Kraftwerk in 3D – ein Fest aus Klang, Licht und Farbe
Die Elektronik-Pioniere sind seit Mai 2022 auf “3D-Tour”. Jetzt haben sie ihr einziges Deutschlandkonzert in Bonn gespielt. Die DW war dabei.
Die Sonne ist längst untergegangen, im Bonner Hofgarten warten etwa 25.000 Menschen auf die Show der legendären Elektronik-Band. Um kurz vor 21 Uhr erklingt ein Ton, der über dem Gelände wabert. Auf einer großen Videowand erscheint ein stilisiertes Bild der Kraftwerker. Erst nach zehn Minuten besteigen die vier Männer leibhaftig die Bühne. Eine elektronische Stimme begrüßt das Publikum – und dann startet die Musik. Eine Collage aus “Numbers” und “Computerwelt” stimmt das Publikum auf zwei Stunden Kraftwerk ein: Ein bombastischer Sound und ein visuelles Spektakel, denn die Bilder werden in 3D auf die Videowand hinter den Musikern projiziert – entsprechend trägt das Publikum 3D-Brillen.
Und so rasen die Klänge durch die Lautsprechertürme, dreidimensional nicht nur im Bild, sondern auch im Ton. Pulsierender Beat, glasklare Synthesizer, Bässe, die den Körper vibrieren lassen.
Die Sonne ist längst untergegangen, im Bonner Hofgarten warten etwa 25.000 Menschen auf die Show der legendären Elektronik-Band. Um kurz vor 21 Uhr erklingt ein Ton, der über dem Gelände wabert. Auf einer großen Videowand erscheint ein stilisiertes Bild der Kraftwerker. Erst nach zehn Minuten besteigen die vier Männer leibhaftig die Bühne. Eine elektronische Stimme begrüßt das Publikum – und dann startet die Musik. Eine Collage aus “Numbers” und “Computerwelt” stimmt das Publikum auf zwei Stunden Kraftwerk ein: Ein bombastischer Sound und ein visuelles Spektakel, denn die Bilder werden in 3D auf die Videowand hinter den Musikern projiziert – entsprechend trägt das Publikum 3D-Brillen.
Die Klänge: altvertraut und dennoch modern – beim Zuhören wird man sich wieder bewusst, wie sehr Kraftwerk elektronische Bands wie Depeche Mode oder Ultravox beeinflusst haben und dass es Techno, wie wir ihn seit den 1990ern kennen, ohne sie wahrscheinlich nie gegeben hätte. Bei diesem fein ausbalancierten und detaillierten Bühnensound klingt die Musik überhaupt nicht wie 30, 40 oder gar 50 Jahre alt. Die Setliste ist vollgepackt mit Kraftwerk-Hits, von “Autobahn” über “Das Model” – der in den Charts erfolgreichste Kraftwerk-Hit in Deutschland, entsprechend frenetisch feiert ihn das Publikum – “Trans-Europa-Express”, “Radioaktivität”, “Tour de France” und natürlich “Wir sind die Roboter”.
Ein bisschen wie “Zurück in die Zukunft”
Die Videosequenzen dominieren Zahlen, Symbole, Linien, Formen und Farben. Bei “Autobahn” sind es herrlich altmodisch anmutende Animationen von Autos der 70er Jahre, die unter blauem Himmel auf der Straße tuckern, bei “Tour de France” werden ältere Schwarz-Weiß-Aufnahmen des Radrennens gezeigt. Die 3D-Effekte sind eher zurückhaltend, nur manchmal fliegen den Zuschauenden die Noten entgegen oder eine Roboterhand greift nach ihnen. Weiter hinten ist von den Effekten kaum etwas zu sehen, viele setzen ihre Brillen ab. 3D oder nicht – das steht nicht Vordergrund. Die Musik, die viele hier seit Jahrzehnten begleitet hat, live zu erleben, ist das Wichtigste an diesem Abend.
Auf Tour sind Kraftwerk seit Ende Mai. Nach der langen Corona-Pause endlich wieder live – anderen Bands hört und sieht man die Freude darüber, wieder auf der Bühne zu stehen, an. Bei Kraftwerk stehen Gefühle nicht im Vordergrund – das gehörte nie zum Repertoire der Elektroniker. Schon früh wurde der Begriff “Menschmaschine” geprägt, und als solche platzieren sich die vier Männer hinter ihren Synthesizern nebeneinander auf der Bühne, ganz klein vor der riesigen LED-Wand.
Am 6. August 2022 aber zeigten die vier Musik-Roboter schließlich doch menschliche Regungen auf der Bühne. Bei einem Konzert in Polen brach der Song “Wir sind die Roboter” nach 44 Sekunden ab. Ratlos zuckten die Musiker mit den Schultern, verließen ihre Positionen, besprachen sich mit den anderen. Schließlich verließen sie die Bühne, minutenlang passierte nichts. Das polnische Publikum war gut gelaunt und begann sogar zu singen. Dann kamen die Vier zurück auf die Bühne und starteten “Wir sind die Roboter” neu. Nach 44 Sekunden brach es erneut ab, im Publikum großes Gejohle. Der Song setzte genau mit der Textstelle wieder ein, die heißt: “Wir laden unsere Batterie, jetzt sind wir voller Energie” – unfreiwillige Komik.
