Deutschland

Nach Razzia: Wie gefährlich sind Reichsbürger?

Mit einer Großrazzia ist die Polizei gegen eine militante Gruppe aus der Reichsbürgerbewegung vorgegangen, die offenbar einen Umsturz in Deutschland plante.

Sie träumten offenbar vom bewaffneten Staatsstreich: Eine Gruppe sogenannter Reichsbürger und Querdenker soll sich über Monate hinweg auf einen “Tag X” vorbereitet haben, an dem sie nach den Erkenntnissen von Bundesanwalt Peter Frank die staatliche Ordnung beseitigen wollten. Nach einer Großrazzia wurden nun etliche Verdächtige festgenommen, darunter ehemalige Soldaten und eine frühere Bundestags-Abgeordnete.

Es gab Haftbefehle gegen 22 mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung im Reichsbürger-Milieu sowie drei Unterstützer der Gruppierung, darunter eine russische Staatsbürgerin. 19 der 25 Verdächtigen sind bereits in Untersuchungshaft. Darüber hinaus gebe es 27 weitere Beschuldigte, bei denen ein Anfangsverdacht bestehe, teilte der Generalbundesanwalt mit. Seit spätestens November 2021 soll die Vereinigung geheime Treffen teilweise mit Schießübungen abgehalten und Umsturzpläne ausgearbeitet haben.

Sie träumten offenbar vom bewaffneten Staatsstreich: Eine Gruppe sogenannter Reichsbürger und Querdenker soll sich über Monate hinweg auf einen “Tag X” vorbereitet haben, an dem sie nach den Erkenntnissen von Bundesanwalt Peter Frank die staatliche Ordnung beseitigen wollten. Nach einer Großrazzia wurden nun etliche Verdächtige festgenommen, darunter ehemalige Soldaten und eine frühere Bundestags-Abgeordnete.

Ziel sei es gewesen, die staatliche Ordnung gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene Staatsform zu ersetzten. Dabei sollten sogenannte Heimatschutzkompanien gegründet werden. Die Gruppierung, so die Bundesanwaltschaft, soll für einen Umsturz auch Tote in Kauf genommen haben.

Was ist bisher bekannt?

Timo Reinfrank ist Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung, die die Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus stärken will. “Die schiere Zahl der Festnahmen und Durchsuchungen hat mich schon schockiert”, sagt er der Deutschen Welle. “Ein wirklicher Staatsstreich kann in Deutschland kaum gelingen, dafür sind die staatliche Ordnung und die Verfassung zu gefestigt, aber diese Leute glauben daran. Das zeigt auch, wie gefangen sie in ihrem Wahn sind.” Die Festnahmen verdeutlichten auch, dass Angriffe wie auf das Kapitol in Washington D.C. am 6. Januar 2021 auch in Deutschland möglich wären.

In den vergangenen Jahren hat die wachsende Szene der sogenannten Reichsbürger die Sicherheitsbehörden alarmiert. In einem Bericht vom Juni 2022 rechnet der Inlandsgeheimdienst rund 21.000 Menschen zu dieser Szene.

Besorgniserregend sei vor allem das hohe Gewaltpotential der Reichsbürger: “Etwa 500 Personen verfügen nach wie vor über mindestens eine waffenrechtliche Erlaubnis”, warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratischen Strukturen ab, teilweise propagieren sie die Wiedererrichtung eines deutschen Kaiserreichs oder glauben daran, dass im Verborgenen immer noch die Alliierten des Zweiten Weltkriegs herrschen, die Nazi-Deutschland 1945 besiegt haben.

Dabei wird häufig verkürzt von den Reichsbürgern gesprochen. Die Reichsbürger gibt es aber nicht, wie eine Studie der Amadeu-Antonio-Stiftung aus dem Jahr 2018 betont. Demnach lässt sich das “große, sehr unterschiedliche Milieu der Reichsideologie” in vier Submilieus unterteilen: Souveränisten, Selbstverwalter, Reichsbürger und Rechtsextremisten. Die Grenzen sind teilweise fließend.

