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Erdbeben in der Ägäis: Warum ist die Türkei geologisch so gefährdet?

Die Erde bebte. Schon wieder. So tragisch die Auswirkungen eines Erdbebens oft sind: In vielen Regionen gehören sie zum Alltag dazu. Besonders die Millionenstadt Istanbul ist gefährdet.

In der Türkei kommt es immer wieder zu heftigen Erdbeben. Zuletzt erschütterte am 30. Oktober ein Beben der Stärke 6,6 den Westen der Türkei. Das Epizentrum lag in der Ägäis vor Seferihisar, in der Provinz Izmir, und ereignete sich nahe an der Oberfläche des Meeres.

Mit rund 30 Sekunden Dauer soll es außergewöhnlich lang gewesen sein. Auch Griechenland ist von dem Beben betroffen, insbesondere die Insel Samos. Sowohl die türkische als auch griechische Küste wurden von kleinen Tsunamis getroffen.

In der Türkei kommt es immer wieder zu heftigen Erdbeben. Zuletzt erschütterte am 30. Oktober ein Beben der Stärke 6,6 den Westen der Türkei. Das Epizentrum lag in der Ägäis vor Seferihisar, in der Provinz Izmir, und ereignete sich nahe an der Oberfläche des Meeres.

Das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ bestätigt das Beben. Dazu teilt Marco Bohnhoff – Seismologe vom GFZ in Potsdam und Kenner der Region – mit, dass es sich um ein sogenanntes Abschiebungsbeben in der oberen Erdkruste handele. 

Dynamisches Puzzle

“Das heißt, dass ein Teil des Untergrundes sich nach unten bewegt hat. Die Ausgangstiefe des Erdbebenherdes liegt vermutlich zwischen 15 und 5 Kilometern. Dort ist eine bis zu 100 km² große Bruchfläche entstanden. Das Beben geht auf eine kontinuierliche Dehnung der Erdkruste in Nord-Süd-Richtung zurück. Durch den Bruch kam es zu einer Entlastung und Abbau der aufgestauten Energie.” 

So schlimm die Nachricht ist, so tragisch die Suche nach Verschütteten – in einigen Regionen der Welt gehört die Angst vor möglichen Erdbeben und die Realität zum Alltag.

Doch warum? Dazu muss man wissen, dass die Erdkruste eine Art Puzzle ist – allerdings ein relativ dynamisches, das aus vielen Einzelteilen besteht: aus ein paar gigantischen ozeanischen Platten und mehreren kleinen kontinentalen Krustenplatten. Wie viele kleine und kleinste Erdplatten es tatsächlich gibt, ist in der Wissenschaft umstritten. 

Anerkannt ist aber, dass diese Platten stetig einige Zentimeter im Jahr wandern. Das ist ganz normal. Sie bewegen sich entweder voneinander weg, reiben aneinander oder schieben sich auch mal untereinander. Dann bewegt sich der darüber liegende Kontinent. Diese Bewegungen heißen Plattentektonik

Insbesondere die türkische Metropole Istanbul gilt seit langem als gefährdet. “Die Frage ist nicht, ob ein Erdbeben kommen wird. Die Frage ist, wann es kommen wird”, sagte Marco Bohnhoff dazu im letzten Jahr. Jedes neue Beben in der Region erscheint wie ein Weckruf.

Das GFZ hat seit den 1980er Jahren Messgeräte in der Türkei installiert und seismische Überwachungen durchgeführt. Diese zeigen, dass das Erdbeben-Risiko in der gesamten Region um das Marmarameer nach wie vor sehr hoch ist. “Leider wird das Risiko mit fortschreitender Zeit nur größer”, sagt Bohnhoff.

Diese Abschätzung leiten Experten aus dem Auftreten von mehreren Starkbeben im Verlauf der Geschichte Istanbuls ab, aus der andauernden Kontinentalverschiebung unterhalb des Marmarameeres und aus der Tatsache, dass direkt vor den Toren Istanbuls ein Bereich der Erdbebenzone liegt, der zurzeit keine seismische Aktivität zeigt.

“Vieles deutet darauf hin, dass dieser Bereich gegenwärtig und schon seit langem verhakt ist. Dabei bauen sich dann Spannungen auf, die irgendwann die Festigkeit des Gesteins überschreiten und ruckartig durch einen Versatz beider Erdplatten um mehrere Meter innerhalb von Sekunden abgebaut werden”, warnt der Seismologe im Gespräch mit der Wissensplattform ESKP (Earth System Knowledge Platform).  

