Ende einer Ära: Letzte Boeing 747 wird übergeben
Die Produktion des legendären Jumbo Jets ist beendet, 54 Jahre nach dem Erstflug 1969 und nach über 1500 Exemplaren. Boeing erwartet, dass die 747 noch Jahrzehnte weiter fliegen wird.
Wenn Boeing-Historiker Michael Lombardi über die 747 spricht, hat das fast etwas Sakrales. Mit seiner sonoren, warmen Stimme blickt er auf das buchstäblich größte zivile Flugzeugprojekt aller Zeiten zurück: “Sie ist ein großartiges Symbol für die Menschheit und was sie erreichen kann; sie hat die Welt verändert, den Globus verkleinert und den Luftverkehr demokratisiert,” sagt Lombardi in Seattle wenige Tage vor dem historischen Ereignis.
Am 31. Januar 2023 endet eine glanzvolle Ära, fast exakt 54 Jahre nach dem Erstflug 1969 ist die Produktion der Boeing 747 beendet und die letzte Auslieferung wird gefeiert. Die letzte ihrer Art ist das 1574. gebaute Exemplar, ein 747-8F-Frachter, den Atlas Air für den Logistikkonzern Kühne & Nagel betreiben wird. Nur ein kleiner Aufkleber nahe der aufklappbaren Rumpfnase des Frachters erinnert an die Besonderheit, dass dies die letzte produzierte 747 ist und zeigt den “Vater der 747”, den 2016 gestorbene Chefingenieur Joe Sutter, eine Branchenlegende.
Wenn Boeing-Historiker Michael Lombardi über die 747 spricht, hat das fast etwas Sakrales. Mit seiner sonoren, warmen Stimme blickt er auf das buchstäblich größte zivile Flugzeugprojekt aller Zeiten zurück: “Sie ist ein großartiges Symbol für die Menschheit und was sie erreichen kann; sie hat die Welt verändert, den Globus verkleinert und den Luftverkehr demokratisiert,” sagt Lombardi in Seattle wenige Tage vor dem historischen Ereignis.
Die Boeing 747 schaffte den größten Quantensprung in der Geschichte der Passagierluftfahrt – fasste doch ihre Vorgängerin, die Boeing 707, nur bis zu 189 Passagiere. Der Jumbo Jet war dagegen schon anfangs für bis zu 550 Fluggäste zugelassen und konnte später sogar bis zu 660 Reisende befördern.
Quantensprung der Luftfahrt-Geschichte
Schon die Entstehung der 747 ist Legende und Mythos: Im Jahr 1965 besiegelten die beiden einflussreichsten Männer in der Luftfahrt zu jener Zeit, Boeing-Chef William ‘Bill’ Allen und Pan-Am-Gründer Juan Trippe, während ihrer jährlichen Bootstour zum Lachsfischen ein Gentleman’s Agreement über den Bau des größten Passagierflugzeugs der Welt. Per Handschlag und ohne unterschriebenes offizielles Dokument.
Heute kaum zu glauben, dass ein Projekt, das die Zukunft beider Firmen aufs Spiel setzte und Milliarden von Dollar kosten würde, auf derartig informelle Weise zustande kam. “Trippe sagte im Prinzip: ‘Wenn Ihr das baut, dann kaufe ich das.’ Und Allen antwortete: ‘Ich baue das, wenn Ihr das kauft.’ Es wurde kein Vertrag unterschrieben, aber damit war das Programm gestartet”, erinnerte sich Joe Sutter.
Im heutigen Digitalzeitalter des Designs am Computer und virtuellen 3D-Modellen, die sich mit wenigen Mausklicks erstellen lassen, ist es kaum vorstellbar, welcher Herausforderung sich die Boeing-747-Ingenieure Mitte der 1960er Jahre gegenübersahen. Klar war, dass die Fluggesellschaften, allen voran Pan Am, ein viel größeres Flugzeug wollten als es zuvor je gebaut wurde – damals völlig unbekanntes Terrain.
Für Juan Trippe war die 707 der Maßstab, deshalb hielt er lange an der Ursprungsidee eines doppelstöckigen Flugzeugs fest, für das einfach zwei 707-Rümpfe übereinander montiert werden sollten. Doch noch 1965 wurde die Idee aufgegeben. Die 747 sollte eigentlich nur ein Übergangsflugzeug werden für die Zeitspanne, bis die meisten Interkontinental-Passagiere mit Überschallgeschwindigkeit fliegen würden, entweder in der Concorde oder ihrer US-Konkurrentin Boeing SST (auch 2707 genannt, 1971 aufgegeben), die zur gleichen Zeit entwickelt wurden.
