Wie #BookTok den Buchmarkt verändert
Auf TikTok werben Jugendliche für ihre Lieblingsbücher – und beeinflussen damit Bestsellerlisten und Verkaufszahlen. Verlage und die Frankfurter Buchmesse haben #BookTok jetzt auch für sich entdeckt.
Wer hätte damit gerechnet, dass ausgerechnet TikTok der Literaturbranche neuen Auftrieb verleihen würde? Unter dem Hashtag #BookTok teilen Tausende Jugendliche auf der Social-Media-App ihre Lieblingslektüre. Mehr als 84 Milliarden Mal wurde der Hashtag bisher aufgerufen. Die Befürchtung, junge Menschen seien nicht fürs Lesen zu begeistern, wäre damit zumindest etwas entkräftet.
Es ist vor allem die Generation Z, in den späten 90er- oder 2000er-Jahren geboren, die sich auf TikTok tummelt. Die App fing als Ort für Tanzvideos und witzige Clips an. In den letzten Jahren ist sie rasant gewachsen: In Deutschland nutzt bereits die Hälfte der 12- bis 19-Jährigen TikTok regelmäßig, bei den 20- bis 29-Jährigen ist es knapp ein Drittel. TikTok gehört einem chinesischen Konzern und ist durchaus umstritten. Wegen des Einsatzes von Wortfiltern wird der App etwa Zensur vorgeworfen.
Wer hätte damit gerechnet, dass ausgerechnet TikTok der Literaturbranche neuen Auftrieb verleihen würde? Unter dem Hashtag #BookTok teilen Tausende Jugendliche auf der Social-Media-App ihre Lieblingslektüre. Mehr als 84 Milliarden Mal wurde der Hashtag bisher aufgerufen. Die Befürchtung, junge Menschen seien nicht fürs Lesen zu begeistern, wäre damit zumindest etwas entkräftet.
Der Hashtag #BookTok tauchte auf der Plattform Ende 2020 auf. Statt trockener Rezensionen drehen die TikTok-Nutzerinnen und Nutzer kreative Kurzvideos, meist kürzer als 60 Sekunden. Darin stellen sie vor, was sie im letzten Monat gelesen haben, spielen Romanhandlungen nach oder nehmen an Challenges teil – wie ein Buch an einem Tag zu lesen. Viele BookToker haben ihre Bücherregale nach Farben geordnet. Ein schönes Cover ist für sie durchaus ein Kaufkriterium.
Nach Farben sortierte Bücherregale
Das mag zunächst oberflächlich klingen, hat mittlerweile aber Einfluss auf reale Verkaufszahlen und Bestsellerlisten. Denn durch Weiterempfehlungen und den TikTok-Algorithmus entstehen regelrechte Hypes um Bücher. Ein Beispiel ist “Das Lied des Achill” (2011) der Schriftstellerin Madeline Miller. Zum Erstaunen der Branche und der Autorin selbst wurde der Roman zum Bestseller, nachdem er auf BookTok besprochen wurde – Jahre nach seiner Veröffentlichung.
Besonders erfolgreich laufen Fantasy-Bücher, Thriller und Liebesromane aus dem Genre “Young Adult”, das sich an Teenager und junge Erwachsene richtet. Die US-amerikanische Schriftstellerin Colleen Hoover beherrscht dieses Genre zur Perfektion. Ihre Romane treffen offensichtlich den Nerv der jungen Leserinnen und Leser: Spannung, Drama und große Gefühle. Viele der Fans filmen sich dabei, wie sie in Tränen ausbrechen, während sie Hoovers Bücher lesen. Dass viele Geschichten ähnlichen Mustern folgen, scheint wenige zu stören.
Es ist das Potenzial, Gleichgesinnte miteinander zu verbinden, das #BookTok so populär macht. Keiner bestimmt von oben herab, welche Bücher gelesen werden. Die Kommunikation findet auf Augenhöhe statt, von Leserin zu Leser, in einer Art digitalisierter Mundpropaganda.