Die eigentliche Gefahr für Gebäude, Infrastruktur und die örtliche Bevölkerung stellen die entstehenden Erdbebenwellen dar. Es sei also nicht die Frage des “Ob”, so Bohnhoff, sondern die des “Wie stark” und des “Wann”. Die Stärke versucht das GFZ durch seine Forschungsarbeiten besser abschätzen zu können. “Das bevorstehende Erdbeben wird eine Magnitude zwischen 7 und 7,4 haben – das ist sehr stark”, prognostiziert Marco Bohnhoff.

Darauf bereitet sich Istanbul vor. Der beste Schutz vor Erdbeben ist eine erdbebensichere Bauweise. Diese ist leider sehr teuer, weiß der Seismologe. Doch “es wird in der Türkei gerade viel in so eine Bauweise investiert – es ist leider nie genug. Die Frage ist, bis zu welchem Maß man nachrüstet oder gleich alles neu baut. Es ist davon auszugehen, dass bei einem großen Beben mit vielen Todesopfern zu rechnen ist.” 

Doch nicht nur der Baubestand, auch der Untergrund spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Grundsätzlich gelte: Je fester desto besser. “Am besten ist es, wenn der Untergrund aus Granit besteht. Anders ist es, wenn der Untergrund aus trockengelegten Sedimenten wie Sand oder Ton besteht oder wenn die Stadt in einer Lagune liegt”, so Bohnhoff.

Auf weichem Untergrund hingegen könne es eher zu Verstärkungen der Bodenbewegungen kommen, teilweise zusammen mit Verflüssigungseffekten, der sogenannten “liquefaction”. Diesen Mechanismus vergleicht der Seismologe mit feuchtem Sand am Strand, wenn man dort wiederholt auf dieselbe Stelle tippt. “Dann sammelt sich an dieser Stelle Wasser und der Untergrund wird instabil.”

Solche schwierigen Untergründe gibt es leider auch in Istanbul. “Der südwestliche Teil Istanbuls liegt nun leider gerade auf so einer ausgetrockneten Lagune. Dort sind Verstärkungseffekte vermutlich am größten.” In diesem Gebiet liegt auch der ältere von Istanbuls beiden internationalen Flughäfen, benannt nach dem Staatsgründer Atatürk. 

In der Türkei kommt es immer wieder zu heftigen Erdbeben. Zuletzt erschütterte am 30. Oktober ein Beben der Stärke 6,6 den Westen der Türkei. Das Epizentrum lag in der Ägäis vor Seferihisar, in der Provinz Izmir, und ereignete sich nahe an der Oberfläche des Meeres.

Mit rund 30 Sekunden Dauer soll es außergewöhnlich lang gewesen sein. Auch Griechenland ist von dem Beben betroffen, insbesondere die Insel Samos. Sowohl die türkische als auch griechische Küste wurden von kleinen Tsunamis getroffen.

Dynamisches Puzzle

Das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ bestätigt das Beben. Dazu teilt Marco Bohnhoff – Seismologe vom GFZ in Potsdam und Kenner der Region – mit, dass es sich um ein sogenanntes Abschiebungsbeben in der oberen Erdkruste handele. 

“Das heißt, dass ein Teil des Untergrundes sich nach unten bewegt hat. Die Ausgangstiefe des Erdbebenherdes liegt vermutlich zwischen 15 und 5 Kilometern. Dort ist eine bis zu 100 km² große Bruchfläche entstanden. Das Beben geht auf eine kontinuierliche Dehnung der Erdkruste in Nord-Süd-Richtung zurück. Durch den Bruch kam es zu einer Entlastung und Abbau der aufgestauten Energie.” 

So schlimm die Nachricht ist, so tragisch die Suche nach Verschütteten – in einigen Regionen der Welt gehört die Angst vor möglichen Erdbeben und die Realität zum Alltag.

Doch warum? Dazu muss man wissen, dass die Erdkruste eine Art Puzzle ist – allerdings ein relativ dynamisches, das aus vielen Einzelteilen besteht: aus ein paar gigantischen ozeanischen Platten und mehreren kleinen kontinentalen Krustenplatten. Wie viele kleine und kleinste Erdplatten es tatsächlich gibt, ist in der Wissenschaft umstritten. 

