Fußball verbindet Ethnien im Kosovo
Ein UN-Projekt sorgt im Kosovo dafür, dass serbische und albanische Mädchen gemeinsam Fußball spielen. Durch den Sport und die damit verbundene Begegnung verschwimmen Grenzen, die normalerweise unüberwindbar scheinen.
Es ist kalt und neblig in Brezovica, einem Gerbirgsort im Süden des Kosovo, aber vor der hier typischen Leichtbauhalle herrscht reges Treiben. Viele junge Mädchen kommen mit ihren Sporttaschen in die Halle und machen sich für das anstehende Fußballtraining bereit. Das ist an sich schon eine Besonderheit, schließlich ist Fußball im Kosovo Männersache. Aber das absolut Außergewöhnliche ist, dass hier kosovarische Mädchen aus serbischen und albanischen Familien gemeinsam ihrer Leidenschaft für den Fußball nachgehen.
Aurora Cakolli ist erst 14 Jahre alt und mit ihrer Mannschaft des KFV Prishtina mit dem Bus aus der 80 Kilometer entfernten Hauptstadt des Kosovo nach Brezovica gekommen. Aurora möchte hier trainieren und dann im Nachbarort Strpce gegen die Mannschaft des FC Brezovica spielen. Brezovica und Strpce bilden eine der wenigen großen serbischen Gemeinden im Süden des Kosovo, der mehrheitlich von albanisch-stämmigen Menschen bewohnt wird. In den örtlichen Schulen wird Serbisch gesprochen, während Aurora in Pristina Albanisch lernt.
Es ist kalt und neblig in Brezovica, einem Gerbirgsort im Süden des Kosovo, aber vor der hier typischen Leichtbauhalle herrscht reges Treiben. Viele junge Mädchen kommen mit ihren Sporttaschen in die Halle und machen sich für das anstehende Fußballtraining bereit. Das ist an sich schon eine Besonderheit, schließlich ist Fußball im Kosovo Männersache. Aber das absolut Außergewöhnliche ist, dass hier kosovarische Mädchen aus serbischen und albanischen Familien gemeinsam ihrer Leidenschaft für den Fußball nachgehen.
Für die Fußballerinnen ist das aber kein Problem, weil sie sich ohnehin auf Englisch verständigen. Kontakthürden gibt es keine, die Leidenschaft für den Fußball und das Interesse an den anderen verbindet – auch weil es für kosovarische Mädchen nur wenige Möglichkeiten gibt, Fußball zu spielen. “Es ist schwierig, als Fußballspielerin im Kosovo zu sein”, bestätigt Aurora. “Ich habe zunächst sogar beim Männerteam begonnen, bis ich dann vom KFV Prishtina erfahren habe.”
Empowerment durch Fußball
Im Gegensatz zur Männer-Liga bietet der kosovarische Fußballverband bei Mädchen und Frauen erst ab 17 Jahren Spielmöglichkeiten in einem Ligabetrieb. Um auch schon jüngeren Mädchen den Zugang zum Fußball zu ermöglichen hat daher die UN ein Projekt ins Leben gerufen, das Mädchen im Kosovo mehr Entwicklungsmöglichkeiten geben und gleichzeitig die ethnischen Grenzen innerhalb der Bevölkerung überwinden soll.
“Mädchen unter 17 Jahren haben nur mit diesem Projekt die Chance, Fußball zu spielen”, sagt Armenda Filipaj, die Gründerin des KFV Prishtina. “Empowerment durch Fußball ist in unserem Land sehr wichtig, besonders wenn Mädchen aus allen Volksgruppen in diesen Mannschaften mitmachen.” Dank des UN-Projekts wurden bisher fünf Vereine gegründet, zwei albanische, zwei serbische und ein goranischer Klub. Die Goraner sind eine slawisch-islamische Minderheit aus dem Südwesten des Kosovo. Aus dem Geldtopf in Höhe von 24.000 US-Dollar (rund 22.375 Euro) wurden Trikots für die Spielerinnen beschafft. Außerdem werden laufende Kosten für Trainer, Schiedsrichter und den Transport gedeckt.
Die Wege sind manchmal weit, denn im Kosovo gibt es nur wenige gute Fußballplätze mit Kunstrasen, die noch dazu von den Männermannschaften beansprucht werden. Trotzdem findet Armenda Filipaj immer wieder Trainings- und Spielmöglichkeit für ihre Mädchen.
