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Kara-Mursa-Urteil: Moskaus Umgang mit Kreml-Kritikern

Kreml-Kritiker Kara-Mursa muss für 25 Jahre in Haft – und damit so lange wie noch kein Oppositioneller vor ihm. Ein Blick auf die schwierige Lage von Oppositionellen in Russland.

Der Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa ist zu 25 Jahren Haft verurteilt worden – wegen angeblichen “Hochverrats” und der “Verbreitung von Falschinformationen” über die russische Armee. Es ist die bislang längste Haftstrafe, die in Russland gegen einen Regierungskritiker verhängt wurde. Das Urteil sei “absolut empörend”, sagte Anwalt Wadim Prochorow gegenüber der DW.

Der Historiker und ehemalige Journalist Kara-Mursa ist beim Putin-Regime schon länger verhasst. 2015 und 2017 brach er mit Vergiftungssymptomen zusammen. Mittlerweile leidet er an einer Nervenkrankheit, die nach Angaben seines Anwalts durch zwei Vergiftungsversuche ausgelöst worden seien. Seine Unterstützer sprachen von Anschlägen gegen ihn, der Kreml stritt jede Beteiligung daran ab.

Der Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa ist zu 25 Jahren Haft verurteilt worden – wegen angeblichen “Hochverrats” und der “Verbreitung von Falschinformationen” über die russische Armee. Es ist die bislang längste Haftstrafe, die in Russland gegen einen Regierungskritiker verhängt wurde. Das Urteil sei “absolut empörend”, sagte Anwalt Wadim Prochorow gegenüber der DW.

 “Unter den Bedingungen in den Untersuchungshaftanstalten im Nordwesten Moskaus hat sich die Krankheit verschlimmert. Es ist klar, dass angesichts seines Gesundheitszustands das im Grunde ein Todesurteil ist”, erklärte Prochorow. “Aber selbst zwei bis drei Jahre im Gefängnis, in einem Hochsicherheitsgefängnis, könnten für ihn in seinem derzeitigen Gesundheitszustand tödlich sein.”

“Im Grunde ein Todesurteil”

Kara-Mursa war im April 2022 verhaftet worden, nachdem er den russischen Einmarsch in die Ukraine scharf kritisiert hatte. In einem Interview mit dem US-Sender CNN bezeichnete er das Vorgehen Russlands als Aggression, die russische Staatsmacht als mörderisches Regime. 

Neben Kara-Mursa mussten in der Vergangenheit auch andere Oppositionelle in Haft – oder wurden mutmaßlichen Vergiftungen ausgesetzt. Eine der wohl bekanntesten Kreml-Kritiker ist Alexej Nawalny. Der 46-jährige Oppositionelle und Aktivist hatte 2020 einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt – und sich anschließend in Deutschland davon erholt. 2021 flog er nach Moskau, wurde am Flughafen festgenommen und wenig später zu mehreren Jahren Straflager wegen angeblichen Betrugs verurteilt.

Die Haft-Bedingungen gelten dort als besonders hart. Der Gesundheitszustand des Kremlkritikers verschlechtert sich nach Angaben seines Anwalts Wadim Kobsew von Mitte April immer weiter. Er schließe nicht aus, dass Nawalny erneut gezielt krank gemacht werde. Sein Anwalt fordert nun eine toxikologische und radiologische Untersuchung seines Mandanten. Nawalny selbst macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den damaligen Anschlag verantwortlich, der Kreml weist die Vorwürfe zurück.

Er galt als einer der letzten bekannten Putin-Kritiker auf freiem Fuß: Der Oppositionelle und frühere Bürgermeister von Jekaterinburg, Jewgeni Roisman. Im November stufte ihn das Justizministerium nach Angaben der Agentur Interfax als sogenannten ausländischen Agenten ein.

Mitte März wurde er nun wegen angeblicher Verbreitung extremistischer Symbolik zu einer 14-tägigen Haftstrafe verurteilt. Roisman soll im russischen sozialen Netzwerk VKontakte (vk.com) ein Video über die Verurteilung des Kremlkritikers Alexej Nawalny geteilt haben, auf dem das Emblem seines in Russland als extremistisch geltenden Fonds für die Bekämpfung der Korruption (FBK) zu sehen war. Roisman selbst bestreitet den Vorwurf. Derzeit läuft ein weiteres Verfahren gegen ihn.

Jaschin ist ebenfalls einer der letzten noch in Russland verbliebenen lautstarken Kritiker. Auch seine Festnahme hinderte ihn nicht daran, die Behörden scharf zu kritisieren und die Militärintervention in der Ukraine anzuprangern. Der gebürtige Moskauer gilt als Vertrauter Nawalnys und stand auch dem Oppositionspolitiker Boris Nemzow nahe, der 2015 in der Nähe des Kremls ermordet worden war. 

