FIFA-Präsident Infantino: Fest im Sattel?
Gianni Infantino ist seit 2016 Präsident der FIFA. Der 52-jährige strebt nächstes Jahr eine dritte Amtszeit an – und kann sich bereits großer Unterstützung sicher sein.
Der Schweizer Gianni Infantino ist seit 2016 als Nachfolger von Joseph Blatter FIFA-Präsident. “Ich will eine neue Ära bei der FIFA einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt”, sagte Infantino nach seiner Erstwahl und kündigte Reformen an. Beim 73. FIFA-Kongress im März nächsten Jahres strebt er eine dritte Amtszeit an. Der Kontinentalverband Südamerikas (CONMEBOL) hat Infantino nun einstimmig die Unterstützung für die Wiederwahl zum Präsidenten des Weltverbands ausgesprochen. In einem Statement des Verbands heißt es, Infantino erhalte nach “einem Meinungsaustausch über die Gegenwart und die Zukunft des südamerikanischen Fußballs und des Weltfußballs die geschlossene Unterstützung der CONMEBOL-Mitgliedsverbände”. Bereits in den vergangenen Monaten hatten die Kontinentalverbände Asiens (AFC) und Afrikas (CAF) ihre Unterstützung für Infantino zum Ausdruck gebracht.
Der Zuspruch der CONMEBOL kommt auf den ersten Blick überraschend, zählte der Verband doch bislang zusammen mit dem europäischen Verband UEFA zu den schärfsten Kritikern Infantinos. Besonders dessen Idee, die Weltmeisterschaft zukünftig alle zwei Jahre auszutragen, stieß beim südamerikanischen Verband auf Unverständnis. Warum also die Kehrtwende? Nach Ansicht von Experten spielt die für 2024 anstehende Vergabe der Fußball-WM 2030 eine entscheidende Rolle. Die vier CONMEBOL-Mitglieder Uruguay, Argentinien, Chile und Paraguay haben sich gemeinsam um die Austragung des Jubiläumsturniers beworben, 100 Jahre nach der ersten WM überhaupt, 1930 in Uruguay.
Der Schweizer Gianni Infantino ist seit 2016 als Nachfolger von Joseph Blatter FIFA-Präsident. “Ich will eine neue Ära bei der FIFA einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt”, sagte Infantino nach seiner Erstwahl und kündigte Reformen an. Beim 73. FIFA-Kongress im März nächsten Jahres strebt er eine dritte Amtszeit an. Der Kontinentalverband Südamerikas (CONMEBOL) hat Infantino nun einstimmig die Unterstützung für die Wiederwahl zum Präsidenten des Weltverbands ausgesprochen. In einem Statement des Verbands heißt es, Infantino erhalte nach “einem Meinungsaustausch über die Gegenwart und die Zukunft des südamerikanischen Fußballs und des Weltfußballs die geschlossene Unterstützung der CONMEBOL-Mitgliedsverbände”. Bereits in den vergangenen Monaten hatten die Kontinentalverbände Asiens (AFC) und Afrikas (CAF) ihre Unterstützung für Infantino zum Ausdruck gebracht.
CONMEBOL-Präsident Alejandro Dominguez ist sich der großen Konkurrenz bewusst. Unter anderem bewerben sich die Ukraine, Spanien und Portugal gemeinsam. In einer Pressekonferenz im August sagte Rodriguez, die WM 2030 in Südamerika sei “der Traum des ganzen Kontinents”. Und für diesen Traum scheinen alle Mittel recht. Die angekündigte Rückendeckung für den Amtsinhaber darf als Versuch gewertet werden, die Unterstützung der FIFA für die südamerikanische Bewerbung zu gewinnen.
Ködern mit Millionensummen
Infantinos eigentliche Argumente für die vehement von den Topligen abgelehnte WM im Zweijahres-Rhythmus waren – einmal mehr – die erwarteten zusätzlichen Einnahmen: laut FIFA 4,4 Milliarden US-Dollar. Davon sollten 3,5 Milliarden für Entwicklungsprojekte im Fußball eingesetzt werden. Jeder der 211 Mitgliedsverbände hätte demnach rund 19 Millionen Dollar zusätzlich erhalten.
