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Femizide in Peru: Der Mord an Katherine Gómez ist kein Einzelfall

Mitten in Lima wird die 18-Jährige von ihrem Ex-Freund mit Benzin übergossen und angezündet. Auch wenn die Gesellschaft nach dem Tod der jungen Frau unter Schock steht – Gewalt gegen Frauen gehört in Peru zum Alltag.

Katherine Gómez hatte keine Chance. Auf offener Straße, an einem Samstagabend Mitte März, im historischen Zentrum der peruanischen Hauptstadt Lima, nähert sich ihr Ex-Freund, überschüttet die junge Frau mit Benzin und zückt sein Feuerzeug. Gómez erleidet schlimmste Verbrennungen an 60 Prozent ihres Körpers. Eine Woche später erliegt sie ihren Verletzungen.

Die Staatskrise, die wochenlang für Schlagzeilen sorgte, tritt in Peru für einige Tage in den Hintergrund. Stattdessen sorgt der schreckliche Femizid in dem südamerikanischen Land für Schockstarre.

Katherine Gómez hatte keine Chance. Auf offener Straße, an einem Samstagabend Mitte März, im historischen Zentrum der peruanischen Hauptstadt Lima, nähert sich ihr Ex-Freund, überschüttet die junge Frau mit Benzin und zückt sein Feuerzeug. Gómez erleidet schlimmste Verbrennungen an 60 Prozent ihres Körpers. Eine Woche später erliegt sie ihren Verletzungen.

Vor allem, weil der 21-jährige mutmaßliche Täter immer noch auf freiem Fuß ist. Er konnte danach in aller Seelenruhe fliehen, kein einziger Polizist folgte ihm. Es dauerte sechs quälend lange Tage, bis die Justiz sich endlich zu einem Haftbefehl durchringen konnte. Doch der Mann bleibt bis heute unauffindbar.

Stereotype noch fest in der Gesellschaft verankert

Die Tat hat somit vieles, was einen Femizid ausmacht: ein Mann, der sich vermutlich dafür rächen wollte, dass seine Partnerin ihn verlassen hat. Ein Staat, der lange nur zuschaut. Und ein mutmaßlicher Mord, der bislang keinerlei Strafe nach sich zieht.

Alle 48 Stunden stirbt in Peru eine Frau an geschlechtsspezifischer Gewalt. Melissa Guillén will, dass das endlich aufhört. Sie ist Aktivistin der Nichtregierungsorganisation Manuela Ramos, die seit 1978 für mehr Frauenrechte in Peru kämpft.

Guillén sagt gegenüber der DW: “Dieser Femizid an Katherine Gómez ist beileibe kein Einzelfall, er passt genau ins Raster. Vor allem, weil es in Peru immer noch diese Stereotype gibt, dass die Frauen den Männern untergeordnet sind und ihnen gehören. Und immer, wenn eine Frau mit diesen Stereotypen bricht, passieren diese furchtbaren Geschichten.”

137 Femizide zählten die peruanischen Behörden im vergangenen Jahr, 51 Morde, die als Gewalttaten eingestuft wurden, plus 111 Versuche, Frauen zu töten. Außerdem registrierte das Land mehr als 5.380 Vermisstenanzeigen, ein Großteil von ihnen Mädchen und heranwachsende Frauen. Frauen, die bis heute spurlos verschwunden sind. Eine Horrorbilanz, die für Guillén auch mit fehlender Prävention zu tun hat.

“Schon an den Grundschulen müsste es mehr Information und Erziehung geben. Wir bräuchten eine nachhaltige Kampagne gegen Femizide und eine kritische Auseinandersetzung mit der Macho-Gesellschaft, die von allen Medien rund um die Uhr weiterverbreitet wird. Einen sozialen und kulturellen Wandel, dass solche Taten nicht mehr toleriert werden. Und schließlich ein Ende der Straflosigkeit, denn diese sendet ja die Botschaft, das Frauen hierzulande schutzlos sind.”

Doch bis dahin ist es noch ein ziemlich weiter Weg. Guillén erzählt von einer nationalen Erhebung vor vier Jahren, über deren Ergebnisse die Aktivistin auch heute nur den Kopf schütteln kann. Demnach toleriert mehr als die Hälfte der Befragten Gewalt gegen Frauen über 18 Jahren. Jeder Dritte hält eine Bestrafung für eine untreue Frau für angemessen. Und jeder Vierte findet, dass Frauen zu Sex bereit sein müssen, wenn die Männer dies wollen.

Umso wichtiger, dass Organisationen wie Manuela Ramos Tag für Tag dagegenhalten. Die Aktivistinnen kümmern sich nicht nur um die Opfer und gehen für Frauenrechte auf die Straße. Sie gehen auch zu den Behörden, um Mitarbeiter zu schulen und bilden Anwältinnen aus, welche Opfer von sexueller Gewalt verteidigen.