Danach sollte die 747 als Frachter weiterbeschäftigt werden. Das Cockpit wurde deshalb über das Hauptdeck verlegt, weil man für die einfache Beladung eine nach oben aufklappbare Rumpfnase benötigte. Diese Konfiguration ließ einen kleinen Bereich hinter dem Cockpit entstehen als kurzes Oberdeck, den berühmten ‘Buckel’ der 747.
Statt wie anfangs erwogen, zwei schmalere Decks übereinander zu bauen, stattete man die 747 mit nur einem Hauptdeck aus. Das allerdings bot mit über sechs Metern die breiteste Kabine, die es je in einem Passagierflugzeug gab, um wahlweise statt bis zu zehn Sitzen auch zwei Frachtcontainer nebeneinander unterbringen zu können. Am 13. April 1966 gab Pan Am eine Bestellung über 25 Boeing 747 im Wert von 525 Millionen US-Dollar (heute etwa 4,8 Milliarden Dollar) bekannt, womit das 747-Programm offiziell startete.
Im Juni 1966 kaufte Boeing etwa 315 Hektar bewaldetes Sumpfland in der Nähe des Flughafens Paine Field in Everett im Staat Washington, nördlich von Seattle, um die Produktionsstätte für die 747 zu bauen, das vom Volumen her heute immer noch größte Gebäude der Welt. Auf Rang vier rangiert aktuell die ehemalige Cargolifter-Luftschiffhalle in Brandenburg, das heutige Tropical Islands Resort würde zweieinhalb Mal in die 747-Fertigungshallen hineinpassen. Sie zu errichten war ein gnadenloses Rennen mit den rein analogen Hilfsmitteln jener Zeit.
Die Fabrik wurde gebaut, während die Arbeit am Design der 747 lief. Alles war minutiös geplant – der Prototyp sollte innerhalb von zwei Jahren fliegen, für den 30. September 1968 war der Rollout festgesetzt worden. Weniger als drei Jahre nachdem Pan Am die Absichtserklärung über eine Bestellung unterzeichnet hatte und nur zweieinhalb Jahre nachdem man sich auf das Großraum-Design verständigt hatte. Und der extrem ehrgeizige Plan wurde eingehalten: Genau zum vorgesehenen Zeitpunkt erschien die neue Königin der Lüfte.
Das Spacious Age, das geräumiges Zeitalter, wie die 747-Ära genannt wurde, begann tatsächlich am 9. Februar 1969 mit dem Erstflug, der ungewöhnlich problemlos verlief. Der erste Passagierflug von Pan Am auf der Route von New York nach London startete am 21. Januar 1970. Bis 1975 hatte die rasch wachsende globale 747-Flotte bereits den 100-millionsten Passagier befördert. Im Oktober 1993 erreichte Boeing den wichtigen Meilenstein der tausendsten 747-Auslieferung – sie ging an Singapore Airlines.
Als Beweis für die Langlebigkeit des Originalkonzepts aus den 1960er-Jahren fiel 2005 die Entscheidung, nochmals eine neue 747-Generation aufzulegen. Das tat Boeing gemeinsam mit der Lufthansa, die bereits in den frühen 1970er Jahren zu den Erstkunden gehört hatte, und obwohl es nun mit dem Airbus A380 einen durchgängig zweistöckigen Wettbewerber gab.
Die jüngste Version Boeing 747-8 entstand damals unter aktiver Mitwirkung der immer noch rüstigen 747-Legende Joe Sutter. Vier Jahrzehnte, nachdem die erste 747 produziert worden war, wurde nun erstmals der Rumpf gestreckt. Damit war die 747-8 damals das längste Flugzeug der Welt.
Doch das Zeitalter großer Vierstrahler war bereits vorbei, in der Passagierversion verkaufte sich das letzte 747-Modell kaum noch, nur als Frachter. Airbus stellte nur 16 Jahre nach dem Erstflug der A380 bereits 2021 die Produktion wieder ein. Die Boeing 747 wird aber weiter eine Hauptrolle spielen – spätestens wenn die beiden neuen Präsidentenflugzeuge der US Air Force fertig sind, Air Force One genannt. Sie werden vermutlich ab 2027 abheben.
