Der wahre Preis der teuersten WM der Fußballgeschichte
Zwölf Jahre nach der umstrittenen Entscheidung, Katar mit der Ausrichtung der FIFA Fußball WM zu beauftragen, beginnt das Turnier nun tatsächlich. Und es zeigt sich: Das Turnier im Wüstensand wird sehr, sehr teuer.
Die Kosten des bald beginnenden Turniers kann man noch immer nicht genau beziffern. Allerdings steht schon jetzt fest: Die Veranstaltung ist die kostspieligste in der fast einhundertjährigen Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften, die 1930 in Uruguay begann. Es gibt Schätzungen, das aktuelle Turnier könne mehr kosten, als alle 21 bislang ausgetragenen Meisterschaften zusammen.
Verschiedenen Berichten und Expertenmeinungen zufolge werden die Kosten die Marke von 200 Milliarden US-Dollar deutlich übersteigen. Zum Vergleich: Die beiden letzten Turniere waren die bislang teuersten in der WM-Geschichte. Brasilien 2014 und Russland 2018 hatten jeweils weniger als 15 Milliarden Dollar gekostet.
Die Kosten des bald beginnenden Turniers kann man noch immer nicht genau beziffern. Allerdings steht schon jetzt fest: Die Veranstaltung ist die kostspieligste in der fast einhundertjährigen Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften, die 1930 in Uruguay begann. Es gibt Schätzungen, das aktuelle Turnier könne mehr kosten, als alle 21 bislang ausgetragenen Meisterschaften zusammen.
Dan Plumley, Experte für Sport und Finanzen an der Sheffield Hallam University sagt, dass bereits 2010, als Katar die 2022er WM zugesprochen wurde, Schätzungen die möglichen Kosten bei ungefähr 65 Milliarden gesehen hatten. “Einige neuere Schätzungen gehen davon aus, dass das Turnier mehr als 200 Milliarden Dollar kosten könnte”, sagte Plumley zur DW. “Es wird in Bezug auf die Kosten die teuerste WM, die es bislang gab. Und dabei wissen wir noch nicht einmal, wie teuer es am Ende wirklich kommen wird.”
Auf der Suche nach der Rechnung
Die US-basierte Sportfinanzberatungsgesellschaft Front Office Sports schätzt die Kosten auf 220 Milliarden Dollar. Hassan Al Thawadi, Chef des Organisationskomitees für die Weltmeisterschaft sagt, dass allein die Infrastrukturmaßnahmen, die seit der WM-Vergabe unternommen wurden, mehr als 200 Milliarden Dollar kosten werden.
Der Grund für die Unsicherheit liegt darin, dass die Regierung die meisten Milliarden schon lange vor dem Turnier in die Infrastruktur außerhalb des Fußballs gesteckt hat: In ein neues U-Bahn-System, einen internationalen Flughafen, in ungefähr 100 neue Hotels, neue Straßen und in Freizeitparks. Das meiste dieser Investments ist Teil eines weitgefassten Projektes mit dem Namen “Qatar National Vision 2030”.
“Die WM wirkte wie ein Beschleuniger für die Anstrengungen Katars, die Infrastruktur des Landes auszubauen”, sagt Kieran Maguire, Spezialist für Fußball-Finanzfragen der Universität Liverpool. “Darauf haben sie sich konzentriert. Im Vergleich zu anderen Turnieren ist das sehr viel teurer.”
Es ist eine riesige Wette auf die “Soft Power”, die am Ende, so Plumley, ein riesiges Minus produzieren wird. Das interessiert in Doha allerdings kaum einen, man sitzt auf ihrer gasreichen Halbinsel schließlich auf einem riesigen Schatz.
Die wahren Ziele, die Katar verfolgt, sind nicht kommerziell, sagt Plumley. “Internationale Beziehungen sind das Schlüsselmotiv, das Ereignis auszurichten und es geht hauptsächlich um Softpower im Sinne einer Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie. Geld spielt für die Kataris ganz sicher keine Rolle. Es ist offensichtlich, dass sich das Land das leisten kann und bereit ist, die gigantischen Ausgaben zu schultern. In vielerlei Hinsicht ist die Fußballweltmeisterschaft 2022 eine finanzielle Anomalie.”
Auch wenn es eine finanzielle Anomalie ist, muss sich Katar, wie alle anderen WM-Gastgeber, mit der Frage des “Vermächtnisses” auseinander setzen. Dabei geht es darum, dass das Turnier eine spürbare Verbesserung für die Gesellschaft bringt, einen Fortschritt, der die Prasserei für gerade einmal vier Wochen internationalen Fußballs rechtfertigt. Das ist für alle Weltturniere eine ernsthafte Herausforderung, aber im Fall von Katar gibt es da erhebliche Zweifel.
Am offensichtlichsten wird das beim Anblick der Stadien. Sieben der acht Stadien sind für Katar ’22 aus dem Nichts heraus entstanden. Laut Regierung haben sie 6,5 Milliarden Dollar gekostet. Wenn die WM vorbei ist, wird das Land mit seinen gerade einmal 2,8 Millionen Einwohnern keine Verwendung mehr für sie haben.