Doch all dies Engagement nutzt wenig, solange der Staat nicht seine Hausaufgaben macht, findet Melissa Guillén: “Die Gesetze, um Femizide strafrechtlich zu verfolgen, sind da, sie werden jedoch zu oft nicht angewendet. Dann haben wir Behörden, die Frauen für die Taten an ihnen selbst verantwortlich machen. Im Fall von Katherine Gómez sogar eine Ministerin, die uns Frauen zu verstehen gibt, dass wir ja Schuld hätten, solange wir uns solche Partner aussuchten.”

Femizide wie die an Katherine Gómez sind leider kein Einzelfall in einer Region, in der im Jahr 2021 laut der Beobachtungsstelle für Geschlechtergerechtigkeit in Lateinamerika und der Karibik (OIG) 4.473 Femizide gezählt wurden. Dies bedeutet: Zwölf Frauen sterben täglich an Gewalt. Die Länder mit den höchsten Femizid-Zahlen auf 100.000 Einwohner sind Honduras, die Dominikanische Republik, El Salvador, Bolivien und Brasilien, sowie Belize und Guyana.

Ana Güezmes, Direktorin der Abteilung für Gleichstellungsfragen bei der UN-Organisation CEPAL, der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik, sagt gegenüber der DW: “Zur dringenden Bekämpfung dieser ‘Schattenpandemie’ muss staatliches Handeln auf vier Säulen beruhen: Finanzierung, Prävention, Reaktion der Öffentlichkeit durch Pflege- und Schutzdienste und Informationssysteme.”

Femizide als eine Schattenpandemie: ein Begriff, den UN-Generalsekretär António Guterres geprägt hat. Zwar hätten viele Staaten in Lateinamerika und der Karibik durch Gesetze den besonders schwerwiegenden Straftatbestand der Gewalt gegen Frauen anerkannt, doch noch immer sei der Femizid eine Realität in der Region. Klare Signale, dass dieses Phänomen kleiner werde, seien nicht zu beobachten.

In Peru laufen die Uhren dagegen teilweise noch rückwärts: Seit vergangenem Jahr verpflichtet das Gesetz Eltern nach einer Trennung zum gemeinsamen Sorgerecht. Was so positiv und fortschrittlich klingt, hat für die Kritiker nur einen entscheidenden Nachteil: selbst wenn der Vater wegen häuslicher Gewalt angezeigt oder verurteilt wurde, hat er, weil die peruanischen Mühlen der Justiz so langsam mahlen, noch lange eine gewaltsame Kontrolle über seine Familie.

Melissa Guillén bei einer Demonstration gegen Femizide in Lima
 Protest in Lima

Katherine Gómez hatte keine Chance. Auf offener Straße, an einem Samstagabend Mitte März, im historischen Zentrum der peruanischen Hauptstadt Lima, nähert sich ihr Ex-Freund, überschüttet die junge Frau mit Benzin und zückt sein Feuerzeug. Gómez erleidet schlimmste Verbrennungen an 60 Prozent ihres Körpers. Eine Woche später erliegt sie ihren Verletzungen.

Die Staatskrise, die wochenlang für Schlagzeilen sorgte, tritt in Peru für einige Tage in den Hintergrund. Stattdessen sorgt der schreckliche Femizid in dem südamerikanischen Land für Schockstarre.

Stereotype noch fest in der Gesellschaft verankert

Vor allem, weil der 21-jährige mutmaßliche Täter immer noch auf freiem Fuß ist. Er konnte danach in aller Seelenruhe fliehen, kein einziger Polizist folgte ihm. Es dauerte sechs quälend lange Tage, bis die Justiz sich endlich zu einem Haftbefehl durchringen konnte. Doch der Mann bleibt bis heute unauffindbar.

Die Tat hat somit vieles, was einen Femizid ausmacht: ein Mann, der sich vermutlich dafür rächen wollte, dass seine Partnerin ihn verlassen hat. Ein Staat, der lange nur zuschaut. Und ein mutmaßlicher Mord, der bislang keinerlei Strafe nach sich zieht.

Alle 48 Stunden stirbt in Peru eine Frau an geschlechtsspezifischer Gewalt. Melissa Guillén will, dass das endlich aufhört. Sie ist Aktivistin der Nichtregierungsorganisation Manuela Ramos, die seit 1978 für mehr Frauenrechte in Peru kämpft.

Guillén sagt gegenüber der DW: “Dieser Femizid an Katherine Gómez ist beileibe kein Einzelfall, er passt genau ins Raster. Vor allem, weil es in Peru immer noch diese Stereotype gibt, dass die Frauen den Männern untergeordnet sind und ihnen gehören. Und immer, wenn eine Frau mit diesen Stereotypen bricht, passieren diese furchtbaren Geschichten.”