Dabei sind die Gruppen unterschiedlich stark gewaltbereit, aber alle eint der Glaube, dass Deutschland kein souveräner Staat ist. 

Innerhalb des Reichsideologie-Milieus zählten im Jahr 2021 rund 1150 Personen, also etwas mehr als fünf Prozent, zur Gruppe der Rechtsextremisten. Allerdings bedient sich auch der übrige Teil rechtsextremer Ideologie-Fragmente. Darunter sind antisemitische Verschwörungsmythen oder die Vorstellung, dass das deutsche Staatsgebiet wieder auf frühere Grenzen im Osten ausgedehnt werden sollte.

In den vergangenen Jahren wurden einige schwere Straftaten aus dem Reichsbürger-Milieu bekannt. Immer wieder stehen seine Anhänger wegen Mordes oder versuchten Mordes vor Gericht. Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz registrierten Straftaten sind zwischen 2020 und 2021 stark gestiegen, auch die der Gewalttaten.

Für Timo Reinfrank liegt die Militanz schon in der Ideologie der Gruppe begründet. “Weil Reichsbürger die Verfassung und die Legitimität der Sicherheitsbehörden nicht anerkennen, legitimiert ihre Ideologie sie dazu, mit Gewalt zu agieren.” Das habe man bei vergangenen Hausdurchsuchungen gesehen oder auch, wenn einzelne Mitglieder in Kontakt mit Gerichtsvollziehern kommen. “Da gibt es eine erhebliche Militanz und Gewaltbereitschaft”, sagt Reinfrank. Und: “Das sind keine Leute, die willkürliche Anschläge verüben. Die wollen gezielt die staatliche Grundordnung angreifen, wie gewählte Kommunalpolitiker und -politikerinnen.” 

Auch die Proteste gegen die Maßnahmen der Corona-Pandemie hätten noch einmal eine Radikalisierung mit sich gebracht – und dem Milieu neue Unterstützer gebracht. Zunehmend sei zu beobachten, so Reinfrank, wie sich aus punktuellen Protesten gegen Corona-Maßnahmen ein demokratiefeindliches Milieu entwickele. Ein Beispiel ist in seinen Augen eine Demonstration der Gruppe “Freie Geister”, die ein Banner mit der Aufschrift “Souveränität. Für die Freiheit unseres Landes” vor sich hergetragen hatte.

“Die Szene hat sich radikalisiert. Die Menschen werden empfänglicher für die Kernidee des Reichsbürger-Milieus, dass Deutschland und die gewählte Regierung nicht souverän sind”, sagt Reinfrank. 

Besonders besorgniserregend: Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft richten sich auch gegen einen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und mehrere Reservisten. Auch eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland soll unter den Verdächtigen sein. Außerdem ein ehemaliger Polizist, der vor seiner Suspendierung für die Sicherheit der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen zuständig war.

Seit Jahren warnen Experten vor rechten Netzwerken bei Sicherheitsbehörden und Bundeswehr. Auch für Timo Reinfrank von der Amadeu-Antonio-Stiftung ist es schwer verständlich und “schockierend”, dass nun erneut ein KSK-Soldat im Visier der Ermittlungsbehörden ist. Im Juli 2020 löste die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer eine ganze Kompanie des KSK auf. Unter Angehörigen der Truppe soll der verbotene Hitlergruß gezeigt worden sein, auf Partys sei unter Extremisten beliebter Rechtsrock gespielt worden. Bei einem Soldaten der Kompanie hatte die Polizei in Sachsen ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff ausgehoben.

“Was mich schockiert, ist, dass es bei den Sicherheitsbehörden schon wieder so weit gekommen ist”, sagt Reinfrank. “Und diese Festnahmen sollten zum Anlass genommen werden, noch einmal ganz genau hinzuschauen und zu verstehen, dass das ein Problem ist, das die Bundeswehr nicht intern lösen kann.”

