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Demokratische Republik Kongo: Öl oder Bäume

Kinshasa will mehr Geld für Klimaprojekte. Sonst könnten Bohrtürme die Fischer im weltgrößten Torfmoor verdrängen.

Jean Paul Ikolongo sitzt auf einem Plastikstuhl in seiner Hütte und schaut skeptisch. Seit Politiker aus der fernen Hauptstadt Kinshasa und Forscher aus dem Ausland in sein Dorf Mpeka gekommen sind, weiß der kongolesische Fischer nicht mehr, wem er trauen soll. Die einen sagen, er soll gehen, damit Firmen nach Öl suchen können. Die anderen wollen, dass er bleibt und auf Bäume aufpasst.

Ikolongos Dorf liegt im Nordwesten der Demokratischen Republik Kongo im zentralafrikanischen Regenwald und im weltweit größten tropischen Torfmoor. In diesem Moor, halb so groß wie Deutschland, lagern laut Forschern der Universitäten Kisangani, Leeds und London 29 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Würden sie freigesetzt, würden so viele Emissionen entstehen, wie fossile Brennstoffe in der ganzen Welt in drei Jahren verursachen, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Soll die Erde nicht noch wärmer werden, muss das Moor bestehen bleiben.

Jean Paul Ikolongo sitzt auf einem Plastikstuhl in seiner Hütte und schaut skeptisch. Seit Politiker aus der fernen Hauptstadt Kinshasa und Forscher aus dem Ausland in sein Dorf Mpeka gekommen sind, weiß der kongolesische Fischer nicht mehr, wem er trauen soll. Die einen sagen, er soll gehen, damit Firmen nach Öl suchen können. Die anderen wollen, dass er bleibt und auf Bäume aufpasst.

Doch die kongolesische Regierung hat andere Pläne. Im Torfgebiet befinden sich drei von 27 Blöcken, in denen die Politiker Öl verorten. 22 Milliarden Barrel sollen es insgesamt sein. Firmen können seit Juli letzten Jahres um Lizenzen für die Blöcke bieten. Es wäre ein Milliardengeschäft für den Kongo.

Kinshasa ruft Auktion für 27 Ölblöcke aus

Die Männer aus Kinshasa haben Ikolongo erklärt, dass die 1000 Einwohner aus Mpeka wegziehen müssten, wenn die Ölfirmen kämen. Aber anderswo würde die Regierung schöne Häuser für die Fischer bauen. Auch Schulen, Straßen und Krankenhäuser würden überall im Land errichtet.

“Ich bin alt, ich brauche ein gutes Zuhause”, sagt Ikolongo. Während der 60 Jahre alte Fischer in seiner Hütte sitzt, schwappt manchmal Wasser über seine Füße. Es ist Regenzeit. Fast alle Hütten am Ruki-Fluss sind überschwemmt. Damit die Familie zu Hause bleiben kann, hat Ikolongo zusätzliche Bretter als provisorischen Boden über dem Wasserspiegel eingezogen. Rund um seine Hütte sieht Ikolongo nur Wasser. Es dient als Toilette, Badewanne und Geschirrspülbecken – ein Nährboden für Cholera. Vielleicht wäre es besser wegzuziehen, überlegt Ikolongo.

Allerdings waren auch Forscher aus Großbritannien in Mpeka. Sie haben Ikolongo erklärt, das Klima sei schuld, dass er immer weniger Fische finde. Er solle bleiben und das Moor schützen. Dann würde alles besser. Ikolongos Sohn Dieumerci Bisalo, 38, hat sich über die Forscher geärgert. Sie hätten ihm verboten, Bäume zu fällen. Aber ohne Feuerholz gehe es nun mal nicht.

Den Geldgebern aus dem Norden missfällt die Idee, Öl zu fördern. Der Regenwald im Kongo nimmt im Gegensatz zum brasilianischen netto noch Treibhausgase auf. Damit das so bleibt, finanzieren reiche Länder Projekte im Rahmen der zentralafrikanischen Waldinitiative. Deutschland hat dafür bisher 151 Millionen Euro gegeben. Das Moorgebiet, in dem Mpeka liegt, unterstützt Deutschland zusätzlich mit 15 Millionen Euro über sechs Jahre. Doch die Finanzierung steht unter einem Vorbehalt: Sollte der Kongo Öl im Regenwald fördern, würde das “zwangsläufig” Auswirkungen auf die Finanzierung von Naturschutzgebieten nach sich ziehen, sagt eine Sprecherin des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin.

Der kongolesische Historiker Aloys Tegera findet das anmaßend. Die “großen Verschmutzer” im globalen Norden seien dank fossiler Energie reich geworden. “Und nun sagen sie uns, erhaltet bitte die Lunge der Erde”, schimpft er. Wenn der Kongo auf das Öl verzichten und 90 Millionen Einwohner keine Holzkohle mehr zum Kochen verwenden sollen, müsse das Land entschädigt werden.