In Bonn standen bei dem Song keine Menschen auf der Bühne – sondern tatsächlich Roboter.
Das einzige noch verbliebene Urmitglied von Kraftwerk ist Ralf Hütter, der 2021 seinen 75. Geburtstag feierte. Er ist von Anfang an – Kraftwerk entstand 1970 – der Kopf dieses Musikprojekts, das sich selbst als Gesamtkunstwerk versteht. Nachdem die anderen Gründungsmitglieder längst ausgestiegen sind und sein Co-Mastermind Florian Schneider 2020 verstorben ist, schart Hütter stets drei weitere, austauschbare Musiker um sich, um das Bild von Kraftwerk auf der Bühne zu wahren.
Er selbst gibt keine Interviews, für ihn soll die Musik, das Gesamtwerk, im Vordergrund stehen, die Menschen dahinter sind nur die ausführenden Roboter. So hat auch niemand von Kraftwerk eine spektakuläre Bühnenshow erwartet, sondern ein Wiederhören der Songs, die sie durch die Jahrzehnte begleitet haben.
Das Publikum ist nach dem Bonner Konzert begeistert. Alle Hits sind gespielt worden, immer wieder betonen die Fans in der DW-Umfrage, wie wichtig die Band für die Entwicklung der elektronischen Musik war und ist, und wie sehr sie die Zeitreise genossen haben.
Unter den zumeist älteren Zuschauerinnen und Zuschauern sind Alina und Jan, beide 20, und der 21-jährige Alexander. Sie haben Kraftwerk durch ihre Eltern kennengelernt. Nach dem Konzert wirken sie beseelt – Sound und Beat haben die jungen Technofans mitgerissen. “Alles was man heute so aus Techno kennt, gab es schon in den 70er Jahren, das ist faszinierend”, sagt Alexander.
“Kraftwerk waren ihrer Zeit voraus”, meint Jan und findet es schade, dass so wenig Leute in ihrem Alter im Publikum waren. Vielleicht liege es daran, dass die Jugend die alte Musik ihrer Eltern oder gar Großeltern nicht hören möchte. “Ich denke, vielen in unserem Alter würde das auch gefallen.” Alexander meint, dass sich die Musik doch erst mal etwas komisch anfühle und sich viele gar nicht erst damit beschäftigen wollen. Alina stimmt zu: “Es sind ja auch sehr lange Songs. Unsere Generation wird durch TikTok darauf trainiert, dass die Aufmerksamkeitsspanne sehr kurz ist, etwa anderthalb Minuten, und wenn man sich dagegen die 14-Minuten-Version von ‘Autobahn’ anhört, dann wird’s für viele in unserem Alter echt schwierig.”
Das Bonner Konzert war das einzige in Deutschland. Die nächsten Stationen sind Lissabon, Malaga, Florenz und Genua.
Die Sonne ist längst untergegangen, im Bonner Hofgarten warten etwa 25.000 Menschen auf die Show der legendären Elektronik-Band. Um kurz vor 21 Uhr erklingt ein Ton, der über dem Gelände wabert. Auf einer großen Videowand erscheint ein stilisiertes Bild der Kraftwerker. Erst nach zehn Minuten besteigen die vier Männer leibhaftig die Bühne. Eine elektronische Stimme begrüßt das Publikum – und dann startet die Musik. Eine Collage aus “Numbers” und “Computerwelt” stimmt das Publikum auf zwei Stunden Kraftwerk ein: Ein bombastischer Sound und ein visuelles Spektakel, denn die Bilder werden in 3D auf die Videowand hinter den Musikern projiziert – entsprechend trägt das Publikum 3D-Brillen.
Und so rasen die Klänge durch die Lautsprechertürme, dreidimensional nicht nur im Bild, sondern auch im Ton. Pulsierender Beat, glasklare Synthesizer, Bässe, die den Körper vibrieren lassen.
Ein bisschen wie “Zurück in die Zukunft”
Die Klänge: altvertraut und dennoch modern – beim Zuhören wird man sich wieder bewusst, wie sehr Kraftwerk elektronische Bands wie Depeche Mode oder Ultravox beeinflusst haben und dass es Techno, wie wir ihn seit den 1990ern kennen, ohne sie wahrscheinlich nie gegeben hätte. Bei diesem fein ausbalancierten und detaillierten Bühnensound klingt die Musik überhaupt nicht wie 30, 40 oder gar 50 Jahre alt. Die Setliste ist vollgepackt mit Kraftwerk-Hits, von “Autobahn” über “Das Model” – der in den Charts erfolgreichste Kraftwerk-Hit in Deutschland, entsprechend frenetisch feiert ihn das Publikum – “Trans-Europa-Express”, “Radioaktivität”, “Tour de France” und natürlich “Wir sind die Roboter”.
