Wie Elektro-Pioniere Afrika mobil machen
Ob Motorräder mit Wechsel-Akkus oder Busse mit Solarzellen auf dem Dach: In Afrika gibt es längst Elektromobilität. Von der nicht nur das Klima profitiert, sondern auch die lokale Bevölkerung und die Wirtschaft.
Für einen armen, abgelegenen Landstrich wie Wedza im Osten Simbabwes können ein paar Dreiräder so ziemlich alles verändern: Die vordere Hälfte der elektrisch betriebenen Fahrzeuge ähnelt einem Motorroller, hinten ist eine rechteckige Ladefläche verbaut. Sie werden als Krankentransporter genutzt, als Taxi und während der COVID-Impfkampagne sogar als mobiles Impfzentrum.
Susan Chapanduka züchtet Hühner, baut Gemüse und Tabak an. Für sie ist der “Hamba”, den sie sich mit anderen Frauen teilt, ein riesiger Fortschritt: “Früher haben wir Schubkarren oder Ochsenwagen genutzt, um zum Markt zu kommen. Das war anstrengend und teuer, ich musste den Ochsenwagen immer mieten”, erzählt Chapanduka der DW. Zwar zahlt sie auch für den “Hamba”, aber mit dem Gefährt komme sie pünktlich und günstiger zum Markt. Ihr bleibt – anders als zuvor – genügend Geld, um die Schulgebühren für ihre Kinder zu zahlen und Dünger für ihre Feldpflanzen zu kaufen.
Für einen armen, abgelegenen Landstrich wie Wedza im Osten Simbabwes können ein paar Dreiräder so ziemlich alles verändern: Die vordere Hälfte der elektrisch betriebenen Fahrzeuge ähnelt einem Motorroller, hinten ist eine rechteckige Ladefläche verbaut. Sie werden als Krankentransporter genutzt, als Taxi und während der COVID-Impfkampagne sogar als mobiles Impfzentrum.
Der “Hamba” wird von dem Start-up “Mobility for Africa” in Simbabwes Hauptstadt Harare gebaut – die Vision dahinter ist, wie Gründerin Shantha Bloemen der DW erklärt, “ländliche Gegenden zu transformieren und lebendige lokale Gemeinschaften aufzubauen”. Vor drei Jahren wurden die ersten 50 Fahrzeuge nach Wedza gebracht, um dort für künftige Investoren den Beweis zu erbringen, dass das Konzept funktioniert. Susan Chapanduka und die anderen Frauen – der “Hamba” ist speziell an die Bedürfnisse von Frauen angepasst – zahlen monatlich rund 15 Dollar Miete pro Fahrzeug plus einen geringeren Betrag für jede Akkuladung.
Elektromobilität ist in verschiedenen Formen auf dem Vormarsch
Der “Hamba” ist kein Einzelfall: An vielen Orten in Afrika ist Elektromobilität in ganz unterschiedlichen Formen auf dem Vormarsch. Auch wenn es weniger die klassischen E-Autos betrifft, die auch im globalen Norden den Wohlhabenderen vorbehalten sind.
Neben dem offensichtlichen Argument der geringeren CO2-Emissionen sprechen einige Gründe für Elektro in Afrika, erklärt Marah Köberle von der Siemens-Stiftung: “Höhere Benzinpreise und gesunkene Kosten für Batterien aber auch Photovoltaik-Panels unterstützen den Umstieg auf E-Mobilität.”
Ein Bereich, in dem gerade ein Anfang gemacht wird, sind die meist privat betriebenen Motorradtaxis, wie sie aus vielen afrikanischen Städten kaum wegzudenken sind. Allein in Ruandas Hauptstadt Kigali etwa sind Schätzungen zufolge rund 26.000 Motorradtaxis unterwegs. Das ostafrikanische Land will mit Unterstützung der Vereinten Nationen 30 Prozent von ihnen bis Ende des Jahrzehnts auf Elektromotoren umstellen, um seine Klimaziele zu erreichen. In Kigali bieten mehrere Start-ups deshalb das sogenannte Retrofitting an: Dabei wird bei konventionellen Motorrädern der Motorblock ausgebaut und durch einen Elektromotor ersetzt.