Im Dezember vergangenen Jahres war Jaschin zu achteinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Er habe die russischen Streitkräfte verunglimpft, so das Urteil. Jaschin war im Juni festgenommen worden, nachdem er in einem Youtube-Video den Mord an Zivilisten im ukrainischen Butscha angeprangert hatte. Moskau bestreitet jegliche Übergriffe in dem ukrainischen Ort nahe Kiew.

Ein weiteres Beispiel: Pjotr Wersilow,. Der Herausgeber des Online-Magazins “Mediazona” und Mitglied der Punkgruppe Pussy Riot, hatte sich im Herbst 2018 plötzlich sehr krank gefühlt. Deutsche Ärzte der Berliner Charité konnten nur noch feststellen, dass er vergiftet wurde – aber nicht mit welcher Substanz. Wersilow sagte gegenüber deutschen Medien, er gehe davon aus, dass der russische Geheimdienst oder der russische Aufklärungsdienst GRU hinter seiner Vergiftung stehe. Er sieht einen Zusammenhang mit seinen Nachforschungen zu Morden an drei russischen Journalisten.

Boris Nemzow hatte einst Kara-Mursa inspiriert: 1999 lernten sie sich bei einem Interview kennen, ein Jahr später wurde Kara-Mursa Nemzows Berater. Der Kremlkritiker und ehemalige stellvertretende Ministerpräsident wurde 2015 erschossen, als er über eine Moskauer Brücke in der Nähe des Kremls nach Hause ging.

Fünf tschetschenische Männer wurden für die Ermordung von Nemzow verurteilt, aber die angeblichen Drahtzieher des Mordes wurden nie gefunden. Der Kreml wies auch in diesem Fall jede Anschuldigung zurück. Nemzow, ein charismatischer Redner, hatte Putins Annexion der Krim durch die Ukraine im Jahr 2014 kritisiert und regelmäßig an Protesten der Opposition teilgenommen.

Auch die russisch-amerikanische Reporterin der “Nowaja Gaseta” wurde erschossen – am 7. Oktober 2006 im Aufzug ihres Wohnhauses. Bis heute wurde das Verbrechen an ihr nicht vollständig aufgeklärt. Sie hatte über den Tschetschenien-Krieg berichtet und dabei immer wieder die russische Regierung kritisiert. Vergiftet worden war die Journalistin bereits drei Jahre vor ihrem Tod, als sie am 2. September 2004 von Moskau nach Beslan flog, um über die Geiselnahme an einer örtlichen Schule durch Terroristen zu berichten.

Kundgebung zur Unterstützung von Alexei Nawalny vor der russischen Botschaft in Berlin
Oppositionsaktivist Ilja Jaschin
Auch Jahre später wird der ermordeten russische Journalistin Anna Politkowskaja gedacht, Kundgebung von Amnesty International vor der russischen Botschaft in Berlin 2021

Der Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa ist zu 25 Jahren Haft verurteilt worden – wegen angeblichen “Hochverrats” und der “Verbreitung von Falschinformationen” über die russische Armee. Es ist die bislang längste Haftstrafe, die in Russland gegen einen Regierungskritiker verhängt wurde. Das Urteil sei “absolut empörend”, sagte Anwalt Wadim Prochorow gegenüber der DW.

Der Historiker und ehemalige Journalist Kara-Mursa ist beim Putin-Regime schon länger verhasst. 2015 und 2017 brach er mit Vergiftungssymptomen zusammen. Mittlerweile leidet er an einer Nervenkrankheit, die nach Angaben seines Anwalts durch zwei Vergiftungsversuche ausgelöst worden seien. Seine Unterstützer sprachen von Anschlägen gegen ihn, der Kreml stritt jede Beteiligung daran ab.

“Im Grunde ein Todesurteil”

 “Unter den Bedingungen in den Untersuchungshaftanstalten im Nordwesten Moskaus hat sich die Krankheit verschlimmert. Es ist klar, dass angesichts seines Gesundheitszustands das im Grunde ein Todesurteil ist”, erklärte Prochorow. “Aber selbst zwei bis drei Jahre im Gefängnis, in einem Hochsicherheitsgefängnis, könnten für ihn in seinem derzeitigen Gesundheitszustand tödlich sein.”

Kara-Mursa war im April 2022 verhaftet worden, nachdem er den russischen Einmarsch in die Ukraine scharf kritisiert hatte. In einem Interview mit dem US-Sender CNN bezeichnete er das Vorgehen Russlands als Aggression, die russische Staatsmacht als mörderisches Regime. 

Neben Kara-Mursa mussten in der Vergangenheit auch andere Oppositionelle in Haft – oder wurden mutmaßlichen Vergiftungen ausgesetzt. Eine der wohl bekanntesten Kreml-Kritiker ist Alexej Nawalny. Der 46-jährige Oppositionelle und Aktivist hatte 2020 einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt – und sich anschließend in Deutschland davon erholt. 2021 flog er nach Moskau, wurde am Flughafen festgenommen und wenig später zu mehreren Jahren Straflager wegen angeblichen Betrugs verurteilt.

