Ukraine: Wiederaufbau mitten im Krieg
Trotz russischer Bomben läuft die ukrainische Wirtschaft weiter. Kiew und Berlin werben jetzt für den Wiederaufbau. Ein deutscher Unternehmer hat schon damit angefangen.
Mittlerweile können seine Leute in der Baustoff-Fabrik im kleinen Ort Fastiw südwestlich der Hauptstadt Kiew wieder tagsüber arbeiten, sagt Michael Kraus. Der Manager der deutschen Baustoff-Firma Fixit musste durch die russischen Angriffe auf die Energieinfrastruktur seit vergangenem Herbst die Produktion von Mörtel und Dämmstoffen zeitweise in die Nachtschicht verlegen. “Weil das Stromaufkommen zu gering war, haben wir uns mit dem Energieversorger und der Stadtverwaltung geeinigt, tagsüber keinen Strom mehr zu beziehen und nicht mehr zu produzieren.”
Die 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion haben von 22 Uhr bis sechs Uhr morgens gearbeitet. Mit dem zu Ende gehenden Winter “ist die Energieversorgung wieder so weit stabilisiert, dass wir mit Beginn der Bausaison jetzt zumindest in zwei Schichten produzieren können. Wir hoffen, dass wir bei Bedarf auch auf 24 Stunden-Betrieb, also Drei-Schicht-Betrieb, aufstocken können”, sagt der Baustoff-Manager im Gespräch mit der DW – mitten im Krieg Russlands gegen die Ukraine.
Mittlerweile können seine Leute in der Baustoff-Fabrik im kleinen Ort Fastiw südwestlich der Hauptstadt Kiew wieder tagsüber arbeiten, sagt Michael Kraus. Der Manager der deutschen Baustoff-Firma Fixit musste durch die russischen Angriffe auf die Energieinfrastruktur seit vergangenem Herbst die Produktion von Mörtel und Dämmstoffen zeitweise in die Nachtschicht verlegen. “Weil das Stromaufkommen zu gering war, haben wir uns mit dem Energieversorger und der Stadtverwaltung geeinigt, tagsüber keinen Strom mehr zu beziehen und nicht mehr zu produzieren.”
Baustoff-Manager Kraus lenkt den Blick auf den Wiederaufbau der Ukraine. Das will auch die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze. Gemeinsam mit dem ukrainischen Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, eröffnete Schulze diese Woche die Online-Seite “Plattform Wiederaufbau Ukraine” (www.ukraine-wiederaufbauen.de).
Deutsche Plattform für den Wiederaufbau vorgestellt
Über die Internetseite sollen sich Hilfsorganisationen, Unternehmen und Städte in Deutschland vernetzen, die beim Wiederaufbau helfen wollen. Denn während Russland die Ukraine weiter mit Raketen und Drohnen angreift, um die Stadt Bachmut in der Ostukraine heftig gekämpft wird und das Land auf eine Gegenoffensive mit westlichen Waffen wartet, wird weit entfernt von der Front schon wieder Zerstörtes aufgebaut.
“Ich sehe das als Beleg für die Anpassungsfähigkeit von Marktwirtschaft. Die Supermarktregale sind voll”, sagt Reiner Perau von der deutsch-ukrainischen Handelskammer. “Da findet so viel Normalität statt innerhalb dieses außerordentlichen Zustands Krieg, der natürlich unterschiedlich stark das Leben beeinflusst”, sagt Perau im DW-Gespräch. “Doch wenn es um Gebiete geht, die wenig vom Krieg betroffen sind, ist der Effekt gleich null. Die Produkte gelangen ganz normal in die Supermärkte. Das Personal ist da, die Betriebe arbeiten trotz aller Flucht so vieler Menschen.”
Als durch die russischen Raketenangriffe auf Umspannwerke und Kraftwerke zunächst der Strom ausfiel, seien die Preise für Stromgeneratoren explodiert. Mehr noch in kleineren Städten als in der Hauptstadt Kiew. Doch kurz danach seien auch die Lieferungen der Geräte aus Polen gestiegen. “Im Januar haben wir dann bereits bemerkt, dass sich Generatoren stapeln und die Preise fallen”, so Perau. Wo nicht geschossen und gebombt wird, ermöglicht die ukrainische Kriegswirtschaft ein relativ geregeltes Leben und reagiert flexibel auf die schwierige Situation.
