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Purim in Berlin: Jüdischer Karneval nach Flucht aus der Ukraine

Seit kaum zwei Wochen sind sie in Berlin, entkommen aus dem Osten der Ukraine. Nun feiern Hunderte Geflüchtete Purim. Die DW durfte dabei sein.

Laut und manchmal auch schrill ist es, bunt und spektakulär. Es wird Purim gefeiert im großen Saal eines Hotels im Westen von Berlin. Das Fest ist so etwas wie der jüdische Karneval – doch heute finden sich in der ganzen Ausgelassenheit auch nachdenkliche Töne. Denn hier feiert die orthodoxe Berliner Chabad-Gemeinde mit mittlerweile 250 ukrainischen Flüchtlingen, die sie aufgenommen hat. Mehr als die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche.

“Purim hat in diesem Jahr einen ganz besonderen Grund, fröhlich und dankbar zu sein”, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal der Deutschen Welle. “Wo waren diese Kinder vor zwei Wochen? Im Bunker mit Sirenen. Wo sind sie jetzt? Hier in Berlin. Sie feiern mit der Chabad-Gemeinde das Purim-Fest. Was für ein wunderbares Zeichen.” Fast schreit er es im Gespräch angesichts der Geräuschkulisse.

Laut und manchmal auch schrill ist es, bunt und spektakulär. Es wird Purim gefeiert im großen Saal eines Hotels im Westen von Berlin. Das Fest ist so etwas wie der jüdische Karneval – doch heute finden sich in der ganzen Ausgelassenheit auch nachdenkliche Töne. Denn hier feiert die orthodoxe Berliner Chabad-Gemeinde mit mittlerweile 250 ukrainischen Flüchtlingen, die sie aufgenommen hat. Mehr als die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche.

Denn der große Saal des Hotels ist vor allem fest in der Hand der jungen Gäste. Überall Luftballons, bunte Dekoration. In einer Ecke wartet eine hohe aufblasbare Rutsche als Hauptattraktion, daneben stehen Tischkicker. Da laufen kleine Köche herum und Teufelchen, elegant gekleidete kleine Tänzerinnen und eine Zauberin, ein Harry Potter und ein Superman, ein kleiner, kaum fünf Jahre alter Tunnelbauer mit Schutzhelm.

Aus dem Bunker zum Fest 

Im fensterlosen Vorraum kicken einige kleine Jungs, einer trägt ein “Manuel Neuer”-Trikot und Torwart-Handschuhe. Der Fußball-Bundesligist FC Union hat kleine Tore und Bälle zur Verfügung gestellt, sein Maskottchen, der übergroße “Ritter Keule”, hofft gewiss auf neue Fans für den Verein. Am Eingang zum Saal warten Schminktische, eine Fotoecke, ein Tisch mit kleinen Geschenken. Denn Gaben, die man einander schenkt, gehören zur Tradition von Purim.

So bekommt jeder eine Schachtel mit einer kleinen Aufmerksamkeit, um sie weiterzureichen. Und selbst der Rabbiner, der auf der Bühne den zum Purim-Fest passenden Text aus der Hebräischen Bibel vorträgt, hat einen bunten Karnevalshut auf.  

Purim ist das fröhlichste und populärste der Feste im jüdischen Jahreskreis. Es erinnert an die Rettung des jüdischen Volkes vor drohender Vernichtung während der persischen Diaspora vor rund 2500 Jahren, wie sie im biblischen Buch Ester überliefert ist. Die Menschen verkleiden sich, beschenken einander, essen spezielle Süßigkeiten und lassen es sich gut gehen.

Am Rande steht Alexander, 30 Jahre alt. Er kam vor knapp zwei Wochen aus der Gegend von Odessa. Nun wuseln seine beiden Kinder hier irgendwo durch den Saal. “Wir stehen eigentlich alle noch unter Schock. So richtig eingewöhnt haben wir uns noch gar nicht”, sagt er der DW in russischer Sprache. “Es ist sehr schwer, das ganze Leben zurückzulassen und eventuell nicht zurückkehren zu können.” Berlin sei nun “für uns ein bisschen Licht am Ende des Tunnels, um zur Ruhe zu kommen”. 

