Kultur

Kultureinrichtungen in der Energiekrise

Energiemangel und explodierende Preise setzen Deutschlands Museen, Theatern und Konzerthäusern zu. Die Kulturbranche ist alarmiert.

Im Wintermantel ins Konzert, mit Wollmütze ins Museum? Frieren im Theater? Müssen Kultureinrichtungen gar schließen? Vor solchen Szenarien warnt der Deutsche Kulturrat, der Dachverband aller deutschen Kulturverbände. Doch welche Folgen hat der  absehbare Energiemangel auf die Kultur in Deutschland? Wer soll die rapide steigenden Strom- und Gaskosten bezahlen? “Das”, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, “ist im Moment das drängendste Thema im Bereich der Kulturpolitik.”

Gewarnt hat er schon früh. Jetzt schlägt Zimmermann Alarm: Weil Russland – infolge des Ukraine-Krieges – weniger Gas an Deutschland liefert, sieht er Museen, Theater, Konzerthäuser, Archive und Bibliotheken bedroht.

Im Wintermantel ins Konzert, mit Wollmütze ins Museum? Frieren im Theater? Müssen Kultureinrichtungen gar schließen? Vor solchen Szenarien warnt der Deutsche Kulturrat, der Dachverband aller deutschen Kulturverbände. Doch welche Folgen hat der  absehbare Energiemangel auf die Kultur in Deutschland? Wer soll die rapide steigenden Strom- und Gaskosten bezahlen? “Das”, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, “ist im Moment das drängendste Thema im Bereich der Kulturpolitik.”

Und wirklich: Landauf, landab sind viele Kulturbetreiber schon in Habachtstellung gegangen: Von “ersten Gedankenspielen” etwa in der rheinischen Kleinstadt Troisdorf bis zur Aktivierung einer ressortübergreifenden “Taskforce wie bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin reichen die Reaktionen.

Claudia Roth: Die Kultur soll sparen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte den Kultursektor aufgefordert, “einen spürbaren Beitrag” zur Reduzierung des Energieverbrauchs zu leisten.

Energie sollte “überall dort eingespart werden, soweit es möglich ist, ohne die Funktionsfähigkeit von Kultureinrichtungen zu gefährden”, erklärte die Ministerin Anfang August nach Beratungen mit ihren Ministerkolleginnen und -kollegen aus den deutschen Bundesländern und der Bundesnetzagentur (die zentrale Infrastrukturbehörde Deutschlands, unter anderem im Elektrizitäts- und Gassektor, Anmerkung d. Red.). Zuvor hatte das Bundeswirtschaftsministerium Mitte Juli die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen.

“Die neuen Berechnungen der Bundesnetzagentur zeigen, dass wir 20 Prozent Gas einsparen müssen, um gut durch den Winter zu kommen”, erklärte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages auf DW-Anfrage, “das ist eine Größenordnung, die uns viel abverlangen wird.”

Vielerorts werden derzeit Klimaanlagen heruntergedreht, der Warmwasserverbrauch gedrosselt, Gebäude nicht mehr angestrahlt. Ausreichen wird das kaum: “Wir sind mit Hochdruck dabei, nicht nur Einsparpotenziale zu erzielen, sondern auch Notfallpläne zu aktualisieren”, sagt Gero Dimter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, im DW-Interview.

Zu der größten deutschen Kultureinrichtung mit Sitz in Berlin gehören Museen, Bibliotheken, Archive und Forschungsinstitute. Eine Taskforce aus Bauleuten, Technikern, Restauratoren und Nachhaltigkeitsbeauftragten fahndet aktuell nach Energieverbräuchen, optimiert technische Anlagen, diskutiert Krisenszenarien. Ein Fünftel, also 20 Prozent der Energie, will die Stiftung einsparen.

Die Museen müssen ihre Luft klimatisieren, also Lufttemperatur und -feuchtigkeit regeln, damit sie den Kunstwerken nicht schadet. Doch lässt sich dabei überhaupt Strom sparen? “Die generelle Tendenz ist,” sagt Dimter, “dass man die Klimakurve stärker an die Jahreszeiten anpasst.” Das bedeutet: Im Sommer soll weniger heruntergekühlt, im Winter die Temperatur kühler belassen werden. Kurzfristige Klimaschwankungen aber seien “dringend” zu vermeiden. 

“Jedes Grad, das wir da anpassen, ist eine echte Einsparung”, so Dimter. Doch was bedeutet es für unterschiedliche Materialien, wenn sich Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Museum ändern? “Das müsste eigentlich noch mehr erforscht werden”, sagt Dimter, “aber jetzt müssen wir schnell handeln, müssen auch mal ausprobieren, ein gewisses Risiko eingehen, ohne dass das Risiko unvertretbar wird.” Trotz der gebotenen Eile, Energie einzusparen, setzt die Stiftung auf wissenschaftliche Begleitung.