Versprechen dieser Art haben bei Infantino Methode und sorgen dafür, dass er sich seines Jobs als mächtigster Mann des Weltfußballs ziemlich sicher sein kann. Schon bei seiner ersten Wahl gab gerade bei den kleineren Nationen die angekündigte Verdoppelung der Entwicklungshilfe-Zahlungen den Ausschlag. “Am Ende des Tages wird jeder profitieren: die Kleinen und die Großen, die Armen und die Reichen”, sagte Infantino damals. Da nun sogar der südamerikanische Verband auf seiner Seite steht, dürfte die Wiederwahl zum FIFA-Präsidenten Mitte März beim FIFA-Kongress in Kigali in Ruanda reine Formsache sein.
Mit dem Votum der Südamerikaner, der Asiaten und der Afrikaner weiß Infantino schon mehr als die Hälfte der Delegierten hinter sich. Wahlberechtigt sind alle 211 Mitgliedsverbände der FIFA mit je einer Stimme. Diese verteilen sich auf die sechs Konföderationen Europa (55), Afrika (54), Asien (46), Nord- und Mittelamerika (35), Ozeanien (11) und Südamerika (10). Wie sich die UEFA zu einer potentiellen Wiederwahl Infantinos stellt, ist noch unklar. Der europäische Verband lehnte auf eine Anfrage der DW einen Kommentar dazu ab.
Infantino, der seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile nach Katar verlegt hat, scheint unantastbar. Umso verwunderlicher ist dies angesichts der Tatsache, dass er schon seit langem wegen undurchsichtiger Machenschaften in der Kritik steht. 2017 ermittelte die Ethikkomission der FIFA gegen den Schweizer. Damals wurde er verdächtigt, die Präsidentschaftswahl des afrikanischen Kontinentalverbands CAF beeinflusst und damit gegen den Ethikkodex der FIFA verstoßen zu haben.
Der 52-jährige soll sich für den Kandidaten Ahmad Ahmad aus Madagaskar stark gemacht haben, der sich bei der Wahl im März 2017 in Addis Abeba gegen den damaligen CAF-Chef Issa Hayatou aus Kamerun durchsetzte. Einen Monat zuvor hatte Infantino eine Geburtstagsparty in Simbabwes Hauptstadt Harare besucht. Veranstalter der Feier war Ahmads Kampagnenmanager Phillip Chiyangwa. Das Ethikreglement der FIFA schreibt vor, dass sich jeder Funktionär “politisch neutral” zu verhalten habe.
Im Mai 2017 wurde die Spitze der Ethikkommission dann völlig überraschend abgesetzt, die Ermittlungen verliefen somit im Sande. Der ehemalige Chef-Ermittler Cornel Borbely sagte damals bei einer Pressekonferenz in Bahrain, dieser Schritt werfe die FIFA “um Jahre zurück”. Kritiker vermuteten, dass Borbely und sein Kollege, der deutsche Jurist Hans-Joachim Eckert abgelöst wurden, weil Infantino fürchtete, dass weitere Ermittlungen ihn in Erklärungsnot bringen könnten.
Im Juni 2019 wurde Ahmad Ahmad festgenommen, die FIFA sperrte ihn für fünf Jahre. Unter seiner Führung versickerten in Afrikas Fußball Millionensummen. Es ging um die Verletzung von Loyalitätspflichten und die Veruntreuung von Geldern. Die Sperre wurde später vorm Internationalen Sportgerichtshof CAS auf zwei Jahre reduziert.
Seit Sommer 2020 läuft in der Schweiz außerdem ein Strafverfahren gegen Infantino – wegen Geheimtreffen mit dem früheren Bundesanwalt Michael Lauber, der damals gegen die FIFA unter anderem wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der WM an Katar ermittelte. Der eingesetzte Sonderstaatsanwalt sieht Anzeichen für die Anstiftung zu einem strafbaren Verhalten wie Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses und Begünstigung. Lauber trat kurze Zeit später von allen Ämtern zurück.
Seit Jahren steht Infantino für die Vergabe der WM 2022 nach Katar in der Kritik. Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwürfe gegen den Ausrichter des Winterturniers, nicht zuletzt wegen der zeitweise haarsträubenden Arbeitsbedingungen für die zahlreichen Gastarbeiter auf den WM-Baustellen. Auch nationale Fußballverbände äußerten Bedenken und forderten für die Zukunft klare Kriterien für die Vergabe von Weltmeisterschaften ein. Nichtsdestotrotz blickt Infantino euphorisch auf das Turnier in Katar, das vom 21. November bis 18. Dezember ausgespielt wird. “Es wird einfach die beste Weltmeisterschaft der Geschichte, die größte Show der Welt”, sagte der 52-jährige beim FIFA-Kongress Ende März in Doha mit einem Lächeln im Gesicht.