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer wies nach der Großrazzia ebenfalls noch einmal auf die Gefahren der Gewalt- und Revolutionsfantasien hin, die über die Reichsbürgerszene hinaus auch die Neue Rechte insgesamt beträfen. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: “Die Szene ist gefährlich und wir tun gut daran, sie nicht kleinzureden.” 

Sie träumten offenbar vom bewaffneten Staatsstreich: Eine Gruppe sogenannter Reichsbürger und Querdenker soll sich über Monate hinweg auf einen “Tag X” vorbereitet haben, an dem sie nach den Erkenntnissen von Bundesanwalt Peter Frank die staatliche Ordnung beseitigen wollten. Nach einer Großrazzia wurden nun etliche Verdächtige festgenommen, darunter ehemalige Soldaten und eine frühere Bundestags-Abgeordnete.

Es gab Haftbefehle gegen 22 mutmaßliche Mitglieder einer terroristischen Vereinigung im Reichsbürger-Milieu sowie drei Unterstützer der Gruppierung, darunter eine russische Staatsbürgerin. 19 der 25 Verdächtigen sind bereits in Untersuchungshaft. Darüber hinaus gebe es 27 weitere Beschuldigte, bei denen ein Anfangsverdacht bestehe, teilte der Generalbundesanwalt mit. Seit spätestens November 2021 soll die Vereinigung geheime Treffen teilweise mit Schießübungen abgehalten und Umsturzpläne ausgearbeitet haben.

Was ist bisher bekannt?

Ziel sei es gewesen, die staatliche Ordnung gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene Staatsform zu ersetzten. Dabei sollten sogenannte Heimatschutzkompanien gegründet werden. Die Gruppierung, so die Bundesanwaltschaft, soll für einen Umsturz auch Tote in Kauf genommen haben.

Timo Reinfrank ist Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung, die die Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus stärken will. “Die schiere Zahl der Festnahmen und Durchsuchungen hat mich schon schockiert”, sagt er der Deutschen Welle. “Ein wirklicher Staatsstreich kann in Deutschland kaum gelingen, dafür sind die staatliche Ordnung und die Verfassung zu gefestigt, aber diese Leute glauben daran. Das zeigt auch, wie gefangen sie in ihrem Wahn sind.” Die Festnahmen verdeutlichten auch, dass Angriffe wie auf das Kapitol in Washington D.C. am 6. Januar 2021 auch in Deutschland möglich wären.

In den vergangenen Jahren hat die wachsende Szene der sogenannten Reichsbürger die Sicherheitsbehörden alarmiert. In einem Bericht vom Juni 2022 rechnet der Inlandsgeheimdienst rund 21.000 Menschen zu dieser Szene.

Besorgniserregend sei vor allem das hohe Gewaltpotential der Reichsbürger: “Etwa 500 Personen verfügen nach wie vor über mindestens eine waffenrechtliche Erlaubnis”, warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Wer sind die Reichsbürger?

Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratischen Strukturen ab, teilweise propagieren sie die Wiedererrichtung eines deutschen Kaiserreichs oder glauben daran, dass im Verborgenen immer noch die Alliierten des Zweiten Weltkriegs herrschen, die Nazi-Deutschland 1945 besiegt haben.

Was ist der ideologische Nährboden?

Dabei wird häufig verkürzt von den Reichsbürgern gesprochen. Die Reichsbürger gibt es aber nicht, wie eine Studie der Amadeu-Antonio-Stiftung aus dem Jahr 2018 betont. Demnach lässt sich das “große, sehr unterschiedliche Milieu der Reichsideologie” in vier Submilieus unterteilen: Souveränisten, Selbstverwalter, Reichsbürger und Rechtsextremisten. Die Grenzen sind teilweise fließend.

Dabei sind die Gruppen unterschiedlich stark gewaltbereit, aber alle eint der Glaube, dass Deutschland kein souveräner Staat ist. 