Dabei ist die ukrainische Wirtschaft in vielen Bereichen um mehr als ein Drittel eingebrochen – vor allem in der Landwirtschaft, weil die wichtigen Ackerflächen im Süden russisch besetzt sind. Doch gleichzeitig ist der IT-Sektor der Ukraine mitten im ersten Kriegsjahr als einziger Bereich gewachsen.
“25 Kilometer von der Frontlinie” sei das Arbeiten von IT-Fachleuten in der Ukraine noch schwierig, “danach herrscht business as usual”, sagt Kostjantyn Wasjuk, der Chef der “IT Ukraine Association” im DW-Gespräch. Während Russlands Bomben im ersten Kriegsjahr auf die Ukraine flogen, haben die Software-Firmen des Landes 5,8 Prozent mehr ihrer Dienstleistungen exportiert, vor allem in die EU. Die Ukraine hat IT-Serviceleistungen im Wert von 6,7 Milliarden Euro exportiert. “Wir haben das Internet, Büros, sichere Orte in der Ukraine, an denen wir arbeiten können, und stellen dort unsere Produkte her”, so IT-Experte Wasjuk.
Offenbar geht mittlerweile auch ein Kalkül der internationalen Helferinnen und Helfer der Ukraine auf. Das sagt der Wirtschaftsanalyst Ilja Neschodowskyj von der Denkfabrik ANTS in Kiew, die den Weg des Landes Richtung EU mit Analysen begleitet. “Eine enorme Rolle hat die Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft gespielt”, sagt Neschodowskyj gegenüber der DW. Neben dem Internationalen Währungsfonds hat allein die EU-Kommission der Ukraine im Dezember 17 Milliarden Euro zugesichert, die seit Anfang des Jahres nach Kiew überwiesen werden. “Man hat beispiellose Hilfen für den ukrainischen Haushalt geleistet. Sie haben es ermöglicht, dass staatliche Leistungen und sonstige Zahlungen nicht unterbrochen wurden. Das hat auch den Währungsmarkt positiv beeinflusst.”
Für die Stabilität der Hrywnja, der ukrainischen Währung, habe das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine eine große Bedeutung gehabt. Es habe dazu beigetragen, dass mehr Devisen ins Land kamen. “Es war der entscheidende Faktor, damit sich die Situation stabilisiert. Denn davor war das Handelsdefizit sehr groß”, so Neschodowskyj. Geholfen habe auch der Rückgang der Öl- und Gaspreise. Viel leiste auch weiterhin die internationale Hilfe. “Devisen kommen ins Land im großen Umfang, was dazu führt, dass die nationale Währung gestärkt wird.” Geholfen habe auch die vom ukrainischen Finanzministerium ausgehandelte Verschiebung der Zahlungsfristen an internationale Kreditgeber um zwei Jahre.
Von der deutschen Hauptstadt Berlin aus beobachtet der Osteuropa-Berater Robert Kirchner, dass sich die IT-Fachleute in der Ukraine mit dem Krieg sogar ein neues Geschäftsfeld erarbeiten: “Gerade der IT-Sektor, also gerade Drohnen, Drohnenabwehr, Cyberkrieg – das sind die Bereiche, wo die Ukrainer brillieren können mit ihrem leistungsfähigen IT-Sektor”, sagt Kirchner von der Beratungsfirma Berlin Economics.
Er berät die Ukraine im Auftrag der deutschen Regierung seit vielen Jahren. Das militärische Know-how im IT-Bereich werde künftig besonders gebraucht auch in der Ukraine selbst: “Auch nach einem Ende der jetzigen Kampfhandlungen wird die Sicherheitslage es nicht anders zulassen. Vergleichbar vielleicht mit Israel, aber eben nicht bezogen auf arabische Nachbarn, sondern eben auf Russland.” Allerdings: Dass die deutsche Regierung jetzt eine Wiederaufbau-Plattform für die Ukraine gegründet habe, sei wichtig. “Nur: Es darf uns nicht den Blick verstellen, was jetzt gerade noch wichtiger ist, nämlich die Ukraine kurzfristig zu unterstützen, damit sie diesen Krieg gewinnt”, sagt Kirchner nach der Gründungsveranstaltung für die deutsche Wiederaufbau-Plattform.