“Ich liebe Fußball und freue mich jetzt über die guten Trainings- und Spielmöglichkeiten”, sagt die 14-jährige Jana Simanovic, eine der Spielerinnen des FC Brezovica vor dem Spiel gegen den KFV Prishtina. Beide Teams laufen mit einem UN-Logo auf ihren Trikots auf dem Platz. Ganz in Gelb die kosovo-serbische Mannschaft, während die kosovo-albanische komplett in Blau angezogen ist.
Insgesamt sind schon mehr als 170 Mädchen in dem Projekt aktiv. Die Spiele der Teams gegeneinander sind das Highlight, sie haben eine Art Länderspiel-Charakter, da die Spielerinnen zwar aus dem gleichen Land, aber aus unterschiedlichen Kulturen und Ethnien stammen. Natürlich wollen beide Mannschaften gewinnen und die Trainer tun das ihre dazu, indem sie während des Spiels von der Seitenlinie pausenlos Anweisungen geben. Aber schon beim Abklatschen vor Beginn des Spiels wird deutlich, dass es auch um Kontakt und Begegnung geht. Sogar die eine oder andere Freundschaft ist bereits entstanden.
“Das heutige Training und das Freundschaftsspiel mit unserer befreundeten Fußballschule ‘Prishtina’ ist etwas Besonderes, weil wir wissen, in welcher Gegend wir leben und was für eine Situation hier gerade herrscht”, sagt Zvonko Staletović, der Trainer des FC Brezovica. “Für uns ist nur Fußball wichtig, nichts anderes.”
Eine weitere Besonderheit an dem UN-Projekt ist, dass hier Grenzen aufgeweicht werden, die normalerweise sehr hart und strikt sind. Im restlichen Kosovo kann kein Serbe Mitglied einer kosovarischen Mannschaft oder des dortigen Sportverbandes sein. Der kosovarische Sport organisiert sich ausschließlich durch Kosovo-Albaner. “Es gab Initiativen, Fußballspieler der serbischen Minderheit zu engagieren”, sagt Taulant Hodaj, der Generalsekretär des kosovarischen Fußballverbandes, gegenüber der DW. “Es gab Serben, die für den Kosovo spielen wollten, aber leider gab es politischen Druck von Serbien, der männliche und weibliche Spieler daran gehindert hat, an vom Fußballverband des Kosovo organisierten Wettbewerben teilzunehmen.”
Der Kosovo ist seit Mai 2016 Mitglied der FIFA und der UEFA und hat einen eigenen nationalen Fußballverband. Serbien hatte damals gegen die Aufnahme protestiert und die Sache bis zum höchsten Sportgericht CAS in der Schweiz getrieben. Dort sah man das ganze unpolitisch und bestätigte die Mitgliedschaft. Während der Kosovo international bei den Sportverbänden aufgenommen worden ist, ist sein politischer Status ein Streitpunkt. Am 17. Februar 2008 proklamierte das kosovarische Parlament die Unabhängigkeit der Region. Völkerrechtlich haben 115 Staaten den Kosovo seitdem anerkannt, darunter auch Deutschland. Länder wie Serbien, Russland und China, aber auch fünf EU -Mitgliedsstaaten, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo jedoch bisher nicht an. Serbien betrachtet den Kosovo immer noch als seine abtrünnige Provinz.
Daher war auch der FIFA klar, dass mit der Aufnahme des Kosovo politische Spannungen und Konflikte auch auf dem Sportplatz ausgetragen werden könnten. So beschloss der Weltverband, dass das kosovarische Team bei internationalen Wettbewerben wie EM- und WM-Qualifikation oder der UEFA Nations League aus politischen Gründen nicht gegen Serbien oder Bosnien-Herzegowina antreten darf.
Von derlei trennender Einflussnahme sind die Mädchen in Strpce weit entfernt. Für sie zählt die Möglichkeit, ihrer Fußballleidenschaft nachgehen zu können und der Austausch mit den jeweils anderen. Dabei stellt sich heraus, dass sie auch neben dem Fußball eigentlich die gleichen Interessen und Vorlieben haben.
“Es wäre schön, jeden Tag miteinander Fußball zu spielen und zusammen noch den Tag zu genießen”, sagt die Kosovo-Serbin Jana Simanovic. Sie träumt davon, im Fußball richtig erfolgreich zu werden und eines Tages an internationalen Turnieren teilzunehmen.
Auch in Janas Sinne bleibt daher zu hoffen, dass ihr Beispiel und das der anderen Mädchen Schule macht. Je mehr positive Erfahrungen es beim Austausch zwischen serbischen und albanischen Kindern und Jugendlichen gibt, umso besser ist das auch für das gesamte Verhältnis untereinander und eine Normalisierung der politischen Situation. Denn ohne die wird auch die Fußball-Welt zwischen Serbien und dem Kosovo nicht normal werden.
Es ist kalt und neblig in Brezovica, einem Gerbirgsort im Süden des Kosovo, aber vor der hier typischen Leichtbauhalle herrscht reges Treiben. Viele junge Mädchen kommen mit ihren Sporttaschen in die Halle und machen sich für das anstehende Fußballtraining bereit. Das ist an sich schon eine Besonderheit, schließlich ist Fußball im Kosovo Männersache. Aber das absolut Außergewöhnliche ist, dass hier kosovarische Mädchen aus serbischen und albanischen Familien gemeinsam ihrer Leidenschaft für den Fußball nachgehen.
Aurora Cakolli ist erst 14 Jahre alt und mit ihrer Mannschaft des KFV Prishtina mit dem Bus aus der 80 Kilometer entfernten Hauptstadt des Kosovo nach Brezovica gekommen. Aurora möchte hier trainieren und dann im Nachbarort Strpce gegen die Mannschaft des FC Brezovica spielen. Brezovica und Strpce bilden eine der wenigen großen serbischen Gemeinden im Süden des Kosovo, der mehrheitlich von albanisch-stämmigen Menschen bewohnt wird. In den örtlichen Schulen wird Serbisch gesprochen, während Aurora in Pristina Albanisch lernt.
Empowerment durch Fußball
Für die Fußballerinnen ist das aber kein Problem, weil sie sich ohnehin auf Englisch verständigen. Kontakthürden gibt es keine, die Leidenschaft für den Fußball und das Interesse an den anderen verbindet – auch weil es für kosovarische Mädchen nur wenige Möglichkeiten gibt, Fußball zu spielen. “Es ist schwierig, als Fußballspielerin im Kosovo zu sein”, bestätigt Aurora. “Ich habe zunächst sogar beim Männerteam begonnen, bis ich dann vom KFV Prishtina erfahren habe.”
Im Gegensatz zur Männer-Liga bietet der kosovarische Fußballverband bei Mädchen und Frauen erst ab 17 Jahren Spielmöglichkeiten in einem Ligabetrieb. Um auch schon jüngeren Mädchen den Zugang zum Fußball zu ermöglichen hat daher die UN ein Projekt ins Leben gerufen, das Mädchen im Kosovo mehr Entwicklungsmöglichkeiten geben und gleichzeitig die ethnischen Grenzen innerhalb der Bevölkerung überwinden soll.
“Mädchen unter 17 Jahren haben nur mit diesem Projekt die Chance, Fußball zu spielen”, sagt Armenda Filipaj, die Gründerin des KFV Prishtina. “Empowerment durch Fußball ist in unserem Land sehr wichtig, besonders wenn Mädchen aus allen Volksgruppen in diesen Mannschaften mitmachen.” Dank des UN-Projekts wurden bisher fünf Vereine gegründet, zwei albanische, zwei serbische und ein goranischer Klub. Die Goraner sind eine slawisch-islamische Minderheit aus dem Südwesten des Kosovo. Aus dem Geldtopf in Höhe von 24.000 US-Dollar (rund 22.375 Euro) wurden Trikots für die Spielerinnen beschafft. Außerdem werden laufende Kosten für Trainer, Schiedsrichter und den Transport gedeckt.
Die Wege sind manchmal weit, denn im Kosovo gibt es nur wenige gute Fußballplätze mit Kunstrasen, die noch dazu von den Männermannschaften beansprucht werden. Trotzdem findet Armenda Filipaj immer wieder Trainings- und Spielmöglichkeit für ihre Mädchen.
Länderspiel unter Kosovarinnen
“Ich liebe Fußball und freue mich jetzt über die guten Trainings- und Spielmöglichkeiten”, sagt die 14-jährige Jana Simanovic, eine der Spielerinnen des FC Brezovica vor dem Spiel gegen den KFV Prishtina. Beide Teams laufen mit einem UN-Logo auf ihren Trikots auf dem Platz. Ganz in Gelb die kosovo-serbische Mannschaft, während die kosovo-albanische komplett in Blau angezogen ist.
Fußball – nichts anderes
Insgesamt sind schon mehr als 170 Mädchen in dem Projekt aktiv. Die Spiele der Teams gegeneinander sind das Highlight, sie haben eine Art Länderspiel-Charakter, da die Spielerinnen zwar aus dem gleichen Land, aber aus unterschiedlichen Kulturen und Ethnien stammen. Natürlich wollen beide Mannschaften gewinnen und die Trainer tun das ihre dazu, indem sie während des Spiels von der Seitenlinie pausenlos Anweisungen geben. Aber schon beim Abklatschen vor Beginn des Spiels wird deutlich, dass es auch um Kontakt und Begegnung geht. Sogar die eine oder andere Freundschaft ist bereits entstanden.
“Das heutige Training und das Freundschaftsspiel mit unserer befreundeten Fußballschule ‘Prishtina’ ist etwas Besonderes, weil wir wissen, in welcher Gegend wir leben und was für eine Situation hier gerade herrscht”, sagt Zvonko Staletović, der Trainer des FC Brezovica. “Für uns ist nur Fußball wichtig, nichts anderes.”
Eine weitere Besonderheit an dem UN-Projekt ist, dass hier Grenzen aufgeweicht werden, die normalerweise sehr hart und strikt sind. Im restlichen Kosovo kann kein Serbe Mitglied einer kosovarischen Mannschaft oder des dortigen Sportverbandes sein. Der kosovarische Sport organisiert sich ausschließlich durch Kosovo-Albaner. “Es gab Initiativen, Fußballspieler der serbischen Minderheit zu engagieren”, sagt Taulant Hodaj, der Generalsekretär des kosovarischen Fußballverbandes, gegenüber der DW. “Es gab Serben, die für den Kosovo spielen wollten, aber leider gab es politischen Druck von Serbien, der männliche und weibliche Spieler daran gehindert hat, an vom Fußballverband des Kosovo organisierten Wettbewerben teilzunehmen.”
Veto aus Serbien
Der Kosovo ist seit Mai 2016 Mitglied der FIFA und der UEFA und hat einen eigenen nationalen Fußballverband. Serbien hatte damals gegen die Aufnahme protestiert und die Sache bis zum höchsten Sportgericht CAS in der Schweiz getrieben. Dort sah man das ganze unpolitisch und bestätigte die Mitgliedschaft. Während der Kosovo international bei den Sportverbänden aufgenommen worden ist, ist sein politischer Status ein Streitpunkt. Am 17. Februar 2008 proklamierte das kosovarische Parlament die Unabhängigkeit der Region. Völkerrechtlich haben 115 Staaten den Kosovo seitdem anerkannt, darunter auch Deutschland. Länder wie Serbien, Russland und China, aber auch fünf EU -Mitgliedsstaaten, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo jedoch bisher nicht an. Serbien betrachtet den Kosovo immer noch als seine abtrünnige Provinz.
Daher war auch der FIFA klar, dass mit der Aufnahme des Kosovo politische Spannungen und Konflikte auch auf dem Sportplatz ausgetragen werden könnten. So beschloss der Weltverband, dass das kosovarische Team bei internationalen Wettbewerben wie EM- und WM-Qualifikation oder der UEFA Nations League aus politischen Gründen nicht gegen Serbien oder Bosnien-Herzegowina antreten darf.
Positive Erfahrung mit Langzeitwirkung
Von derlei trennender Einflussnahme sind die Mädchen in Strpce weit entfernt. Für sie zählt die Möglichkeit, ihrer Fußballleidenschaft nachgehen zu können und der Austausch mit den jeweils anderen. Dabei stellt sich heraus, dass sie auch neben dem Fußball eigentlich die gleichen Interessen und Vorlieben haben.
“Es wäre schön, jeden Tag miteinander Fußball zu spielen und zusammen noch den Tag zu genießen”, sagt die Kosovo-Serbin Jana Simanovic. Sie träumt davon, im Fußball richtig erfolgreich zu werden und eines Tages an internationalen Turnieren teilzunehmen.
Auch in Janas Sinne bleibt daher zu hoffen, dass ihr Beispiel und das der anderen Mädchen Schule macht. Je mehr positive Erfahrungen es beim Austausch zwischen serbischen und albanischen Kindern und Jugendlichen gibt, umso besser ist das auch für das gesamte Verhältnis untereinander und eine Normalisierung der politischen Situation. Denn ohne die wird auch die Fußball-Welt zwischen Serbien und dem Kosovo nicht normal werden.