Das Problem der “weißen Elefanten” hatten auch schon andere WM-Gastgeber, doch Katar wird weit darüber hinausgehen: In drei der Stadien sollen auch weiterhin Spiele stattfinden, fünf aber werden zurückgebaut, für andere Verwendungen genutzt oder drastisch verkleinert.
Kieran Maguire glaubt, dass Katar sich aber mit dieser neuen Infrastruktur im Hintergrund für die Austragung großer europäischer Spiele bewerben wird, etwa in der Champions League oder der Europa League.
Die Frage nach den Kosten der WM wird überschattet vom Schicksal der Gastarbeiter, die in den vergangenen zehn Jahren in Katar geschuftet haben. Seit der WM-Vergabe sieht sich das Land massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen dafür ausgesetzt, wie diese Menschen behandelt werden.
Amnesty International (AI) hatte 2016 Katar beschuldigt, am Khalifa International Stadium, dem Flaggschiff der WM-Bauten, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Es gibt außerdem Berichte, dass Tausende von Wanderarbeitern seit 2010 in Katar gestorben sein sollen.
Im Februar 2021 berichtete der Guardian, dass von 2010 bis 2020 rund 6500 Arbeiter aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka in Katar ums Leben gekommen seien. Menschenrechtsexperten sagen, dass eine große Zahl derer, die starben, extra für die WM-Arbeiten nach Katar gekommen sind.
Katar hat in den vergangenen Jahren einige zögerliche Arbeitsreformen verkündet, aber, so Amnesty, die großen Probleme existierten weiterhin. “Verstöße gegen die Menschenrechte gibt es weiterhin in großem Maße”, heißt es in ihrem Bericht vom Oktober.
Für den Weltfußballverband FIFA, der Katar mit der Ausrichtung der Spiele beauftragt hat, machen weder die toten Arbeiter noch die explodierenden Kosten einen Unterschied, Dan Plumley weist als Erklärung auf die vorherige Fußball-WM 2018 in Russland hin, die dem Verband eine Menge Geld beschert hatte.
“Für die FIFA sind die Weltmeisterschaften Grundlage ihrer Einkünfte, sie bezahlen damit alle Aktivitäten über deren Vier-Jahres-Zyklen hinweg”, sagt Pliumley und weist auf die Einkünfte der Russland-WM hin, die die Erwartungen deutlich übertroffen hatte. “Ein ähnlicher Erfolg für die FIFA wird diese WM werden. Die Veranstaltung mag für Katar sehr teuer werden, aber es ist im Interesse der FIFA dafür zu sorgen, dass die WM ein Erfolg wird. Und natürlich: Der Verband braucht sich um die Kosten nicht zu sorgen.”
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert
Die Kosten des bald beginnenden Turniers kann man noch immer nicht genau beziffern. Allerdings steht schon jetzt fest: Die Veranstaltung ist die kostspieligste in der fast einhundertjährigen Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaften, die 1930 in Uruguay begann. Es gibt Schätzungen, das aktuelle Turnier könne mehr kosten, als alle 21 bislang ausgetragenen Meisterschaften zusammen.
Verschiedenen Berichten und Expertenmeinungen zufolge werden die Kosten die Marke von 200 Milliarden US-Dollar deutlich übersteigen. Zum Vergleich: Die beiden letzten Turniere waren die bislang teuersten in der WM-Geschichte. Brasilien 2014 und Russland 2018 hatten jeweils weniger als 15 Milliarden Dollar gekostet.
Auf der Suche nach der Rechnung
Dan Plumley, Experte für Sport und Finanzen an der Sheffield Hallam University sagt, dass bereits 2010, als Katar die 2022er WM zugesprochen wurde, Schätzungen die möglichen Kosten bei ungefähr 65 Milliarden gesehen hatten. “Einige neuere Schätzungen gehen davon aus, dass das Turnier mehr als 200 Milliarden Dollar kosten könnte”, sagte Plumley zur DW. “Es wird in Bezug auf die Kosten die teuerste WM, die es bislang gab. Und dabei wissen wir noch nicht einmal, wie teuer es am Ende wirklich kommen wird.”
Die US-basierte Sportfinanzberatungsgesellschaft Front Office Sports schätzt die Kosten auf 220 Milliarden Dollar. Hassan Al Thawadi, Chef des Organisationskomitees für die Weltmeisterschaft sagt, dass allein die Infrastrukturmaßnahmen, die seit der WM-Vergabe unternommen wurden, mehr als 200 Milliarden Dollar kosten werden.
Der Grund für die Unsicherheit liegt darin, dass die Regierung die meisten Milliarden schon lange vor dem Turnier in die Infrastruktur außerhalb des Fußballs gesteckt hat: In ein neues U-Bahn-System, einen internationalen Flughafen, in ungefähr 100 neue Hotels, neue Straßen und in Freizeitparks. Das meiste dieser Investments ist Teil eines weitgefassten Projektes mit dem Namen “Qatar National Vision 2030”.
