz legen:

“Ich würde mir wünschen, dass mehr Wert auf Dämmung und Energieeffizienz gelegt wird. Leider sind jetzt gerade ausgerechnet die Förderbedingungen für die Gebäudesanierung verschlechtert worden. Das ist bedauerlich. Denn die Sanierung ist eine sehr gute Voraussetzung, um Wärmepumpen effizient zu betreiben. Und es wäre sinnvoll, diese Beratungsstellen, seien es die regionalen Energieagenturen, seien es die Verbraucherzentralen, institutionell stärker zu unterstützen.”

Köln Stadtdirektorin Andrea Blome
Vielen Dank fürs Energiesparen - Plakat im Bonner Stadtteil Bad Godesberg

“Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter” – lautet ein bekanntes Sprichwort in der Metropole am Rhein. Zwar wurde die berühmte Kirche schon im Jahr 1880 fertig gebaut; seitdem schmücken ihn aber bis heute zahlreiche Gerüste. Seit einigen Tagen könnten die Kölner aber doch auf die Idee kommen, dass der Weltuntergang unmittelbar bevorsteht: Wenn sie ab 23 Uhr auf ihren Dom blicken, sind die Gerüste kaum mehr zu sehen: Das Wahrzeichen der Stadt, normalerweise die ganze Nacht hell angestrahlt, bleibt dunkel. Um in Zeiten des Ukraine-Krieges Strom zu sparen.

“Noch ist kein Grund für Panik, aber wir haben uns hier auch auf eine tatsächliche Notlage vorzubereiten. Es geht einerseits um die Lieferengpässe für Gas, aber es geht natürlich auch um Stromausfall-Szenarien, die wir hier betrachten müssen”, sagt Andrea Blome. “Unsere Hauptverantwortung ist jetzt, dass wir die sogenannten kritischen Infrastrukturen weiter am Laufen halten, selbst wenn es bei der Stromversorgung Engpässe geben sollte.”

Gedimmte Straßenlichter, kältere Schwimmbäder, ausgeschaltete Computer

Wenn bei jemandem die Energiesicherheit der Millionenstadt in guten Händen ist, dann ist es bei der Kölner Stadtdirektorin. Vor einigen Tagen wurde die Taskforce Energiesicherheit in einen Krisenstab umfunktioniert; Blome bekam die Leitung. Die studierte Architektin jongliert gerade drei Krisen gleichzeitig: Denn nicht nur das Thema Energiesicherheit verlangt auch mal unpopuläre Entscheidungen, der Stab muss gleichzeitig auch die Krisenthemen Corona und Ukraine im Blick haben.

“Wir sparen jetzt natürlich vor allen Dingen Strom, weil Wärme im heißen Sommer noch nicht ganz so gefragt ist. Das betrifft vor allem die Beleuchtung: das Stadion in Müngersdorf ist dabei, der Dom ist dabei, das Historische Rathaus und die Rheinbrücken sind dabei. All das wird abends um 23:00 ausgeschaltet, im Herbst noch eine Stunde früher, um 22:00 Uhr”, sagt Blome.

An mehr als 130 repräsentativen Bauwerken knipst die Stadt jetzt nachts das Licht aus; auch die Straßenlichter werden ab 23 Uhr um die Hälfte heruntergedimmt. Doch nicht nur bei der Beleuchtung spart Köln, um den Energieverbrauch, wie von der Europäischen Union vorgegeben, um 15 Prozent zu senken.

Klimaanlagen in den Büros der Stadt laufen nur noch sparsam; im Winter sollen die Amtsstuben nur noch auf 19 Grad beheizt werden. In den Hallen- und Schwimmbädern ist das Wasser merklich kühler. Blome will mit allen Mitteln vermeiden, Schwimmbäder zu schließen, gerade wegen der Kurse für Kinder. Doch andere Städte Deutschlands haben dies schon vorgemacht. Und auch die Angestellten der Stadt Köln sind gefragt, Tag für Tag Energie zu sparen.

Deutsche kaufen Duschköpfe und Armaturen fürs Waschbecken

“Wir werden gegenüber den eigenen 23.000 Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung noch eine sogenannte Handreichung machen, um noch mal die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden zu schärfen. Beispielweise den Rechner wirklich auszuschalten, wenn man das Büro verlässt.”

Verzweifelt gesucht: Energieberater

Robert Habeck hatte in Deutschland vor zwei Monaten den Startschuss gegeben, Energie zu sparen und die Bevölkerung auf womöglich härtere Zeiten im Herbst und Winter eingeschworen. Der Appell des Wirtschaftsministers: weniger waschen, heizen und keine Klimaanlage benutzen – und höchstens fünf Minuten duschen, am besten mit einem wassersparenden Duschkopf.

Wer sich einen solchen zulegen will, geht in den Baumarkt, den Sanitärfachhandel oder bestellt ihn per Internet. Alexander Zeeh, Geschäftsführer von einem der Marktführer, Grohe Deutschland, sagt gegenüber der DW: “Die Nachfrage nach wassersparenden Produkten ist deshalb in den vergangenen Wochen gestiegen. Im Bereich der wassersparenden Duschen können wir schon einen leichten Anstieg verzeichnen. Interessanterweise liegt dieser am Waschbecken bereits bei knapp zehn Prozent. ” 

Laut Umfragen haben die Deutschen verstanden: sei es, um ein Signal gegen den russischen Angriffskrieg zu setzen, vor allem aber, um den eigenen Geldbeutel zu schonen, duschen sie kürzer oder kälter, nehmen vermehrt ihr Handy oder den PC vom Netz und ersetzen das Nudelgericht am Abend durch eine Brotzeit.

Energiesparmöglichkeiten in jedem Haushalt

Vor allem klingeln sie bei den Menschen durch, die derzeit in Deutschland zu den meistgefragten gehören: bei den rund 13.000 Energieberaterinnen und -beratern. Celia Schütze ist eine von ihnen; sie hat vor zehn Jahren die Bonner Energieagentur mit aufgebaut und ist jetzt deren Geschäftsführerin.

Im ersten Quartal hat die Agentur 70 Prozent zusätzliche Anfragen gehabt; danach kam sie mit dem Nachhalten gar nicht mehr hinterher. Von Eins-zu-Eins Beratungen ist die Energieagentur wegen der vielen Interessenten längst zu Gruppenterminen umgeschwenkt, in denen sie die Grundlagen der Photovoltaik vorstellen, zu Dämmung in Gebäuden raten und alles zum Thema Wärmepumpen erklären. Grundsätzlich gilt immer: zwei Monate Vorlauf. Schütze sagt: “Zum Teil herrscht ein Gefühl der Ratlosigkeit. Viele Menschen haben erst mal gar keine Idee, wo ihre größten Hebel sind. Sie wissen nicht, wo sie anfangen sollen. Bei vielen gab es vorher ganz lange das Gefühl – ich heize mit Gas, also habe ich eine effiziente und moderne Heizung. Die sind schon ein bisschen aus allen Wolken gefallen, dass das gar nicht stimmt: Denn jede Gasheizung ist auch fossil.”

Ziel Klimaneutralität braucht weitere Maßnahmen

Schütze erzählt mit einem Lachen von einer Karikatur, die sie neulich gesehen hat: eine Menschenmenge wartet gespannt vor einer Tür. Es scheint, als würde gleich eine berühmte Persönlichkeit über die Schwelle treten. Stattdessen erscheint ein Energieberater, der noch freie Termine hat. Der Witz hat einen ernsten Hintergrund: In Deutschland fehlen an allen Ecken und Enden Experten und Expertinnen mit fachkundigen Tipps zum Energiesparen.

Unser grundsätzlicher Ansatz ist, erst mal weniger Energie zu verbrauchen, also herauszufinden, wo verbrauche ich eigentlich was? Es gibt zum Beispiel immer noch den Fall, dass Heizkörper in der Garage stehen oder im Keller. Aber was natürlich alle auch tun können, ist, sich ihr Nutzerverhalten anzuschauen. Wenn alle den Thermostat der Heizung um ein Grad herunterdrehen, sparen sie damit sechs Prozent Energie.”

Das langfristige Ziel, sagt Celia Schütze, ist bei allen ihren Beratungen die Klimaneutralität. Bis 2035 will die Stadt Bonn das erreichen – so wie viele andere Städte auch. Also weg von der Kohle, weg vom Öl und weg vom Gas. Schafft Deutschland das? Sollte Wirtschaftsminister Habeck bei ihr anrufen, würde die Energieberaterin ihm folgendes ans Herz legen:

“Ich würde mir wünschen, dass mehr Wert auf Dämmung und Energieeffizienz gelegt wird. Leider sind jetzt gerade ausgerechnet die Förderbedingungen für die Gebäudesanierung verschlechtert worden. Das ist bedauerlich. Denn die Sanierung ist eine sehr gute Voraussetzung, um Wärmepumpen effizient zu betreiben. Und es wäre sinnvoll, diese Beratungsstellen, seien es die regionalen Energieagenturen, seien es die Verbraucherzentralen, institutionell stärker zu unterstützen.”

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