Das sieht auch René Ngongo so. Der 60 Jahre alte Biologe hat 2009 den alternativen Nobelpreis bekommen, weil er zeitlebens für den Naturschutz gekämpft hat. Inzwischen arbeitet er für einen regierungsnahen Thinktank in der Hauptstadt und Millionenmetropole Kinshasa. Er erinnert die Industriestaaten daran, dass sie 2015 auf der Klimakonferenz in Paris den ärmeren Ländern 100 Milliarden Dollar pro Jahr versprochen hätten, um den Klimawandel abzufedern. Doch das reiche nicht und oft bleibe es bei bloßen Versprechen, kritisiert er.

Hoffnung setzt Ngongo auf eine Allianz, die der Kongo, Brasilien und Indonesien auf der Klimakonferenz in Scharm-el-Sheik gegründet haben. Die Länder mit den größten Regenwäldern wollen gemeinsam um Budgets mit den Industrienationen verhandeln. Ngongo schwebt eine Art “Regenwald-OPEC” vor nach dem Beispiel der mächtigen Organisation der erdölexportierenden Länder. Inzwischen ist der Umweltschützer sogar Fan des Ölgeschäfts. “Wir brauchen Geld, um aus der Armut zu kommen”, ist er überzeugt.

Darüber schüttelt Raoul Monsembula den Kopf.  Der 57 Jahre alte Biologe arbeitet für Greenpeace. “Selbst wenn im ganzen Kongo Öl gefördert würde, hätte die Bevölkerung nichts davon”, ist er überzeugt. Seit Jahrzehnten würden wertvolle Bodenschätze wie Koltan oder Kobalt exportiert, aber die Menschen im Kongo zählten zu den ärmsten der Welt, betont er.

Greenpeace wirft dem Ölminister Didier Budimbu Intransparenz vor. Er wolle zwei Blöcke einem Geschäftspartner zuschanzen. Die Umweltschützer fordern, die Öl-Auktion sofort zu stoppen, zumal sechs Prozent des Regenwaldes und des Moores gefährdet wären, wenn Öl gefördert würde. Außerdem würden neun der 27 Blöcke in oder nahe an Naturschutzgebieten liegen, fand Greenpeace heraus.

Während sich Klimaschützer und Politiker streiten, sitzt der Fischer Ikolongo in seiner Hütte in Mpeka und grübelt, wie es für ihn und seine 16 Kinder weiter gehen kann. Als er jung war, wurde er immer satt, schwärmt er. Jetzt leide er. “Wenn ich an die Zukunft meiner Kinder denke, bricht es mir das Herz”, sagt Ikolongo.

DR Kongo Dorf Mpeka Provinz Équateur | Fischer Jean Paul Ikolongo (Foto: Judith Raupp/DW)
DR Kongo Dorf Mpeka Provinz Équateur | Dieumerci Bisalo (Foto: Judith Raupp/DW)

Jean Paul Ikolongo sitzt auf einem Plastikstuhl in seiner Hütte und schaut skeptisch. Seit Politiker aus der fernen Hauptstadt Kinshasa und Forscher aus dem Ausland in sein Dorf Mpeka gekommen sind, weiß der kongolesische Fischer nicht mehr, wem er trauen soll. Die einen sagen, er soll gehen, damit Firmen nach Öl suchen können. Die anderen wollen, dass er bleibt und auf Bäume aufpasst.

Ikolongos Dorf liegt im Nordwesten der Demokratischen Republik Kongo im zentralafrikanischen Regenwald und im weltweit größten tropischen Torfmoor. In diesem Moor, halb so groß wie Deutschland, lagern laut Forschern der Universitäten Kisangani, Leeds und London 29 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Würden sie freigesetzt, würden so viele Emissionen entstehen, wie fossile Brennstoffe in der ganzen Welt in drei Jahren verursachen, schreiben die Forscher in ihrer Studie. Soll die Erde nicht noch wärmer werden, muss das Moor bestehen bleiben.

Kinshasa ruft Auktion für 27 Ölblöcke aus

Doch die kongolesische Regierung hat andere Pläne. Im Torfgebiet befinden sich drei von 27 Blöcken, in denen die Politiker Öl verorten. 22 Milliarden Barrel sollen es insgesamt sein. Firmen können seit Juli letzten Jahres um Lizenzen für die Blöcke bieten. Es wäre ein Milliardengeschäft für den Kongo.

Die Männer aus Kinshasa haben Ikolongo erklärt, dass die 1000 Einwohner aus Mpeka wegziehen müssten, wenn die Ölfirmen kämen. Aber anderswo würde die Regierung schöne Häuser für die Fischer bauen. Auch Schulen, Straßen und Krankenhäuser würden überall im Land errichtet.

“Ich bin alt, ich brauche ein gutes Zuhause”, sagt Ikolongo. Während der 60 Jahre alte Fischer in seiner Hütte sitzt, schwappt manchmal Wasser über seine Füße. Es ist Regenzeit. Fast alle Hütten am Ruki-Fluss sind überschwemmt. Damit die Familie zu Hause bleiben kann, hat Ikolongo zusätzliche Bretter als provisorischen Boden über dem Wasserspiegel eingezogen. Rund um seine Hütte sieht Ikolongo nur Wasser. Es dient als Toilette, Badewanne und Geschirrspülbecken – ein Nährboden für Cholera. Vielleicht wäre es besser wegzuziehen, überlegt Ikolongo.