Der deutsche Baustoff-Manager Michael Kraus geht schon jetzt einen Schritt weiter: Seine Firma Fixit baut in Lwiw (Lemberg) im Westen des Landes mitten im Krieg eine zweite Fabrik in der Ukraine weiter. In das Projekt flossen schon vor der russischen Invasion fünf Millionen Euro. Jetzt hat die Firma eine Investitionsversicherung der deutschen Regierung erhalten und baut mit weiteren sieben Millionen Euro weiter. Ende des Jahres sollen auch hier Baustoffe hergestellt werden – für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Ukraine.
Mittlerweile können seine Leute in der Baustoff-Fabrik im kleinen Ort Fastiw südwestlich der Hauptstadt Kiew wieder tagsüber arbeiten, sagt Michael Kraus. Der Manager der deutschen Baustoff-Firma Fixit musste durch die russischen Angriffe auf die Energieinfrastruktur seit vergangenem Herbst die Produktion von Mörtel und Dämmstoffen zeitweise in die Nachtschicht verlegen. “Weil das Stromaufkommen zu gering war, haben wir uns mit dem Energieversorger und der Stadtverwaltung geeinigt, tagsüber keinen Strom mehr zu beziehen und nicht mehr zu produzieren.”
Die 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion haben von 22 Uhr bis sechs Uhr morgens gearbeitet. Mit dem zu Ende gehenden Winter “ist die Energieversorgung wieder so weit stabilisiert, dass wir mit Beginn der Bausaison jetzt zumindest in zwei Schichten produzieren können. Wir hoffen, dass wir bei Bedarf auch auf 24 Stunden-Betrieb, also Drei-Schicht-Betrieb, aufstocken können”, sagt der Baustoff-Manager im Gespräch mit der DW – mitten im Krieg Russlands gegen die Ukraine.
Deutsche Plattform für den Wiederaufbau vorgestellt
Baustoff-Manager Kraus lenkt den Blick auf den Wiederaufbau der Ukraine. Das will auch die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze. Gemeinsam mit dem ukrainischen Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, eröffnete Schulze diese Woche die Online-Seite “Plattform Wiederaufbau Ukraine” (www.ukraine-wiederaufbauen.de).
Über die Internetseite sollen sich Hilfsorganisationen, Unternehmen und Städte in Deutschland vernetzen, die beim Wiederaufbau helfen wollen. Denn während Russland die Ukraine weiter mit Raketen und Drohnen angreift, um die Stadt Bachmut in der Ostukraine heftig gekämpft wird und das Land auf eine Gegenoffensive mit westlichen Waffen wartet, wird weit entfernt von der Front schon wieder Zerstörtes aufgebaut.
“Ich sehe das als Beleg für die Anpassungsfähigkeit von Marktwirtschaft. Die Supermarktregale sind voll”, sagt Reiner Perau von der deutsch-ukrainischen Handelskammer. “Da findet so viel Normalität statt innerhalb dieses außerordentlichen Zustands Krieg, der natürlich unterschiedlich stark das Leben beeinflusst”, sagt Perau im DW-Gespräch. “Doch wenn es um Gebiete geht, die wenig vom Krieg betroffen sind, ist der Effekt gleich null. Die Produkte gelangen ganz normal in die Supermärkte. Das Personal ist da, die Betriebe arbeiten trotz aller Flucht so vieler Menschen.”
Als durch die russischen Raketenangriffe auf Umspannwerke und Kraftwerke zunächst der Strom ausfiel, seien die Preise für Stromgeneratoren explodiert. Mehr noch in kleineren Städten als in der Hauptstadt Kiew. Doch kurz danach seien auch die Lieferungen der Geräte aus Polen gestiegen. “Im Januar haben wir dann bereits bemerkt, dass sich Generatoren stapeln und die Preise fallen”, so Perau. Wo nicht geschossen und gebombt wird, ermöglicht die ukrainische Kriegswirtschaft ein relativ geregeltes Leben und reagiert flexibel auf die schwierige Situation.
Trotz Krieg steigen Exporte von IT-Dienstleistungen
Dabei ist die ukrainische Wirtschaft in vielen Bereichen um mehr als ein Drittel eingebrochen – vor allem in der Landwirtschaft, weil die wichtigen Ackerflächen im Süden russisch besetzt sind. Doch gleichzeitig ist der IT-Sektor der Ukraine mitten im ersten Kriegsjahr als einziger Bereich gewachsen.