Die Haft-Bedingungen gelten dort als besonders hart. Der Gesundheitszustand des Kremlkritikers verschlechtert sich nach Angaben seines Anwalts Wadim Kobsew von Mitte April immer weiter. Er schließe nicht aus, dass Nawalny erneut gezielt krank gemacht werde. Sein Anwalt fordert nun eine toxikologische und radiologische Untersuchung seines Mandanten. Nawalny selbst macht den russischen Präsidenten Wladimir Putin für den damaligen Anschlag verantwortlich, der Kreml weist die Vorwürfe zurück.

Alexej Nawalny – nach dem Anschlag in Haft

Er galt als einer der letzten bekannten Putin-Kritiker auf freiem Fuß: Der Oppositionelle und frühere Bürgermeister von Jekaterinburg, Jewgeni Roisman. Im November stufte ihn das Justizministerium nach Angaben der Agentur Interfax als sogenannten ausländischen Agenten ein.

Jewgeni Roisman – ein “ausländischer Agent” 

Mitte März wurde er nun wegen angeblicher Verbreitung extremistischer Symbolik zu einer 14-tägigen Haftstrafe verurteilt. Roisman soll im russischen sozialen Netzwerk VKontakte (vk.com) ein Video über die Verurteilung des Kremlkritikers Alexej Nawalny geteilt haben, auf dem das Emblem seines in Russland als extremistisch geltenden Fonds für die Bekämpfung der Korruption (FBK) zu sehen war. Roisman selbst bestreitet den Vorwurf. Derzeit läuft ein weiteres Verfahren gegen ihn.

Jaschin ist ebenfalls einer der letzten noch in Russland verbliebenen lautstarken Kritiker. Auch seine Festnahme hinderte ihn nicht daran, die Behörden scharf zu kritisieren und die Militärintervention in der Ukraine anzuprangern. Der gebürtige Moskauer gilt als Vertrauter Nawalnys und stand auch dem Oppositionspolitiker Boris Nemzow nahe, der 2015 in der Nähe des Kremls ermordet worden war. 

Im Dezember vergangenen Jahres war Jaschin zu achteinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Er habe die russischen Streitkräfte verunglimpft, so das Urteil. Jaschin war im Juni festgenommen worden, nachdem er in einem Youtube-Video den Mord an Zivilisten im ukrainischen Butscha angeprangert hatte. Moskau bestreitet jegliche Übergriffe in dem ukrainischen Ort nahe Kiew.

Ilja Jaschin – Kritik auch nach Festnahme 

Ein weiteres Beispiel: Pjotr Wersilow,. Der Herausgeber des Online-Magazins “Mediazona” und Mitglied der Punkgruppe Pussy Riot, hatte sich im Herbst 2018 plötzlich sehr krank gefühlt. Deutsche Ärzte der Berliner Charité konnten nur noch feststellen, dass er vergiftet wurde – aber nicht mit welcher Substanz. Wersilow sagte gegenüber deutschen Medien, er gehe davon aus, dass der russische Geheimdienst oder der russische Aufklärungsdienst GRU hinter seiner Vergiftung stehe. Er sieht einen Zusammenhang mit seinen Nachforschungen zu Morden an drei russischen Journalisten.

Boris Nemzow hatte einst Kara-Mursa inspiriert: 1999 lernten sie sich bei einem Interview kennen, ein Jahr später wurde Kara-Mursa Nemzows Berater. Der Kremlkritiker und ehemalige stellvertretende Ministerpräsident wurde 2015 erschossen, als er über eine Moskauer Brücke in der Nähe des Kremls nach Hause ging.

Pjotr Wersilow – vergiftet wegen Recherchen? 

Fünf tschetschenische Männer wurden für die Ermordung von Nemzow verurteilt, aber die angeblichen Drahtzieher des Mordes wurden nie gefunden. Der Kreml wies auch in diesem Fall jede Anschuldigung zurück. Nemzow, ein charismatischer Redner, hatte Putins Annexion der Krim durch die Ukraine im Jahr 2014 kritisiert und regelmäßig an Protesten der Opposition teilgenommen.

Boris Nemzow – auf der Straße erschossen 

Auch die russisch-amerikanische Reporterin der “Nowaja Gaseta” wurde erschossen – am 7. Oktober 2006 im Aufzug ihres Wohnhauses. Bis heute wurde das Verbrechen an ihr nicht vollständig aufgeklärt. Sie hatte über den Tschetschenien-Krieg berichtet und dabei immer wieder die russische Regierung kritisiert. Vergiftet worden war die Journalistin bereits drei Jahre vor ihrem Tod, als sie am 2. September 2004 von Moskau nach Beslan flog, um über die Geiselnahme an einer örtlichen Schule durch Terroristen zu berichten.

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