Wie kann Architektur Obdachlosigkeit bekämpfen?
Obdachlosigkeit ist ein globales Problem. Dabei sollte kein Mensch auf der Straße leben müssen. Was also tun? In Hamburg sucht eine Ausstellung nach Antworten.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben derzeit 1,6 Milliarden Menschen weltweit in unzureichenden Wohnungen oder haben keinen festen Wohnsitz. Allein in Deutschland gibt es Hochrechnungen zufolge knapp 50.000 Obdachlose (Stand: 2018). Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell Menschen ohne Selbstverschulden in die Arbeitslosigkeit abrutschen können. Manche landen schließlich auf der Straße. Die Wanderausstellung “Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt” widmet sich diesem Thema, das sich zu einem globalen Problem entwickelt hat und Regierungen zum Handeln zwingt.
Nach dem Auftakt im Architekturmuseum der Technischen Universität München eröffnet die Ausstellung am 14. Oktober im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. “Obdachlosigkeit ist zwar ein globales Problem, aber mit unserer Ausstellung wollten wir genauer verstehen, wie die einzelnen Städte mit dieser Herausforderung umgehen”, sagt der Kurator Daniel Talesnik.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben derzeit 1,6 Milliarden Menschen weltweit in unzureichenden Wohnungen oder haben keinen festen Wohnsitz. Allein in Deutschland gibt es Hochrechnungen zufolge knapp 50.000 Obdachlose (Stand: 2018). Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell Menschen ohne Selbstverschulden in die Arbeitslosigkeit abrutschen können. Manche landen schließlich auf der Straße. Die Wanderausstellung “Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt” widmet sich diesem Thema, das sich zu einem globalen Problem entwickelt hat und Regierungen zum Handeln zwingt.
In der Ausstellung werden die verschiedenen Konzepte von Mega-Cities wie New York, Mumbai, Santiago de Chile, Moskau oder Tokio präsentiert. Während in Chile der Staat mit Krediten für Mieten gegen die Wohnungslosigkeit ankämpft, wird in Moskau das Problem gänzlich ignoriert. Mit Dokumentarfilmen, Fotostrecken und innovativen Wohnungsmodellen wollen die Aussteller zum Nachdenken anregen.
Obdachlosigkeit macht die soziale Spaltung sichtbar
Auslöser für Obdachlosigkeit können Traumata, Drogenkonsum, Arbeitsplatzverlust oder psychische Krankheiten sein. Es gibt verschiedene Gründe, doch eins ist klar: Obdachlosigkeit macht die Versäumnisse einer Gesellschaft sichtbar. Sie ist ein Zeugnis der Ungleichheit und der extremen sozialen Spaltung. Die sinkende Zahl von sozialen Wohnungsbauten, die Liberalisierung des Wohnmarkts mit explodierenden Mieten und Grundstückspreisen, das alles kann dazu führen, dass Menschen unverschuldet in Parks oder unter Brücken ihre Bleibe finden. Die Corona-Krise habe für wohnungslose Menschen eine dramatische Verschlechterung ihrer ohnehin bereits prekären Lebenslage bedeutet, schlussfolgert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V.
Die Wohnungsnot ist kein Phänomen des 21. Jahrhunderts: Schon 1872/73 schrieb Friedrich Engels ein Essay “Zur Wohnungsfrage”. Darin analysiert der Gesellschaftstheoretiker die strukturelle Wohnungsnot im Kapitalismus. Eine Verbesserung der Wohnverhältnisse lehnte er ab. Die Wohnungsfrage sei nicht mit stadtplanerischen Konzepten zu beantworten, sondern mit dem Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse. Das sieht der Kurator der Ausstellung in München anders: Er glaubt daran, dass die Architektur einen Teil der Lösung liefern könnte.
“Wir sehen die Architektur nicht als Erlöser oder als die einzige Disziplin, die das Problem lösen kann. Sie kann lediglich dazu beitragen, die Situation der Menschen zu lindern. Denn als solches ist das ein soziales Problem, mehr noch: ein systemisches Problem”, sagt Talesnik.
UN-Schätzungen zufolge werden jährlich etwa 15 Millionen Menschen gewaltsam aus ihren Wohnungen vertrieben. Dabei sind zunehmend junge Menschen gefährdet, in die Obdachlosigkeit zu geraten. Aus diesen Gründen haben die Vereinten Nationen im Februar 2020 die erste Resolution zur Obdachlosigkeit verabschiedet und die Regierungen zu raschen und entschiedenen Gegenmaßnahmen aufgefordert. Die EU möchte bis 2030 die Obdachlosigkeit beenden.
“Es ist eine Schande, dass es hier Obdachlosigkeit gibt. Zwar sind die Zahlen niedriger als anderswo auf der Welt, wenn man die reinen Zahlen vergleicht, aber man muss nicht mit Mumbai vergleichen”, so Ausstellungsmacher Daniel Talesnik. “Klar ist es hier besser, aber dieser Vergleich wäre schief. Man muss sie mit der Realität in der Stadt vergleichen – die Mieten, die Grundstückspreise. Wir haben Städte, wo die Menschen 50 Prozent ihres Gehalts für die Unterkunft zahlen müssen.”
Einige Politikerinnen und Politiker haben das Problem längst erkannt und auf ihre Agenda gesetzt. So kritisierte der Bürgermeister von London, Sadiq Kahn, bereits vor drei Jahren: “Es ist eine Schande, dass in unserem Land Menschen an den Folgen von Obdachlosigkeit sterben. Die Regierung muss aufhören, die Ursachen der Obdachlosigkeit zu ignorieren und dringend in die Dienstleistungen investieren, die wir brauchen, um dieser nationalen Quelle der Schande ein Ende zu setzen.”