Allerdings waren auch Forscher aus Großbritannien in Mpeka. Sie haben Ikolongo erklärt, das Klima sei schuld, dass er immer weniger Fische finde. Er solle bleiben und das Moor schützen. Dann würde alles besser. Ikolongos Sohn Dieumerci Bisalo, 38, hat sich über die Forscher geärgert. Sie hätten ihm verboten, Bäume zu fällen. Aber ohne Feuerholz gehe es nun mal nicht.

Immer weniger Fische in Kongos Flüssen

Den Geldgebern aus dem Norden missfällt die Idee, Öl zu fördern. Der Regenwald im Kongo nimmt im Gegensatz zum brasilianischen netto noch Treibhausgase auf. Damit das so bleibt, finanzieren reiche Länder Projekte im Rahmen der zentralafrikanischen Waldinitiative. Deutschland hat dafür bisher 151 Millionen Euro gegeben. Das Moorgebiet, in dem Mpeka liegt, unterstützt Deutschland zusätzlich mit 15 Millionen Euro über sechs Jahre. Doch die Finanzierung steht unter einem Vorbehalt: Sollte der Kongo Öl im Regenwald fördern, würde das “zwangsläufig” Auswirkungen auf die Finanzierung von Naturschutzgebieten nach sich ziehen, sagt eine Sprecherin des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin.

Geldgeber fordern: “Erhaltet die Lunge der Erde!”

Der kongolesische Historiker Aloys Tegera findet das anmaßend. Die “großen Verschmutzer” im globalen Norden seien dank fossiler Energie reich geworden. “Und nun sagen sie uns, erhaltet bitte die Lunge der Erde”, schimpft er. Wenn der Kongo auf das Öl verzichten und 90 Millionen Einwohner keine Holzkohle mehr zum Kochen verwenden sollen, müsse das Land entschädigt werden.

Das sieht auch René Ngongo so. Der 60 Jahre alte Biologe hat 2009 den alternativen Nobelpreis bekommen, weil er zeitlebens für den Naturschutz gekämpft hat. Inzwischen arbeitet er für einen regierungsnahen Thinktank in der Hauptstadt und Millionenmetropole Kinshasa. Er erinnert die Industriestaaten daran, dass sie 2015 auf der Klimakonferenz in Paris den ärmeren Ländern 100 Milliarden Dollar pro Jahr versprochen hätten, um den Klimawandel abzufedern. Doch das reiche nicht und oft bleibe es bei bloßen Versprechen, kritisiert er.

Hoffnung setzt Ngongo auf eine Allianz, die der Kongo, Brasilien und Indonesien auf der Klimakonferenz in Scharm-el-Sheik gegründet haben. Die Länder mit den größten Regenwäldern wollen gemeinsam um Budgets mit den Industrienationen verhandeln. Ngongo schwebt eine Art “Regenwald-OPEC” vor nach dem Beispiel der mächtigen Organisation der erdölexportierenden Länder. Inzwischen ist der Umweltschützer sogar Fan des Ölgeschäfts. “Wir brauchen Geld, um aus der Armut zu kommen”, ist er überzeugt.

Allianz der Regenwald-Länder

Darüber schüttelt Raoul Monsembula den Kopf.  Der 57 Jahre alte Biologe arbeitet für Greenpeace. “Selbst wenn im ganzen Kongo Öl gefördert würde, hätte die Bevölkerung nichts davon”, ist er überzeugt. Seit Jahrzehnten würden wertvolle Bodenschätze wie Koltan oder Kobalt exportiert, aber die Menschen im Kongo zählten zu den ärmsten der Welt, betont er.

Greenpeace wirft dem Ölminister Didier Budimbu Intransparenz vor. Er wolle zwei Blöcke einem Geschäftspartner zuschanzen. Die Umweltschützer fordern, die Öl-Auktion sofort zu stoppen, zumal sechs Prozent des Regenwaldes und des Moores gefährdet wären, wenn Öl gefördert würde. Außerdem würden neun der 27 Blöcke in oder nahe an Naturschutzgebieten liegen, fand Greenpeace heraus.

Naturschutzgebiete im Kongo gefährdet

Während sich Klimaschützer und Politiker streiten, sitzt der Fischer Ikolongo in seiner Hütte in Mpeka und grübelt, wie es für ihn und seine 16 Kinder weiter gehen kann. Als er jung war, wurde er immer satt, schwärmt er. Jetzt leide er. “Wenn ich an die Zukunft meiner Kinder denke, bricht es mir das Herz”, sagt Ikolongo.

DR Kongo Dorf Mpeka Provinz Équateur | Hütte Fischer Jean Paul Ikolongo (Foto: Judith Raupp/DW)

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