“Unsere Motoren brauchen kein Öl und keine Wartungen mehr, es gibt nicht einmal eine Kette, die gewartet werden müsste. Der Fahrer spart sich also all diese Kosten”, sagte Maxim Mutuyeyezu von Rwanda Electric Mobility vor einigen Monaten der DW. Sein Unternehmen hat bis heute etwa 125 Motorräder umgebaut. Das kostet einen selbstständigen Fahrer zwar erst einmal mehrere Monatsgehälter, ist mittel- und langfristig aber deutlich profitabler.
Die auf Afrika spezialisierte Mobilitätsexpertin Marah Köberle hat ein Projekt im ländlichen Kenia wissenschaftlich begleitet – dort könnten Fahrer dank der geringeren Betriebskosten 30 Prozent höhere Rücklagen bilden: “Einige der Fahrer sind sehr enthusiastisch – sie sagen, es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie etwas ansparen können. Wenn man bedenkt, dass viele unter der Armutsgrenze leben, sind Rücklagen von 30, 40 Dollar eine große Errungenschaft, die Familien etwas Freiraum verschafft.”
Was viele Motorrad-Projekte in Kenia, Ruanda und anderen Ländern gemeinsam haben: Die Akkus in den Motorrädern sind austauschbar – statt langer Ladezeiten können Fahrer einfach zu einer Sammelstelle fahren, an der das Austauschen nicht länger dauert als früher der Besuch einer Tankstelle. Das reduziert auch das wirtschaftliche Risiko für die Fahrer, sagt Marah Köberle im DW-Gespräch: “Die Batterie ist nach wie vor das teuerste Teil an einem E-Motorrad. Beim Wechselmodell zahlen die Fahrer nur für die Batterieladung, womit sie zudem kein Risiko eingehen, wenn die Batterie am Ende ihrer Lebensdauer ausgetauscht werden muss.”
Bei größeren Fahrzeugen ist ein solcher Batterietausch oft weniger praktikabel – für elektrisch betriebene Busse müssen also unter Umständen lange Ladezeiten eingeplant werden. Um diese zu verkürzen, nutzt der staatlich geförderte ugandische Autobauer Kiira Motors Solarzellen auf den Busdächern: “In unserem Land haben wir das Glück, dass wir am Äquator liegen und somit verlässlich das ganze Jahr über acht Stunden Sonne pro Tag haben”, sagte Kiiras Marketing-Chef Allan Muhumuza der DW. Durch die Zusatzpower der Solarzellen kommt der Linienbus mit 49 Sitzplätzen auf eine Reichweite von 300 Kilometern – also genug für einen normalen Einsatztag.
Noch sind E-Busse in Afrika eine Rarität, in der kenianischen Hauptstadt Nairobi etwa gingen 2022 die ersten beiden in den Linienverkehr. Doch sicher ist, dass es mehr werden. In Senegals Hauptstadt Dakar etwa soll Ende des Jahres ein neues Busnetz die Vororte besser anbinden und so den Pendelverkehr entlasten – alle der mindestens 140 Busse sollen elektrisch fahren.
Auch abseits der Hauptstädte wird an elektrischen Lösungen getüftelt: In Maiduguri im Nordosten Nigerias etwa hat der Gründer Mustapha Gajibo einen elektrisch betriebenen Zwölfsitzer entwickelt, der 200 Kilometern Reichweite den ländlichen Raum anbinden könnte. Bei einem Treffen mit der DW vor ein paar Monaten dachte Gajibo schon weit über seine Region hinaus: “Meine Vision ist, dass unser Unternehmen der führende Hersteller von Elektrofahrzeugen nicht nur in Nigeria, sondern der ganzen Welt wird.”
Neben den offensichtlichen positiven Aspekten – Elektromotoren verursachen keine Abgase, die sich negativ auf das Klima oder die Gesundheit der Menschen am Straßenrand auswirken würden – stellt die Mobilitätsexpertin Marah Köberle noch einen anderen Punkt heraus: “Der Umstieg auf E-Mobilität birgt auch die Chance für mehr ‘Made in Africa’.”