EU-Geld stabilisiert die Finanzen
“25 Kilometer von der Frontlinie” sei das Arbeiten von IT-Fachleuten in der Ukraine noch schwierig, “danach herrscht business as usual”, sagt Kostjantyn Wasjuk, der Chef der “IT Ukraine Association” im DW-Gespräch. Während Russlands Bomben im ersten Kriegsjahr auf die Ukraine flogen, haben die Software-Firmen des Landes 5,8 Prozent mehr ihrer Dienstleistungen exportiert, vor allem in die EU. Die Ukraine hat IT-Serviceleistungen im Wert von 6,7 Milliarden Euro exportiert. “Wir haben das Internet, Büros, sichere Orte in der Ukraine, an denen wir arbeiten können, und stellen dort unsere Produkte her”, so IT-Experte Wasjuk.
Offenbar geht mittlerweile auch ein Kalkül der internationalen Helferinnen und Helfer der Ukraine auf. Das sagt der Wirtschaftsanalyst Ilja Neschodowskyj von der Denkfabrik ANTS in Kiew, die den Weg des Landes Richtung EU mit Analysen begleitet. “Eine enorme Rolle hat die Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft gespielt”, sagt Neschodowskyj gegenüber der DW. Neben dem Internationalen Währungsfonds hat allein die EU-Kommission der Ukraine im Dezember 17 Milliarden Euro zugesichert, die seit Anfang des Jahres nach Kiew überwiesen werden. “Man hat beispiellose Hilfen für den ukrainischen Haushalt geleistet. Sie haben es ermöglicht, dass staatliche Leistungen und sonstige Zahlungen nicht unterbrochen wurden. Das hat auch den Währungsmarkt positiv beeinflusst.”
Für die Stabilität der Hrywnja, der ukrainischen Währung, habe das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine eine große Bedeutung gehabt. Es habe dazu beigetragen, dass mehr Devisen ins Land kamen. “Es war der entscheidende Faktor, damit sich die Situation stabilisiert. Denn davor war das Handelsdefizit sehr groß”, so Neschodowskyj. Geholfen habe auch der Rückgang der Öl- und Gaspreise. Viel leiste auch weiterhin die internationale Hilfe. “Devisen kommen ins Land im großen Umfang, was dazu führt, dass die nationale Währung gestärkt wird.” Geholfen habe auch die vom ukrainischen Finanzministerium ausgehandelte Verschiebung der Zahlungsfristen an internationale Kreditgeber um zwei Jahre.
Neues Geschäftsfeld Cyberkrieg
Von der deutschen Hauptstadt Berlin aus beobachtet der Osteuropa-Berater Robert Kirchner, dass sich die IT-Fachleute in der Ukraine mit dem Krieg sogar ein neues Geschäftsfeld erarbeiten: “Gerade der IT-Sektor, also gerade Drohnen, Drohnenabwehr, Cyberkrieg – das sind die Bereiche, wo die Ukrainer brillieren können mit ihrem leistungsfähigen IT-Sektor”, sagt Kirchner von der Beratungsfirma Berlin Economics.
Er berät die Ukraine im Auftrag der deutschen Regierung seit vielen Jahren. Das militärische Know-how im IT-Bereich werde künftig besonders gebraucht auch in der Ukraine selbst: “Auch nach einem Ende der jetzigen Kampfhandlungen wird die Sicherheitslage es nicht anders zulassen. Vergleichbar vielleicht mit Israel, aber eben nicht bezogen auf arabische Nachbarn, sondern eben auf Russland.” Allerdings: Dass die deutsche Regierung jetzt eine Wiederaufbau-Plattform für die Ukraine gegründet habe, sei wichtig. “Nur: Es darf uns nicht den Blick verstellen, was jetzt gerade noch wichtiger ist, nämlich die Ukraine kurzfristig zu unterstützen, damit sie diesen Krieg gewinnt”, sagt Kirchner nach der Gründungsveranstaltung für die deutsche Wiederaufbau-Plattform.
Der deutsche Baustoff-Manager Michael Kraus geht schon jetzt einen Schritt weiter: Seine Firma Fixit baut in Lwiw (Lemberg) im Westen des Landes mitten im Krieg eine zweite Fabrik in der Ukraine weiter. In das Projekt flossen schon vor der russischen Invasion fünf Millionen Euro. Jetzt hat die Firma eine Investitionsversicherung der deutschen Regierung erhalten und baut mit weiteren sieben Millionen Euro weiter. Ende des Jahres sollen auch hier Baustoffe hergestellt werden – für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Ukraine.