Im Kölner Wallraf-Richartz-Museum, das spektakuläre Malerei des Mittelalters und des Barock beherbergt, greift – ebenso wie im dortigen Museum Ludwig, das auf moderne Kunst spezialisiert ist – ein “erstes Maßnahmenpaket zum Energiesparen”. Der weltberühmte Dom, die romanischen Kirchen und andere repräsentative Bauwerke Kölns dürfen nur noch bis 23 Uhr angestrahlt werden. In der Verwaltung der Millionenstadt wurde ein Krisenstab eingesetzt, der, wie es heißt, “zu gegebener Zeit berät und beschließt”. Zu möglichen Krisenszenarien hält man sich hier bedeckt.

An die Energiesparszenarien früherer Zeiten sieht sich derweil Rainer Land erinnert, Kulturamtsleiter in Troisdorf bei Bonn. Die 77.000-Einwohner-Kommune unterhält neben Stadthalle, Musikschule, Kunsthaus und Bürgerhäusern auch zwei städtische Museen. Rund 50 Menschen arbeiten in der Kulturverwaltung. “Natürlich überlegen wir, was zu tun ist”, sagt Land. Viele Gedankenspiele kreisten um Energiesparmaßnahmen wie das Reduzieren von Licht, etwa durch den Einbau von Bewegungsmeldern. 

Nicht nur Rainer Land geht von deutlich steigenden Energieausgaben aus. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz rechnet etwa mit 20 Prozent höheren Stromkosten. Vizepräsident Gero Dimter sagt: “Das wird eine enorme Belastung für die Haushalte, zusätzlich zur Inflation.” Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat warnt: “Bei den vielen kleinen Häusern (Kultureinrichtungen, Anm. d. Red.) in den Kommunen oder im ländlichen Raum können ganz schnell die Lichter ausgehen – im wahrsten Sinne des Wortes.”

Als Antwort auf die Gespräche der Kulturstaatsministerin mit ihren Länderkolleginnen und -kollegen lobte der Kulturrat zwar die Initiative Claudia Roths. Offengeblieben sei aber, ob und wie Bund und Länder die Kultureinrichtungen in der Energiekrise finanziell unterstützen wollen, um die massiv steigenden Kosten aufzufangen. “Energiesparen allein reicht nicht”, so Zimmermann zur DW, “wir brauchen einen Nothilfe-Fonds.”

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats
Frontansicht des Berliner Museums für Gegenwart Hamburger Bahnhof

Im Wintermantel ins Konzert, mit Wollmütze ins Museum? Frieren im Theater? Müssen Kultureinrichtungen gar schließen? Vor solchen Szenarien warnt der Deutsche Kulturrat, der Dachverband aller deutschen Kulturverbände. Doch welche Folgen hat der  absehbare Energiemangel auf die Kultur in Deutschland? Wer soll die rapide steigenden Strom- und Gaskosten bezahlen? “Das”, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, “ist im Moment das drängendste Thema im Bereich der Kulturpolitik.”

Gewarnt hat er schon früh. Jetzt schlägt Zimmermann Alarm: Weil Russland – infolge des Ukraine-Krieges – weniger Gas an Deutschland liefert, sieht er Museen, Theater, Konzerthäuser, Archive und Bibliotheken bedroht.

Claudia Roth: Die Kultur soll sparen

Und wirklich: Landauf, landab sind viele Kulturbetreiber schon in Habachtstellung gegangen: Von “ersten Gedankenspielen” etwa in der rheinischen Kleinstadt Troisdorf bis zur Aktivierung einer ressortübergreifenden “Taskforce wie bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin reichen die Reaktionen.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte den Kultursektor aufgefordert, “einen spürbaren Beitrag” zur Reduzierung des Energieverbrauchs zu leisten.

Energie sollte “überall dort eingespart werden, soweit es möglich ist, ohne die Funktionsfähigkeit von Kultureinrichtungen zu gefährden”, erklärte die Ministerin Anfang August nach Beratungen mit ihren Ministerkolleginnen und -kollegen aus den deutschen Bundesländern und der Bundesnetzagentur (die zentrale Infrastrukturbehörde Deutschlands, unter anderem im Elektrizitäts- und Gassektor, Anmerkung d. Red.). Zuvor hatte das Bundeswirtschaftsministerium Mitte Juli die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen.

“Die neuen Berechnungen der Bundesnetzagentur zeigen, dass wir 20 Prozent Gas einsparen müssen, um gut durch den Winter zu kommen”, erklärte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages auf DW-Anfrage, “das ist eine Größenordnung, die uns viel abverlangen wird.”