Die Videosequenzen dominieren Zahlen, Symbole, Linien, Formen und Farben. Bei “Autobahn” sind es herrlich altmodisch anmutende Animationen von Autos der 70er Jahre, die unter blauem Himmel auf der Straße tuckern, bei “Tour de France” werden ältere Schwarz-Weiß-Aufnahmen des Radrennens gezeigt. Die 3D-Effekte sind eher zurückhaltend, nur manchmal fliegen den Zuschauenden die Noten entgegen oder eine Roboterhand greift nach ihnen. Weiter hinten ist von den Effekten kaum etwas zu sehen, viele setzen ihre Brillen ab. 3D oder nicht – das steht nicht Vordergrund. Die Musik, die viele hier seit Jahrzehnten begleitet hat, live zu erleben, ist das Wichtigste an diesem Abend.
Auf Tour sind Kraftwerk seit Ende Mai. Nach der langen Corona-Pause endlich wieder live – anderen Bands hört und sieht man die Freude darüber, wieder auf der Bühne zu stehen, an. Bei Kraftwerk stehen Gefühle nicht im Vordergrund – das gehörte nie zum Repertoire der Elektroniker. Schon früh wurde der Begriff “Menschmaschine” geprägt, und als solche platzieren sich die vier Männer hinter ihren Synthesizern nebeneinander auf der Bühne, ganz klein vor der riesigen LED-Wand.
Am 6. August 2022 aber zeigten die vier Musik-Roboter schließlich doch menschliche Regungen auf der Bühne. Bei einem Konzert in Polen brach der Song “Wir sind die Roboter” nach 44 Sekunden ab. Ratlos zuckten die Musiker mit den Schultern, verließen ihre Positionen, besprachen sich mit den anderen. Schließlich verließen sie die Bühne, minutenlang passierte nichts. Das polnische Publikum war gut gelaunt und begann sogar zu singen. Dann kamen die Vier zurück auf die Bühne und starteten “Wir sind die Roboter” neu. Nach 44 Sekunden brach es erneut ab, im Publikum großes Gejohle. Der Song setzte genau mit der Textstelle wieder ein, die heißt: “Wir laden unsere Batterie, jetzt sind wir voller Energie” – unfreiwillige Komik.
Unfreiwillige Komik beim Konzert in Polen
In Bonn standen bei dem Song keine Menschen auf der Bühne – sondern tatsächlich Roboter.
Gesamtkunstwerk Kraftwerk
Das einzige noch verbliebene Urmitglied von Kraftwerk ist Ralf Hütter, der 2021 seinen 75. Geburtstag feierte. Er ist von Anfang an – Kraftwerk entstand 1970 – der Kopf dieses Musikprojekts, das sich selbst als Gesamtkunstwerk versteht. Nachdem die anderen Gründungsmitglieder längst ausgestiegen sind und sein Co-Mastermind Florian Schneider 2020 verstorben ist, schart Hütter stets drei weitere, austauschbare Musiker um sich, um das Bild von Kraftwerk auf der Bühne zu wahren.
Er selbst gibt keine Interviews, für ihn soll die Musik, das Gesamtwerk, im Vordergrund stehen, die Menschen dahinter sind nur die ausführenden Roboter. So hat auch niemand von Kraftwerk eine spektakuläre Bühnenshow erwartet, sondern ein Wiederhören der Songs, die sie durch die Jahrzehnte begleitet haben.
Das Publikum ist nach dem Bonner Konzert begeistert. Alle Hits sind gespielt worden, immer wieder betonen die Fans in der DW-Umfrage, wie wichtig die Band für die Entwicklung der elektronischen Musik war und ist, und wie sehr sie die Zeitreise genossen haben.
Generation TikTok entdeckt die Musik der Eltern
Unter den zumeist älteren Zuschauerinnen und Zuschauern sind Alina und Jan, beide 20, und der 21-jährige Alexander. Sie haben Kraftwerk durch ihre Eltern kennengelernt. Nach dem Konzert wirken sie beseelt – Sound und Beat haben die jungen Technofans mitgerissen. “Alles was man heute so aus Techno kennt, gab es schon in den 70er Jahren, das ist faszinierend”, sagt Alexander.
“Kraftwerk waren ihrer Zeit voraus”, meint Jan und findet es schade, dass so wenig Leute in ihrem Alter im Publikum waren. Vielleicht liege es daran, dass die Jugend die alte Musik ihrer Eltern oder gar Großeltern nicht hören möchte. “Ich denke, vielen in unserem Alter würde das auch gefallen.” Alexander meint, dass sich die Musik doch erst mal etwas komisch anfühle und sich viele gar nicht erst damit beschäftigen wollen. Alina stimmt zu: “Es sind ja auch sehr lange Songs. Unsere Generation wird durch TikTok darauf trainiert, dass die Aufmerksamkeitsspanne sehr kurz ist, etwa anderthalb Minuten, und wenn man sich dagegen die 14-Minuten-Version von ‘Autobahn’ anhört, dann wird’s für viele in unserem Alter echt schwierig.”
Das Bonner Konzert war das einzige in Deutschland. Die nächsten Stationen sind Lissabon, Malaga, Florenz und Genua.