Nicht nur für etablierte Autorinnen und Autoren ist #BookTok eine vielversprechende Plattform. Der globale Trend bietet zudem eine Chance für unbekannte Schriftsteller. Der selbst veröffentlichte Roman “The Atlas Six” der Autorin Olivie Blakes war auf TikTok so erfolgreich, dass die Autorin von einem Verlag unter Vertrag genommen wurde. Das Buch und seine Fortsetzungen werden nun auch auf traditionellem Wege veröffentlicht.
Die Plattform wird auch als Ort für Nischenbücher geschätzt. Menschen der LGBTQ-Community finden zum Beispiel Bücher, in denen queere Charaktere vorkommen. Geschichten aus unterrepräsentierten Gruppen findet man unter dem Hashtag #OwnVoices.
Auch der Einzelhandel hat das Potenzial des TikTok-Kanals erkannt. So hat die deutsche Buchhandlung Thalia in manchen Filialen Büchertische und Regale speziell für BookTok-Bestseller eingerichtet. Auf der Website ist #BookTok als eine eigene Kaufkategorie aufgelistet.
Das globale Phänomen hat auch die Marketing-Abteilungen der Verlagshäuser erreicht. Der Piper Verlag setzt auf Kooperationen mit Influencern und schickt ihnen kostenlose Rezensionsexemplare zu. Andere Verlage haben einen eigenen TikTok-Account eingerichtet, den sie mit BookTok-Inhalten bespielen. In der Hoffnung, neue Zielgruppen zu erreichen, werben sie dort beispielsweise für Neuerscheinungen oder zeigen Interviews mit Autoren.
Und sie ahmen Formate nach, die bei BookTok gut laufen: Da wird gefragt, welches Buch den Blick der Leserinnen und Leser auf die Menschheit verändert hat oder ein Wettbewerb gestartet, wer den höchsten Bücherstapel errichten kann. Am meisten Erfolg haben damit bisher der dtv Verlag und der Loewe Verlag, die auf Kinder- und Jugendliteratur spezialisiert sind. An die Reichweiten der bekanntesten BookToker kommen sie aber noch nicht heran.
Auch die Frankfurter Buchmesse hat das Potenzial von #BookTok erkannt. Für die diesjährige Buchmesse vom 19. bis 23. Oktober ist sie eine Kooperation mit TikTok eingegangen. Es gibt eine BookTok-Bühne und Podiumsdiskussionen. Schon 2021 lud die Buchmesse die BookTokerin Saskia Papen (Benutzername: PastellPages) ein, um darüber zu reden “wie die Leidenschaft für Bücher auf TikTok zelebriert wird”.
Wer hätte damit gerechnet, dass ausgerechnet TikTok der Literaturbranche neuen Auftrieb verleihen würde? Unter dem Hashtag #BookTok teilen Tausende Jugendliche auf der Social-Media-App ihre Lieblingslektüre. Mehr als 84 Milliarden Mal wurde der Hashtag bisher aufgerufen. Die Befürchtung, junge Menschen seien nicht fürs Lesen zu begeistern, wäre damit zumindest etwas entkräftet.
Es ist vor allem die Generation Z, in den späten 90er- oder 2000er-Jahren geboren, die sich auf TikTok tummelt. Die App fing als Ort für Tanzvideos und witzige Clips an. In den letzten Jahren ist sie rasant gewachsen: In Deutschland nutzt bereits die Hälfte der 12- bis 19-Jährigen TikTok regelmäßig, bei den 20- bis 29-Jährigen ist es knapp ein Drittel. TikTok gehört einem chinesischen Konzern und ist durchaus umstritten. Wegen des Einsatzes von Wortfiltern wird der App etwa Zensur vorgeworfen.
Nach Farben sortierte Bücherregale
Der Hashtag #BookTok tauchte auf der Plattform Ende 2020 auf. Statt trockener Rezensionen drehen die TikTok-Nutzerinnen und Nutzer kreative Kurzvideos, meist kürzer als 60 Sekunden. Darin stellen sie vor, was sie im letzten Monat gelesen haben, spielen Romanhandlungen nach oder nehmen an Challenges teil – wie ein Buch an einem Tag zu lesen. Viele BookToker haben ihre Bücherregale nach Farben geordnet. Ein schönes Cover ist für sie durchaus ein Kaufkriterium.