Eine Taskforce fahndet nach Einsparpotenzialen

Vielerorts werden derzeit Klimaanlagen heruntergedreht, der Warmwasserverbrauch gedrosselt, Gebäude nicht mehr angestrahlt. Ausreichen wird das kaum: “Wir sind mit Hochdruck dabei, nicht nur Einsparpotenziale zu erzielen, sondern auch Notfallpläne zu aktualisieren”, sagt Gero Dimter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, im DW-Interview.

Eile ist geboten 

Zu der größten deutschen Kultureinrichtung mit Sitz in Berlin gehören Museen, Bibliotheken, Archive und Forschungsinstitute. Eine Taskforce aus Bauleuten, Technikern, Restauratoren und Nachhaltigkeitsbeauftragten fahndet aktuell nach Energieverbräuchen, optimiert technische Anlagen, diskutiert Krisenszenarien. Ein Fünftel, also 20 Prozent der Energie, will die Stiftung einsparen.

Die Museen müssen ihre Luft klimatisieren, also Lufttemperatur und -feuchtigkeit regeln, damit sie den Kunstwerken nicht schadet. Doch lässt sich dabei überhaupt Strom sparen? “Die generelle Tendenz ist,” sagt Dimter, “dass man die Klimakurve stärker an die Jahreszeiten anpasst.” Das bedeutet: Im Sommer soll weniger heruntergekühlt, im Winter die Temperatur kühler belassen werden. Kurzfristige Klimaschwankungen aber seien “dringend” zu vermeiden. 

“Jedes Grad, das wir da anpassen, ist eine echte Einsparung”, so Dimter. Doch was bedeutet es für unterschiedliche Materialien, wenn sich Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Museum ändern? “Das müsste eigentlich noch mehr erforscht werden”, sagt Dimter, “aber jetzt müssen wir schnell handeln, müssen auch mal ausprobieren, ein gewisses Risiko eingehen, ohne dass das Risiko unvertretbar wird.” Trotz der gebotenen Eile, Energie einzusparen, setzt die Stiftung auf wissenschaftliche Begleitung.

Kulturrat: “Es können ganz schnell die Lichter ausgehen”

Im Kölner Wallraf-Richartz-Museum, das spektakuläre Malerei des Mittelalters und des Barock beherbergt, greift – ebenso wie im dortigen Museum Ludwig, das auf moderne Kunst spezialisiert ist – ein “erstes Maßnahmenpaket zum Energiesparen”. Der weltberühmte Dom, die romanischen Kirchen und andere repräsentative Bauwerke Kölns dürfen nur noch bis 23 Uhr angestrahlt werden. In der Verwaltung der Millionenstadt wurde ein Krisenstab eingesetzt, der, wie es heißt, “zu gegebener Zeit berät und beschließt”. Zu möglichen Krisenszenarien hält man sich hier bedeckt.

An die Energiesparszenarien früherer Zeiten sieht sich derweil Rainer Land erinnert, Kulturamtsleiter in Troisdorf bei Bonn. Die 77.000-Einwohner-Kommune unterhält neben Stadthalle, Musikschule, Kunsthaus und Bürgerhäusern auch zwei städtische Museen. Rund 50 Menschen arbeiten in der Kulturverwaltung. “Natürlich überlegen wir, was zu tun ist”, sagt Land. Viele Gedankenspiele kreisten um Energiesparmaßnahmen wie das Reduzieren von Licht, etwa durch den Einbau von Bewegungsmeldern. 

Nicht nur Rainer Land geht von deutlich steigenden Energieausgaben aus. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz rechnet etwa mit 20 Prozent höheren Stromkosten. Vizepräsident Gero Dimter sagt: “Das wird eine enorme Belastung für die Haushalte, zusätzlich zur Inflation.” Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat warnt: “Bei den vielen kleinen Häusern (Kultureinrichtungen, Anm. d. Red.) in den Kommunen oder im ländlichen Raum können ganz schnell die Lichter ausgehen – im wahrsten Sinne des Wortes.”

Als Antwort auf die Gespräche der Kulturstaatsministerin mit ihren Länderkolleginnen und -kollegen lobte der Kulturrat zwar die Initiative Claudia Roths. Offengeblieben sei aber, ob und wie Bund und Länder die Kultureinrichtungen in der Energiekrise finanziell unterstützen wollen, um die massiv steigenden Kosten aufzufangen. “Energiesparen allein reicht nicht”, so Zimmermann zur DW, “wir brauchen einen Nothilfe-Fonds.”

Gero Dimter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Nachrichten

Ähnliche Artikel

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Überprüfen Sie auch
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"