Mitarbeit: Privilege Musvanhiri (Simbabwe), Themistocle Hakizimana (Ruanda), Julius Mugambwa (Uganda) Muhammad Al-Amin (Nigeria)
Für einen armen, abgelegenen Landstrich wie Wedza im Osten Simbabwes können ein paar Dreiräder so ziemlich alles verändern: Die vordere Hälfte der elektrisch betriebenen Fahrzeuge ähnelt einem Motorroller, hinten ist eine rechteckige Ladefläche verbaut. Sie werden als Krankentransporter genutzt, als Taxi und während der COVID-Impfkampagne sogar als mobiles Impfzentrum.
Susan Chapanduka züchtet Hühner, baut Gemüse und Tabak an. Für sie ist der “Hamba”, den sie sich mit anderen Frauen teilt, ein riesiger Fortschritt: “Früher haben wir Schubkarren oder Ochsenwagen genutzt, um zum Markt zu kommen. Das war anstrengend und teuer, ich musste den Ochsenwagen immer mieten”, erzählt Chapanduka der DW. Zwar zahlt sie auch für den “Hamba”, aber mit dem Gefährt komme sie pünktlich und günstiger zum Markt. Ihr bleibt – anders als zuvor – genügend Geld, um die Schulgebühren für ihre Kinder zu zahlen und Dünger für ihre Feldpflanzen zu kaufen.
Elektromobilität ist in verschiedenen Formen auf dem Vormarsch
Der “Hamba” wird von dem Start-up “Mobility for Africa” in Simbabwes Hauptstadt Harare gebaut – die Vision dahinter ist, wie Gründerin Shantha Bloemen der DW erklärt, “ländliche Gegenden zu transformieren und lebendige lokale Gemeinschaften aufzubauen”. Vor drei Jahren wurden die ersten 50 Fahrzeuge nach Wedza gebracht, um dort für künftige Investoren den Beweis zu erbringen, dass das Konzept funktioniert. Susan Chapanduka und die anderen Frauen – der “Hamba” ist speziell an die Bedürfnisse von Frauen angepasst – zahlen monatlich rund 15 Dollar Miete pro Fahrzeug plus einen geringeren Betrag für jede Akkuladung.
Der “Hamba” ist kein Einzelfall: An vielen Orten in Afrika ist Elektromobilität in ganz unterschiedlichen Formen auf dem Vormarsch. Auch wenn es weniger die klassischen E-Autos betrifft, die auch im globalen Norden den Wohlhabenderen vorbehalten sind.
Neben dem offensichtlichen Argument der geringeren CO2-Emissionen sprechen einige Gründe für Elektro in Afrika, erklärt Marah Köberle von der Siemens-Stiftung: “Höhere Benzinpreise und gesunkene Kosten für Batterien aber auch Photovoltaik-Panels unterstützen den Umstieg auf E-Mobilität.”
Ein Bereich, in dem gerade ein Anfang gemacht wird, sind die meist privat betriebenen Motorradtaxis, wie sie aus vielen afrikanischen Städten kaum wegzudenken sind. Allein in Ruandas Hauptstadt Kigali etwa sind Schätzungen zufolge rund 26.000 Motorradtaxis unterwegs. Das ostafrikanische Land will mit Unterstützung der Vereinten Nationen 30 Prozent von ihnen bis Ende des Jahrzehnts auf Elektromotoren umstellen, um seine Klimaziele zu erreichen. In Kigali bieten mehrere Start-ups deshalb das sogenannte Retrofitting an: Dabei wird bei konventionellen Motorrädern der Motorblock ausgebaut und durch einen Elektromotor ersetzt.
Kein Ölwechsel, keine Wartungen mehr nötig
“Unsere Motoren brauchen kein Öl und keine Wartungen mehr, es gibt nicht einmal eine Kette, die gewartet werden müsste. Der Fahrer spart sich also all diese Kosten”, sagte Maxim Mutuyeyezu von Rwanda Electric Mobility vor einigen Monaten der DW. Sein Unternehmen hat bis heute etwa 125 Motorräder umgebaut. Das kostet einen selbstständigen Fahrer zwar erst einmal mehrere Monatsgehälter, ist mittel- und langfristig aber deutlich profitabler.
