Meinung: Die atemberaubend unspektakulären Grünen
Beim Parteitag der Grünen gab es weder spektakuläre noch kontroverse Debatten. Sang- und klanglos kippte die Partei Positionen, die zu ihrer politischen DNA gehören. Und genau das ist dramatisch, meint Jens Thurau.
Wer oft auf Parteitagen der Grünen war, wer auch den Parteitag an diesem Wochenende in Bonn besuchte, und wer dort für einen Moment der Stimmung nachspürte, der konnte kaum glauben, dass das noch Bündnis 90/Die Grünen sind. Nüchtern, sachlich und nahezu konfliktlos stimmte die frühere Protestpartei dafür, die deutschen Atomkraftwerke für eine begrenzte Zeit weiterlaufen zu lassen. Sie stimmte dafür, die Ukraine weiterhin mit Waffen zu beliefern, auch mit schweren. Sie stimmte gegen Verhandlungen mit Putin, obgleich das einige Delegierte des pazifistischen Flügels fast verzweifelt vorgeschlagen hatten. Es gab keine endlosen Geschäftsordnungsschlachten wie früher, keinen endlosen ideologischen Kampf zwischen Links-Fundamentalisten und Realos, die heute Pragmatiker genannt werden.
Das hat zu tun mit einer neuen Generation innerhalb der Grünen, einer jungen Generation. In den vergangenen vier Jahren hat sich die Mitgliederzahl fast verdoppelt, von rund 65.000 auf 125.700 Ende 2021.
Wer oft auf Parteitagen der Grünen war, wer auch den Parteitag an diesem Wochenende in Bonn besuchte, und wer dort für einen Moment der Stimmung nachspürte, der konnte kaum glauben, dass das noch Bündnis 90/Die Grünen sind. Nüchtern, sachlich und nahezu konfliktlos stimmte die frühere Protestpartei dafür, die deutschen Atomkraftwerke für eine begrenzte Zeit weiterlaufen zu lassen. Sie stimmte dafür, die Ukraine weiterhin mit Waffen zu beliefern, auch mit schweren. Sie stimmte gegen Verhandlungen mit Putin, obgleich das einige Delegierte des pazifistischen Flügels fast verzweifelt vorgeschlagen hatten. Es gab keine endlosen Geschäftsordnungsschlachten wie früher, keinen endlosen ideologischen Kampf zwischen Links-Fundamentalisten und Realos, die heute Pragmatiker genannt werden.
Sie kennen die alten Schlachten rund um die Atomenergie oder für Abrüstung nur aus Geschichtsbüchern. Sie wollen eine nachhaltige Welt, gesunde Ernährung, einen Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit. Von diesen Neuen sind viele in der Partei wirklich aktiv. Etwa 40 Prozent der rund 800 Delegierten in Bonn waren zum ersten Mal auf einem Parteitag.
Parteitag in Zeiten des Krieges
Und es ist die Klimaschutz-, Pandemie- und Ukraine-Krieg-Generation, die jetzt zu den Grünen drängt. Sie fordert eine eigene Zukunft, nachdem die Gründergeneration der Umweltschutzpartei es nicht geschafft hat, die Welt grundlegend zu verbessern.
Vor allem aber war dies der erste Parteitag der Grünen seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Das hat politische Grundeinstellungen dramatisch verändert: Das Ideal, dass Diplomatie und Multilateralismus die einzige Antwort auf Konflikte seien, ist fast hinweggefegt. Noch bei den Massakern in Syrien, an denen Russland auch schon beteiligt war, lautete die Losung: So ein Konflikt lässt sich nicht militärisch lösen. Jetzt heißt die Antwort der Grünen bis in die Regierung hinein: Wir liefern der Ukraine so lange Waffen, bis der Krieg militärisch gewonnen ist. Das ist für eine ehemals strikt pazifistische Partei eine atemberaubende Entwicklung.
Bei all dem bleibt der Klimawandel die größte Bedrohung für den Weltfrieden. Dennoch setzen auch die Grünen derzeit wieder auf fossile Energieträger, nehmen alte Kohlekraftwerke wieder ans Netz. Es gibt kein Handbuch, kein Drehbuch für so eine Lage, hat Ko-Parteichef Omid Nouripour der DW gesagt. Stimmt. Aber wohin führt das die Grünen, was wird aus der Partei?