Bis zur FIFA-Präsidenten am 16. März verbleiben noch knapp fünf Monate. Der Stichtag für die Meldung von Kandidaten wurde auf vier Monate vor dem Kongress festgelegt, einen Monat vor der Veranstaltung muss feststehen, welche Bewerber zugelassen sind. Bei seiner Wiederwahl im Jahr 2019 hatte Infantino keinen Gegenkandidaten. Das könnte sich 2023 wiederholen. Denn wer bewirbt sich schon, wenn die Mehrheitsverhältnisse ganz klar für den bisherigen FIFA-Chef sprechen?
Der Schweizer Gianni Infantino ist seit 2016 als Nachfolger von Joseph Blatter FIFA-Präsident. “Ich will eine neue Ära bei der FIFA einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt”, sagte Infantino nach seiner Erstwahl und kündigte Reformen an. Beim 73. FIFA-Kongress im März nächsten Jahres strebt er eine dritte Amtszeit an. Der Kontinentalverband Südamerikas (CONMEBOL) hat Infantino nun einstimmig die Unterstützung für die Wiederwahl zum Präsidenten des Weltverbands ausgesprochen. In einem Statement des Verbands heißt es, Infantino erhalte nach “einem Meinungsaustausch über die Gegenwart und die Zukunft des südamerikanischen Fußballs und des Weltfußballs die geschlossene Unterstützung der CONMEBOL-Mitgliedsverbände”. Bereits in den vergangenen Monaten hatten die Kontinentalverbände Asiens (AFC) und Afrikas (CAF) ihre Unterstützung für Infantino zum Ausdruck gebracht.
Der Zuspruch der CONMEBOL kommt auf den ersten Blick überraschend, zählte der Verband doch bislang zusammen mit dem europäischen Verband UEFA zu den schärfsten Kritikern Infantinos. Besonders dessen Idee, die Weltmeisterschaft zukünftig alle zwei Jahre auszutragen, stieß beim südamerikanischen Verband auf Unverständnis. Warum also die Kehrtwende? Nach Ansicht von Experten spielt die für 2024 anstehende Vergabe der Fußball-WM 2030 eine entscheidende Rolle. Die vier CONMEBOL-Mitglieder Uruguay, Argentinien, Chile und Paraguay haben sich gemeinsam um die Austragung des Jubiläumsturniers beworben, 100 Jahre nach der ersten WM überhaupt, 1930 in Uruguay.
Ködern mit Millionensummen
CONMEBOL-Präsident Alejandro Dominguez ist sich der großen Konkurrenz bewusst. Unter anderem bewerben sich die Ukraine, Spanien und Portugal gemeinsam. In einer Pressekonferenz im August sagte Rodriguez, die WM 2030 in Südamerika sei “der Traum des ganzen Kontinents”. Und für diesen Traum scheinen alle Mittel recht. Die angekündigte Rückendeckung für den Amtsinhaber darf als Versuch gewertet werden, die Unterstützung der FIFA für die südamerikanische Bewerbung zu gewinnen.
Infantinos eigentliche Argumente für die vehement von den Topligen abgelehnte WM im Zweijahres-Rhythmus waren – einmal mehr – die erwarteten zusätzlichen Einnahmen: laut FIFA 4,4 Milliarden US-Dollar. Davon sollten 3,5 Milliarden für Entwicklungsprojekte im Fußball eingesetzt werden. Jeder der 211 Mitgliedsverbände hätte demnach rund 19 Millionen Dollar zusätzlich erhalten.
Versprechen dieser Art haben bei Infantino Methode und sorgen dafür, dass er sich seines Jobs als mächtigster Mann des Weltfußballs ziemlich sicher sein kann. Schon bei seiner ersten Wahl gab gerade bei den kleineren Nationen die angekündigte Verdoppelung der Entwicklungshilfe-Zahlungen den Ausschlag. “Am Ende des Tages wird jeder profitieren: die Kleinen und die Großen, die Armen und die Reichen”, sagte Infantino damals. Da nun sogar der südamerikanische Verband auf seiner Seite steht, dürfte die Wiederwahl zum FIFA-Präsidenten Mitte März beim FIFA-Kongress in Kigali in Ruanda reine Formsache sein.