Solar-Busse Made in Africa
Die auf Afrika spezialisierte Mobilitätsexpertin Marah Köberle hat ein Projekt im ländlichen Kenia wissenschaftlich begleitet – dort könnten Fahrer dank der geringeren Betriebskosten 30 Prozent höhere Rücklagen bilden: “Einige der Fahrer sind sehr enthusiastisch – sie sagen, es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie etwas ansparen können. Wenn man bedenkt, dass viele unter der Armutsgrenze leben, sind Rücklagen von 30, 40 Dollar eine große Errungenschaft, die Familien etwas Freiraum verschafft.”
Was viele Motorrad-Projekte in Kenia, Ruanda und anderen Ländern gemeinsam haben: Die Akkus in den Motorrädern sind austauschbar – statt langer Ladezeiten können Fahrer einfach zu einer Sammelstelle fahren, an der das Austauschen nicht länger dauert als früher der Besuch einer Tankstelle. Das reduziert auch das wirtschaftliche Risiko für die Fahrer, sagt Marah Köberle im DW-Gespräch: “Die Batterie ist nach wie vor das teuerste Teil an einem E-Motorrad. Beim Wechselmodell zahlen die Fahrer nur für die Batterieladung, womit sie zudem kein Risiko eingehen, wenn die Batterie am Ende ihrer Lebensdauer ausgetauscht werden muss.”
Bei größeren Fahrzeugen ist ein solcher Batterietausch oft weniger praktikabel – für elektrisch betriebene Busse müssen also unter Umständen lange Ladezeiten eingeplant werden. Um diese zu verkürzen, nutzt der staatlich geförderte ugandische Autobauer Kiira Motors Solarzellen auf den Busdächern: “In unserem Land haben wir das Glück, dass wir am Äquator liegen und somit verlässlich das ganze Jahr über acht Stunden Sonne pro Tag haben”, sagte Kiiras Marketing-Chef Allan Muhumuza der DW. Durch die Zusatzpower der Solarzellen kommt der Linienbus mit 49 Sitzplätzen auf eine Reichweite von 300 Kilometern – also genug für einen normalen Einsatztag.
Noch sind E-Busse in Afrika eine Rarität, in der kenianischen Hauptstadt Nairobi etwa gingen 2022 die ersten beiden in den Linienverkehr. Doch sicher ist, dass es mehr werden. In Senegals Hauptstadt Dakar etwa soll Ende des Jahres ein neues Busnetz die Vororte besser anbinden und so den Pendelverkehr entlasten – alle der mindestens 140 Busse sollen elektrisch fahren.
Auch abseits der Hauptstädte wird an elektrischen Lösungen getüftelt: In Maiduguri im Nordosten Nigerias etwa hat der Gründer Mustapha Gajibo einen elektrisch betriebenen Zwölfsitzer entwickelt, der 200 Kilometern Reichweite den ländlichen Raum anbinden könnte. Bei einem Treffen mit der DW vor ein paar Monaten dachte Gajibo schon weit über seine Region hinaus: “Meine Vision ist, dass unser Unternehmen der führende Hersteller von Elektrofahrzeugen nicht nur in Nigeria, sondern der ganzen Welt wird.”
Neben den offensichtlichen positiven Aspekten – Elektromotoren verursachen keine Abgase, die sich negativ auf das Klima oder die Gesundheit der Menschen am Straßenrand auswirken würden – stellt die Mobilitätsexpertin Marah Köberle noch einen anderen Punkt heraus: “Der Umstieg auf E-Mobilität birgt auch die Chance für mehr ‘Made in Africa’.”
Mitarbeit: Privilege Musvanhiri (Simbabwe), Themistocle Hakizimana (Ruanda), Julius Mugambwa (Uganda) Muhammad Al-Amin (Nigeria)