Am wahrscheinlichsten ist eine strikt staatstragende Partei, die für eine friedliche Ausrichtung und Umweltschutz eintritt – und zwar immer dann, wenn die neuen Konflikte das zulassen. Wenn nicht, dann nicht. Auffällig oft sprechen die Parteigrößen derzeit von einem Würde- und Freiheitsideal des Westens, dass es zu verteidigen gelte, koste es, was es wolle.
Dabei geht in der Partei die nackte Angst um: Um die Zukunft der Welt, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Das war auch auf dem Parteitag in Bonn spürbar. Mit diesem Gefühl sind die Grünen natürlich nicht allein. Aber es hat sie verändert, jetzt schon, nach nicht einmal einem Jahr an der Macht in Deutschland. Dramatisch ist das. So, wie die Zeiten es sind.
Wer oft auf Parteitagen der Grünen war, wer auch den Parteitag an diesem Wochenende in Bonn besuchte, und wer dort für einen Moment der Stimmung nachspürte, der konnte kaum glauben, dass das noch Bündnis 90/Die Grünen sind. Nüchtern, sachlich und nahezu konfliktlos stimmte die frühere Protestpartei dafür, die deutschen Atomkraftwerke für eine begrenzte Zeit weiterlaufen zu lassen. Sie stimmte dafür, die Ukraine weiterhin mit Waffen zu beliefern, auch mit schweren. Sie stimmte gegen Verhandlungen mit Putin, obgleich das einige Delegierte des pazifistischen Flügels fast verzweifelt vorgeschlagen hatten. Es gab keine endlosen Geschäftsordnungsschlachten wie früher, keinen endlosen ideologischen Kampf zwischen Links-Fundamentalisten und Realos, die heute Pragmatiker genannt werden.
Das hat zu tun mit einer neuen Generation innerhalb der Grünen, einer jungen Generation. In den vergangenen vier Jahren hat sich die Mitgliederzahl fast verdoppelt, von rund 65.000 auf 125.700 Ende 2021.
Parteitag in Zeiten des Krieges
Sie kennen die alten Schlachten rund um die Atomenergie oder für Abrüstung nur aus Geschichtsbüchern. Sie wollen eine nachhaltige Welt, gesunde Ernährung, einen Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit. Von diesen Neuen sind viele in der Partei wirklich aktiv. Etwa 40 Prozent der rund 800 Delegierten in Bonn waren zum ersten Mal auf einem Parteitag.
Und es ist die Klimaschutz-, Pandemie- und Ukraine-Krieg-Generation, die jetzt zu den Grünen drängt. Sie fordert eine eigene Zukunft, nachdem die Gründergeneration der Umweltschutzpartei es nicht geschafft hat, die Welt grundlegend zu verbessern.
Vor allem aber war dies der erste Parteitag der Grünen seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Das hat politische Grundeinstellungen dramatisch verändert: Das Ideal, dass Diplomatie und Multilateralismus die einzige Antwort auf Konflikte seien, ist fast hinweggefegt. Noch bei den Massakern in Syrien, an denen Russland auch schon beteiligt war, lautete die Losung: So ein Konflikt lässt sich nicht militärisch lösen. Jetzt heißt die Antwort der Grünen bis in die Regierung hinein: Wir liefern der Ukraine so lange Waffen, bis der Krieg militärisch gewonnen ist. Das ist für eine ehemals strikt pazifistische Partei eine atemberaubende Entwicklung.
Bei all dem bleibt der Klimawandel die größte Bedrohung für den Weltfrieden. Dennoch setzen auch die Grünen derzeit wieder auf fossile Energieträger, nehmen alte Kohlekraftwerke wieder ans Netz. Es gibt kein Handbuch, kein Drehbuch für so eine Lage, hat Ko-Parteichef Omid Nouripour der DW gesagt. Stimmt. Aber wohin führt das die Grünen, was wird aus der Partei?
Die Zukunft der Grünen – staatstragend
Am wahrscheinlichsten ist eine strikt staatstragende Partei, die für eine friedliche Ausrichtung und Umweltschutz eintritt – und zwar immer dann, wenn die neuen Konflikte das zulassen. Wenn nicht, dann nicht. Auffällig oft sprechen die Parteigrößen derzeit von einem Würde- und Freiheitsideal des Westens, dass es zu verteidigen gelte, koste es, was es wolle.
Dabei geht in der Partei die nackte Angst um: Um die Zukunft der Welt, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Das war auch auf dem Parteitag in Bonn spürbar. Mit diesem Gefühl sind die Grünen natürlich nicht allein. Aber es hat sie verändert, jetzt schon, nach nicht einmal einem Jahr an der Macht in Deutschland. Dramatisch ist das. So, wie die Zeiten es sind.