Junge Grüne: “Wer Frieden will, braucht erst das Militär”
Der Krieg in der Ukraine legt einen Generationenkonflikt innerhalb der grünen Partei offen. Die junge Generation kann mit dem Pazifismus der Gründergeneration immer weniger anfangen.
Felix Banaszak ist 33 Jahre alt und seit 15 Jahren Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Seit 2021 ist der frühere Bundesvorsitzende der Nachwuchsorganisation “Grüne Jugend” Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Was verbindet ihn eigentlich noch mit der Gründergeneration der Partei? Die deutsche Umweltschutzpartei fand sich Anfang 1980 zusammen, in einer komplett anderen Welt. Damals ein chaotischer Zusammenschluss von linken Gruppen, Kernkraftgegnern und Friedensbewegten, regieren die Grünen heute in Deutschland mit, in Zeiten von Digitalisierung und Polarisierung in der Gesellschaft, von neuem Nationalismus.
Und vor allem: in Zeiten eines neuen, lange nicht für möglichen gehaltenen Krieges in Europa. Banaszak erklärt im Gespräch mit der DW, was ihn trotzdem mit den ersten Grünen von vor 43 Jahren verbindet: “Was wir von denen lernen können, ist, gesellschaftlichen Druck auszuhalten. Die wollten ja gar nicht von allen geliebt werden. Es hat ihnen gereicht, von allen respektiert zu werden.”
Felix Banaszak ist 33 Jahre alt und seit 15 Jahren Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Seit 2021 ist der frühere Bundesvorsitzende der Nachwuchsorganisation “Grüne Jugend” Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Was verbindet ihn eigentlich noch mit der Gründergeneration der Partei? Die deutsche Umweltschutzpartei fand sich Anfang 1980 zusammen, in einer komplett anderen Welt. Damals ein chaotischer Zusammenschluss von linken Gruppen, Kernkraftgegnern und Friedensbewegten, regieren die Grünen heute in Deutschland mit, in Zeiten von Digitalisierung und Polarisierung in der Gesellschaft, von neuem Nationalismus.
Aber ansonsten ist die Welt jetzt eine komplett andere, und kaum eine Partei hat sich so verändert in diesen vier Jahrzehnten wie die Grünen, die anfangs hart mit sich rangen, ob sie in der alten Bundesrepublik überhaupt den Weg in die Parlamente wählen sollten. Heute werden die Grünen von Menschen bis weit in die gesellschaftliche Mitte hinein gewählt. Und die Zusammensetzung in der Partei ist jung, jünger als die meisten anderen Parteien. Im Bundestag ist ihre Fraktion, 118 Abgeordnete stark, die mit Abstand jüngste. 22 Parlamentarier sind jünger als 30 Jahre, noch einmal 28 von ihnen sind noch keine 40 Jahre alt so wie Banaszak.
Banaszak: “Die Gründer konnten mit Druck umgehen”
Für ihn sind heute die zentralen Themen der Grünen: Der Kampf gegen den Klimawandel, der menschliche Umgang mit Geflüchteten, der ständige Kampf um eine liberale Gesellschaft gerade in Zeiten der Digitalisierung. Mit dem zumindest verbal strikten Pazifismus der frühen grünen Jahre kann er dagegen wenig anfangen. Banaszak sagt: “Wer Frieden erreichen will, braucht erst die militärische Stärke. Aber schon früher haben die Grünen auch Freiheitsbewegungen in aller Welt unterstützt, die durchaus mit Waffen vorgegangen sind.”
Aber Waffenlieferungen? Die waren für die Grünen lange ein Rotes Tuch.
Heute treten vor allem die wichtigsten Vertreter der Grünen in der Bundesregierung, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock, vehement dafür ein, die Ukraine im Kampf gegen den russischen Aggressor mit Waffen zu versorgen. Der Zustimmung ihrer Abgeordneten können sie sich sicher sein, und auch ihrer Wähler. Die haben sich ähnlich wie die Politiker in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Ende 2022 ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts You Gov, dass die Hälfte der Grünen-Wähler dafür sind, der Ukraine deutsche Kampfpanzer zu liefern – so viele wie in keiner anderen Partei. 25 Prozent der Grünen-Wähler waren strikt dagegen.
In der gesamten Bevölkerung überwog die Skepsis für die Panzerlieferung, über die damals noch heftig gestritten wurde in Deutschland: 45 Prozent aller Befragten gingen Panzer für die Ukraine zu weit. Bundeskanzler Scholz gab erst Ende Januar 2023 bekannt, dass Leopard-Panzer an die Ukraine geliefert werden.