Und Firmenhistoriker Michael Lombardi ist sich sicher: “Noch zum hundertsten Geburtstag des Erstflugs im Jahr 2069 werden Boeing-Jumbos fliegen, die Königin der Lüfte wird noch viele Jahrzehnte am Himmel kreuzen.”
Wenn Boeing-Historiker Michael Lombardi über die 747 spricht, hat das fast etwas Sakrales. Mit seiner sonoren, warmen Stimme blickt er auf das buchstäblich größte zivile Flugzeugprojekt aller Zeiten zurück: “Sie ist ein großartiges Symbol für die Menschheit und was sie erreichen kann; sie hat die Welt verändert, den Globus verkleinert und den Luftverkehr demokratisiert,” sagt Lombardi in Seattle wenige Tage vor dem historischen Ereignis.
Am 31. Januar 2023 endet eine glanzvolle Ära, fast exakt 54 Jahre nach dem Erstflug 1969 ist die Produktion der Boeing 747 beendet und die letzte Auslieferung wird gefeiert. Die letzte ihrer Art ist das 1574. gebaute Exemplar, ein 747-8F-Frachter, den Atlas Air für den Logistikkonzern Kühne & Nagel betreiben wird. Nur ein kleiner Aufkleber nahe der aufklappbaren Rumpfnase des Frachters erinnert an die Besonderheit, dass dies die letzte produzierte 747 ist und zeigt den “Vater der 747”, den 2016 gestorbene Chefingenieur Joe Sutter, eine Branchenlegende.
Quantensprung der Luftfahrt-Geschichte
Die Boeing 747 schaffte den größten Quantensprung in der Geschichte der Passagierluftfahrt – fasste doch ihre Vorgängerin, die Boeing 707, nur bis zu 189 Passagiere. Der Jumbo Jet war dagegen schon anfangs für bis zu 550 Fluggäste zugelassen und konnte später sogar bis zu 660 Reisende befördern.
Schon die Entstehung der 747 ist Legende und Mythos: Im Jahr 1965 besiegelten die beiden einflussreichsten Männer in der Luftfahrt zu jener Zeit, Boeing-Chef William ‘Bill’ Allen und Pan-Am-Gründer Juan Trippe, während ihrer jährlichen Bootstour zum Lachsfischen ein Gentleman’s Agreement über den Bau des größten Passagierflugzeugs der Welt. Per Handschlag und ohne unterschriebenes offizielles Dokument.
Heute kaum zu glauben, dass ein Projekt, das die Zukunft beider Firmen aufs Spiel setzte und Milliarden von Dollar kosten würde, auf derartig informelle Weise zustande kam. “Trippe sagte im Prinzip: ‘Wenn Ihr das baut, dann kaufe ich das.’ Und Allen antwortete: ‘Ich baue das, wenn Ihr das kauft.’ Es wurde kein Vertrag unterschrieben, aber damit war das Programm gestartet”, erinnerte sich Joe Sutter.
Im heutigen Digitalzeitalter des Designs am Computer und virtuellen 3D-Modellen, die sich mit wenigen Mausklicks erstellen lassen, ist es kaum vorstellbar, welcher Herausforderung sich die Boeing-747-Ingenieure Mitte der 1960er Jahre gegenübersahen. Klar war, dass die Fluggesellschaften, allen voran Pan Am, ein viel größeres Flugzeug wollten als es zuvor je gebaut wurde – damals völlig unbekanntes Terrain.
Als Übergangs-Modell gedacht
Für Juan Trippe war die 707 der Maßstab, deshalb hielt er lange an der Ursprungsidee eines doppelstöckigen Flugzeugs fest, für das einfach zwei 707-Rümpfe übereinander montiert werden sollten. Doch noch 1965 wurde die Idee aufgegeben. Die 747 sollte eigentlich nur ein Übergangsflugzeug werden für die Zeitspanne, bis die meisten Interkontinental-Passagiere mit Überschallgeschwindigkeit fliegen würden, entweder in der Concorde oder ihrer US-Konkurrentin Boeing SST (auch 2707 genannt, 1971 aufgegeben), die zur gleichen Zeit entwickelt wurden.