Ruhelos

Anerkannt ist aber, dass diese Platten stetig einige Zentimeter im Jahr wandern. Das ist ganz normal. Sie bewegen sich entweder voneinander weg, reiben aneinander oder schieben sich auch mal untereinander. Dann bewegt sich der darüber liegende Kontinent. Diese Bewegungen heißen Plattentektonik

Gibt es einen Schutz?

Insbesondere die türkische Metropole Istanbul gilt seit langem als gefährdet. “Die Frage ist nicht, ob ein Erdbeben kommen wird. Die Frage ist, wann es kommen wird”, sagte Marco Bohnhoff dazu im letzten Jahr. Jedes neue Beben in der Region erscheint wie ein Weckruf.

Das GFZ hat seit den 1980er Jahren Messgeräte in der Türkei installiert und seismische Überwachungen durchgeführt. Diese zeigen, dass das Erdbeben-Risiko in der gesamten Region um das Marmarameer nach wie vor sehr hoch ist. “Leider wird das Risiko mit fortschreitender Zeit nur größer”, sagt Bohnhoff.

Diese Abschätzung leiten Experten aus dem Auftreten von mehreren Starkbeben im Verlauf der Geschichte Istanbuls ab, aus der andauernden Kontinentalverschiebung unterhalb des Marmarameeres und aus der Tatsache, dass direkt vor den Toren Istanbuls ein Bereich der Erdbebenzone liegt, der zurzeit keine seismische Aktivität zeigt.

“Vieles deutet darauf hin, dass dieser Bereich gegenwärtig und schon seit langem verhakt ist. Dabei bauen sich dann Spannungen auf, die irgendwann die Festigkeit des Gesteins überschreiten und ruckartig durch einen Versatz beider Erdplatten um mehrere Meter innerhalb von Sekunden abgebaut werden”, warnt der Seismologe im Gespräch mit der Wissensplattform ESKP (Earth System Knowledge Platform).  

Die eigentliche Gefahr für Gebäude, Infrastruktur und die örtliche Bevölkerung stellen die entstehenden Erdbebenwellen dar. Es sei also nicht die Frage des “Ob”, so Bohnhoff, sondern die des “Wie stark” und des “Wann”. Die Stärke versucht das GFZ durch seine Forschungsarbeiten besser abschätzen zu können. “Das bevorstehende Erdbeben wird eine Magnitude zwischen 7 und 7,4 haben – das ist sehr stark”, prognostiziert Marco Bohnhoff.

Darauf bereitet sich Istanbul vor. Der beste Schutz vor Erdbeben ist eine erdbebensichere Bauweise. Diese ist leider sehr teuer, weiß der Seismologe. Doch “es wird in der Türkei gerade viel in so eine Bauweise investiert – es ist leider nie genug. Die Frage ist, bis zu welchem Maß man nachrüstet oder gleich alles neu baut. Es ist davon auszugehen, dass bei einem großen Beben mit vielen Todesopfern zu rechnen ist.” 

Doch nicht nur der Baubestand, auch der Untergrund spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Grundsätzlich gelte: Je fester desto besser. “Am besten ist es, wenn der Untergrund aus Granit besteht. Anders ist es, wenn der Untergrund aus trockengelegten Sedimenten wie Sand oder Ton besteht oder wenn die Stadt in einer Lagune liegt”, so Bohnhoff.

Auf weichem Untergrund hingegen könne es eher zu Verstärkungen der Bodenbewegungen kommen, teilweise zusammen mit Verflüssigungseffekten, der sogenannten “liquefaction”. Diesen Mechanismus vergleicht der Seismologe mit feuchtem Sand am Strand, wenn man dort wiederholt auf dieselbe Stelle tippt. “Dann sammelt sich an dieser Stelle Wasser und der Untergrund wird instabil.”

Solche schwierigen Untergründe gibt es leider auch in Istanbul. “Der südwestliche Teil Istanbuls liegt nun leider gerade auf so einer ausgetrockneten Lagune. Dort sind Verstärkungseffekte vermutlich am größten.” In diesem Gebiet liegt auch der ältere von Istanbuls beiden internationalen Flughäfen, benannt nach dem Staatsgründer Atatürk. 

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