“Die WM wirkte wie ein Beschleuniger für die Anstrengungen Katars, die Infrastruktur des Landes auszubauen”, sagt Kieran Maguire, Spezialist für Fußball-Finanzfragen der Universität Liverpool. “Darauf haben sie sich konzentriert. Im Vergleich zu anderen Turnieren ist das sehr viel teurer.”
Ein dunkles Erbe
Es ist eine riesige Wette auf die “Soft Power”, die am Ende, so Plumley, ein riesiges Minus produzieren wird. Das interessiert in Doha allerdings kaum einen, man sitzt auf ihrer gasreichen Halbinsel schließlich auf einem riesigen Schatz.
Die Toten sind der wirkliche Preis
Die wahren Ziele, die Katar verfolgt, sind nicht kommerziell, sagt Plumley. “Internationale Beziehungen sind das Schlüsselmotiv, das Ereignis auszurichten und es geht hauptsächlich um Softpower im Sinne einer Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie. Geld spielt für die Kataris ganz sicher keine Rolle. Es ist offensichtlich, dass sich das Land das leisten kann und bereit ist, die gigantischen Ausgaben zu schultern. In vielerlei Hinsicht ist die Fußballweltmeisterschaft 2022 eine finanzielle Anomalie.”
Auch wenn es eine finanzielle Anomalie ist, muss sich Katar, wie alle anderen WM-Gastgeber, mit der Frage des “Vermächtnisses” auseinander setzen. Dabei geht es darum, dass das Turnier eine spürbare Verbesserung für die Gesellschaft bringt, einen Fortschritt, der die Prasserei für gerade einmal vier Wochen internationalen Fußballs rechtfertigt. Das ist für alle Weltturniere eine ernsthafte Herausforderung, aber im Fall von Katar gibt es da erhebliche Zweifel.
Am offensichtlichsten wird das beim Anblick der Stadien. Sieben der acht Stadien sind für Katar ’22 aus dem Nichts heraus entstanden. Laut Regierung haben sie 6,5 Milliarden Dollar gekostet. Wenn die WM vorbei ist, wird das Land mit seinen gerade einmal 2,8 Millionen Einwohnern keine Verwendung mehr für sie haben.
And the winner is: FIFA
Das Problem der “weißen Elefanten” hatten auch schon andere WM-Gastgeber, doch Katar wird weit darüber hinausgehen: In drei der Stadien sollen auch weiterhin Spiele stattfinden, fünf aber werden zurückgebaut, für andere Verwendungen genutzt oder drastisch verkleinert.
Kieran Maguire glaubt, dass Katar sich aber mit dieser neuen Infrastruktur im Hintergrund für die Austragung großer europäischer Spiele bewerben wird, etwa in der Champions League oder der Europa League.
Die Frage nach den Kosten der WM wird überschattet vom Schicksal der Gastarbeiter, die in den vergangenen zehn Jahren in Katar geschuftet haben. Seit der WM-Vergabe sieht sich das Land massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen dafür ausgesetzt, wie diese Menschen behandelt werden.
Amnesty International (AI) hatte 2016 Katar beschuldigt, am Khalifa International Stadium, dem Flaggschiff der WM-Bauten, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Es gibt außerdem Berichte, dass Tausende von Wanderarbeitern seit 2010 in Katar gestorben sein sollen.
Im Februar 2021 berichtete der Guardian, dass von 2010 bis 2020 rund 6500 Arbeiter aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka in Katar ums Leben gekommen seien. Menschenrechtsexperten sagen, dass eine große Zahl derer, die starben, extra für die WM-Arbeiten nach Katar gekommen sind.
Katar hat in den vergangenen Jahren einige zögerliche Arbeitsreformen verkündet, aber, so Amnesty, die großen Probleme existierten weiterhin. “Verstöße gegen die Menschenrechte gibt es weiterhin in großem Maße”, heißt es in ihrem Bericht vom Oktober.
Für den Weltfußballverband FIFA, der Katar mit der Ausrichtung der Spiele beauftragt hat, machen weder die toten Arbeiter noch die explodierenden Kosten einen Unterschied, Dan Plumley weist als Erklärung auf die vorherige Fußball-WM 2018 in Russland hin, die dem Verband eine Menge Geld beschert hatte.
“Für die FIFA sind die Weltmeisterschaften Grundlage ihrer Einkünfte, sie bezahlen damit alle Aktivitäten über deren Vier-Jahres-Zyklen hinweg”, sagt Pliumley und weist auf die Einkünfte der Russland-WM hin, die die Erwartungen deutlich übertroffen hatte. “Ein ähnlicher Erfolg für die FIFA wird diese WM werden. Die Veranstaltung mag für Katar sehr teuer werden, aber es ist im Interesse der FIFA dafür zu sorgen, dass die WM ein Erfolg wird. Und natürlich: Der Verband braucht sich um die Kosten nicht zu sorgen.”
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert