Miss Germany: Transfrau unter den Finalistinnen
Knapper Bikini und strahlendes Lächeln: Das reicht nicht mehr, um Miss Germany zu werden. Man muss auch eine Botschaft haben. Die 19-jährige Saskia von Bargen will für das Thema Transgender sensibilisieren.
Bundesweit haben sich rund 15.000 Frauen um den Titel der nächsten Miss Germany beworben, ließen die Organisatoren des Wettbewerbs wissen. Am Dienstag wurden die zehn Finalistinnen bekanntgegeben – und eine von ihnen sorgte direkt für Schlagzeilen: eine Transfrau, die mit ihren Eltern und drei jüngeren Schwestern im niedersächsischen Dorf Friedrichsfehn lebt.
Auf alten Kinderfotos Fotos sieht Saskia von Bargen einen Jungen – der am liebsten Kleider trug und mit anderen Mädchen spielte. Doch schon im zarten Alter von fünf Jahren erklärte Saskia von Bargen, dass sie ein Mädchen sei. “Meine Eltern haben schon früh erkannt, dass es sich nicht nur um eine Phase handelt”, sagt sie. Für Mutter und Vater, die sie von Anfang an unterstützt haben, findet sie nur Lob. In der Schule allerdings war es nicht ganz so einfach, akzeptiert zu werden. Um nicht gemobbt zu werden, trug sie Jungenkleidung.
Bundesweit haben sich rund 15.000 Frauen um den Titel der nächsten Miss Germany beworben, ließen die Organisatoren des Wettbewerbs wissen. Am Dienstag wurden die zehn Finalistinnen bekanntgegeben – und eine von ihnen sorgte direkt für Schlagzeilen: eine Transfrau, die mit ihren Eltern und drei jüngeren Schwestern im niedersächsischen Dorf Friedrichsfehn lebt.
Mit elf Jahren begann von Bargen dann, Hormonblocker einzunehmen, um nicht in die männliche Pubertät zu kommen. Zwei Jahre später bekam sie weibliche Hormone. Das war auch der Moment, in dem sie sich in der Schule outete. Ihr Leben wurde einfacher, sie fühlte sich zunehmend akzeptiert. Als sie volljährig wurde, unterzog sie sich einer geschlechtsangleichenden Operation. Sie suchte sich auch einen Namen aus: Saskia.
Der Wettbewerb wird aufpoliert
Seit bald 100 Jahren werden “Miss Germany”-Wahlen abgehalten. Um den Schönheitswettbewerb zu gewinnen, musste man früher vor allem gut aussehen und in Bademode wie ein Model über den Laufsteg tänzeln können. Doch das Unternehmen, das den nationalen Wettbewerb alljährlich organisiert, vollzog 2019 eine radikale Wendung.
Seitdem müssen sich die Kandidatinnen nicht mehr im Bikini auf dem Laufsteg präsentieren. Auch Größe und Gewicht werden nicht mehr abgefragt. Das Äußere spiele überhaupt keine Rolle mehr, so Jil Andert von den Miss Germany Studios. Vielmehr müssen die Frauen eine starke Persönlichkeit zeigen und “sollen eine Quelle der Inspiration sein”, sagte Andert der Deutschen Presse-Agentur dpa.
2022 wurde die Aktivistin, Unternehmerin und Schauspielerin Domitila Barros zur (aktuell noch amtierenden) Miss Germany gewählt – als erste Woman of Colour. Barros wuchs in einer brasilianischen Favela auf und brachte dort Straßenkindern das Lesen und Schreiben bei. Heute setzt sie sich für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ein.
Die Soziologin Nina Degele von der Universität Freiburg zeigt sich unbeeindruckt von der Neuausrichtung des Wettbewerbs – sie hält das Format Miss Germany schlichtweg für überholt. Es müsse “durch etwas völlig anderes ersetzt werden”, findet sie.
Die Miss-Germany-Wahl sei die “perfekte Plattform”, um ihre Geschichte zu erzählen, sagt dagegen Saskia von Bargen. Sie hat sich für den Wettbewerb beworben, um das Bewusstsein für Transgender-Themen zu fördern. Sie, die Einzelhandel-Auszubildende, die in einem Modehaus arbeitet, möchte die Menschen darüber aufklären, wie es ist, eine Transfrau zu sein.
Offen spricht sie darüber, was bei ihrer ersten Operation schiefgelaufen ist. Insgesamt musste sie sich 12 chirurgischen Eingriffen unterziehen. Bereuen tut sie nichts. Von Bargen sieht sich selbst als Botschafterin für die Sache. Wenn sie gewinnt, bekommt sie 25.000 Euro – die sie dann für ihre Mission einsetzen kann
Von Bargen ist nicht die erste Transfrau, die es bei einer Miss-Germany-Wahl so weit gebracht hat. Letztes Jahr schaffte es Gadou aus Hannover (ebenfalls in Niedersachsen) bis ins Finale. Aber von Bargen will gewinnen. Die Endrunde findet am Samstag im Europa-Park in Rust im Südwesten Deutschlands statt. Zu den weiteren Finalistinnen gehören eine Energieberaterin, die Frauen in einer von Männern dominierten Branche fördern will, und eine Hebamme, die ihr eigenes Geburtshaus eröffnen möchte.
Der Miss-Germany-Wettbewerb, der 1927 zum ersten Mal stattfand und später von den Nazis verboten wurde, ist nicht identisch mit der Wahl der “Miss Universe Germany”. Dort wird eine offizielle Kandidatin für die Miss-Universe-Wahl gewählt.
sl/eg (dpa)
Adaption aus dem Englischen: Suzanne Cords
Bundesweit haben sich rund 15.000 Frauen um den Titel der nächsten Miss Germany beworben, ließen die Organisatoren des Wettbewerbs wissen. Am Dienstag wurden die zehn Finalistinnen bekanntgegeben – und eine von ihnen sorgte direkt für Schlagzeilen: eine Transfrau, die mit ihren Eltern und drei jüngeren Schwestern im niedersächsischen Dorf Friedrichsfehn lebt.
Auf alten Kinderfotos Fotos sieht Saskia von Bargen einen Jungen – der am liebsten Kleider trug und mit anderen Mädchen spielte. Doch schon im zarten Alter von fünf Jahren erklärte Saskia von Bargen, dass sie ein Mädchen sei. “Meine Eltern haben schon früh erkannt, dass es sich nicht nur um eine Phase handelt”, sagt sie. Für Mutter und Vater, die sie von Anfang an unterstützt haben, findet sie nur Lob. In der Schule allerdings war es nicht ganz so einfach, akzeptiert zu werden. Um nicht gemobbt zu werden, trug sie Jungenkleidung.
Der Wettbewerb wird aufpoliert
Mit elf Jahren begann von Bargen dann, Hormonblocker einzunehmen, um nicht in die männliche Pubertät zu kommen. Zwei Jahre später bekam sie weibliche Hormone. Das war auch der Moment, in dem sie sich in der Schule outete. Ihr Leben wurde einfacher, sie fühlte sich zunehmend akzeptiert. Als sie volljährig wurde, unterzog sie sich einer geschlechtsangleichenden Operation. Sie suchte sich auch einen Namen aus: Saskia.
Seit bald 100 Jahren werden “Miss Germany”-Wahlen abgehalten. Um den Schönheitswettbewerb zu gewinnen, musste man früher vor allem gut aussehen und in Bademode wie ein Model über den Laufsteg tänzeln können. Doch das Unternehmen, das den nationalen Wettbewerb alljährlich organisiert, vollzog 2019 eine radikale Wendung.
Seitdem müssen sich die Kandidatinnen nicht mehr im Bikini auf dem Laufsteg präsentieren. Auch Größe und Gewicht werden nicht mehr abgefragt. Das Äußere spiele überhaupt keine Rolle mehr, so Jil Andert von den Miss Germany Studios. Vielmehr müssen die Frauen eine starke Persönlichkeit zeigen und “sollen eine Quelle der Inspiration sein”, sagte Andert der Deutschen Presse-Agentur dpa.
2022 wurde die Aktivistin, Unternehmerin und Schauspielerin Domitila Barros zur (aktuell noch amtierenden) Miss Germany gewählt – als erste Woman of Colour. Barros wuchs in einer brasilianischen Favela auf und brachte dort Straßenkindern das Lesen und Schreiben bei. Heute setzt sie sich für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ein.
Die Transgender-Botschafterin
Die Soziologin Nina Degele von der Universität Freiburg zeigt sich unbeeindruckt von der Neuausrichtung des Wettbewerbs – sie hält das Format Miss Germany schlichtweg für überholt. Es müsse “durch etwas völlig anderes ersetzt werden”, findet sie.
Nicht die erste Transfrau im Finale
Die Miss-Germany-Wahl sei die “perfekte Plattform”, um ihre Geschichte zu erzählen, sagt dagegen Saskia von Bargen. Sie hat sich für den Wettbewerb beworben, um das Bewusstsein für Transgender-Themen zu fördern. Sie, die Einzelhandel-Auszubildende, die in einem Modehaus arbeitet, möchte die Menschen darüber aufklären, wie es ist, eine Transfrau zu sein.
Offen spricht sie darüber, was bei ihrer ersten Operation schiefgelaufen ist. Insgesamt musste sie sich 12 chirurgischen Eingriffen unterziehen. Bereuen tut sie nichts. Von Bargen sieht sich selbst als Botschafterin für die Sache. Wenn sie gewinnt, bekommt sie 25.000 Euro – die sie dann für ihre Mission einsetzen kann
Von Bargen ist nicht die erste Transfrau, die es bei einer Miss-Germany-Wahl so weit gebracht hat. Letztes Jahr schaffte es Gadou aus Hannover (ebenfalls in Niedersachsen) bis ins Finale. Aber von Bargen will gewinnen. Die Endrunde findet am Samstag im Europa-Park in Rust im Südwesten Deutschlands statt. Zu den weiteren Finalistinnen gehören eine Energieberaterin, die Frauen in einer von Männern dominierten Branche fördern will, und eine Hebamme, die ihr eigenes Geburtshaus eröffnen möchte.
Der Miss-Germany-Wettbewerb, der 1927 zum ersten Mal stattfand und später von den Nazis verboten wurde, ist nicht identisch mit der Wahl der “Miss Universe Germany”. Dort wird eine offizielle Kandidatin für die Miss-Universe-Wahl gewählt.
sl/eg (dpa)
Adaption aus dem Englischen: Suzanne Cords