Irgendwann kommt Mario Czaja in den Saal, der neue, aus Berlin stammende CDU-Generalsekretär. Auf dem Podium soll er etwas sagen. Aber der 46-Jährige merkt schnell, dass hier niemand auf lange Worte wartet. “Wir freuen uns, dass Ihr hier seid, dass Ihr eine Heimstatt gefunden habt in dieser schwierigen Zeit, die wir in Europa erleben.” Viel mehr sagt er nicht, viel mehr wäre im Lachen und Kreischen und Singen auch nicht zu verstehen.

Die meisten, erläutert Alexander, hätten Verwandte zurückgelassen und seien voller Sorge. Auch Alexander hat noch seine Eltern und weitere Verwandte in der bisherigen Heimat. Will er irgendwann zurück? Jetzt könne er sich das kaum denken, “weil das Vertrauen weg ist”. Er sei jetzt einfach nur dankbar, hier zu sein und die Kinder in Sicherheit zu wissen. “Ich hoffe, dass die Kinder gut in die deutsche Gemeinschaft integriert werden und jüdische Bildung bekommen.”

Rabbiner Teichtal, der mal auf der Bühne ist und singt, mal Gespräche mit Journalisten führt, hat mit seiner Chabad-Gemeinde vor zwei Wochen rund 100 Kinder und Jugendliche aus Odessa aufgenommen, vor zehn Tagen weitere 120 Personen, Familien wie die von Alexander, alleinerziehende Mütter mit Kindern. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war vor zehn Tagen schon da, um die Kinder nach ihrer langen Flucht – sie waren mehrere Tage unterwegs – zu begrüßen. 

Der Rabbiner sagt jetzt, derzeit würden sie “absolut” unterstützt vom Land Berlin und von vielen einzelnen Menschen. “Und wir sind dankbar für jede weitere Unterstützung.” Denn es brauche viel weitere Hilfe. Es sei noch eine große Herausforderung. “Heute Nacht”, sagt Teichtal, “kommen wieder 150 Menschen aus der Ost-Ukraine. Wir sind für alles dankbar, wo Menschen helfen können.”

Purim Berlin
Purim Berlin
Purim Berlin

Laut und manchmal auch schrill ist es, bunt und spektakulär. Es wird Purim gefeiert im großen Saal eines Hotels im Westen von Berlin. Das Fest ist so etwas wie der jüdische Karneval – doch heute finden sich in der ganzen Ausgelassenheit auch nachdenkliche Töne. Denn hier feiert die orthodoxe Berliner Chabad-Gemeinde mit mittlerweile 250 ukrainischen Flüchtlingen, die sie aufgenommen hat. Mehr als die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche.

“Purim hat in diesem Jahr einen ganz besonderen Grund, fröhlich und dankbar zu sein”, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal der Deutschen Welle. “Wo waren diese Kinder vor zwei Wochen? Im Bunker mit Sirenen. Wo sind sie jetzt? Hier in Berlin. Sie feiern mit der Chabad-Gemeinde das Purim-Fest. Was für ein wunderbares Zeichen.” Fast schreit er es im Gespräch angesichts der Geräuschkulisse.

Aus dem Bunker zum Fest 

Denn der große Saal des Hotels ist vor allem fest in der Hand der jungen Gäste. Überall Luftballons, bunte Dekoration. In einer Ecke wartet eine hohe aufblasbare Rutsche als Hauptattraktion, daneben stehen Tischkicker. Da laufen kleine Köche herum und Teufelchen, elegant gekleidete kleine Tänzerinnen und eine Zauberin, ein Harry Potter und ein Superman, ein kleiner, kaum fünf Jahre alter Tunnelbauer mit Schutzhelm.