Reiche Länder wie Deutschland, Großbritannien oder die USA sollten bessere Strukturen für die Menschen schaffen und das Recht auf Wohnen gewährleisten, das in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte festgeschrieben ist.
Die Ausstellung “Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt” ist im Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg vom 14.Oktober 2022 bis zum 12. März 2023 zu sehen.
Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels vom 3. November 2021.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben derzeit 1,6 Milliarden Menschen weltweit in unzureichenden Wohnungen oder haben keinen festen Wohnsitz. Allein in Deutschland gibt es Hochrechnungen zufolge knapp 50.000 Obdachlose (Stand: 2018). Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell Menschen ohne Selbstverschulden in die Arbeitslosigkeit abrutschen können. Manche landen schließlich auf der Straße. Die Wanderausstellung “Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt” widmet sich diesem Thema, das sich zu einem globalen Problem entwickelt hat und Regierungen zum Handeln zwingt.
Nach dem Auftakt im Architekturmuseum der Technischen Universität München eröffnet die Ausstellung am 14. Oktober im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. “Obdachlosigkeit ist zwar ein globales Problem, aber mit unserer Ausstellung wollten wir genauer verstehen, wie die einzelnen Städte mit dieser Herausforderung umgehen”, sagt der Kurator Daniel Talesnik.
Obdachlosigkeit macht die soziale Spaltung sichtbar
In der Ausstellung werden die verschiedenen Konzepte von Mega-Cities wie New York, Mumbai, Santiago de Chile, Moskau oder Tokio präsentiert. Während in Chile der Staat mit Krediten für Mieten gegen die Wohnungslosigkeit ankämpft, wird in Moskau das Problem gänzlich ignoriert. Mit Dokumentarfilmen, Fotostrecken und innovativen Wohnungsmodellen wollen die Aussteller zum Nachdenken anregen.
Auslöser für Obdachlosigkeit können Traumata, Drogenkonsum, Arbeitsplatzverlust oder psychische Krankheiten sein. Es gibt verschiedene Gründe, doch eins ist klar: Obdachlosigkeit macht die Versäumnisse einer Gesellschaft sichtbar. Sie ist ein Zeugnis der Ungleichheit und der extremen sozialen Spaltung. Die sinkende Zahl von sozialen Wohnungsbauten, die Liberalisierung des Wohnmarkts mit explodierenden Mieten und Grundstückspreisen, das alles kann dazu führen, dass Menschen unverschuldet in Parks oder unter Brücken ihre Bleibe finden. Die Corona-Krise habe für wohnungslose Menschen eine dramatische Verschlechterung ihrer ohnehin bereits prekären Lebenslage bedeutet, schlussfolgert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V.
Die Wohnungsnot ist kein Phänomen des 21. Jahrhunderts: Schon 1872/73 schrieb Friedrich Engels ein Essay “Zur Wohnungsfrage”. Darin analysiert der Gesellschaftstheoretiker die strukturelle Wohnungsnot im Kapitalismus. Eine Verbesserung der Wohnverhältnisse lehnte er ab. Die Wohnungsfrage sei nicht mit stadtplanerischen Konzepten zu beantworten, sondern mit dem Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse. Das sieht der Kurator der Ausstellung in München anders: Er glaubt daran, dass die Architektur einen Teil der Lösung liefern könnte.
“Wir sehen die Architektur nicht als Erlöser oder als die einzige Disziplin, die das Problem lösen kann. Sie kann lediglich dazu beitragen, die Situation der Menschen zu lindern. Denn als solches ist das ein soziales Problem, mehr noch: ein systemisches Problem”, sagt Talesnik.
Eine Folge des Kapitalismus?
UN-Schätzungen zufolge werden jährlich etwa 15 Millionen Menschen gewaltsam aus ihren Wohnungen vertrieben. Dabei sind zunehmend junge Menschen gefährdet, in die Obdachlosigkeit zu geraten. Aus diesen Gründen haben die Vereinten Nationen im Februar 2020 die erste Resolution zur Obdachlosigkeit verabschiedet und die Regierungen zu raschen und entschiedenen Gegenmaßnahmen aufgefordert. Die EU möchte bis 2030 die Obdachlosigkeit beenden.
Obdachlosigkeit – eine globale Herausforderung
“Es ist eine Schande, dass es hier Obdachlosigkeit gibt. Zwar sind die Zahlen niedriger als anderswo auf der Welt, wenn man die reinen Zahlen vergleicht, aber man muss nicht mit Mumbai vergleichen”, so Ausstellungsmacher Daniel Talesnik. “Klar ist es hier besser, aber dieser Vergleich wäre schief. Man muss sie mit der Realität in der Stadt vergleichen – die Mieten, die Grundstückspreise. Wir haben Städte, wo die Menschen 50 Prozent ihres Gehalts für die Unterkunft zahlen müssen.”
Einige Politikerinnen und Politiker haben das Problem längst erkannt und auf ihre Agenda gesetzt. So kritisierte der Bürgermeister von London, Sadiq Kahn, bereits vor drei Jahren: “Es ist eine Schande, dass in unserem Land Menschen an den Folgen von Obdachlosigkeit sterben. Die Regierung muss aufhören, die Ursachen der Obdachlosigkeit zu ignorieren und dringend in die Dienstleistungen investieren, die wir brauchen, um dieser nationalen Quelle der Schande ein Ende zu setzen.”
Reiche Länder wie Deutschland, Großbritannien oder die USA sollten bessere Strukturen für die Menschen schaffen und das Recht auf Wohnen gewährleisten, das in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte festgeschrieben ist.
Die Ausstellung “Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt” ist im Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg vom 14.Oktober 2022 bis zum 12. März 2023 zu sehen.
Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels vom 3. November 2021.