Innerhalb des Reichsideologie-Milieus zählten im Jahr 2021 rund 1150 Personen, also etwas mehr als fünf Prozent, zur Gruppe der Rechtsextremisten. Allerdings bedient sich auch der übrige Teil rechtsextremer Ideologie-Fragmente. Darunter sind antisemitische Verschwörungsmythen oder die Vorstellung, dass das deutsche Staatsgebiet wieder auf frühere Grenzen im Osten ausgedehnt werden sollte.

Wie gefährlich ist die Szene?

In den vergangenen Jahren wurden einige schwere Straftaten aus dem Reichsbürger-Milieu bekannt. Immer wieder stehen seine Anhänger wegen Mordes oder versuchten Mordes vor Gericht. Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz registrierten Straftaten sind zwischen 2020 und 2021 stark gestiegen, auch die der Gewalttaten.

Für Timo Reinfrank liegt die Militanz schon in der Ideologie der Gruppe begründet. “Weil Reichsbürger die Verfassung und die Legitimität der Sicherheitsbehörden nicht anerkennen, legitimiert ihre Ideologie sie dazu, mit Gewalt zu agieren.” Das habe man bei vergangenen Hausdurchsuchungen gesehen oder auch, wenn einzelne Mitglieder in Kontakt mit Gerichtsvollziehern kommen. “Da gibt es eine erhebliche Militanz und Gewaltbereitschaft”, sagt Reinfrank. Und: “Das sind keine Leute, die willkürliche Anschläge verüben. Die wollen gezielt die staatliche Grundordnung angreifen, wie gewählte Kommunalpolitiker und -politikerinnen.” 

Wie gut vernetzt sind Reichsbürger?

Auch die Proteste gegen die Maßnahmen der Corona-Pandemie hätten noch einmal eine Radikalisierung mit sich gebracht – und dem Milieu neue Unterstützer gebracht. Zunehmend sei zu beobachten, so Reinfrank, wie sich aus punktuellen Protesten gegen Corona-Maßnahmen ein demokratiefeindliches Milieu entwickele. Ein Beispiel ist in seinen Augen eine Demonstration der Gruppe “Freie Geister”, die ein Banner mit der Aufschrift “Souveränität. Für die Freiheit unseres Landes” vor sich hergetragen hatte.

“Die Szene hat sich radikalisiert. Die Menschen werden empfänglicher für die Kernidee des Reichsbürger-Milieus, dass Deutschland und die gewählte Regierung nicht souverän sind”, sagt Reinfrank. 

Besonders besorgniserregend: Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft richten sich auch gegen einen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und mehrere Reservisten. Auch eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland soll unter den Verdächtigen sein. Außerdem ein ehemaliger Polizist, der vor seiner Suspendierung für die Sicherheit der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen zuständig war.

Seit Jahren warnen Experten vor rechten Netzwerken bei Sicherheitsbehörden und Bundeswehr. Auch für Timo Reinfrank von der Amadeu-Antonio-Stiftung ist es schwer verständlich und “schockierend”, dass nun erneut ein KSK-Soldat im Visier der Ermittlungsbehörden ist. Im Juli 2020 löste die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer eine ganze Kompanie des KSK auf. Unter Angehörigen der Truppe soll der verbotene Hitlergruß gezeigt worden sein, auf Partys sei unter Extremisten beliebter Rechtsrock gespielt worden. Bei einem Soldaten der Kompanie hatte die Polizei in Sachsen ein Waffenversteck mit Munition und Sprengstoff ausgehoben.

“Was mich schockiert, ist, dass es bei den Sicherheitsbehörden schon wieder so weit gekommen ist”, sagt Reinfrank. “Und diese Festnahmen sollten zum Anlass genommen werden, noch einmal ganz genau hinzuschauen und zu verstehen, dass das ein Problem ist, das die Bundeswehr nicht intern lösen kann.”

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer wies nach der Großrazzia ebenfalls noch einmal auf die Gefahren der Gewalt- und Revolutionsfantasien hin, die über die Reichsbürgerszene hinaus auch die Neue Rechte insgesamt beträfen. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: “Die Szene ist gefährlich und wir tun gut daran, sie nicht kleinzureden.” 

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