Mit dem Votum der Südamerikaner, der Asiaten und der Afrikaner weiß Infantino schon mehr als die Hälfte der Delegierten hinter sich. Wahlberechtigt sind alle 211 Mitgliedsverbände der FIFA mit je einer Stimme. Diese verteilen sich auf die sechs Konföderationen Europa (55), Afrika (54), Asien (46), Nord- und Mittelamerika (35), Ozeanien (11) und Südamerika (10). Wie sich die UEFA zu einer potentiellen Wiederwahl Infantinos stellt, ist noch unklar. Der europäische Verband lehnte auf eine Anfrage der DW einen Kommentar dazu ab.
Kontroversen und Skandale
Infantino, der seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile nach Katar verlegt hat, scheint unantastbar. Umso verwunderlicher ist dies angesichts der Tatsache, dass er schon seit langem wegen undurchsichtiger Machenschaften in der Kritik steht. 2017 ermittelte die Ethikkomission der FIFA gegen den Schweizer. Damals wurde er verdächtigt, die Präsidentschaftswahl des afrikanischen Kontinentalverbands CAF beeinflusst und damit gegen den Ethikkodex der FIFA verstoßen zu haben.
Infantino erwartet in Katar “größte Show der Welt”
Der 52-jährige soll sich für den Kandidaten Ahmad Ahmad aus Madagaskar stark gemacht haben, der sich bei der Wahl im März 2017 in Addis Abeba gegen den damaligen CAF-Chef Issa Hayatou aus Kamerun durchsetzte. Einen Monat zuvor hatte Infantino eine Geburtstagsparty in Simbabwes Hauptstadt Harare besucht. Veranstalter der Feier war Ahmads Kampagnenmanager Phillip Chiyangwa. Das Ethikreglement der FIFA schreibt vor, dass sich jeder Funktionär “politisch neutral” zu verhalten habe.
Im Mai 2017 wurde die Spitze der Ethikkommission dann völlig überraschend abgesetzt, die Ermittlungen verliefen somit im Sande. Der ehemalige Chef-Ermittler Cornel Borbely sagte damals bei einer Pressekonferenz in Bahrain, dieser Schritt werfe die FIFA “um Jahre zurück”. Kritiker vermuteten, dass Borbely und sein Kollege, der deutsche Jurist Hans-Joachim Eckert abgelöst wurden, weil Infantino fürchtete, dass weitere Ermittlungen ihn in Erklärungsnot bringen könnten.
Im Juni 2019 wurde Ahmad Ahmad festgenommen, die FIFA sperrte ihn für fünf Jahre. Unter seiner Führung versickerten in Afrikas Fußball Millionensummen. Es ging um die Verletzung von Loyalitätspflichten und die Veruntreuung von Geldern. Die Sperre wurde später vorm Internationalen Sportgerichtshof CAS auf zwei Jahre reduziert.
Seit Sommer 2020 läuft in der Schweiz außerdem ein Strafverfahren gegen Infantino – wegen Geheimtreffen mit dem früheren Bundesanwalt Michael Lauber, der damals gegen die FIFA unter anderem wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der WM an Katar ermittelte. Der eingesetzte Sonderstaatsanwalt sieht Anzeichen für die Anstiftung zu einem strafbaren Verhalten wie Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses und Begünstigung. Lauber trat kurze Zeit später von allen Ämtern zurück.
Seit Jahren steht Infantino für die Vergabe der WM 2022 nach Katar in der Kritik. Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwürfe gegen den Ausrichter des Winterturniers, nicht zuletzt wegen der zeitweise haarsträubenden Arbeitsbedingungen für die zahlreichen Gastarbeiter auf den WM-Baustellen. Auch nationale Fußballverbände äußerten Bedenken und forderten für die Zukunft klare Kriterien für die Vergabe von Weltmeisterschaften ein. Nichtsdestotrotz blickt Infantino euphorisch auf das Turnier in Katar, das vom 21. November bis 18. Dezember ausgespielt wird. “Es wird einfach die beste Weltmeisterschaft der Geschichte, die größte Show der Welt”, sagte der 52-jährige beim FIFA-Kongress Ende März in Doha mit einem Lächeln im Gesicht.
Bis zur FIFA-Präsidenten am 16. März verbleiben noch knapp fünf Monate. Der Stichtag für die Meldung von Kandidaten wurde auf vier Monate vor dem Kongress festgelegt, einen Monat vor der Veranstaltung muss feststehen, welche Bewerber zugelassen sind. Bei seiner Wiederwahl im Jahr 2019 hatte Infantino keinen Gegenkandidaten. Das könnte sich 2023 wiederholen. Denn wer bewirbt sich schon, wenn die Mehrheitsverhältnisse ganz klar für den bisherigen FIFA-Chef sprechen?