Die Grünen also: ganz vorn dabei bei der Erfüllung der Waffenwünsche aus der Ukraine. Felix Banaszak sagt dazu: “Die Prägung durch den Kalten Krieg hat die ersten Grünen sehr stark ausgemacht. Also: Es gab einen Zustand des gefühlten Friedens, der durch Aufrüstung bedroht wurde. Und jetzt haben wir eine aufgerüstete Welt und realen Krieg, zu denen man sich verhalten muss.” Und zwar, fügt Banaszak hinzu, indem man jetzt auf Seiten der Ukraine stehen sollte.
Die neuen Akzente bei den für die Grünen wichtigen Themen haben auch damit zu tun, dass sehr viele vor allem junge Menschen, unter ihnen überwiegend Frauen, seit 2017 in die Partei eingetreten sind. Damals, vor rund sechs Jahren, so das Internet-Portal Statista, zählten die Grünen rund 65.000 Mitglieder, heute sind es fast 130.000. Allein 2019 stieg die Zahl der Grünen-Mitglieder um rund 28 Prozent.
Felix Banaszak meint, den Grund dafür zu kennen: 2019 war die Klima-Jugend-Bewegung “Fridays For Future” mit der jungen Schwedin Greta Thunberg auf dem Höhepunkt ihrer weltweiten Popularität. Banaszek findet, dass der alte rebellische Geist der Grünen wieder leicht auflebt, wenn viel Grüne sich der Bewegung verbunden fühlten: “Auch die jetzige Generation prägt eine Unzufriedenheit mit den Verhältnissen. Diese Ohnmacht, die viele junge Menschen verspüren angesichts der Klimakrise: Da fehlt vielen die Geduld für einen langsamen Weg.”
Zu den ersten Grünen zählt Jürgen Trittin, von 1998 bis 2005 erster Bundesumweltminister der Grünen, heute immer noch Abgeordneter im Bundestag. Der 69-jährige Außenexperte seiner Fraktion sagt im Gespräch mit der DW über die jungen Grünen von heute: “Das ist eine Generation, die nicht aufgewachsen ist im Kampf, sozusagen als Außenseiter des Systems, sondern sie sind hineingeboren in eine Welt, in der die Grünen als eine anerkannte gesellschaftliche und politische Kraft gelten. Aber sie erfahren auch gerade: Es ist eben nicht die Vernunft, sondern es sind Interessen, die die Welt regieren.” Da sind sich dann junge Grüne und die älteren wohl einig.
Felix Banaszak ist 33 Jahre alt und seit 15 Jahren Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Seit 2021 ist der frühere Bundesvorsitzende der Nachwuchsorganisation “Grüne Jugend” Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Was verbindet ihn eigentlich noch mit der Gründergeneration der Partei? Die deutsche Umweltschutzpartei fand sich Anfang 1980 zusammen, in einer komplett anderen Welt. Damals ein chaotischer Zusammenschluss von linken Gruppen, Kernkraftgegnern und Friedensbewegten, regieren die Grünen heute in Deutschland mit, in Zeiten von Digitalisierung und Polarisierung in der Gesellschaft, von neuem Nationalismus.
Und vor allem: in Zeiten eines neuen, lange nicht für möglichen gehaltenen Krieges in Europa. Banaszak erklärt im Gespräch mit der DW, was ihn trotzdem mit den ersten Grünen von vor 43 Jahren verbindet: “Was wir von denen lernen können, ist, gesellschaftlichen Druck auszuhalten. Die wollten ja gar nicht von allen geliebt werden. Es hat ihnen gereicht, von allen respektiert zu werden.”
Banaszak: “Die Gründer konnten mit Druck umgehen”
Aber ansonsten ist die Welt jetzt eine komplett andere, und kaum eine Partei hat sich so verändert in diesen vier Jahrzehnten wie die Grünen, die anfangs hart mit sich rangen, ob sie in der alten Bundesrepublik überhaupt den Weg in die Parlamente wählen sollten. Heute werden die Grünen von Menschen bis weit in die gesellschaftliche Mitte hinein gewählt. Und die Zusammensetzung in der Partei ist jung, jünger als die meisten anderen Parteien. Im Bundestag ist ihre Fraktion, 118 Abgeordnete stark, die mit Abstand jüngste. 22 Parlamentarier sind jünger als 30 Jahre, noch einmal 28 von ihnen sind noch keine 40 Jahre alt so wie Banaszak.