Gigantische Produktionshalle
Danach sollte die 747 als Frachter weiterbeschäftigt werden. Das Cockpit wurde deshalb über das Hauptdeck verlegt, weil man für die einfache Beladung eine nach oben aufklappbare Rumpfnase benötigte. Diese Konfiguration ließ einen kleinen Bereich hinter dem Cockpit entstehen als kurzes Oberdeck, den berühmten ‘Buckel’ der 747.
Statt wie anfangs erwogen, zwei schmalere Decks übereinander zu bauen, stattete man die 747 mit nur einem Hauptdeck aus. Das allerdings bot mit über sechs Metern die breiteste Kabine, die es je in einem Passagierflugzeug gab, um wahlweise statt bis zu zehn Sitzen auch zwei Frachtcontainer nebeneinander unterbringen zu können. Am 13. April 1966 gab Pan Am eine Bestellung über 25 Boeing 747 im Wert von 525 Millionen US-Dollar (heute etwa 4,8 Milliarden Dollar) bekannt, womit das 747-Programm offiziell startete.
Im Juni 1966 kaufte Boeing etwa 315 Hektar bewaldetes Sumpfland in der Nähe des Flughafens Paine Field in Everett im Staat Washington, nördlich von Seattle, um die Produktionsstätte für die 747 zu bauen, das vom Volumen her heute immer noch größte Gebäude der Welt. Auf Rang vier rangiert aktuell die ehemalige Cargolifter-Luftschiffhalle in Brandenburg, das heutige Tropical Islands Resort würde zweieinhalb Mal in die 747-Fertigungshallen hineinpassen. Sie zu errichten war ein gnadenloses Rennen mit den rein analogen Hilfsmitteln jener Zeit.
Problemloser Erstflug
Die Fabrik wurde gebaut, während die Arbeit am Design der 747 lief. Alles war minutiös geplant – der Prototyp sollte innerhalb von zwei Jahren fliegen, für den 30. September 1968 war der Rollout festgesetzt worden. Weniger als drei Jahre nachdem Pan Am die Absichtserklärung über eine Bestellung unterzeichnet hatte und nur zweieinhalb Jahre nachdem man sich auf das Großraum-Design verständigt hatte. Und der extrem ehrgeizige Plan wurde eingehalten: Genau zum vorgesehenen Zeitpunkt erschien die neue Königin der Lüfte.
Das Spacious Age, das geräumiges Zeitalter, wie die 747-Ära genannt wurde, begann tatsächlich am 9. Februar 1969 mit dem Erstflug, der ungewöhnlich problemlos verlief. Der erste Passagierflug von Pan Am auf der Route von New York nach London startete am 21. Januar 1970. Bis 1975 hatte die rasch wachsende globale 747-Flotte bereits den 100-millionsten Passagier befördert. Im Oktober 1993 erreichte Boeing den wichtigen Meilenstein der tausendsten 747-Auslieferung – sie ging an Singapore Airlines.
Als Beweis für die Langlebigkeit des Originalkonzepts aus den 1960er-Jahren fiel 2005 die Entscheidung, nochmals eine neue 747-Generation aufzulegen. Das tat Boeing gemeinsam mit der Lufthansa, die bereits in den frühen 1970er Jahren zu den Erstkunden gehört hatte, und obwohl es nun mit dem Airbus A380 einen durchgängig zweistöckigen Wettbewerber gab.
Die jüngste Version Boeing 747-8 entstand damals unter aktiver Mitwirkung der immer noch rüstigen 747-Legende Joe Sutter. Vier Jahrzehnte, nachdem die erste 747 produziert worden war, wurde nun erstmals der Rumpf gestreckt. Damit war die 747-8 damals das längste Flugzeug der Welt.
Doch das Zeitalter großer Vierstrahler war bereits vorbei, in der Passagierversion verkaufte sich das letzte 747-Modell kaum noch, nur als Frachter. Airbus stellte nur 16 Jahre nach dem Erstflug der A380 bereits 2021 die Produktion wieder ein. Die Boeing 747 wird aber weiter eine Hauptrolle spielen – spätestens wenn die beiden neuen Präsidentenflugzeuge der US Air Force fertig sind, Air Force One genannt. Sie werden vermutlich ab 2027 abheben.
Und Firmenhistoriker Michael Lombardi ist sich sicher: “Noch zum hundertsten Geburtstag des Erstflugs im Jahr 2069 werden Boeing-Jumbos fliegen, die Königin der Lüfte wird noch viele Jahrzehnte am Himmel kreuzen.”