Im fensterlosen Vorraum kicken einige kleine Jungs, einer trägt ein “Manuel Neuer”-Trikot und Torwart-Handschuhe. Der Fußball-Bundesligist FC Union hat kleine Tore und Bälle zur Verfügung gestellt, sein Maskottchen, der übergroße “Ritter Keule”, hofft gewiss auf neue Fans für den Verein. Am Eingang zum Saal warten Schminktische, eine Fotoecke, ein Tisch mit kleinen Geschenken. Denn Gaben, die man einander schenkt, gehören zur Tradition von Purim.

So bekommt jeder eine Schachtel mit einer kleinen Aufmerksamkeit, um sie weiterzureichen. Und selbst der Rabbiner, der auf der Bühne den zum Purim-Fest passenden Text aus der Hebräischen Bibel vorträgt, hat einen bunten Karnevalshut auf.  

Purim ist das fröhlichste und populärste der Feste im jüdischen Jahreskreis. Es erinnert an die Rettung des jüdischen Volkes vor drohender Vernichtung während der persischen Diaspora vor rund 2500 Jahren, wie sie im biblischen Buch Ester überliefert ist. Die Menschen verkleiden sich, beschenken einander, essen spezielle Süßigkeiten und lassen es sich gut gehen.

Ritter Keule und Manuel Neuer 

Am Rande steht Alexander, 30 Jahre alt. Er kam vor knapp zwei Wochen aus der Gegend von Odessa. Nun wuseln seine beiden Kinder hier irgendwo durch den Saal. “Wir stehen eigentlich alle noch unter Schock. So richtig eingewöhnt haben wir uns noch gar nicht”, sagt er der DW in russischer Sprache. “Es ist sehr schwer, das ganze Leben zurückzulassen und eventuell nicht zurückkehren zu können.” Berlin sei nun “für uns ein bisschen Licht am Ende des Tunnels, um zur Ruhe zu kommen”. 

“Noch unter Schock”

Irgendwann kommt Mario Czaja in den Saal, der neue, aus Berlin stammende CDU-Generalsekretär. Auf dem Podium soll er etwas sagen. Aber der 46-Jährige merkt schnell, dass hier niemand auf lange Worte wartet. “Wir freuen uns, dass Ihr hier seid, dass Ihr eine Heimstatt gefunden habt in dieser schwierigen Zeit, die wir in Europa erleben.” Viel mehr sagt er nicht, viel mehr wäre im Lachen und Kreischen und Singen auch nicht zu verstehen.

Die meisten, erläutert Alexander, hätten Verwandte zurückgelassen und seien voller Sorge. Auch Alexander hat noch seine Eltern und weitere Verwandte in der bisherigen Heimat. Will er irgendwann zurück? Jetzt könne er sich das kaum denken, “weil das Vertrauen weg ist”. Er sei jetzt einfach nur dankbar, hier zu sein und die Kinder in Sicherheit zu wissen. “Ich hoffe, dass die Kinder gut in die deutsche Gemeinschaft integriert werden und jüdische Bildung bekommen.”

Rabbiner Teichtal, der mal auf der Bühne ist und singt, mal Gespräche mit Journalisten führt, hat mit seiner Chabad-Gemeinde vor zwei Wochen rund 100 Kinder und Jugendliche aus Odessa aufgenommen, vor zehn Tagen weitere 120 Personen, Familien wie die von Alexander, alleinerziehende Mütter mit Kindern. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war vor zehn Tagen schon da, um die Kinder nach ihrer langen Flucht – sie waren mehrere Tage unterwegs – zu begrüßen. 

“Integration und jüdische Bildung”

Der Rabbiner sagt jetzt, derzeit würden sie “absolut” unterstützt vom Land Berlin und von vielen einzelnen Menschen. “Und wir sind dankbar für jede weitere Unterstützung.” Denn es brauche viel weitere Hilfe. Es sei noch eine große Herausforderung. “Heute Nacht”, sagt Teichtal, “kommen wieder 150 Menschen aus der Ost-Ukraine. Wir sind für alles dankbar, wo Menschen helfen können.”

Deutschland Rabbi Yehuda Teichtal und Frank-Walter Steinmeier begrüßen jüdische Kinder aus Odessa

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