Gewalt gegen Frauen immer noch salonfähig

137 Femizide zählten die peruanischen Behörden im vergangenen Jahr, 51 Morde, die als Gewalttaten eingestuft wurden, plus 111 Versuche, Frauen zu töten. Außerdem registrierte das Land mehr als 5.380 Vermisstenanzeigen, ein Großteil von ihnen Mädchen und heranwachsende Frauen. Frauen, die bis heute spurlos verschwunden sind. Eine Horrorbilanz, die für Guillén auch mit fehlender Prävention zu tun hat.

Femizide – die “Schattenpandemie”

“Schon an den Grundschulen müsste es mehr Information und Erziehung geben. Wir bräuchten eine nachhaltige Kampagne gegen Femizide und eine kritische Auseinandersetzung mit der Macho-Gesellschaft, die von allen Medien rund um die Uhr weiterverbreitet wird. Einen sozialen und kulturellen Wandel, dass solche Taten nicht mehr toleriert werden. Und schließlich ein Ende der Straflosigkeit, denn diese sendet ja die Botschaft, das Frauen hierzulande schutzlos sind.”

Doch bis dahin ist es noch ein ziemlich weiter Weg. Guillén erzählt von einer nationalen Erhebung vor vier Jahren, über deren Ergebnisse die Aktivistin auch heute nur den Kopf schütteln kann. Demnach toleriert mehr als die Hälfte der Befragten Gewalt gegen Frauen über 18 Jahren. Jeder Dritte hält eine Bestrafung für eine untreue Frau für angemessen. Und jeder Vierte findet, dass Frauen zu Sex bereit sein müssen, wenn die Männer dies wollen.

Umso wichtiger, dass Organisationen wie Manuela Ramos Tag für Tag dagegenhalten. Die Aktivistinnen kümmern sich nicht nur um die Opfer und gehen für Frauenrechte auf die Straße. Sie gehen auch zu den Behörden, um Mitarbeiter zu schulen und bilden Anwältinnen aus, welche Opfer von sexueller Gewalt verteidigen.

Doch all dies Engagement nutzt wenig, solange der Staat nicht seine Hausaufgaben macht, findet Melissa Guillén: “Die Gesetze, um Femizide strafrechtlich zu verfolgen, sind da, sie werden jedoch zu oft nicht angewendet. Dann haben wir Behörden, die Frauen für die Taten an ihnen selbst verantwortlich machen. Im Fall von Katherine Gómez sogar eine Ministerin, die uns Frauen zu verstehen gibt, dass wir ja Schuld hätten, solange wir uns solche Partner aussuchten.”

Femizide wie die an Katherine Gómez sind leider kein Einzelfall in einer Region, in der im Jahr 2021 laut der Beobachtungsstelle für Geschlechtergerechtigkeit in Lateinamerika und der Karibik (OIG) 4.473 Femizide gezählt wurden. Dies bedeutet: Zwölf Frauen sterben täglich an Gewalt. Die Länder mit den höchsten Femizid-Zahlen auf 100.000 Einwohner sind Honduras, die Dominikanische Republik, El Salvador, Bolivien und Brasilien, sowie Belize und Guyana.

Ana Güezmes, Direktorin der Abteilung für Gleichstellungsfragen bei der UN-Organisation CEPAL, der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik, sagt gegenüber der DW: “Zur dringenden Bekämpfung dieser ‘Schattenpandemie’ muss staatliches Handeln auf vier Säulen beruhen: Finanzierung, Prävention, Reaktion der Öffentlichkeit durch Pflege- und Schutzdienste und Informationssysteme.”

Femizide als eine Schattenpandemie: ein Begriff, den UN-Generalsekretär António Guterres geprägt hat. Zwar hätten viele Staaten in Lateinamerika und der Karibik durch Gesetze den besonders schwerwiegenden Straftatbestand der Gewalt gegen Frauen anerkannt, doch noch immer sei der Femizid eine Realität in der Region. Klare Signale, dass dieses Phänomen kleiner werde, seien nicht zu beobachten.

In Peru laufen die Uhren dagegen teilweise noch rückwärts: Seit vergangenem Jahr verpflichtet das Gesetz Eltern nach einer Trennung zum gemeinsamen Sorgerecht. Was so positiv und fortschrittlich klingt, hat für die Kritiker nur einen entscheidenden Nachteil: selbst wenn der Vater wegen häuslicher Gewalt angezeigt oder verurteilt wurde, hat er, weil die peruanischen Mühlen der Justiz so langsam mahlen, noch lange eine gewaltsame Kontrolle über seine Familie.

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