Das mag zunächst oberflächlich klingen, hat mittlerweile aber Einfluss auf reale Verkaufszahlen und Bestsellerlisten. Denn durch Weiterempfehlungen und den TikTok-Algorithmus entstehen regelrechte Hypes um Bücher. Ein Beispiel ist “Das Lied des Achill” (2011) der Schriftstellerin Madeline Miller. Zum Erstaunen der Branche und der Autorin selbst wurde der Roman zum Bestseller, nachdem er auf BookTok besprochen wurde – Jahre nach seiner Veröffentlichung.
Besonders erfolgreich laufen Fantasy-Bücher, Thriller und Liebesromane aus dem Genre “Young Adult”, das sich an Teenager und junge Erwachsene richtet. Die US-amerikanische Schriftstellerin Colleen Hoover beherrscht dieses Genre zur Perfektion. Ihre Romane treffen offensichtlich den Nerv der jungen Leserinnen und Leser: Spannung, Drama und große Gefühle. Viele der Fans filmen sich dabei, wie sie in Tränen ausbrechen, während sie Hoovers Bücher lesen. Dass viele Geschichten ähnlichen Mustern folgen, scheint wenige zu stören.
Es ist das Potenzial, Gleichgesinnte miteinander zu verbinden, das #BookTok so populär macht. Keiner bestimmt von oben herab, welche Bücher gelesen werden. Die Kommunikation findet auf Augenhöhe statt, von Leserin zu Leser, in einer Art digitalisierter Mundpropaganda.
Digitale Mundpropaganda
Nicht nur für etablierte Autorinnen und Autoren ist #BookTok eine vielversprechende Plattform. Der globale Trend bietet zudem eine Chance für unbekannte Schriftsteller. Der selbst veröffentlichte Roman “The Atlas Six” der Autorin Olivie Blakes war auf TikTok so erfolgreich, dass die Autorin von einem Verlag unter Vertrag genommen wurde. Das Buch und seine Fortsetzungen werden nun auch auf traditionellem Wege veröffentlicht.
Chance für Nischenthemen
Die Plattform wird auch als Ort für Nischenbücher geschätzt. Menschen der LGBTQ-Community finden zum Beispiel Bücher, in denen queere Charaktere vorkommen. Geschichten aus unterrepräsentierten Gruppen findet man unter dem Hashtag #OwnVoices.
Auch der Einzelhandel hat das Potenzial des TikTok-Kanals erkannt. So hat die deutsche Buchhandlung Thalia in manchen Filialen Büchertische und Regale speziell für BookTok-Bestseller eingerichtet. Auf der Website ist #BookTok als eine eigene Kaufkategorie aufgelistet.
Das globale Phänomen hat auch die Marketing-Abteilungen der Verlagshäuser erreicht. Der Piper Verlag setzt auf Kooperationen mit Influencern und schickt ihnen kostenlose Rezensionsexemplare zu. Andere Verlage haben einen eigenen TikTok-Account eingerichtet, den sie mit BookTok-Inhalten bespielen. In der Hoffnung, neue Zielgruppen zu erreichen, werben sie dort beispielsweise für Neuerscheinungen oder zeigen Interviews mit Autoren.
Die Macht von TikTok
Und sie ahmen Formate nach, die bei BookTok gut laufen: Da wird gefragt, welches Buch den Blick der Leserinnen und Leser auf die Menschheit verändert hat oder ein Wettbewerb gestartet, wer den höchsten Bücherstapel errichten kann. Am meisten Erfolg haben damit bisher der dtv Verlag und der Loewe Verlag, die auf Kinder- und Jugendliteratur spezialisiert sind. An die Reichweiten der bekanntesten BookToker kommen sie aber noch nicht heran.
Auch die Frankfurter Buchmesse hat das Potenzial von #BookTok erkannt. Für die diesjährige Buchmesse vom 19. bis 23. Oktober ist sie eine Kooperation mit TikTok eingegangen. Es gibt eine BookTok-Bühne und Podiumsdiskussionen. Schon 2021 lud die Buchmesse die BookTokerin Saskia Papen (Benutzername: PastellPages) ein, um darüber zu reden “wie die Leidenschaft für Bücher auf TikTok zelebriert wird”.