Für ihn sind heute die zentralen Themen der Grünen: Der Kampf gegen den Klimawandel, der menschliche Umgang mit Geflüchteten, der ständige Kampf um eine liberale Gesellschaft gerade in Zeiten der Digitalisierung. Mit dem zumindest verbal strikten Pazifismus der frühen grünen Jahre kann er dagegen wenig anfangen. Banaszak sagt: “Wer Frieden erreichen will, braucht erst die militärische Stärke. Aber schon früher haben die Grünen auch Freiheitsbewegungen in aller Welt unterstützt, die durchaus mit Waffen vorgegangen sind.”
Aber Waffenlieferungen? Die waren für die Grünen lange ein Rotes Tuch.
Heute treten vor allem die wichtigsten Vertreter der Grünen in der Bundesregierung, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock, vehement dafür ein, die Ukraine im Kampf gegen den russischen Aggressor mit Waffen zu versorgen. Der Zustimmung ihrer Abgeordneten können sie sich sicher sein, und auch ihrer Wähler. Die haben sich ähnlich wie die Politiker in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Ende 2022 ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts You Gov, dass die Hälfte der Grünen-Wähler dafür sind, der Ukraine deutsche Kampfpanzer zu liefern – so viele wie in keiner anderen Partei. 25 Prozent der Grünen-Wähler waren strikt dagegen.
Die Grünen sind die jüngste Fraktion im Bundestag
In der gesamten Bevölkerung überwog die Skepsis für die Panzerlieferung, über die damals noch heftig gestritten wurde in Deutschland: 45 Prozent aller Befragten gingen Panzer für die Ukraine zu weit. Bundeskanzler Scholz gab erst Ende Januar 2023 bekannt, dass Leopard-Panzer an die Ukraine geliefert werden.
“Wer Frieden will, braucht erst das Militär!”
Die Grünen also: ganz vorn dabei bei der Erfüllung der Waffenwünsche aus der Ukraine. Felix Banaszak sagt dazu: “Die Prägung durch den Kalten Krieg hat die ersten Grünen sehr stark ausgemacht. Also: Es gab einen Zustand des gefühlten Friedens, der durch Aufrüstung bedroht wurde. Und jetzt haben wir eine aufgerüstete Welt und realen Krieg, zu denen man sich verhalten muss.” Und zwar, fügt Banaszak hinzu, indem man jetzt auf Seiten der Ukraine stehen sollte.
Die neuen Akzente bei den für die Grünen wichtigen Themen haben auch damit zu tun, dass sehr viele vor allem junge Menschen, unter ihnen überwiegend Frauen, seit 2017 in die Partei eingetreten sind. Damals, vor rund sechs Jahren, so das Internet-Portal Statista, zählten die Grünen rund 65.000 Mitglieder, heute sind es fast 130.000. Allein 2019 stieg die Zahl der Grünen-Mitglieder um rund 28 Prozent.
Felix Banaszak meint, den Grund dafür zu kennen: 2019 war die Klima-Jugend-Bewegung “Fridays For Future” mit der jungen Schwedin Greta Thunberg auf dem Höhepunkt ihrer weltweiten Popularität. Banaszek findet, dass der alte rebellische Geist der Grünen wieder leicht auflebt, wenn viel Grüne sich der Bewegung verbunden fühlten: “Auch die jetzige Generation prägt eine Unzufriedenheit mit den Verhältnissen. Diese Ohnmacht, die viele junge Menschen verspüren angesichts der Klimakrise: Da fehlt vielen die Geduld für einen langsamen Weg.”
Grünen-Anhänger wollen Waffenlieferungen
Zu den ersten Grünen zählt Jürgen Trittin, von 1998 bis 2005 erster Bundesumweltminister der Grünen, heute immer noch Abgeordneter im Bundestag. Der 69-jährige Außenexperte seiner Fraktion sagt im Gespräch mit der DW über die jungen Grünen von heute: “Das ist eine Generation, die nicht aufgewachsen ist im Kampf, sozusagen als Außenseiter des Systems, sondern sie sind hineingeboren in eine Welt, in der die Grünen als eine anerkannte gesellschaftliche und politische Kraft gelten. Aber sie erfahren auch gerade: Es ist eben nicht die Vernunft, sondern es sind Interessen, die die Welt regieren.” Da sind sich dann junge Grüne und die älteren wohl einig.